Nichts (eine irrige Annahme?)

Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Arathas » Mi 9. Dez 2009, 13:31

Hola zusammen,

es gibt ja diesen diffusen Begriff des "Nichts". Wenn Leute sagen "Was gab es vor dem Urknall? War da überall nur "nichts"?", sprechen sie dieses Wort aus. Wenn Leute über leeren (Welt)Raum sprechen, wird oft "nichts" angegeben. Es gibt, vor allem im Bereich der Kosmologie, oftmals diesen Begriff zu hören.

Aber muss es "nichts" überhaupt geben? (Bzw. nicht geben - blöde Definition ...)

Wir haben doch, soweit ich weiß, noch nie einen Anhaltspunkt dafür gefunden, dass außerhalb des "Existierenden" ein "Nichts" ist, oder? "Nichts" ist nur ein Gedankenkonstrukt, das wir erschaffen haben, weil es für uns Menschen logisch ist: Wenn es etwas gibt, das existiert, dann muss es konsequenterweise auch das Gegenteil geben.

Aber die Existenz (oder Nicht-Existenz) eines Nichts ist doch genauso unbegründet wie die Existenz eines Gottes: Es gibt nicht einen einzigen Anhaltspunkt dafür. Das Universum IST. Soviel wissen wir. Es könnte also durchaus sein, dass "Nichts" nur ne nutzlose (und falsche) Vorstellung der Menschen ist, oder?

Was haltet ihr so von Nichts? :^^:
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon stine » Mi 9. Dez 2009, 14:21

Alles menschliche Denken beruht auf Beobachtungen irdischer Tatsachen und daraus resultierender Annahmen.
Vom NICHTS halte ich viel - weil es uns zeigt, wie begrenzt wir denken. :wink:

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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Arathas » Mi 9. Dez 2009, 14:42

Nur ist NICHTS eben nicht auf der Beobachtung irdischer Tatsachen gegründet. Sondern ein reines Gedankenspiel. Glaubst du, es gibt sowas wie Nichts? Ich könnte mir schon vorstellen, dass es überall nur "etwas" gibt, aber nie NICHTS.
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon stine » Mi 9. Dez 2009, 16:48

Arathas hat geschrieben:...ein reines Gedankenspiel.
Ein irdisches Gedankenspiel. NICHTS ist für uns luftleerer, staubfreier, kleinstteilchenfreier Raum.

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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Myron » Mi 9. Dez 2009, 18:40

Es ist zu unterscheiden zwischen dem Substantiv (Begriff) "Nichts" und dem Indefinitpronomen "nichts".
Denn die Sätze "Ein/Das Nichts existiert" und "Nichts existiert" sind keineswegs äquivalent. Ersterer bedeutet "Es existiert etwas, das ein Nichts ist" und letzterer "Es ist nicht der Fall, dass etwas existiert". Ein existierendes/seiendes Nichts ist zweifellos ein absolutes Unding, sodass die Existenz eines Nichts a priori mit Gewissheit ausgeschlossen werden kann.
Daraus, dass es unmöglich der Fall ist, dass ein Nichts existiert, folgt jedoch nicht, dass es ebenso unmöglich der Fall ist, dass nichts existiert. Dass der Satz "Nichts existiert" tatsächlich falsch ist, wissen wir alle; doch die Frage ist eben, ob er wahr sein könnte. Diese Frage ist allerdings schlecht formuliert, da der Satz "Nichts existiert" ja unmöglich wahr sein; denn ein wahrer Satz ist etwas Existierendes, und solange etwas existiert—und sei es nur ein Satz—, kann es ja unmöglich so sein, dass nichts existiert. Das heißt, wenn nichts existierte, dann wäre auch der Satz "Nicht existiert" nichtexistent; und ein nichtexistenter Satz kann nicht die Eigenschaft des Wahrseins besitzen. Folglich muss die Frage nicht lauten, ob es möglich ist, dass der Satz "Nichts existiert" wahr ist, sondern, ob es der Fall sein könnte, dass nichts existiert.
Unter den Philosophen und Logikern herrscht diesbezüglich Uneinigkeit, und auch ich habe dazu noch keine feste Meinung.
Es scheint zwar möglich zu sein, dass nichts existiert, aber es mag sein, dass der Schein trügt.
Eines lässt sich allerdings wieder a priori mit Gewissheit feststellen, nämlich, dass wenn man unter "Fällen" Tatsachen versteht und auch negative Tatsachen als Entitäten erachtet, es logisch unmöglich ist, dass nichts existiert; denn wenn nichts existierte, dann würde widersprüchlicherweise die negative Tatsache, dass nichts existiert, existieren, und somit könnte es unmöglich der Fall sein, dass nichts existiert. Das wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass die existente negative Tatsache, dass nichts existiert, die existente negative Tatsache, dass keine Tatsachen existieren, einschließen würde. Das ist jedoch ein Ding der Unmöglichkeit.

