Leib-Seele-Problem

Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 02:24

AAy hat geschrieben:Ein Allsatz ist nicht verifizierbar.


Dann ist auch der Allsatz "Alle Allsätze sind nicht verifizierbar" nicht verifizierbar.
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 02:27

sharif hat geschrieben:Das Leib-Seele-Problem ist in meinen Augen ein Scheinproblem, ausgelöst durch die Verwendung von fehlerhaften Begriffen.


Was wären denn dann die fehlerlosen Begriffe, die das angebliche Scheinproblem aus der Welt schaffen?
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Robert » Sa 2. Feb 2008, 09:57

Myron hat geschrieben:
sharif hat geschrieben:Das Leib-Seele-Problem ist in meinen Augen ein Scheinproblem, ausgelöst durch die Verwendung von fehlerhaften Begriffen.


Was wären denn dann die fehlerlosen Begriffe, die das angebliche Scheinproblem aus der Welt schaffen?


Man benötigt keine fehlerlosen Begriffe, um dieses Scheinproblem aus der Welt zu schaffen, es genügt sich nicht zu verwenden.

AAy hat geschrieben:Wenn dein Beitrag etwas nützen soll, möchtest du noch mitteilen, auf wen du dich beziehst, und welche Begriffe warum fehlerhaft sind. Da man das Körper-Geist heute sowieso so faßt, daß mit Geist das Bewußtsein im Sinne von cogito ergo sum gemeint ist und keine transzendete Seele, weiß ich nicht, wo das Problem sein soll. Man kann auch mit einem derartigen Modell ein postmortales Leben konstruieren.


Die Formel "cogito ergo sum" finde ich vollkommen mangelhaft, denn cogito kann durch jedes andere Wort ersetzt werden, wie z.B. ich sehe, also bin ich.

Wo da bitte sehr die grundphilosophische Idee sein soll, bleibt mir verborgen.

Ansonsten sind die Begriffe Leib und Bewusstsein genau deshalb fehlerhaft, da es sie nicht in der Form gibt, wie man gerne meint.

AAy hat geschrieben:In jeder SciFi-Serie werden Bewußtseine aus Hirnen in andere Hirne und in Computer geladen wie eine Datei von der Festplatte auf Diskette. Also könnte auch ein vom Hirn erzeugtes Bewußtsein prinzipiell nach dem Körpertod fortbestehen.


Soll dies ernsthaft gemeint sein? :lachtot:

Dann nehme ich meinen Qur'an zum Argumentieren.
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Re: Re:

Beitragvon AAy » Sa 2. Feb 2008, 10:28

Myron hat geschrieben:
AAy hat geschrieben:Dir zufolge gibt es nur Körper-Körper-Verursachungen, weil Kausalität an Energieübertrag gebunden ist. Das Bewußtsein ist dann überhaupt nicht verursacht, es gibt nur Bewegungen von Ionen und Molekülen in unseren Körper und sonst nichts. Das Bewußtsein ist dann insgesamt eine Täuschung.


Das Bewusstsein ist durchaus nichts Irreales; aber den physikalistischen Identitätstheoretikern zufolge ist das Verhältnis zwischen den Gehirnvorgängen und den geistig-seelischen Vorgängen in der Tat kein kausales. Denn wenn die Ereignisse A und B identisch sind, dann kann A logischerweise nicht die Ursache von B sein.


Das ist aber nicht sehr schlüssig.
Naturalisten argumentieren nämlich oft so, daß das Bewußtsein vom Hirn erzeugt wird. Für diese Annahme gibt es viele gute Gründe:
1. Die ganz verschiedenen Perspektiven oder Erfahrungsweisen, a) als Bewußtsein zu denken, und b) ein Hirn anzuschauen und Nervenimpulse zu messen. Da man beides korrelieren kann, sind Bewußtsein und Hirn vielleicht Teil eines gemeinsamen Ganzen, aber genausowenig identisch wie der Rüssel und das Bein eines Elefanten.
2. Die Naturgeschichte sagt: Erst gab es nur Körper, diese haben sich in der Evolution entwickelt, und dabei entstanden auch denkende Wesen. Demnach wäre Bewußtsein ein Folge von körperlichen Zuständen.
3. Wird das Gehirn beschädigt, so ändern sich die Gedanken (siehe 12jährige Tochter mit Unfall). Also sind die Gedanken eine Folge der Physis.
4. Nach Roth treten bewußte Gedanken zeitversetzt zu den korrelierenden Nervenimpulsen auf. Sie sind also nicht identisch, sondern bewirkt, sonst wären sie gleichzeitig.

