Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Myron » Sa 5. Sep 2009, 17:46

"Sound. A vibration in an elastic medium at a frequency and intensity that is capable of being heard by the human ear. The frequency of sounds lie in the range 20–20 000 Hz, but the ability to hear sounds in the upper part of the frequency range declines with age. Vibrations that have a lower frequency than sound are called infrasounds and those with a higher frequency are called ultrasounds.
Sound is propagated through an elastic fluid as a longitudinal sound wave, in which a region of high pressure travels through the fluid at the speed of sound in that medium. At a frequency of about 10 kilohertz the maximum excess pressure of a sound wave in air lies between 10^–4 Pa and 10^3 Pa. Sound travels through solids as either longitudinal or transverse waves."


("Sound." In A Dictionary of Physics, edited by John Daintith, 6th ed. Oxford: Oxford University Press, 2009.)
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon smalonius » So 6. Sep 2009, 11:06

Twilight hat geschrieben:Da wo in der Animation der Longitudinalwelle etwa einige Spalten komprimiert werden, müssen hinterher ebenso viele Spalten expandiert werden. Dieses Muster entspricht den Bergen und Tälern bei den Transversalwellen.

Hab nochmal darüber nachgedacht. Ich kann keinen Unterschied zwischen beiden Animationen sehen, außer das die eine eine einzelne Sinuskurve zeigt und die andere eher einen schmalen Rechteckimpuls. :ka:



Myron hat geschrieben:Wer sich mit der Philosophie der Töne (Klänge, Geräusche) befassen will, der findet hier einen sehr guten (englischsprachigen) Einstiegstext: http://plato.stanford.edu/entries/sounds

Das Kernproblem des Artikels ist, daß zwischen Quelle und Medium unterschieden wird. Das geht so nicht. Aber der Reihe nach.

Als erstes: unser akustisches Ortungsvermögen ist gar nicht so schlecht. Quellen in unserer nächsten Umgebung können wir ziemlich zielsicher herausfinden. Bei weiter entfernten Quellen könnten wir das prinzipiell auch, wären unsere Lauscher nicht 10 cm voneinander entfernt, sondern 10 m.

It seems…reasonable to suggest that the sounds directly perceived are sensations of some sort produced in the observer when the sound waves strike the ear. (Maclachlan, 1989 p. 26)

Klang hat auch eine körperliche Qualität. Dazu braucht es nicht mal ein Ohr.

Wer einmal auf einer fetten, laut aufgedrehten Lautsprecherbox gesessen hat, weiß das. Falls das Beispiel alleine nicht zieht, hier auch noch ein Video von Evelyn Glennie, einer fast tauben Musikerin.

http://www.ted.com/talks/evelyn_glennie ... isten.html

Interestingly enough, the reduction of sounds to waves is arguably more successful than the corresponding attempt to reduce colors to properties of electromagnetic waves, as it is not affected by one of the key problems that plague the latter, that is, the existence of non-spectral colors such as purple.

Es gibt einige wesentliche Unterschiede zwischen Sehen und Hören.

- Das Auge kann mit seinen Zapfen drei Farben sehen. (Manche Menschen können vier sehen, wenn ich mich recht erinnere.) Das Ohr kann mit seinen Härchen sehr viel mehr Frequenzen unterscheiden.

- Unser Sehvermögen reicht nicht mal über eine Oktave. Hören können wir aber acht Oktaven oder mehr. Vielleicht, falls wir nur von C bis G hören könnten, wäre unsere Tonwahrnehmung genauso "schmutzig" wie unsere Farbwahrnehmung.

Hab letztes Jahr mal versucht, musikalische Intervalle und Akkorde auf optische Frequenzen zu übertragen, weil ich dachte, Spektralfarben, die sich zu einander verhalten wie C zu G könnten besonders gut aussehen. Tun sie aber nicht. :/

- Klänge aus Instrumenten haben Obertönen in ganz charakteristischen Abständen. Vergleichbares gibt es in der Optik nicht.


