Bellizismus und Pazifismus

Was bist du?

Bellizist
1
10%
Pazifist
3
30%
keins von beidem
6
60%
 
Abstimmungen insgesamt : 10

Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Twilight » Mi 9. Dez 2009, 21:35

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Wenn sie nicht für Nichtigkeiten ihr Leben ließen, wäre es dann nicht so schlimm für dich?

In der Tat. Jemand könnte sich für etwas opfern, das er für wichtig hält und ich fände es nicht schlimm. (Im Falle eines Suizidbombers sähe die Sache anders aus.)
Jemand könnte bei irgendeiner Aktion wie Bergsteigen oder Tauchen einfach verunglücken, was erstmal sinnlos wäre. Aber das war dann dessen persönliches Risiko, das er wissentlich einging und dadurch sein Leben etwas aufregender gestaltete. Ich würde einfach mit den Schultern zucken, wenn es nicht gerade jemand war, den ich kenne.

Nichtigkeiten, für die es sich keineswegs lohnt, zu kämpfen und zu sterben, sind der Machthunger von Despoten, der Wunsch, die eigene Inlandswirtschaft noch ein paar Jahre länger am "Leben" zu halten und natürlich auch der Glaube an gewisse nicht existente Tyrannen, die Kreuzzüge anweisen oder den Tod im Kampf gegen Ungläubige mit einer Obstschale belohnen.
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Do 10. Dez 2009, 03:48

@ Zappa: Ich bin nicht der davon ausgegangen, dass Twilight mit den Schriften Schopenhauers bekannt sei. Noch weniger gehe ich davon aus, dass er in anbetracht des Faktums, dass Schopenhauer ein metaphysisches System der Welt zu deren Beschreibung unterstellte; dass er deswegen den Rest seiner Worte schlicht verwerfen würde.
Ich finde auch, dass es des Bermerkens wert ist, was er zugunsten der Intuitivität in Belangen der Moral sagte; nicht aber finde ich, dass einer, der im ganzen Gefühle nur als Reize der Lust und Unlust bestimmt - nein, dass einer, der das Gefühl nicht als Bezug zur Welt ansieht (und ich bin mir dessen bewusst, daß dies eine Unterstellung ist), nur schielend sich auf Schopenhauer berufen kann; dass noch dazu die Autorität seiner Person als Philosoph bloß ausgenutzt wird und du wirst einsehen, dass autoritäte Argumente wirklich verdammt schwache Argumente sind.
Weißt du denn, worin Schopenhauer den Grund von Kriegen sieht? Ich glaub, das würdest du ihm dann auch nicht glauben. Problem ist eben, dass Schopenhauers Moral einzig vor dem Hintergrund seines Systems berechtigt ist und mit jenem steht und fällt; so wie auch der kategorische Imperativ erst seiner Postulate benötigt um wirksam zu werden.
Man kann bei Schopenhauer schlecht etwas herausschneiden - aber man kann von ihm lernen, denn er war ein überragender Kopf, aber im Denken aber eben auch nichts als Kopf - als Ausgleich zu seiner triebhaften Natur? gleich Plato? aber jetzt schwafel ich...

@Twilight: Ich verstehe schlecht, weswegen du den Kontext der Diskussion nicht mit in meine Fragen eingliedern kannst und du deswegen beim "Leben lassen" nicht mehr an den Krieg denkst.
Mich würde der Tod eines Risikoliebhabers zumindest mehr bewegen, als der Tod eines Soldaten, der in den Krieg zog, um nicht mehr leben zu müssen, um einen Grund zu haben, sein leben zu beenden. Davon abgesehen, hat jene Bewegung nichts mit dem Krieg weiter zu tun, als mit den Beteiligten desselben.
Aber du hast mir die eigentliche Frage, die sich für dich anscheinend nicht ergab, nich beantwortet, und deswegen stelle ich sie nun doch platt daher: warum lohnt es sich nicht, für die von dir beispielhaft angeführten Dinge zu kämpfen und zu sterben? Und bedenke doch dabei, dass Religion oft fast das gesamte des Lebens von Menschen ausmacht - sie finden, dass es sich lohnt. Ist es nicht vllt so, dass es auf den Lohn gar nicht ankommt? das ein Lohn hier gar keine Rolle spielt? ...
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Twilight » Do 10. Dez 2009, 06:50

@Jarl Gullkrølla:
Ich bin kein Philosoph und die meisten philosophischen Modellen sind mir nicht bekannt. Wenn ich um eine persönliche Meinung gefragt werde, die sich aus meinen eigenen Trieben ergibt, dann unterscheidet sich diese in der Regel von sozialen, allgemeingültigen Aspekten. Das heißt aber nicht, dass ich diese - sofern bekannt - ignoriere.

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Und wenn du dein Urteil hierzu einzig von deinen Gefühlen abhängt, die ja veränderlich sind; ziehst du die dann die Grenze, wo Objektivität in der Vernunft not tut, und wo nicht, ganz willkürlich? Oder bist du der Meinung, dass jenes gefühlsmäßige Urteil deswegen keiner weiteren Begründung bedarf, weil die Urteile, an die die Affekte gebunden sind, schon begründete und vernünftige Urteile waren?