Also, wenn nichts existierte, dann existierte weder der wahre Satz "Nichts existiert" noch die Tatsache, dass nichts existiert.
Dann stellt sich aber die Frage, welchen Sinn die Aussage, dass es der Fall sein könnte, dass nichts existiert, eigentlich haben kann.

Link: http://plato.stanford.edu/entries/nothingness
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Twilight » Mi 9. Dez 2009, 20:18

Ein leerer Raum wäre aber immer noch etwas. Er hätte Ausdehnungen, Naturkonstanten wären gültig... Das Nichts, das "vor" dem Urknall angenommen wird kann aber nach heutigen Erkenntnissen (wenn ich diese richtig verstehe) kein Raum gewesen sein. Von diesem Nichts kann man aber noch nicht einmal behaupten, dass es vor dem Urknall (nicht-)gewesen wäre, da "vor" ein zeitlicher Begriff ist und Raum und Zeit (und ein paar andere Dimensionen) Bestandteile dieses Universums bilden.
Ich persönlich sehe zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn darin, zu diskutieren, was es sein könnte, weil uns die passenden Vokabeln fehlen. Die Mathematik wäre vielleicht eine Lösung, aber da muss ich passen. :skeptisch:
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon stine » Mi 9. Dez 2009, 21:01

Twilight hat geschrieben:Die Mathematik wäre vielleicht eine Lösung...


In einen Aufzug steigen zwei Leute ein. Etwas spaeter kommen drei wieder heraus.

Der Physiker: "Der ist reingetunnelt."
Der Biologe: "Sie haben sich fortgeplanzt."
Der Mathematiker: "Nun muss einer wieder rein, damit keiner drin ist. "


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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Twilight » Mi 9. Dez 2009, 21:21

stine hat geschrieben:"Nun muss einer wieder rein, damit keiner drin ist. "


Natürlich! Das mit dem Netto-Null habe ich ganz vergessen!
Nichts ist nicht immer gleich nichts. Menschen zum Beispiel, die in der Nähe einer Baustelle wohnen, auf der Nachts gearbeitet wird, wachen plötzlich von einem komischen Geräusch auf. Dabei ist das, was sie gehört haben eigentlich nichts gewesen: Die Arbeiten waren beendet und das wahrgenommene war plötzlich weniger als der Geräuschpegel, an den sich das Gehirn gewöhnt und den es als "Nichts" annahm.

Man kann mit Hilfe von Energieaufwand aus leerem Raum Materie und Antimaterie erzeugen. Die Gesamtenergie des Systems bleibt Null, denn wenn sich die erzeugten Teilchen gegenseitig annihilieren, wird wieder genau soviel Energie "gewonnen", wie vorher aufgewendet wurde (Wobei die Verlustleistung des verwendeten Gerätes vernachlässigt wird :p ).

Vielleicht kann man daraus eine Analogie auf den Ursprung unseres Universums bilden?
Oder ich spinne nur wieder etwas zusammen, das erstmal einfach aussieht. Ich habe da so meine Schwierigkeiten, in mehr als vier bis fünf Dimensionen zu denken und verlaufe mich regelmäßig in irgend welchen Kellern. :ops:
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 9. Dez 2009, 21:35

Im Forum für Philosophie...

Wenn man z.B. nicht von der dinglichen Welt ausgeht, sondern auch einmal davon, was wir als Menschen so alles erleben, ohne dabei uns als Subjekt vor einer aus objekten bestehenden Welt zu sehen: wenn wir dies nun einmal tun, ist man zwar ein gutes Stück von den Naturwissenschaften entfernt, doch dann zeigt sich auch der Vorzug der Philosophie, dass sie nicht ergebnisorientiert, und vor allem, auf kein schon gefasstes Ergebnis hin arbeitet; ohne jetzt allen Naturforschern derlei zu unterstellen, aber dennoch forscht man doch stets noch vornehmlich unter A b s i c h t e n in der Natur...