Aristotle writes that “everything which makes a sound does so because something strikes something else in something else again, and this last is air”. On O'Callaghan's view, what Aristotle might have meant is that the sound itself is not an (intransitive) movement of the air, but the event in which a vibrating object disturbs a surrounding medium and sets it “moving”.

Finally, and most importantly, tuning-forks and other sounding objects can be taken as continuing to vibrate irrespective of their being or not being immersed in a medium.

Hab hier schon gelegentlich über Aristotle gelästert, aber obige Aussage ist ziemlich gut. Wesentlich klüger sind wir heute auch nicht.

Die Ansicht, ein vibrierendes Objekt erzeuge Störungen in einem Übertragungsmedium wie Luft, ist viel zu kurz gedacht. Denn das vibrierende Objekt selbst besteht ebenfalls aus einem Medium. Durch das Metall einer schwingenden Stimmgabel laufen Schallwellen, die sich auf andere Medien übertragen.

We do not create sounds by surrounding vibrating objects with a medium—we simply reveal them.

Das kann man so auch nicht sagen. Räume haben ihre eigene Klangcharakteristik. Man denke an Konzertsäle, die falsch geplant wurden und nun gräßlich klingen. Man denke an Jimi Hendrix und Gitarrenfeedback, dort trägt das Medium entscheidend zum Sound bei.



Fazit: der Artikel neigt dazu, einfache Dinge kompliziert oder gar falsch darzustellen. Bei Sätzen wie diesen stellt's mir die Zehennägel auf:

Either (a) waves are considered to be of the same nature as processes (temporally extended entities, with temporal parts), or (b) they are taken as individuals of a peculiar kind but akin to substances.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Twilight » So 6. Sep 2009, 14:31

@Arathas: Danke für den Hinweis auf Firefly. Bin jetzt auch ein Fan. :^^:

smalonius hat geschrieben:
Twilight hat geschrieben:Da wo in der Animation der Longitudinalwelle etwa einige Spalten komprimiert werden, müssen hinterher ebenso viele Spalten expandiert werden. Dieses Muster entspricht den Bergen und Tälern bei den Transversalwellen.

Hab nochmal darüber nachgedacht. Ich kann keinen Unterschied zwischen beiden Animationen sehen, außer das die eine eine einzelne Sinuskurve zeigt und die andere eher einen schmalen Rechteckimpuls. :ka:


Die Darstellungsformen sind auch nicht wirklich optimal gewählt. Besser sind diese:
Transversalwellen
Longitudinalwellen

Kennt übrigens jemand eine Methode, Java-Applets herunterzuladen, um sie lokal zu verwenden?
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon spacetime » So 6. Sep 2009, 20:43

Das wirklich spannende an der Frage nach dem Baum, den niemand hörte; das ist unsere Selbstverliebtheit. Wir sind so auf uns selbst fixiert, dass wir uns eine Welt ohne uns kaum vorstellen können...
Der Gedanke ist mir grad so gekommen.

:/
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Qubit » So 6. Sep 2009, 21:26

spacetime hat geschrieben:Das wirklich spannende an der Frage nach dem Baum, den niemand hörte; das ist unsere Selbstverliebtheit. Wir sind so auf uns selbst fixiert, dass wir uns eine Welt ohne uns kaum vorstellen können...
Der Gedanke ist mir grad so gekommen.


Die Dimension der Fragestellung ist m.E. eine andere.
Um es mal blumig zu formulieren:
Die Frage ist hier nicht, wieviel Objektivität der Welt wir beschreiben.
Sondern die Frage ist, wieviel Subjektivität wir in die objektive Beschreibung der Welt hineintragen.
Und da könnte man schon fragen: Gibt es "Bäume" ohne Menschen? =)
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon stine » Mo 7. Sep 2009, 17:45

Da der Mensch nur hören kann, was ist, ist da in jedem Fall ein Knall oder Wumms. Auch, wenn grade kein Mensch gegenwertig ist, der es hören könnte. Ablauf und Folgen sind auch ohne Mensch diesselben. In menschlicher Gegenwart treffen die Schallwellen eben "zufällig" auf dessen Sinnesorgane. Wie ich schon erwähnte, beträfe dies sonst auch das Sehen. Reflektiert das Licht, wenn keiner hinschaut? Ja tut es. Aber es würde einfach von niemandem wahrgenommen werden.

