Freiheit - ein Hirngespinst

Die Einsicht, dass ich ein Sklave bin...

habe ich akzeptiert
2
15%
fällt mir schwer, aber ich ahne es
1
8%
halte ich für Unsinn
10
77%
 
Abstimmungen insgesamt : 13

Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon xander1 » Fr 12. Mär 2010, 16:57

Dissidenkt hat geschrieben:Es hilft dir nichts dein Halbwissen auf wikipedia zusammenzuklauben,

Es ging darum, dass du dich informieren sollst und eine Quelle, die ich dir gegeben habe, ist eben Wikipedia und da hilft dir dein Fluchen auch nicht weiter.
Dissidenkt hat geschrieben:Deine pubertäre Attitüde,

Du bist sehr nett.
Dissidenkt hat geschrieben:aus beschämender Ahnungslosigkeit,

Ja ich fange gleich an zu heulen.
Dissidenkt hat geschrieben:giftige Schulhofsprüche zu generieren, ist peinlich und führt zu nichts.

Ich finde Schulhofsprüche sind bestimmt nicht so übel, obwohl ich mich frage was ein Schulhofspruch sein soll.
Dissidenkt hat geschrieben:Wenn du meine Sicht der Dinge nicht nachvollziehen kannst und nur stänkern willst, kannst du ja eine "freie Entscheidung" treffen und dich aus der Diskussion raushalten! :up:

Also ich denke, dass ich deine Sicht der Dinge nachvollzogen habe. Ich war sehr erstaunt darüber, dass es letztendlich so banal ist und dass du das Banalste vom Banalsten ständig wiederholst als ob das jemand nicht verstehen könnte, genau an den Stellen an denen du dich quer gestellt hast. Ich nenn das Pokern. Aber du hast viel Mut. :up:
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon AgentProvocateur » Fr 12. Mär 2010, 17:44

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Was ist überhaupt der Unterschied zwischen 'relativer Freiheit' und 'bedingter Freiheit'? Ich sehe da keinen, bezieht sich mMn auf dasselbe Konzept.

Bedingte Freiheit ist ein Widerspruch in sich. Etwas, das bedingt ist, ist offensichtlich nicht frei.

Wieso? An dieser Aussage kann ich nichts 'Offensichtliches' sehen.

Etwas, das unbedingt ist, d.h. ohne Umstände, ohne Rahmenbedingungen, kann nicht existieren. Die Fragen nach Handlungs- und Willensfreiheit richten sich aber selbstverfreilich danach, ob etwas 'frei' ist / sein kann und wenn ja, in welchem Sinne. Es ist absurd eine Antwort darauf darin zu sehen, dass man sich einfach Freiheit mal schnell so hindefiniert, dass sie auf existierende Etwasse per se nicht zutreffen kann. Diese Deine Definition von 'Freiheit' ist lediglich Deine Privatdefinition, die berührt daher diese Fragen noch nicht einmal im Ansatz.

Dissidenkt hat geschrieben:Relative Freiheit kann ich gelten lassen, denn relative Freiheit bezeichnet das Verhältnis der konkret möglichen Alternativen zur Gesamtzahl aller Alternativen.

Ist denn 'relative Freiheit' nun Freiheit oder nicht? Das wäre dann ja schon mal was, dann müssten wir nicht mehr weiter über eine selbstwidersprüchliche 'unbedingte Freiheit' sprechen, die eh niemanden interessiert.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:
Dissidenkt hat geschrieben:Wie auch immer, die Entscheidung fällt dein Gehirn und meldet sie deinem Bewusstsein.

Nö, Personen fällen Entscheidungen, nicht Gehirne.

Nein, Gehirne fällen Entscheidungen. Oder möchtest du Tieren - die selbstverständlich keine Personen sind - absprechen Entscheidungen zu treffen?

Auch bei Tieren treffen Gehirne keine Entscheidungen. Man schreibt Entscheidungen nur Gesamtorganismen / Gesamtsystemen zu. Entscheidungen sind bewusste Abwägungen von Gründen, auf Ziele hin ausgerichtet. Ob und inwiefern Tiere dazu fähig sind, ist eine andere Frage als die, ob man mentale Begriffe (Gedanke, Überlegung, Glaube, Wünsche, Grund, Ziel, Gefühl, Erinnerung, Vorstellung, Erkenntnis, Bewertung) dem Gehirn statt der Person zuschreiben kann. Und das kann man nicht, das Gehirn ist ein Organ, in dem neuronale Prozesse ablaufen. Diese Prozesse 'denken' nicht, 'fühlen' nicht und sie 'entscheiden' auch nicht. Es ist mE ein unzulässiger Kategorienfehler, das Gehirn zum Subjekt zu erklären. Ein Subjekt ist die Gesamtheit von Körper und Psyche.

Eine Option an dieser Stelle, um diesem Problem zu entgehen, ist jedoch der eliminative Materialismus, nämlich, einfach zu behaupten, es gäbe 'in Wirklichkeit' gar keine Gedanken, Überlegungen, Glauben, Wünsche, Gründe, Ziele, Gefühle, Erinnerungen, Vorstellungen, Erkenntnisse, Bewertungen, also letztlich keine Subjekte, sondern 'in Wirklichkeit' gäbe es nur neuronale Abläufe.

Naja, aber jemanden, der damit letztlich behauptet, es gäbe keine Behauptungen, kann ich nicht so recht ernst nehmen.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wobei dabei unweigerlich bewusste als auch unbewusste Prozesse im Gehirn (und im ganzen Körper) ablaufen müssen, ansonsten kann es keine Entscheidung geben. Aber: na und, was weiter, was folgt aus dieser trivialen Erkenntnis?

Daraus folgt, dass der Wille und sämtliche Handlungen bedingt sind.

Ja, selbstverständlich. 'Unbedingter Wille' und 'unbedingte Handlungen' sind ja auch Gegensätze in sich. Natürlich müssen mein Wille und meine Handlungen von mir abhängen, sonst könnten es nicht meine sein. Ebenfalls eine triviale Feststellung. Und weiter?