Wie dem auch sei:
Ein Nichts kann einem im Leben z.B da begegnen, wo man merkt, dass es einem besser gefallen hätte, sich anders entschieden zu haben als man tatsächlich es tat (ich will den Begriff der Reue seiner Verfänglichkeit wegen nicht hier einführen). Befindet man sich in jener Art und Weise schlecht, so tut man es eines Nichts wegen; denn die Möglichkeit, für die man sich nicht entschied, blieb ein Nichts; und obwohl sie nicht ist, leidet man trotzdem wegen "der anderen Möglichkeit, die man hätte ergreifen können." Da diese Möglichkeit ja aber nicht mehr ist: wie sollte man ihrer wegen leiden?
Wirklich, also, leidet man in einem solchen Falle an einem Nichts; und jenes Nichts i s t , im Gegensatz zur vergangenen Möglichkeit, welche nicht ist.
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon ganimed » Mi 16. Dez 2009, 19:11

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Befindet man sich in jener Art und Weise schlecht, so tut man es eines Nichts wegen; denn die Möglichkeit, für die man sich nicht entschied, blieb ein Nichts

Moment mal: Die Möglichkeit, für die man sich nicht entschied, hat Substanz. Sie ist präsent im Kopf, in Form von Träumen, Vorstellungen und gedanklichen Vorwegnahmen. Ist also kein "Nichts" sondern ein "Etwas". Und man fühlt sich zurecht schlecht, weil diese Vorstellungen nun nicht verwirklicht werden und man diesen Umstand als Verlust bewertet.

Ein gutes Beispiel für ein "Nichts" muss hier, glaube ich, noch genannt werden. Das Vor-dem-Urknall oder der Leerraum passten ja, wie bereits ausgeführt wurde, auch nicht so recht. Mir fällt aber auch "Nichts" ein.
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 16. Dez 2009, 19:48

Das von mir beschriebene Nichts ist im eigentlichen Sinne ein Nichts - der Begriff der Substanz ist in dieser Art und Weise unglaublich irreführend (ist er in der Art Aristoteles', Spinozas, Kants, Schopenhauers; nach Art einer bestimmten Naturwissenschaft gebraucht?) - tut mir leid, ich kann mir einfach nicht erschließen, ob du energetisch-substanziell meinst, oder ontologisch-substanziell, oder was-auch-immer-substanziell.

Schlecht fühlt man sich derer beim besten Willen nicht "zurecht", insofern du damit, dass du dir eine mögliche Zukunft für dein Handeln erwähltest, alle anderen Möglichkeiten ab-wähltest. (Das besondere Vermögen, die "beste mögliche Zukunft" wählen zu können, ist eine aristotelische Tugend namens phronesis). Wenn man es hinterdrein als Verlust bewertet, dann war man eben - dumm. (phronesis entspricht dem deutschen Worte der Klugheit (im Gegensatz zur Gelehrtheit, Weisheit, Kunstfertigkeit und weiteren).)
Dass das Nichts ein Etwas ist, will ich nicht bestreiten; aber es ist ein Etwas, welches nicht eigentlich ist. (Trotzdessen mein Satzbau eine Idee von Nichts zu beschreiben scheint ('Das Blau des Brights-Forums ist.') meine ich die eigentliche Wirklichkeit von Nichts ('Das Brights-Forum ist blau.'))

Ich finde, zurecht fühlt man sich dann schlecht, wenn man eine Moral lebt. (Übrigens das allgemeinste Argument wider den Utilitarismus, denn dem Menschen geht es nicht um Wohlbefinden, nicht um ein Glück irgendeiner Art, solange es für ihn einen Grund gibt, zu leben. Man überlege sich noch einmal, was Schopenhauer sagte: " 'Gut Leben ist besser als leben'. Hieraus ließe sich folgern: nicht leben ist besser als schlecht leben. Dies ist dem Intellekt auch einleuchtend: dennoch leben die Allermeisten sehr schlecht, lieber als gar nicht." [den seinen Schluss, lasse ich, wie billig in diesem Kontext, unerwähnt])
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon ganimed » Do 17. Dez 2009, 18:14

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Schlecht fühlt man sich derer beim besten Willen nicht "zurecht", insofern du damit, dass du dir eine mögliche Zukunft für dein Handeln erwähltest, alle anderen Möglichkeiten ab-wähltest. ... Wenn man es hinterdrein als Verlust bewertet, dann war man eben - dumm.

Man war dumm in dem Sinne, dass einem zum Zeitpunkt der Entscheidung weniger Informationen zur Verfügung standen als zum späteren Zeitpunkt des Bereuens. Wieso aber beraubt einen dieser triviale Umstand der Rechtfertigung? Wenn man merkt, dass man einen Verlust realisiert hat, dann fühlt man sich zurecht schlecht.

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Das von mir beschriebene Nichts ist im eigentlichen Sinne ein Nichts...

Das scheint mir eine nicht unübliche Ausweichtaktik von Philosophen zu sein. "Begriffswegducken" könnte man es wohl nennen. Diesmal im uneigentlichen Sinne :^^:
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Re: Nichts (eine irrige Annahme?)

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Do 17. Dez 2009, 22:51

Wenn man es nicht sieht, dass es da zwei Dinge gibt, wo du nur eines siehst, dann sieht man meine Rede als ein Begriffswegducken an. Jene Methode nennt man dann "Sich-Verschließen".
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