Bild

LG stine
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon spacetime » Mo 7. Sep 2009, 22:56

Im ersten Moment war auch für mich die Frage nicht so leicht zu beantworten. (Wie im ersten Beitrag beschrieben) Allerdings ist sie auf den zweiten Blick ziemlich sinnlos. Ich habe hier vor einiger Zeit auch mal die Frage nach der subjektiven Realität gestellt. Am Ende kam ich zu der Antwort, dass die subjektive Sichtweise eine Illusion ist. Letztendlich gibt es leider keine Antwort auf die Frage. Niemand wird es überprüfen können. Man kann nur annehmen, dass die Welt auch ohne uns so existiert, wie wir sie beschreiben. Ich muss auch stine widersprechen, wenn sie ganz klar mit "ja" auf antwortet. Es ist keine Antwort möglich, ohne dass man nicht seine eigene Existenz leugnet.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Cobalt » Di 8. Sep 2009, 00:59

Ich glaube, daß spacetime´s Annäherung an das Problem die beste ist. Ich würde hier als Lektüre empfehlen: Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung" (umsonst bei google-books). Subjekt und Objekt sind voneinander abhängig; Subjekt ohne Objekt zu denken ist genauso sinnlos wie Objekt ohne Subjekt. Also: gibt es ein Geräusch, wenn niemand da ist, es zu hören? Auch ein Geräusch ist ein Objekt, das nur in Beziehung zu einem Subjekt Bedeutung hat. Es ist doch so: Bei dieser Frage stellt man sich einen Wald vor, ohne Menschen, wahrscheinlich ebenso ohne Tiere - und jetzt fällt ein Baum um. Anders ausgedrückt: Ein Subjekt bildet sich einen Wald mit diesem Szenarium ein. Aber dieses Bild ist eben a u c h schon eine subjektive Vorstellung, und in dieser Vorstellung sehe ich den Baum umfallen und höre (in der Vorstellung) das Geräusch, das er verursacht und ich sehe, daß niemand da ist, der das Geräusch hören könnte. Ich habe das Problem quasi eine Ebene "nach oben" verlagert, nämlich von der sinnlich direkt vermittelten Vorstellung (die jemand hat, der im Wald steht und der etwas hört) zur indirekten,"einge-bild-eten" Vorstellung (ich denke, im Wald ist niemand, ein Baum fällt um ...).

Genauso z. B. die generellere Vorstellung: ich bin tot, es ist das Jahr 2060 und auf der Leipziger Straße fahren Autos. Auch hier ist diese Vorstellung, daß ohne mich etwas da ist und wahrgenommen wird (= werden könnte), schon absurd, denn ich - als jetzt und hier lebender Mensch, der ausschließlich Basis des nunmehrigen vorstellenden und erkennenden Subjekts ist - nehme in Form dieser Vorstellung bereits etwas wahr: in meiner Vorstellung nämlich, die mir in meinem Geiste zeigt, ich als "unsichtbarer" Beobachter würde im Jahr 2060 über der Straße schweben und etwas wahrnehmen. Ich setze das Subjekt also schon voraus, das es ja nicht mehr geben kann, wenn ich tot oder im Wald nicht anwesend bin. `"Die Welt ist meine Vorstellung:" - dies ist eine Wahrheit, welche in Beziehung auf jedes lebende ... Wesen gilt; wiewohl der Mensch allein sie in das ... Bewußtsein bringen kann: ... Es wird ihm dann gewiß, daß er keine Sonne kennt und keine Erde; sondern immer nur ein Auge, das eine Sonne sieht, eine Hand, die eine Erde fühlt; daß die Welt, welche ihn umgiebt, nur als Vorstellung da ist, d. h. ... nur in Beziehung auf ein Anderes, das Vorstellende, welches er selbst ist.´ (Schopenhauer).
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon smalonius » Di 8. Sep 2009, 16:42

Hi Cobalt. Guter Nick. :up:

Deine Ansicht teile ich trotzdem nicht.