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wozu ist das Bewusstsein also notwendig, welche Funktion hat es? Wozu braucht es überhaupt eine Schnittstelle, wenn man komplexe Handlungen auch ohne diese ausführen kann?

Das Bewusstsein ist eine hochkomplexe Schnittstelle zu unserem eigenen Inneren und zu unserer Aussenwelt. Unbewusste Handlungen sind vermutlich nichts anderes, als automatisches Abspulen im Gehirn bereits vorhandener Automatismen. Erst das Bewusstsein ermöglicht es uns neue komplexe Handlungsmuster vorauszudenken, deren Folgen (insbesondere die Reaktionen unserer Mitmenschen) abzuschätzen und daraus Automatismen zu entwickeln.

Soweit stimme ich zu. Wie kann es dann aber sein, dass letztlich alle Entscheidungen unbewusst getroffen werden? Was ja bedeuten würde, dass das Bewusstsein keine Funktion hätte, nutzlos wäre.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Und wie kommst Du eigentlich auf das schmale Brett, behaupten zu wollen, Personen seien nur ihr Bewusstsein?

Wo habe ich das geschrieben?

Das behauptest Du permanent implizit.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:
Dissidenkt hat geschrieben:„Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will.“

Klar kann er wollen, was er will.

So wenig wie ein Stein der einen Berg runterrollen "will".

Ein Stein kann was wollen? Das wäre mir neu.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Nehmen wir ein Beispiel: jemand hat Abitur gemacht und möchte studieren. Er weiß aber noch nicht, was. Auf die Frage: "was willst Du studieren?" sagt er also: "ich weiß es noch nicht". Nun überlegt er hin und her, er hat verschiedene Optionen, für die er jeweils Vor- und Nachteile sieht. Nun wägt er ab, fragt sein Bauchgefühl, schläft ein paar Mal darüber, fragt andere um ihren Rat und entscheidet letztlich. Wenn man ihn danach fragt: "was willst Du studieren?" dann kann er sagen: "ich will X studieren". Und dann er hat sein Wollen selbst bestimmt. Warum auch sollte das nicht möglich sein? Und bei der Entscheidung spielten selbstverständlich seine Gefühle und Empfindungen eine Rolle, eine Entscheidung ist wohl sehr selten völlig rational / bewusst.

Das er dies oder jenes studieren "will", steht ausser Frage.

Ja, und außerdem hat er sich seinen Willen selber gebildet. Das ist der Punkt hier. Es ist seine Entscheidung, beruhend auf seinen Überlegungen, Prämissen und Wertmaßstäben. Wenn Du das nicht 'frei' nennen willst, dann würde ich gerne mal anhand dieses Beispieles genau erläutert bekommen, wie eine 'echt freie Entscheidung' denn aussehen könnte. Dann können wir unsere Auffassungen darüber, was 'frei' bedeutet, mal vergleichen. Es wäre ganz beachtlich und wirklich außergewöhnlich, wenn Du das tun würdest, an dieser Stelle drücken sich die meisten Freiheitsleugner.

Dissidenkt hat geschrieben:Nur ist dieses Wollen erstens nicht "frei", sondern durch Neigungen und Möglichkeiten bedingt und zweitens wird es in unbewussten Regionen des Gehirns entschieden und nachträglich dem Bewusstsein als Entscheidung gemeldet.

Erstens wäre ein Wille, der in Deinem Sinne 'frei' wäre, nicht der Wille einer Person, es wäre etwas ihr Fremdes, Unverständliches, etwas, das deshalb Verantwortung ausschließen würde. Und zweitens können unbewusste Regionen immer noch keine Entscheidung treffen. Wie sollten sie das auch können, welche Gründe sollten sie dafür haben, wie gehen sie vor bei der Entscheidung? Treffen sie die Entscheidung unabhängig von den bewussten Überlegungen? Und wenn nein: wie kann man dann sagen, die Entscheidung sei eigentlich von den unbewussten Vorgängen getroffen worden?

Es ist meiner Meinung nach so, dass die Person hier eine eigene Entscheidung getroffen hat. Nicht sein Gehirn oder gar nur die unbewussten Prozesse in seinem Gehirn. Und durch diese Entscheidung, zu der sie steht und die sie befürwortet, hat sie ihren Willen selber gebildet. Also kann sie wollen (selber bestimmen), was sie will.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon Dissidenkt » Fr 12. Mär 2010, 19:30

AgentProvocateur hat geschrieben:Wieso? An dieser Aussage kann ich nichts 'Offensichtliches' sehen.


Dass du das nicht verstehst, ändert nichts daran, dass es so ist.

AgentProvocateur hat geschrieben:Etwas, das unbedingt ist, d.h. ohne Umstände, ohne Rahmenbedingungen, kann nicht existieren.



Ebend! Und deshalb kann es "Freiheit" nicht geben.

AgentProvocateur hat geschrieben:Die Fragen nach Handlungs- und Willensfreiheit richten sich aber selbstverfreilich danach, ob etwas 'frei' ist / sein kann und wenn ja, in welchem Sinne. Es ist absurd eine Antwort darauf darin zu sehen, dass man sich einfach Freiheit mal schnell so hindefiniert, dass sie auf existierende Etwasse per se nicht zutreffen kann. Diese Deine Definition von 'Freiheit' ist lediglich Deine Privatdefinition, die berührt daher diese Fragen noch nicht einmal im Ansatz.



Freiheit als absolute Eigenschaft kann auf "Etwasse" wie du es nennst, nicht zutreffen. Dinge können nur relativ frei sein, im Hinblick auf einen bestimmten Aspekt.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ist denn 'relative Freiheit' nun Freiheit oder nicht?



Du schränkst einen Begriff ein und fragst mich dann ernsthaft, ob das dann das Gleiche ist, wie der absolute uneingeschränkte Begriff? Selbstverständlich NICHT!