Viele Grüße

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Re: Re:

Beitragvon AAy » Sa 2. Feb 2008, 10:35

Myron hat geschrieben:
AAy hat geschrieben:Bewußtsein ist für Selbstbezug überflüssig. Das beweist jeder datenverarbeitender Computer, der etwas über sich selbst aussagt.


Ein Computer ist kein Subjekt, und Bewusstein ist nicht gleich Selbstbewusstsein.


Das mag sein. Um für sich selbst zu sorgen, braucht aber auch ein Organismus nur Selbstbezug. Subjektivität, Bewußtsein und Selbstbewußtsein sind da ganz überflüssig.

AAy hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Im Übrigen können die Bewusstseinsvorgänge nicht von den sie erzeugenden Hirnvorgängen abgezogen und letztere beibehalten werden.


Warum nicht?


Weil die bewusstseinserzeugenden Hirnvorgänge mit naturgesetzlicher Notwendigkeit mit seelischen Erscheinungen einhergehen.


Das ist kontingent. Es kann natürlich sein, daß es unmöglich ist, daß bei der Entwicklung von Nervensystemen aus Konstruktionsgründen nebenbei noch Bewußtseine mitentstehen müssen, so wie der aufrechte Gang eben auch nicht ohne Bandscheibenprobleme zu machen ist. Deswegen sind weder Bewußtsein noch Bandscheibenprobleme von Überlebensvorteil.

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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon AAy » Sa 2. Feb 2008, 10:36

Myron hat geschrieben:
AAy hat geschrieben:Ein Allsatz ist nicht verifizierbar.


Dann ist auch der Allsatz "Alle Allsätze sind nicht verifizierbar" nicht verifizierbar.


Aua, ganz grober Schnitzer. Logische Wahrheiten werden doch nicht empirisch untersucht.

Viele Grüße

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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon AAy » Sa 2. Feb 2008, 10:47

sharif hat geschrieben:
AAy hat geschrieben:Wenn dein Beitrag etwas nützen soll, möchtest du noch mitteilen, auf wen du dich beziehst, und welche Begriffe warum fehlerhaft sind. Da man das Körper-Geist heute sowieso so faßt, daß mit Geist das Bewußtsein im Sinne von cogito ergo sum gemeint ist und keine transzendete Seele, weiß ich nicht, wo das Problem sein soll. Man kann auch mit einem derartigen Modell ein postmortales Leben konstruieren.


Die Formel "cogito ergo sum" finde ich vollkommen mangelhaft, denn cogito kann durch jedes andere Wort ersetzt werden, wie z.B. ich sehe, also bin ich.

Wo da bitte sehr die grundphilosophische Idee sein soll, bleibt mir verborgen.


Du hast Descartes nicht richtig studiert. Natürlich kannst immer "Ich denke, daß A, also bin ich." schließen. Versteht man sehen als Bilder von der angeblichen Welt im Bewußtsein, dann ist sehen eine Form des Denkens.
Aber:
1. "daß A" ist überflüssig.
2. A kann falsch sein. So könnte es sein, daß es keine Welt gibt, und daß alles, was du siehst, nicht real ist.
Verstehst du unter sehen, daß in deinem Auge ein optisch-physiologischer Prozeß vor sich geht, dann ist der Schluß zu kurz. Denn bevor Descartes "cogito ergo sum" schließt, hat er bemerkt, daß auch seine objektive und subjektive Körperwahrnehmung und somit seine Annahmen, daß er ein Auge habe, daß Licht aus der Welt in sein Auge fällt und ihm ein wahres Bild der Welt liefert, bezweifelbar ist. Vielleicht ist er nur ein Hirn im Tank oder eine Simulation auf der Maschine eines gänzlichen unbekannten Akteurs (bei Descartes heißt das noch böser Dämon)?
Wenn man über Leib-Geist-Probleme disputieren will, sollte man wenigstens die Grundlagen kennen ...