Hier ein historisches Bild aus Tunguska. 1908. Damals ist dort was runtergefallen, und es war so laut, daß viele, viele Bäume umfielen. Unabhängig davon, ob's jemand gehört hat oder nicht.

Subjektiv oder objektiv? :pfeif:

Bild

http://de.wikipedia.org/wiki/Tunguska-Ereignis
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Cobalt » Di 8. Sep 2009, 22:18

Hallo smalonius,

Deine Argumentation ist interessant. :applaus: Ich kann sie trotzdem nicht teilen, denn sie geht an dem vorbei, was ich meine.

Du sagst: hier ist ein Photo; und obwohl seinerzeit (im Jahre 1908) vielleicht niemand vor Ort war, der gesehen, gehört oder sonstwie empfunden hat, was den auf dem Photo abgebildeten Zustand verursachte, so kann ich doch aus eben diesem jetzt auf dem Bild sichtbaren Zustand schließen, was damals passiert ist. Der erkennbare Zustand, die Tatsache, ist verifizierbar, ist „objektiv”. Soweit Deine Beweisführung.

Richtig, sie ist ein Objekt. Aber für ein Subjekt. Auch der Prozeß der zeitlich rückwärtsgerichteten Schlußfolgerung von einem Bild auf ein in der Vergangenheit stattgehabtes Ereignis wird von einem Subjekt, nämlich von Dir, von Deinem Ich, vorgenommen. Er ist ein Prozeß des Subjekts. Selbst die Vorstellung, daß es im Jahre 1908 einen bestimmten Ort gab, wo niemand anwesend war, ist Deine Vorstellung. Wäre Dein erkennendes Ich nicht da, könnte auch niemand die Vorstellung haben: hier sehe ich (!) ein Bild, ich (!) schlußfolgere, daß ... usw. Du wirst sagen, halt, Moment, wenn ich nicht existieren würde, wären Millionen anderer Menschen da, die das Bild sehen könnten und sie würden zu ähnlichen - oder vielleicht auch zu etwas anderen - deduktiven Folgerungen hinsichtlich der auf dem Photo sichtbaren Tatsache fähig sein. Aber auch diese Vorstellung: ich bin nicht da, andere Menschen betrachten das Bild und schlußfolgern ... usw. ist eine Vorstellung von Dir, von Dir als Subjekt nämlich, von Dir als „ich”.

Du kannst es drehen wie Du willst, alles Objekt, „alle Welt”, ist nur für ein Subjekt, für „das Ich” da, nur für dieses sinnvoll überhaupt denkbar. Mit „Ich” ist nicht die jeweils spezifische Einzelperson mit ihren nur für sie charakteristischen, einmaligen Eigenarten - auch physischen Eigentümlichkeiten -, sowie Erlebnissen und Erkenntnissen, die im Laufe eines Lebens sich ergeben, gemeint. Das Subjekt, das Ich, ist vielmehr jener quasi ausdehnungslose Punkt, von dem alle Erlebnisse und Erkenntnisse erst ausgehen, und der für jeden Menschen derselbe ist. Das eine Ich ist der Kristallisationskern aller Menschen, die je gelebt haben, leben und leben werden. Die Sonne (das Ich, das Subjekt) brennt ewigen Mittag. Die Erde (die vielen Einzelpersonen) drehen sich in der Zeit unter diesem subsolaren Punkt hinweg. Das Subjekt konstituiert aus der „Welt an sich” zunächst die Grundlagen unserer Vorstellungen: Raum, Zeit und Kausalität, paßt die „Welt an sich” in unsere Vorstellungsformen ein.