Relativ Braun <> Braun
Relativ Neu <> Neu
Relativ Frei <> Frei

AgentProvocateur hat geschrieben:Auch bei Tieren treffen Gehirne keine Entscheidungen. Man schreibt Entscheidungen nur Gesamtorganismen / Gesamtsystemen zu.....



Gehirne treffen Entscheidungen, der Körper setzt lediglich Randbedingungen und Parameter, die Entscheidungen beeinflussen. Wenn man theoretisch ein Gehirn an eine Maschine anschliessen könnte, wäre es auch ohne Torso oder sogar ohne die fünf Sinne in der Lage Entscheidungen zu treffen.

AgentProvocateur hat geschrieben:Wie kann es dann aber sein, dass letztlich alle Entscheidungen unbewusst getroffen werden? Was ja bedeuten würde, dass das Bewusstsein keine Funktion hätte, nutzlos wäre.



Für das Leben an sich ist das Bewusstsein tatsächlich prinzipiell verzichtbar. Du bist ja auch nicht tot, wenn du schläfst oder im Koma liegst. Es ist aber unverzichtbar, wenn wir in eine reflektierende Wechselwirkung mit unserer Umwelt treten. Offensichtlich hat es eine Regelfunktion sowohl in der Verarbeitung auf uns einströmender Informationen, als auch in der Verarbeitung von Informationen aus unserer Innenwelt.

AgentProvocateur hat geschrieben:Das behauptest Du permanent implizit.


Nein, du behauptest, dass ich das behaupte. Tatsächlich habe ich nirgends derartiges geschrieben.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Stein kann was wollen? Das wäre mir neu.


Ebend! So wie ein Stein (hätte er ein Bewusstsein) , der den Berg herabrollt sich einbilden würde, er täte dies aus freiem Willen, so bildet sich auch der Mensch ein, er hätte einen freien Willen.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ja, und außerdem hat er sich seinen Willen selber gebildet. Das ist der Punkt hier. Es ist seine Entscheidung, beruhend auf seinen Überlegungen, Prämissen und Wertmaßstäben. Wenn Du das nicht 'frei' nennen willst, dann würde ich gerne mal anhand dieses Beispieles genau erläutert bekommen, wie eine 'echt freie Entscheidung' denn aussehen könnte. Dann können wir unsere Auffassungen darüber, was 'frei' bedeutet, mal vergleichen. Es wäre ganz beachtlich und wirklich außergewöhnlich, wenn Du das tun würdest, an dieser Stelle drücken sich die meisten Freiheitsleugner.



Es gibt keine "freie" Entscheidung. Natürlich ist es seine Entscheidung, die seinem Willen entspringt, aber sie ist nicht frei, sondern streng determiniert.

AgentProvocateur hat geschrieben:
Dissidenkt hat geschrieben:Nur ist dieses Wollen erstens nicht "frei", sondern durch Neigungen und Möglichkeiten bedingt und zweitens wird es in unbewussten Regionen des Gehirns entschieden und nachträglich dem Bewusstsein als Entscheidung gemeldet.

Erstens wäre ein Wille, der in Deinem Sinne 'frei' wäre, nicht der Wille einer Person, es wäre etwas ihr Fremdes, Unverständliches, etwas, das deshalb Verantwortung ausschließen würde.


Richtig!

AgentProvocateur hat geschrieben:Es ist meiner Meinung nach so, dass die Person hier eine eigene Entscheidung getroffen hat. Nicht sein Gehirn oder gar nur die unbewussten Prozesse in seinem Gehirn. Und durch diese Entscheidung, zu der sie steht und die sie befürwortet, hat sie ihren Willen selber gebildet. Also kann sie wollen (selber bestimmen), was sie will.


Sicherlich ist es eine eigene Entscheidung. Diese wurde aber im Gehirn gefällt und dann an das Bewusstsein gemeldet.

Du klammerst dich an die Vorstellung eines "freien Willen", wie ein Theist an die Vorstellung eines Gottes.

Ich zitiere mal den verehrten Wolf Singer:
Sie behaupten also, der freie Wille sei nichts als eine nette Illusion?

Singer: Nicht ganz. Er wird von uns als Realität erlebt, und wir handeln und urteilen so, als gäbe es ihn. Der freie Wille, oder besser, die Erfahrung, einen solchen zu haben, ist somit etwas Reales, extrem Folgenreiches. Insofern, als sich die Mehrheit der Menschen zu dieser Erfahrung bekennt, ist sie also keine Illusion wie etwa eine Halluzination. Aber aus Sicht der Naturwissenschaft ergibt sich die mit der Selbstwahrnehmung unvereinbare Schlussfolgerung, dass der "Wille" nicht frei sein kann.
......
Singer: Vielleicht entsteht eine ganz andere Vorstellung von Würde. Wir kämen durch die Aufgabe dieses unverbrüchlichen, aber auch mit sehr viel Selbstbewusstsein und gelegentlich Arroganz behafteten Freiheitsbegriffs wohl zu einer demütigeren, toleranteren Haltung. Wir müssten uns als in die Welt geworfene Wesen betrachten, die wissen, dass sie ständig Illusionen erliegen und keine wirklich stimmigen Erklärungen über ihr Sein, ihre Herkunft und noch viel weniger über ihre Zukunft abgeben können.

http://www.spiegel.de/spiegelspecial/0,1518,272572,00.html
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon AgentProvocateur » Fr 12. Mär 2010, 20:30

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Klar kann er wollen, was er will. Wer oder was sonst sollte das auch sonst wollen können?

Das ist die falsche Frage. Eine richtigere Frage scheint mir: Ergibt sich das was man will aus dem Willen?
Beispiel: ich will "schwarze Magie" studieren.
Warum will ich das?
Aufgrund meiner Neigungen, Wünsche, Persönlichkeit, Prägungen, Sachzwänge, was auch immer.
Aber jedenfalls nicht, weil ich es wollen will. Diese Rekursionsstufe gibt es nicht.