Ansonsten sind die Begriffe Leib und Bewusstsein genau deshalb fehlerhaft, da es sie nicht in der Form gibt, wie man gerne meint.


Was "man" meint, weiß ich nicht. und ich würde auch nicht darüber disputieren. Wozu?

AAy hat geschrieben:In jeder SciFi-Serie werden Bewußtseine aus Hirnen in andere Hirne und in Computer geladen wie eine Datei von der Festplatte auf Diskette. Also könnte auch ein vom Hirn erzeugtes Bewußtsein prinzipiell nach dem Körpertod fortbestehen.


Soll dies ernsthaft gemeint sein?


Beweis das Gegenteil, nämlich daß das Bewußtsein prinzipiell untransferierbar ist.

Viele Grüße

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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Robert » Sa 2. Feb 2008, 11:23

AAy hat geschrieben:Du hast Descartes nicht richtig studiert. Natürlich kannst immer "Ich denke, daß A, also bin ich." schließen. Versteht man sehen als Bilder von der angeblichen Welt im Bewußtsein, dann ist sehen eine Form des Denkens.
Aber:
1. "daß A" ist überflüssig.
2. A kann falsch sein. So könnte es sein, daß es keine Welt gibt, und daß alles, was du siehst, nicht real ist.
Verstehst du unter sehen, daß in deinem Auge ein optisch-physiologischer Prozeß vor sich geht, dann ist der Schluß zu kurz. Denn bevor Descartes "cogito ergo sum" schließt, hat er bemerkt, daß auch seine objektive und subjektive Körperwahrnehmung und somit seine Annahmen, daß er ein Auge habe, daß Licht aus der Welt in sein Auge fällt und ihm ein wahres Bild der Welt liefert, bezweifelbar ist. Vielleicht ist er nur ein Hirn im Tank oder eine Simulation auf der Maschine eines gänzlichen unbekannten Akteurs (bei Descartes heißt das noch böser Dämon)?
Wenn man über Leib-Geist-Probleme disputieren will, sollte man wenigstens die Grundlagen kennen ...


Ach super und woher weiß er, dass er ein Hirn hat?

sharif hat geschrieben:In jeder SciFi-Serie werden Bewußtseine aus Hirnen in andere Hirne und in Computer geladen wie eine Datei von der Festplatte auf Diskette. Also könnte auch ein vom Hirn erzeugtes Bewußtsein prinzipiell nach dem Körpertod fortbestehen.


Soll dies ernsthaft gemeint sein?

sharif hat geschrieben:Beweis das Gegenteil, nämlich daß das Bewußtsein prinzipiell untransferierbar ist.


Oh ... :lachtot:

Wird ja immer besser.

"Der Mond hat ne Maske." - "Ach, so ein Quatsch." - "Dann beweis mir, dass er keine Maske hat."

Befürwortest du wirklich so ein Vorgehen?
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 15:36

sharif hat geschrieben:Die Formel "cogito ergo sum" finde ich vollkommen mangelhaft, denn cogito kann durch jedes andere Wort ersetzt werden, wie z.B. ich sehe, also bin ich.


Descartes verwendet "cogito" in einem umfassenderen Sinn:

"Es ist ein wesentlicher Gesichtspunkt, dass in Descartes' Sprachgebrauch das lateinische Verb 'cogitare' und das französische Verb 'penser' (und die damit verbundenen Substantive 'cogitatio' und 'pensée') weiter gefasst werden als die Begriffe 'denken' und 'Gedanke' im Deutschen, wo diese Begriffe insbesondere mit vernunftmäßigen und kognitiven Prozessen verbunden sind. Für Descartes jedoch bedeuten 'cogitatio' und 'pensée' jeden Bewusstseinszustand und jede Bewusstseinstätigkeit überhaupt: es kann sich genauso gut um eine Wahrnehmung handeln (zumindest in ihren rein psychischen Aspekten) oder um einen Willensakt als auch um ein Urteil oder eine Überzeugung oder eine wissenschaftliche Frage."