Ich bin nicht darauf eingegangen, weil ich erstmal darüber nachdenken musste, denn die Antwort gefiel mir selbst nicht: Sie lautet "Ja".
Allerdings geht es hier, so wie ich das sehe, nicht um Willkür im Sinne von Ungerechtigkeit sondern um meine ganz eigene "Fähigkeit", wollen zu können.
Ein gefühlsmäßig begründete Urteil hat keinerlei Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Es hat also auch nichts mit Vernunft zu tun. Ich mag zum Beispiel auch keine rohen Äpfel, weil ich darauf allergisch reagiere. Daraus folgt aber nicht, dass ich dieses Obst allgemein für ungesund halte.
Emotionen sind nun einmal die Basis, bei der sämtliche Überlegungen beginnen. Emotional begründete Meinungen können im Verlauf rationaler Überlegungen korrigiert werden. Das ist auch der Grund weshalb ich trotz starker Abneigung gegen Krieg kein Pazifist bin. Aber diese später hinzugefügten objektiven Begründungen sind, wenn sie nicht die ursprüngliche Meinung abändern, oft nur "hinzugelogen", soll heißen, sie sind keine Begründungen im Sinne von "Grund/Ursache der Meinung".

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Was sind in dem Fall die Urteile vor deinen Urteilen?

Könntest du diese Frage bitte erläutern? Wenn du meinst, was ich denke, dass du es meinst, dann meinst du Urteile, die schwerer wiegen als die, die allein auf meinen Emotionen basieren. Das wären dann Urteile (Wir reden doch über Urteile im Sinne von Meinungen oder Ansichten, oder?) die auf vernunftbehafteten Überlegungen basieren. Im Idealfall wären die Überlegungen nicht nur vernunftbehaftet sondern rein rational. Das ginge aber nur, wenn wirklich ALLE Aspekte bekannt sind.
Im Fall Krieg bedeutet das: Wenn ich weiß, warum sich ein Krieg angezettelt wurde, warum alle friedlichen Versuche einer Einigung fehlschlugen und was der jeweilige Gewinner für Vorteile zieht, dann besteht durchaus die Chance, dass ich auch einen Krieg befürworte.
Wenn es allerdings nötig ist, vor Kriegsbeginn die Bevölkerung mit einer Propagandamaschinerie in die "richtige" Stimmung zu bringen und alles nach hauptsächlich wirtschaftlichen (USA in diversen Angriffskriegen, WKII) oder ideologischen (Alle möglichen Religionskriege, WKII) Interessen stinkt, sieht die Sache anders aus.

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Gibt es jemanden, der eigenen Gründe hat, den Frieden dem Krieg vorzuziehen?

Ich denke, die eigenen Gründe habe ich erläutert. Dass sie von weiteren, "hinzugelogenen" Gründen, wie du es ausdrückst, gestützt werden, ist nur angenehm, wodurch sich diese Frage eigentlich erübrigt:
Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Oder ist deine emotionale Reaktion reine Tradiertheit?

Aber gern noch mal etwas ausführlicher, wobei ich mich mal entscheide nicht beleidigt darüber zu sein, unterstellt zu bekommen, ich hätte gelernt, angesichts sinnfreier Kriege Übelkeit zu empfinden.
Als kleines Kind habe ich es gehasst, wenn im Kasperletheater der Kasper das Krokodil verprügelte. Das Leben ist etwas, das ich liebe. Ich empfinde es als etwas großartiges, das sich lohnt, geschützt zu werden. Zwar akzeptiere ich die Nahrungskette und auch durch Expansion einer Population verursachten Kolateralschaden, aber Gewalt aus niederen Beweggründen - und Angriffskriege sind nichts anderes - verachte ich.

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:"Ich kann nichts dafür." - Das ist eine falsche Aussage. Du bist für dich verantwortlich.

Meine Aussage bezog sich auf meine emotionale Reaktion. An dieser kann ich meines Wissens tatsächlich nichts ändern (das heißt, mit Hilfe von Psychopharmaka vielleicht doch).
Das soll aber nicht heißen, dass ich mich selbst als deterministisch betrachte. Dann müsste ich mir und in der Folge auch jedem anderen Menschen sämtliche Verantwortung für meine, beziehungsweise dessen, Handlungen absprechen. Aber das führt am Thema vorbei.

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:schätzt du das Verbleiben im Herkommen hoch?