Doch, ich behaupte genau das: diese Rekursionsstufe gibt es meiner Ansicht nach sehr wohl. Und diese Fähigkeit zur Rekursion ist letztlich das, was meiner Ansicht nach unseren freien Willen ausmacht. Ich kann mich fragen: will ich wirklich das, was ich gerade will? Passt das zu meinen langfristigen Zielen? Und so kann ich eben meinen Willen beeinflussen, ihn ändern bzw. auch manchmal überhaupt erst bilden. Das ganze ist eben kein linearer Vorgang, es funktioniert nicht so, dass da irgendwie lediglich statisch Neigungen, Wünsche, Persönlichkeit, Prägungen, Bewertungsmaßstäbe, Sachzwänge etc. vorgegeben sind und ein Algorithmus diese unabänderbar und statisch abarbeitet.

ganimed hat geschrieben:Wir haben ja schließlich nur einen Willen.
Irgendwer, irgendwas entscheidet, was wir wollen. Unser Wille ist es nun aber nicht.

Nein, auch der Wille ist nichts Statisches, Unabänderliches, von Irgendwo und Irgendwas Vorgegebenes. Wir können uns unseren Willen selber bilden. Wenn auch nicht immer (oder auch nur manchmal) und auch vielleicht weniger, als wir selber meinen. Aber das ist letztlich gleichgültig: an der grundsätzlichen Fähigkeit ändert das nichts.

Einen freien Willen in meinem Sinne gibt es genau dann, wenn das möglich ist. Ich sehe aber bisher keinen Grund, warum das nicht möglich sein sollte.

ganimed hat geschrieben:Der Student hat sich nicht gefragt: wofür will ich mich entscheiden? Und dann so entschieden. Er hat vielmehr die Sachen gemacht, die du hier beschreibst.
Sein Wille, X zu studieren, beruht also nicht auf seinem Willen (X studieren zu wollen), sondern auf anderen Faktoren.

Natürlich beruht sein Wille, X studieren zu wollen, nicht auf dem Willen X studieren zu wollen. Das wäre ja mal wieder absurd: der Wille wird ja erst durch die Überlegungen und Abwägungen (bewusst und unbewusst) erst gebildet, der besteht ja nicht per se. Was ich behaupte, ist etwas anderes: Personen sind dazu in der Lage, ihren Willen selber zu bestimmen, diesen selber festzulegen, zu bilden. Sie sind nicht lediglich Marionetten ihres Willens (der 'einfach so', letztlich für uns unbegreiflich, entsteht). Was mE bedeutet: Menschen können wollen, was sie wollen (was ich immer so verstehe: Menschen können bestimmen, was sie wollen - ansonsten ergibt der Satz keinen vernünftigen Sinn).

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Und mein Wissen (die Fotos, Dokumente, Bilder, Filme,.. im Beispiel) kann ich abrufen. Ansonsten wäre es kein Wissen von mir. Spielt doch auch keine Rolle, dass ich nicht jederzeit mein komplettes Wissen im aktuellen Jetzt-Bewusstsein habe, bzw. sehe ich nicht, wofür das eigentlich eine Rolle spielen sollte.

Du kannst mit dem Bewusstsein nicht auf alle Gedächtnisinhalte zurückgreifen. Deine Entscheidung trifft nicht allein dein Bewusstsein aufgrund der gesichteten Daten. Du schaust dir mit dem Bewusstsein ein paar Schlaglichter aus den zugänglichen Daten an und ansonsten wird eine BlackBox-Funktion aufgerufen, die nach festgelegten Algorithmen den Datenrest durchsucht und Bewertungsergebnisse in Form von Bauchgefühl und anderen Mechanismen liefert. Das genannte Szenario spielt also insofern eine Rolle, als dass es verdeutlicht, wie begrenzt die Rolle des Bewusstseins bei Entscheidungen ist. Du kannst niemals sicher sein, welche Daten alle auf deiner Festplatte gespeichert sind und mit welchen Algorithmen die durchsucht und bewertet werden. Welche Daten in welcher Weise auf die Festplatte geschrieben wurden, ist durch äußere Umstände bestimmt worden. Welche Algorithmen beim Suchen und Auswerten verwendet werden, ist von außen durch Gene und vielleicht noch durch frühkindliche Hirnentwicklung bestimmt.

Fakt ist aber nun: 'ich' kann auf meine Erinnerungen und mein Wissen zugreifen. Ich bin ja nicht lediglich mein Bewusstsein, kommt mir auch höchst seltsam vor, zu behaupten, dem sei so und ich solle das gefälligst so sehen. Wieso sollte ich auch? Meine Erinnerungen und mein Wissen sind Teil von mir, ein auch völlig unverzichtbarer Teil, ohne sie wäre ich unzweifelhaft nicht ich.

Und, naja, was Bewusstsein überhaupt bedeutet, scheint mir hier auch strittig zu sein. Eigentlich gehören alle abrufbaren Erinnerungen und mein Wissen zu meinem Bewusstsein. Es erscheint mir nicht selbstverständlich zu sein, unter Bewusstsein lediglich die aktuellen momentanen bewussten Gedanken verstehen zu müssen, so wie Du und Dissidenkt das anscheinend tun. Und gar nicht evident scheint es mir, annehmen zu müssen, 'ich' sei lediglich diese paar Gedanken.