(Williams, Bernard. Descartes: Das Vorhaben der reinen philosophischen Untersuchung. Übers. W. Dittel u. A. Viviani. 3. Aufl. Weinheim: Beltz Athenäum, 1996. S. 55)
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Re: Re:

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 16:01

AAy hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Das Bewusstsein ist durchaus nichts Irreales; aber den physikalistischen Identitätstheoretikern zufolge ist das Verhältnis zwischen den Gehirnvorgängen und den geistig-seelischen Vorgängen in der Tat kein kausales. Denn wenn die Ereignisse A und B identisch sind, dann kann A logischerweise nicht die Ursache von B sein.


Das ist aber nicht sehr schlüssig.
Naturalisten argumentieren nämlich oft so, daß das Bewußtsein vom Hirn erzeugt wird.


Für die Identitätstheoretiker werden die mit physischen Prozessen identischen psychischen Prozesse natürlich auch durch andere physische Prozesse innerhalb eines Organismus erzeugt. Sind die entsprechenden physischen Prozesse erzeugt, bedarf es keiner weiteren Erzeugung der psychischen Prozesse, da diese aufgrund der Identitätsbeziehung per se mit erzeugt worden sind.

AAy hat geschrieben:Für diese Annahme gibt es viele gute Gründe: (...)


Den Satz "Bewusstsein ist ein Gehirn- bzw. ein Körpererzeugnis" unterschreibt heutzutage fast jeder (von den Theologen mal abgesehen).

AAy hat geschrieben:1. Die ganz verschiedenen Perspektiven oder Erfahrungsweisen, a) als Bewußtsein zu denken, und b) ein Hirn anzuschauen und Nervenimpulse zu messen. Da man beides korrelieren kann, sind Bewußtsein und Hirn vielleicht Teil eines gemeinsamen Ganzen, aber genausowenig identisch wie der Rüssel und das Bein eines Elefanten.


Was genau meinen die Identitätstheoretiker:

"The identity theory of mind holds that states and processes of the mind are identical to states and processes of the brain. Strictly speaking, it need not hold that the mind is identical to the brain. Idiomatically we do use ‘She has a good mind’ and ‘She has a good brain’ interchangeably but we would hardly say ‘Her mind weighs fifty ounces’. Here I take identifying mind and brain as being a matter of identifying processes and perhaps states of the mind and brain. Consider an experience of pain, or of seeing something, or of having a mental image. The identity theory of mind is to the effect that these experiences just are brain processes, not merely correlated with brain processes."
(http://plato.stanford.edu/entries/mind-identity)

Sie behaupten also nicht, dass der Geist/das Bewusstsein mit dem Gehirn identisch sei, sondern dass geistige Vorgänge und Zustände mit körperlichen Vorgängen und Zuständen im Gehirn identisch seien. Für sie sind geistig-seelische Zustände/Vorgänge körperliche Zustände/Vorgänge und nicht nur bloße Korrelate der letzteren.
Dann kann man aber nicht mehr sagen, dass bestimmte physische (neurophysiologische) Ereignisse die psychischen Ereignisse verursachen, denn die Beziehung der Verursachung kann nur zwischen zwei verschiedenen Ereignissen bestehen.

AAy hat geschrieben:2. Die Naturgeschichte sagt: Erst gab es nur Körper, diese haben sich in der Evolution entwickelt, und dabei entstanden auch denkende Wesen. Demnach wäre Bewußtsein ein Folge von körperlichen Zuständen.


Auch für die Identitätstheoretiker haben sich die psychophysischen Prozesse evolutionär aus rein physischen Prozessen entwickelt.

AAy hat geschrieben:3. Wird das Gehirn beschädigt, so ändern sich die Gedanken (siehe 12jährige Tochter mit Unfall). Also sind die Gedanken eine Folge der Physis.


Das kann auch durch Identität erklärt werden; denn wenn sich die mit dem Gedankenprozessen identischen Hirnprozesse infolge einer Verletzung wandeln, dann müssen sich logischerweise auch die Gedanken ändern.


AAy hat geschrieben:4. Nach Roth treten bewußte Gedanken zeitversetzt zu den korrelierenden Nervenimpulsen auf. Sie sind also nicht identisch, sondern bewirkt, sonst wären sie gleichzeitig.