Schätzt du das Verbleiben in geschwollener Wortwahl hoch? :mg: Das Herkommen ist mir relativ egal, aber mir gefällt es, meine Meinungen und Ansichten zu reflektieren, mit denen von Anderen zu vergleichen und gegebenenfalls zu korrigieren, was hier ganz gut funktioniert.
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Do 10. Dez 2009, 13:17

Nach den deine Urteile bedingenden Urteilen fragte ich in Hinblick auf Hume. (Geschwollene Ausdrucksweise ist schlicht präzise. Ein beliebter Fehler bei Descartes ist es z.B. das zu tun, was du auch tatest, die Begriffe 'Grund' und 'Ursache' nicht "wohlfeil" zu unterscheiden. Ursache deiner Meinung wäre etwas, das man ganz sicher nicht ausmachen kann, weil ich bezweifle, dass du ausmachen kannst, welche Teilursachen zusammenkommen müssen, um in dir auf physikalischer Ebene jene Veränderung zu verursachen, welche fürderhin als "deine Meinung" in dir fortwirkt, d.h. es ist ja damit nicht so einfach wie mit dem Entzünden eines Feuers, bei dem man ja weiss, welche drei Teilursachen es dafür benötigt, damit aus jenem Gesamtzustande als Ursache das Feuer folge.
Bei einer Meinung also geht es auf einen Grund zurück, d.i. auf ein vorangehendes Urteil. Deswegen lieber geschwollen reden, da fallen nicht hundert Begriffe in ein Wort.)


Ich finde übedies nicht, dass du nicht für deine "emotionale Reaktion" - ein Unwort! - verantwortlich wärest. Stell dir vor, du stelltest dir vor, in das Land deiner Träume zu reisen und beginnst schon alles zu planen; jetzt plötzlich fällt dir ein, dass du ja auch mal nachsehen müsstest, wieviel des Geldes es kosten würden zu reisen. Du siehst vor die die prangenden 10.000 Euro und dein Urteil verändert sich - aber auch dein Gefühl verändert sich dabei nicht unmerklich. Ich bin mir dessen bewusst, dass sogar noch Kant an der Unveränderlichkeit des Charakters festhielt; nichtsdestotrotz ist der Charakter nichts unveränderliches und viel mehr gilt "l'homme se fait.".


...
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Twilight » Do 10. Dez 2009, 18:57

Meinst du nicht, dass die sprachlichen Feinheiten eines Philosophen des 17. Jahrhunderts heute etwas veraltet sind?
Bisher nutzte ich "Grund" und "Ursache" eher Synonym. Auch mit der Definition auf Wikipedia, die dem Grund eine ideelle, der Ursache dagegen eine materielle Bedeutung zuschreibt, wüsste ich nicht, wo eine Grenze zu ziehen ist. Materiell ist letztendlich (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit :santagrin: ) alles im Universum, wohingegen ich mit der Materie des Idealismus' Probleme habe. Wenn ich also die Ursache eines Ereignisses erfahren möchte, gehe ich der Sache auf den Grund. Den meisten anderen Nicht-Philosophen dürfte es ähnlich gehen. Einige dürften dabei sogar erkennen, dass der Grund für die Ursache letztendlich nur der Anlass für den Auslöser ist. :erschreckt:

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:"emotionale Reaktion" - ein Unwort

Dieses Unwort soll eine Reaktion beschreiben, die sich nur auf die Empfindungen - nicht das Handeln - beschränkt. Ein besserer Begriff ist mir nicht eingefallen (Emotionsreaktion eventuell? Oder psychophysiologische Reizantwort?).
Natürlich kann sich die Art einer Reaktion ändern, aber ich bezweifle zum jetzigen Zeitpunkt, dass das einerseits innerhalb kurzer Zeit und andererseits ohne unerwünschte Nebenwirkungen möglich ist.
Im Beispielfall Krieg bedeutet das oft eine Abstumpfung, was ich als etwas negatives betrachten würde.
Aggressionen und Depressionen lassen sich mit Tabletten, selten auch mit Meditation, Sport oder gesunder Ernährung behandeln.
Das Empfinden von Grauen beim Anblick von Kriegsopfern halte ich allerdings nicht für behandlungsbedürftig.
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Do 10. Dez 2009, 22:11

Unterschätz nicht Grund und Ursache in ihrer Unterscheidung! Dass Gott der Anfang der Kausalitätskette sei beruht auf dieser stillschweigenden Verwechslung; und ich vage sogar zu sagen, dass er intendiert war. Anstatt eine Ursache zu nehmen, hat man einen Grund an den Anfang der Kausalität gesetzt. Das geschieht nicht selten. "Einer Sache auf den Grund gehen" heißt aber nicht nur ein etwas.
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Twilight » Fr 11. Dez 2009, 21:30

Ich werd's mir merken. :^^:
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Sa 12. Dez 2009, 00:46

Ach, einer, der diese Verwechlung nicht weitertragen wird, mehr... aber ich will gar nicht wissen, wo überall diese Verwechslung dein Leben bestimmt und damit entlebt.

Will denn gar niemand mehr vom Kriege sprechen?
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Re: Bellizismus und Pazifismus

Beitragvon John » Fr 12. Mär 2010, 00:11

Ich bin weder das eine noch das andere.

Manchmal ist eine kollektive, gewaltätige Intervention schlicht geboten. Andererseits kann und darf nicht jede Unstimmingkeit mit Gewalt beigelegt werden.
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