Natürlich kann ich bewusst nicht meinem Unbewussten den Befehl geben, dieses solle mir mal die Akte soundso vorlegen. Was sich irgendwie dualistisch anhört: hier ich (= mein Bewusstsein) - dort 'nicht ich', (z.B. mein Unbewusstes). Aber ich bin ja nichts Getrenntes von meinem Unbewussten, das ist ein (unverzichtbarer) Teil von mir, ebenso wie meine Empfindungen und Gefühle. Auch da wäre es eine seltsame Vorstellung, das Bewusstsein als Akteur abzusehen, das eine Empfindung gezielt hervorruft. Der Akteur bin immer ich als ganze Person. Fragt sich eh, ob und wie man bewusste von unbewussten Vorgängen trennen kann. Auch das ist keineswegs per se evident, ich zweifele, dass das möglich ist. Es gibt zwar Vorgänge in meinem Körper, die völlig unbewusst sind, die ich nicht kontrollieren kann, (z.B. schwitzen), aber andererseits erscheint es mir evident und auch gar nicht anders denkbar, dass es keine ausschließlich bewussten Vorgänge gibt. Nur sehe ich das nicht als grundsätzliches Problem an, so wie Ihr das zu tun scheint.

ganimed hat geschrieben:Der Großteil der Entscheidungen wird also von einem Rechner getroffen, den du nicht genau kennst, nicht gebaut hast, dir noch nicht einmal ausgesucht hast.
Wenn also nicht dein Bewusstsein die Entscheidung allein trifft, dann kann die Entscheidung alleine deswegen kaum frei genannt werden (wobei frei ja bei dir kontrolliert und zuordbar heißt), da sie mit nicht ausgesuchter Hardware und unüberprüfbaren Algorithmen ausgeführt wird.

Menschen sind aber keine Computer, es gibt bei Menschen keinen Unterschied zwischen Hardware und Software. Menschen sind hochdynamische Systeme, nichts ist dabei unabänderlich festgelegt, so wie bei Maschinen. Rekursionen, ein selbstorganisierendes System, Rückkopplungen, Schleifen. So läuft das ab und darauf haben wir einen bewussten Einfluss. Je mehr, umso mehr wir die Mechanismen dahinter erkennen. Und, ja, ich nenne das Freiheit, ich weiß auch wirklich nicht, inwiefern irgend etwas mehr Freiheit ermöglichen könnte. Und das ist doch aber die spannende Frage hier. Selbst wenn meine Vorstellung eine Idealvorstellung beschreibt; de fakto gibt es natürlich Begrenzungen, die wir noch nicht einmal kennen, aber dennoch ist mE mein Begriff von Freiheit ein konsistenter und nicht per se widersprüchlicher. So wie Deiner und Dissidenkts Freiheitsbegriff.

Aber auch mal an Dich die Frage: wie könnte die Entscheidung des obigen Studenten ablaufen, damit Du sie als 'tatsächlich echt frei' ansehen würdest? Wenn das nicht möglich ist, weil Dein Freiheitsbegriff insofern logisch widersprüchlich ist, dass er in jeder denkbaren (d.h. logisch möglichen) Welt, egal, ob determiniert oder indeterminiert nicht zu realisieren ist, dann müsst Ihr wenigstens darlegen, inwiefern Euer Freiheitsbegriff relevant ist, d.h. inwiefern er ein halbwegs gebräuchlicher ist. Gelingt das nicht, dann ist er einfach irrelevant. Speziell auch übrigens für den Begriff 'Verantwortung': jemand, der 'frei' in Eurem Sinne ist (= akausal, bzw. 'völlig unabhängig von Allem', auch der eigenen Persönlichkeit), kann wohl kaum den Kriterien dafür genügen, die man anlegt, um jemandem Verantwortung zuzuweisen. Falls aber doch: bitte das mal begründen.

Ach ja: und wieso Menschen jetzt demütig sein sollten, weil es keine 'absolute Freiheit' (= von Allem komplett unabhängige Freiheit) geben kann und wieso sie Sklaven sind (von was eigentlich?) wurde auch noch nicht hinreichend begründet. Und was auch noch der Begründung harrt: wieso sollte eigentlich jemand auf die Meinung eines Sklaven, die ihm nach eigenen Angaben aufgezwungen wurde von Umständen, die er nicht kennt, die er nicht beurteilen und nicht bewerten kann, weil er seine Entscheidungen, Meinungen und Handlungen nicht selber bestimmen kann, etwas geben? Das alleine ist doch schon per se absurd.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon AgentProvocateur » Fr 12. Mär 2010, 21:43

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wieso? An dieser Aussage kann ich nichts 'Offensichtliches' sehen.

Dass du das nicht verstehst, ändert nichts daran, dass es so ist.

Das ist jetzt aber mal eine großartige Begründung. Da bin ich sehr beeindruckt.

Dissidenkt hat geschrieben:Freiheit als absolute Eigenschaft kann auf "Etwasse" wie du es nennst, nicht zutreffen. Dinge können nur relativ frei sein, im Hinblick auf einen bestimmten Aspekt.

Unser Dissens besteht einfach darin, dass Du anscheinend behauptest, die Frage nach der Handlungs- und Willensfreiheit müsse sich auf Deinen merkwürdigen, einfach so argumentfrei postulierten Freiheitsbegriff beziehen und nicht auf den relativen Freiheitsbegriff. Es ist jedoch wohl logisch, dass diese Fragen sich auf Handlungen und auf den Willen / Entscheidungen beziehen, denn das sind nun mal 'Etwasse'. Also ist nach relativer Freiheit gefragt.

Niemand redet hier von 'Freiheit' als 'absoluter Eigenschaft' (was ja auch Schwachsinn wäre, wenn Freiheit und Existenz sich per se ausschließen) - nur Du. Aber ohne Grund. Ohne Begründung.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ist denn 'relative Freiheit' nun Freiheit oder nicht?
Du schränkst einen Begriff ein und fragst mich dann ernsthaft, ob das dann das Gleiche ist, wie der absolute uneingeschränkte Begriff? Selbstverständlich NICHT!

Das habe ich nicht gefragt.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Auch bei Tieren treffen Gehirne keine Entscheidungen. Man schreibt Entscheidungen nur Gesamtorganismen / Gesamtsystemen zu.....

Gehirne treffen Entscheidungen, der Körper setzt lediglich Randbedingungen und Parameter, die Entscheidungen beeinflussen.

Mal 'ne Frage: was ist eine Entscheidung? Was ist eine Handlung? Was ist der Unterschied zwischen einem Affekt und einer Entscheidung? Was ist der Unterschied zwischen einem Verhalten und einer Handlung?

Dissidenkt hat geschrieben:Wenn man theoretisch ein Gehirn an eine Maschine anschliessen könnte, wäre es auch ohne Torso oder sogar ohne die fünf Sinne in der Lage Entscheidungen zu treffen.