So ist die Frage, über die wir hier diskutieren, ob es ein Geräusch gibt, auch wenn niemand da ist, es zu hören, sinnlos. Der Begriff „sinnlos” ist hier rein deskriptiv, nicht (negativ) wertend gemeint. Denn streng genommen kann ich ja nichts anderes sagen, als daß die Welt Vorstellung eines Subjekts ist. Das ist keine solipsistische Position, denn eine „Welt an sich” wird ja vorausgesetzt. Nur, wir können die Welt jenseits unserer Erkenntnisformen, vor allem jenseits der grundlegenden Komplementarität von Objekt und Subjekt, gar nicht denken. (Schon der Begriff „denken” ist sinnvoll angewandt nur in den Kategorien Objekt und Subjekt.) Und so, wie wir in einem auf die Erdkugel gelegten und also insofern vorausgesetzten Koordinatensystem mit seinem speziellen Beschreibungsgefüge nicht sinnvoll fragen können, was fünf Kilometer nördlich des Nordpols sei, können wir sinnvoll, wenn wir die erkenntnisformenden Kategorien von Subjekt und Objekt zugrunde legen (legen müssen), nicht sinnvoll fragen, ob Geräusche existieren, wenn „niemand” da ist, um sie wahrzunehmen.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Qubit » Di 8. Sep 2009, 22:55

Cobalt hat geschrieben: Nur, wir können die Welt jenseits unserer Erkenntnisformen, vor allem jenseits der grundlegenden Komplementarität von Objekt und Subjekt, gar nicht denken..


So ist es wohl. Aber das braucht uns nicht kümmern, solange wir sie erklären und verstehen können. Auch wenn wir uns wegdenken sind wir noch da =)
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Cobalt » Di 8. Sep 2009, 23:28

Qubit hat geschrieben:Aber das braucht uns nicht kümmern, solange wir sie erklären und verstehen können. Auch wenn wir uns wegdenken sind wir noch da


Ja, natürlich können wir die Welt, unsere vorgestellte Welt, innerhalb der oben geschilderten Erkenntniskategorien Objekt / Subjekt (und darauf aufbauend: Raum, Zeit, Kausalität) erklären und verstehen. Und ja, deshalb bräuchten wir uns um andere erkenntnistheoretische Probleme eigentlich nicht zu kümmern. Nur, wir sind halt Menschen und manchmal werden eben Fragen gestellt nach Geräuschen im Wald.

Aber uns wegdenken, Qubit, das eben können wir nicht. Das wäre ja wieder eine bestimmte Vorstellung, die Vorstellung eines Subjekts, das ein Subjekt wegdenken will ... ad infinitum ... unendlicher Regreß ...
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Myron » Mi 9. Sep 2009, 03:27

Cobalt hat geschrieben:So ist die Frage, über die wir hier diskutieren, ob es ein Geräusch gibt, auch wenn niemand da ist, es zu hören, sinnlos.


Wenn man von der physikalischen Definition von "Geräusch" ausgeht, dann ist diese Frage eindeutig zu bejahen:

"Sound. A vibration in an elastic medium at a frequency and intensity that is capable of being heard by the human ear.“

("Sound." In A Dictionary of Physics, edited by John Daintith, 6th ed. Oxford: Oxford University Press, 2009.)

Rein physikalisch betrachtet, ist ein Geräusch also eine Schwingung in einem elastischen Medium, die vom menschlichen Ohr gehört werden kann. Das heißt, das Vorhandensein eines Geräuschs hängt nicht davon ab, dass es tatsächlich von einem (menschlichen) Ohr wahrgenommen wird. Geräusche gibt es folglich auch dann, wenn es keine Ohren gibt, die sie hören.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Mark » Mi 9. Sep 2009, 10:46

...gibt es dann noch jemanden den das interessiert ?

Oder : Wenn ein umgefallener Baum gefunden wird.. wird dann jemand daran zweifeln, daß der Baum durch Umfallen in seine horizontale kam ? Eventuell wurde er ja langsam und sanft abgelegt... müsste man also mal die Zweige untersuchen ob die eine Peitschenwirkung beim Fallen entwickelt haben.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Cobalt » Mi 9. Sep 2009, 14:43

Myron hat geschrieben:Rein physikalisch betrachtet, ist ein Geräusch also eine Schwingung in einem elastischen Medium, die vom menschlichen Ohr gehört werden kann. Das heißt, das Vorhandensein eines Geräuschs hängt nicht davon ab, dass es tatsächlich von einem (menschlichen) Ohr wahrgenommen wird. Geräusche gibt es folglich auch dann, wenn es keine Ohren gibt, die sie hören.