Während des Denkvorganges laufen aber auch synchron bestimmte Hirnvorgänge ab, die diesem zugrunde liegen.
Mit diesen könnte man den geistigen Vorgang identifizieren.
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Robert » Sa 2. Feb 2008, 16:08

Myron hat geschrieben:Descartes verwendet "cogito" in einem umfassenderen Sinn:

"Für Descartes jedoch bedeuten 'cogitatio' und 'pensée' jeden Bewusstseinszustand und jede Bewusstseinstätigkeit überhaupt: es kann sich genauso gut um eine Wahrnehmung handeln (zumindest in ihren rein psychischen Aspekten) oder um einen Willensakt als auch um ein Urteil oder eine Überzeugung oder eine wissenschaftliche Frage."


Könnte man demnach seinen Ausspruch zu "Ich habe Bewusstsein, also bin ich existent." umformen?

(Hier stellt sich natürlich die Frage, ob das Ich und das Bewusstsein generell identisch oder verschieden sind.)
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Re: Re:

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 16:18

AAy hat geschrieben:Um für sich selbst zu sorgen, braucht aber auch ein Organismus nur Selbstbezug. Subjektivität, Bewußtsein und Selbstbewußtsein sind da ganz überflüssig.


Selbstbezüglichkeit mag auch auf der rein physiologischen Ebene vorkommen.
Dennoch verstehe ich Deine Rede von der Überflüssigkeit des Bewusstseins nicht.
Menschen und viele andere Tiere können nicht ohne Bewusstsein überleben.

AAy hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Weil die bewusstseinserzeugenden Hirnvorgänge mit naturgesetzlicher Notwendigkeit mit seelischen Erscheinungen einhergehen.


Das ist kontingent.


Ja, und eigentlich ist physische Notwendigkeit hier nicht genügend, sondern es bedarf metaphysischer Notwendigkeit:
Es ist metaphysisch unmöglich, dass zwei physisch identische Organismen nicht auch psychisch identisch sind. Das heißt, es kann nicht sein, dass z.B. von zwei physisch, und damit auch verhaltensmäßig identischen Menschen der eine bei Bewusstsein ist und der andere nicht. Ich leugne die metaphysische Möglichkeit sogenannter "Zombies".
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 16:20

sharif hat geschrieben:Könnte man demnach seinen Ausspruch zu "Ich habe Bewusstsein, also bin ich existent." umformen?


Ja, im Grunde schon.
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Robert » Sa 2. Feb 2008, 16:28

Myron hat geschrieben:
sharif hat geschrieben:Könnte man demnach seinen Ausspruch zu "Ich habe Bewusstsein, also bin ich existent." umformen?


Ja, im Grunde schon.


Hm...

Damit komm ich wiederum zu einem anderen Problem.

Was meint Descartes denn mit Existenz?

Das er irgendwo in irgendeiner Welt existiert?

Oder will er damit sagen, dass man selber die Welt ist? Aber Idealist ist er ja auch nicht?

Hmm ... bin ratlos, wie das Existenzprädikat aussehen soll. (Oder verwendest du eher den Existenzquantor?)

Gruß.

PS: Ich weiß, ne ältere Debatte aus dem FGH.
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 17:01

sharif hat geschrieben:Was meint Descartes denn mit Existenz?
Das er irgendwo in irgendeiner Welt existiert?


Dass er als denkendes Ding wirklich, d.i. keine bloße Einbildung ist.
Sein Argument ist ja gerade, dass er selbst als (immaterieller) Träger von Einbildungen und Vorstellungen (Bewusstseinsinhalten) kein bloßes Scheinding sein kann.

sharif hat geschrieben:Hmm ... bin ratlos, wie das Existenzprädikat aussehen soll. (Oder verwendest du eher den Existenzquantor?)