Interessante Behauptung mal wieder. Hoffentlich kannst Du wenigstens die belegen.

Meine Vermutung ist: dieses Gehirn, auch wenn man es am Leben erhalten könnte, würde innerhalb kürzester Zeit degenerieren. Ohne Sinne, ohne die Möglichkeit, die Umwelt zu erfahren. Man kann durch sensorische Deprivation innerhalb kurzer Zeit Leute in den Wahnsinn treiben.

Dissidenkt hat geschrieben:Für das Leben an sich ist das Bewusstsein tatsächlich prinzipiell verzichtbar.

Ja, ein Einzeller lebt und hat sicher kein Bewusstsein.

Dissidenkt hat geschrieben:Du bist ja auch nicht tot, wenn du schläfst oder im Koma liegst. Es ist aber unverzichtbar, wenn wir in eine reflektierende Wechselwirkung mit unserer Umwelt treten. Offensichtlich hat es eine Regelfunktion sowohl in der Verarbeitung auf uns einströmender Informationen, als auch in der Verarbeitung von Informationen aus unserer Innenwelt.

Schon wieder 'offensichtlich'? Warum aber ist es unverzichtbar, wenn alle Entscheidungen von unbewussten Prozessen im Gehirn getroffen werden? Unbewusste Entscheidungen (eventuell nachträglich an das Bewusstsein übermittelt, als one-way-Kommunikation) -> Handlungen. So Deine Argumentation. Die one-way-Übermittlung ist dabei völlig überflüssig, macht keinen Unterschied für die Entscheidungen und Handlungen und könnte also logischerweise auch entfallen, ist schlicht verzichtbar, ein Epiphänomen.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Stein kann was wollen? Das wäre mir neu.

Ebend! So wie ein Stein (hätte er ein Bewusstsein) , der den Berg herabrollt sich einbilden würde, er täte dies aus freiem Willen, so bildet sich auch der Mensch ein, er hätte einen freien Willen.

Ein Stein hat kein Bewusstsein. Ein Stein hat kein Gehirn. Ein Stein kann nicht handeln. Er kann sich für nichts entscheiden. Ein Stein hat keine Bedürfnisse. Er lebt nicht. Etc. pp. Keine Ahnung, was Du mit diesem seltsamen und unplausiblen Vergleich bezweckst.

Und was wäre, wenn der Stein doch ein Bewusstsein hätte? Dann wäre er kein Stein mehr. So einfach ist das.

Und was würde der Stein denken, wenn er kein Stein mehr wäre, sondern ein Wesen X mit Bewusstsein? Wir wissen es nicht.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ja, und außerdem hat er sich seinen Willen selber gebildet. Das ist der Punkt hier. Es ist seine Entscheidung, beruhend auf seinen Überlegungen, Prämissen und Wertmaßstäben. Wenn Du das nicht 'frei' nennen willst, dann würde ich gerne mal anhand dieses Beispieles genau erläutert bekommen, wie eine 'echt freie Entscheidung' denn aussehen könnte. Dann können wir unsere Auffassungen darüber, was 'frei' bedeutet, mal vergleichen. Es wäre ganz beachtlich und wirklich außergewöhnlich, wenn Du das tun würdest, an dieser Stelle drücken sich die meisten Freiheitsleugner.

Es gibt keine "freie" Entscheidung. Natürlich ist es seine Entscheidung, die seinem Willen entspringt, aber sie ist nicht frei, sondern streng determiniert.

Falls 'Freiheit' und 'Determination' Gegensätze sein sollen, so wie Du hier anscheinend behauptest, dann musst Du das begründen. Du kannst doch einfach nur in einem fort einfach so ohne Argument irgendwas postulieren.

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Es ist meiner Meinung nach so, dass die Person hier eine eigene Entscheidung getroffen hat. Nicht sein Gehirn oder gar nur die unbewussten Prozesse in seinem Gehirn. Und durch diese Entscheidung, zu der sie steht und die sie befürwortet, hat sie ihren Willen selber gebildet. Also kann sie wollen (selber bestimmen), was sie will.

Sicherlich ist es eine eigene Entscheidung. Diese wurde aber im Gehirn gefällt und dann an das Bewusstsein gemeldet.

Ach, jetzt sagst Du nicht mehr: wurde vom Gehirn gefällt, sondern: wurde im Gehirn gefällt? Interessant.

Ich weiß nicht, ob es einen Ort gibt, den man einer Entscheidung zuordnen kann. Ohne Gehirn keine Entscheidung, das ist sicher, aber wo genau sie getroffen wurde: wieso sollte das plötzlich wichtig sein? Die Person hat die Entscheidung getroffen, nicht das Gehirn. Eine Person geht irgendwo hin, nicht ihre Beine, eine Person fühlt, nicht ihr Gehirn usw. usf.

Wie kann übrigens nochmal ein Gehirn eine Entscheidung treffen, wenn eine Entscheidung eine Abwägung nach Gründen und Zielen aufgrund der eigenen Prämissen und des eigenen Bewertungsmaßstäben ist? Oder was ist sonst eigentlich eine Entscheidung? Ist es schon eine Entscheidung, wenn der Arzt mir mit einem Hämmerchen aufs Knie klopft und dann mein Bein zuckt (gab es da eine Entscheidung zum Zucken)? Und war das Zucken dann eine Handlung von mir?

Und Du hast meine Frage von oben nicht beantwortet: ich hätte gerne von Dir eine positive Darstellung von 'einzig echter Freiheit' anhand meines Beispiels mit dem Studenten, der sich nach einiger Überlegung für ein Studienfach entscheidet. Ein Freiheitskonzept, das viel besser und plausibler erscheint als meines. Das muss doch wohl möglich sein.

Dissidenkt hat geschrieben:Du klammerst dich an die Vorstellung eines "freien Willen", wie ein Theist an die Vorstellung eines Gottes.