Auch die Vorstellung, es könne eine physikalische Realität jenseits eines erkennenden Subjekts geben, ist wiederum eben eine Vorstellung: eine erkenntnisformabhängige subjektive Vorstellung. Meines Erachtens können wir "die Welt an sich" nur durch die grundlegenden "Filter" Objekt / Subjekt wahrnehmen.

Deshalb, wie oben begründet, ist die hier diskutierte Frage nach "Geräusch im Wald ohne Zuhörer" in wertfreier Bedeutung sinnlos, bestimmt aber eine Aporie.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Myron » Mi 9. Sep 2009, 15:16

Cobalt hat geschrieben:Auch die Vorstellung, es könne eine physikalische Realität jenseits eines erkennenden Subjekts geben, ist wiederum eben eine Vorstellung: eine erkenntnisformabhängige subjektive Vorstellung. Meines Erachtens können wir "die Welt an sich" nur durch die grundlegenden "Filter" Objekt / Subjekt wahrnehmen.


Daraus, dass es keine vorstellungsunabhängigen Wirklichkeitsvorstellungen gibt, folgt nicht, dass es keine vorstellungsunabhängige Wirklichkeit gibt.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Cobalt » Do 10. Sep 2009, 21:36

Myron hat geschrieben:Daraus, dass es keine vorstellungsunabhängigen Wirklichkeitsvorstellungen gibt, folgt nicht, dass es keine vorstellungsunabhängige Wirklichkeit gibt.


Das habe ich auch keineswegs behauptet. Ganz im Gegenteil: Ich sprach von der Welt an sich (Kantens "Ding an sich"), die über die grundlegenden Erkenntnisformen Subjekt / Objekt und Raum, Zeit, Kausalität die spezifisch menschliche Weltkonfiguration konstituiert und insofern auf unser Erkenntnisvermögen wirkt (= Wirklichkeit). Die Welt an sich ist also "vorstellungsunabhängige Wirklichkeit".
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Mark » Do 10. Sep 2009, 22:36

Ist denn nicht die Möglichkeit sich überhaupt Vorstellungen machen zu können der allerbeste Beleg für eine vorstellungsunabhängige Wirklichkeit ? Wie soll denn eine Vorstellung sprich Gedankenabbild von etwas entstehen, daß es nicht gibt ?
Hier ist ein wenig Pragmatik im allerwahrsten Wortsinn angebracht ;-)

Ein wenig pikanter ist die Diskussion über eventuell für Menschen unerfahrbare Aspekte der Realität... Da sollte man die Definition von "Realität" zur Sicherheit auf das beschränken was man auch erfahren KANN. Da macht man sicher nix verkehrt bei :lachtot:
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Myron » Fr 11. Sep 2009, 01:44

Cobalt hat geschrieben:Die Welt an sich ist also "vorstellungsunabhängige Wirklichkeit".


Die "Welt an sich" ist einfach die Welt, so wie sie ist. Sie ist zwar nicht immer so, wie sie erscheint, aber das heißt nicht, dass sie immer nicht so ist, wie sie erscheint.
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Re: Wenn ein Baum umfällt und keiner da ist, um es zu hören ...

Beitragvon Cobalt » Fr 11. Sep 2009, 11:57

Mark hat geschrieben:Hier ist ein wenig Pragmatik im allerwahrsten Wortsinn angebracht ;-)


Richtig! In der Alltäglichkeit, in der wir uns ständig stoßen und bewähren müssen, ist für philosophierende Fragen nach "Gott und der Welt" tatsächlich weder Zeit noch Notwendigkeit. Die Philosophie jedoch darf schlicht und einfach nichts unhinterfragt lassen. Das uns Selbstverständlichste könnte sich als bloße Gewohnheit herausstellen. Bis ins Jahr 1905 (Einsteins "annus mirabilis"), also annähernd die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch, ist bekanntlich auch überhaupt niemand auf den Gedanken gekommen, begründet zu bezweifeln, daß die Zeit selbstverständlich absolut und überall gleichschnell vergehend sei.
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