Ich verwende sowohl das Existenzprädikat als auch den Existenzquantor, wobei es keinen semantischen Unterschied macht, ob man sagt "Ich bin" oder "Es gibt jemand, der ich ist".
Generell besteht folgende logische Beziehung zwischen den beiden:

E!x <-> Ey(x = y)

"x existiert genau dann, wenn es etwas/jemand gibt, das/der (mit) x (identisch) ist."
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Robert » Sa 2. Feb 2008, 17:18

Myron hat geschrieben:Dass er als denkendes Ding wirklich, d.i. keine bloße Einbildung ist.
Sein Argument ist ja gerade, dass er selbst als (immaterieller) Träger von Einbildungen und Vorstellungen (Bewusstseinsinhalten) kein bloßes Scheinding sein kann.


Hmm... darüber muss ich wohl etwas länger nachdenken.

Myron hat geschrieben:Ich verwende sowohl das Existenzprädikat als auch den Existenzquantor, wobei es keinen semantischen Unterschied macht, ob man sagt "Ich bin" oder "Es gibt jemand, der ich ist".
Generell besteht folgende logische Beziehung zwischen den beiden:

E!x <-> Ey(x = y)

"x existiert genau dann, wenn es etwas/jemand gibt, das/der (mit) x (identisch) ist."


E!x ist doch überhaupt keine Aussage, kann also doch keinem Wahrheitswert zugeordnet werden, weshalb die logische Äquivalenz falsch ist.

Und wo ist das Prädikat?

(Ich bin sehr durch die mathematische Logik gezeichnet.)
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Myron » Sa 2. Feb 2008, 17:30

sharif hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Ich verwende sowohl das Existenzprädikat als auch den Existenzquantor, wobei es keinen semantischen Unterschied macht, ob man sagt "Ich bin" oder "Es gibt jemand, der ich ist".
Generell besteht folgende logische Beziehung zwischen den beiden:

E!x <-> Ey(x = y)

"x existiert genau dann, wenn es etwas/jemand gibt, das/der (mit) x (identisch) ist."


E!x ist doch überhaupt keine Aussage, kann also doch keinem Wahrheitswert zugeordnet werden, weshalb die logische Äquivalenz falsch ist.


"E!x" ist eine Aussageform. Eine Aussage entsteht, wenn "x" durch irgendeinen Namen ersetzt wird.
Wenn Du willst, kannst Du der Formel den Allquantor voranstellen:

Ax(E!x <-> Ey(x = y))

Das ist eine logische Wahrheit.

sharif hat geschrieben:Und wo ist das Prädikat?


=> "E!" wie "existiert"
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Robert » Sa 2. Feb 2008, 17:35

Myron hat geschrieben:
sharif hat geschrieben:Und wo ist das Prädikat?


=> "E!" wie "existiert"


Ach so.

Ist aber schon etwas irritierend, dass du E! für das Prädikat verwendest, denn es steht eigentlich für den "Einzigkeitsquantor".
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon Peter Janotta » Sa 2. Feb 2008, 17:39

Ax(E!x <-> Ey(x = y))

Soll ich schonmal nach nem Latex-Mod ausschau halten? :lachtot:

Fände ich zwar wirklich irgendwie cool, aber die Menge an Formeln, die in diesem Forum geschrieben werden, würden den Aufwand wohl nicht rechtfertigen.
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Re: Leib-Seele-Problem

Beitragvon AAy » Sa 2. Feb 2008, 17:48

sharif hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:
sharif hat geschrieben:Könnte man demnach seinen Ausspruch zu "Ich habe Bewusstsein, also bin ich existent." umformen?


Ja, im Grunde schon.


Hm...

Damit komm ich wiederum zu einem anderen Problem.

Was meint Descartes denn mit Existenz?


Daß er unbezweifelbar ist.

Das er irgendwo in irgendeiner Welt existiert?


Das ist offen, da zweifelhaft.

Oder will er damit sagen, dass man selber die Welt ist?


Nein. Descartes weiß aber nicht, welche anderen Weltelemente real sind.

Aber Idealist ist er ja auch nicht?


Descartes liegt dem Deutschen Idealismus zugrunde.
Er selbst rekonstruiert die Welt als real über Gottes Güte.
Glaubst du seinem Gottesbeweis nicht, bist du Solipsist.

Hmm ... bin ratlos, wie das Existenzprädikat aussehen soll.


Die Argumentation geht über einen performativen Selbstwiderspruch.

Viele Grüße

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