Ich habe einen freien Willen und Du bist ein Sklave, ja, so siehst es dann wohl aus. Leute sind halt unterschiedlich, damit muss man leben. Pluralität oder so. Finde ich zwar merkwürdig, dass Du einfach so, ohne das kleinste Argument meinst, Du seiest ein Sklave, aber nun ja. Ist dann wohl so.

Dissidenkt hat geschrieben:Ich zitiere mal den verehrten Wolf Singer:

Auch der verehrte Wolf Singer kämpft gegen dasselbe merkwürdige, von niemandem ernsthaft vertretenen Freiheitskonzept wie Du. Ein Strohmann, ein Pappkamerad, eine Chimäre, ein Kampf gegen Windmühlen. Mehr ist das nicht. Wenn nicht mal mindestens ein Argument kommt, wieso überhaupt man a) sich selber lediglich als seine momentanes aktuelle Bewusstseinsinhalte ansehen sollte (und nicht als ganze Person) und b) inwiefern Dein (und Singers) Freiheitsbegriff in irgend einer Weise für irgend was relevant sein sollte, dann bleibt es dabei: nur ein Pappkamerad.

Ich kann übrigens auch jetzt irgendwas definieren: 'Gott ist ein kleines schwarzes Männchen, das groß, weiblich und weiß ist - und da das selbstwidersprüchlich ist, gibt es keinen Gott'. Das ist zwar nun logisch, aber dennoch werde ich damit keinen Blumentopf gewinnen können. Und dreimal darfst Du raten, woran das wohl liegen mag.
Zuletzt geändert von AgentProvocateur am Fr 12. Mär 2010, 22:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon ganimed » Fr 12. Mär 2010, 22:04

AgentProvocateur hat geschrieben:Was ich behaupte, ist etwas anderes: Personen sind dazu in der Lage, ihren Willen selber zu bestimmen, diesen selber festzulegen, zu bilden. Sie sind nicht lediglich Marionetten ihres Willens

Die Hirnforschung sagt nach meinem Eindruck etwas anderes. Personen sind nicht dazu in der Lage, ihren Willen selber zu bestimmen. Der Wille hängt stark von Erinnerungen, Erfahrungen, Prägungen, Ängsten, Belohnungsmechanismen, weiteren Emotionen, etc. ab. Alle diese Faktoren werden nicht von der Person bestimmt bzw. unterliegen nicht einer direkten, absichtsvollen Kontrolle.
Z.B. Erinnerungen: an was du dich erinnerst, hängt davon ab, ob dein Mandelkern in Verbindung mit seinerzeitigen Emotionen Erlebtes genügend nachhaltig abgespeichert hat. Weder diesen Prüfmechanismus (was ist wichtig genug, sind genügend Emotionen verknüpft) noch die Merkfähigkeit (wie gut funktioniert dein Gedächtnis allgemein) unterstehen irgendwie deiner Kontrolle.
Z.B. Prägungen: was man in deiner frühkindlichen Phase mit dir angestellt hat, wirst du dir nicht ausgesucht haben.
z.B. Belohnungsmechanismen: dass dein Gehirn in bestimmten Situationen Belohnungshormone ausschüttet, und dass diese die Wirkung haben, die sie haben, ist nicht deine Idee gewesen.
Ich bin daher der Ansicht, dass Personen also nicht in der Lage sind, ihren Willen zu beeinflussen und man sie daher im Grunde Marionetten oder Automaten nennen könnte.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon AgentProvocateur » Fr 12. Mär 2010, 22:15

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Was ich behaupte, ist etwas anderes: Personen sind dazu in der Lage, ihren Willen selber zu bestimmen, diesen selber festzulegen, zu bilden. Sie sind nicht lediglich Marionetten ihres Willens

Die Hirnforschung sagt nach meinem Eindruck etwas anderes. Personen sind nicht dazu in der Lage, ihren Willen selber zu bestimmen.

Man kann nicht jeden Willen bestimmen / kontrollieren, sicher. Aber man kann ihn teilweise kontrollieren (wenn man den handlungswirksam werdenden Wunsch des Schülers in meinem obigen Beispiel 'Wille' nennen will - aber sowas ist mAn ein Wille - und der wurde von ihm erzeugt).

An was ich mich erinnere, durch was ich geprägt werde, welche Hormone ausgeschüttet werden: darauf habe ich keinen Einfluss, das ist richtig. Aber all das zwingt mich nicht, etwas Bestimmtes zu tun. Ich kann diese Faktoren, so ich sie erkenne, bei meinen Entscheidungen berücksichtigen. D.h. ich kann mich gewissermaßen neben mich stellen und meine vordergründigen Impulse kontrollieren. Das ist es, was mE die (Entscheidungs-)Freiheit des Menschen Freiheit ausmacht. Diese Faktoren sind zwar da, sie sind auch großteils außerhalb meiner Kontrolle entstanden, aber sie determinieren mich dennoch nicht zu etwas Bestimmten, sie sind nur Faktoren.

Ein Mensch, der dazu nicht fähig ist, der keine Impulskontrolle hat, der einfach immer so handelt, wie es ihm gerade in den Sinn kommt, der wäre also nach meiner Ansicht unfrei.

ganimed hat geschrieben:Ich bin daher der Ansicht, dass Personen also nicht in der Lage sind, ihren Willen zu beeinflussen und man sie daher im Grunde Marionetten oder Automaten nennen könnte.

Wer kontrolliert die Marionetten? Wer hat den Automaten gebaut? Wenn Menschen Marionetten oder Automaten sind in dem Sinne, dass sie von außen gesteuert werden, sind sie dann wenigstens dazu in der Lage, etwas zu erkennen? Etwas zu erklären? Wenn ja: wie kommt das? Und wenn sie erkennen können, wieso können sie dann nicht handeln? Und wenn sie nicht erkennen können, wie ist dann Wissenschaft möglich? Oder ist Wissenschaft auch nur eine Illusion?
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon Dissidenkt » Sa 13. Mär 2010, 15:00

AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Mensch, der dazu nicht fähig ist, der keine Impulskontrolle hat, der einfach immer so handelt, wie es ihm gerade in den Sinn kommt, der wäre also nach meiner Ansicht unfrei.


Guck an! Ist nicht gerade der Mensch, der durch gesellschaftliche Normen und Vorschriften geknechtet wird, in seinem natürlichen Freiheitsdrang unfrei? Zumindest Rousseau und Nietzsche haben das so postuliert. Genauso gut könnte man aber auch sagen, dass der Mensch erst durch die Anerkennung des moralischen Impetus "frei" wird, so hat Kant sich die Frage nach der "Freiheit" hingebogen.
Tatsächlich sind beide - offensichtlich diametral entgegen gesetzte - Sichtweisen Unsinn.

Der Mensch ist weder frei, wenn er sich der Moral unterwirft, noch ist er frei, wenn er sich seinen Trieben hingibt. Er ist schlicht und einfach IMMER unfrei. Wofür er sich "entscheidet" folgt aus seinen genetischen Anlagen und seiner Sozialisation.

--------------------------------------



AgentProvocateur hat geschrieben:Unser Dissens besteht einfach darin, dass Du anscheinend behauptest, die Frage nach der Handlungs- und Willensfreiheit müsse sich auf Deinen merkwürdigen, einfach so argumentfrei postulierten Freiheitsbegriff beziehen und nicht auf den relativen Freiheitsbegriff. Es ist jedoch wohl logisch, dass diese Fragen sich auf Handlungen und auf den Willen / Entscheidungen beziehen, denn das sind nun mal 'Etwasse'. Also ist nach relativer Freiheit gefragt.


Ich habe von Anfang an blitzsauber zwischen dem Gedankenkonstrukt der "absoluten Freiheit" und der Möglichkeit der "relativen Freiheit" unterschieden. In der Folge habe ich dargelegt, warum es auch keine "relative Freiheit" des Bewusstseins gibt.

AgentProvocateur hat geschrieben:Niemand redet hier von 'Freiheit' als 'absoluter Eigenschaft' (was ja auch Schwachsinn wäre, wenn Freiheit und Existenz sich per se ausschließen) - nur Du. Aber ohne Grund. Ohne Begründung.


Ich wiederhole mich zum hundertsten und definitiv letzten Mal, wenn ich erneut schreibe, dass ich diese "absolute Freiheit", mit dem Ziel der Vermittlung einer klaren Sichtweise auf die Begrifflichkeiten, als offensichtliche Unmöglichkeit ausgeschlossen habe.

AgentProvocateur hat geschrieben:
Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Ist denn 'relative Freiheit' nun Freiheit oder nicht?
Du schränkst einen Begriff ein und fragst mich dann ernsthaft, ob das dann das Gleiche ist, wie der absolute uneingeschränkte Begriff? Selbstverständlich NICHT!

Das habe ich nicht gefragt.


Doch, das hast du.

AgentProvocateur hat geschrieben:
Dissidenkt hat geschrieben:Wenn man theoretisch ein Gehirn an eine Maschine anschliessen könnte, wäre es auch ohne Torso oder sogar ohne die fünf Sinne in der Lage Entscheidungen zu treffen.

Interessante Behauptung mal wieder. Hoffentlich kannst Du wenigstens die belegen....
Meine Vermutung ist: dieses Gehirn, auch wenn man es am Leben erhalten könnte, würde innerhalb kürzester Zeit degenerieren. Ohne Sinne, ohne die Möglichkeit, die Umwelt zu erfahren. Man kann durch sensorische Deprivation innerhalb kurzer Zeit Leute in den Wahnsinn treiben.


Das ist bei der Trennung von sämtlichen Sinnen sehr wahrscheinlich. Nur würde das eine Weile dauern, in der der Mensch noch zu Entscheidungen fähig wäre, die er nur schlichtweg nicht umsetzen kann. Tatsache ist, ich brauche kein Herz, keine Leber, keine Arme, keine Beine oder Lunge oder Augen oder Ohren um Entscheidungen zu treffen. Ich brauche aber zweifellos ein Gehirn, es ist also notwendig UND hinreichend.
Interessant in diesem Zusammenhang, ist der Verlust des Willens bei Wachkomapatienten:
"Wenn ein Mensch fünf Jahre lang in einem solchen Zustand in einem Heim liegt, geht das willentliche Lernen offenbar verloren, auch wenn die Reizverarbeitung des Gehirns vollkommen intakt ist. Das hatte ich nicht bedacht." In einer solchen Situation könne ein Mensch seinen Willen schlicht verlieren. "Ich streite mich oft mit Philosophen über diese Frage, aber bei genauerer Betrachtung ist es außerordentlich simpel", sagt Birbaumer. "Ihr Wille hängt davon ab, dass Ihre Intention gefolgt ist von einer Konsequenz. Wenn es zu lange Perioden gibt, in denen der Gedanke keine Folge hat, geht der Wille verloren."

http://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/0,1518,645620,00.html

Gleich kommt wieder einer und erzählt uns, diese Patienten hätten ihren Willen aus freiem Willen heraus verloren... :lachtot:

AgentProvocateur hat geschrieben:Unbewusste Entscheidungen (eventuell nachträglich an das Bewusstsein übermittelt, als one-way-Kommunikation) -> Handlungen. So Deine Argumentation. Die one-way-Übermittlung ist dabei völlig überflüssig, macht keinen Unterschied für die Entscheidungen und Handlungen und könnte also logischerweise auch entfallen, ist schlicht verzichtbar, ein Epiphänomen.


Diesen Unsinn habe ich nirgends behauptet. Du bist es, der hier von one-way-Übermittlung schreibt, also unterstell mir nicht den Unsinn, den du dir ausdenkst! Selbstverständlich steht das Bewusstsein in Wechselwirkung mit den anderen Instanzen im Gehirn.

AgentProvocateur hat geschrieben:Falls 'Freiheit' und 'Determination' Gegensätze sein sollen, so wie Du hier anscheinend behauptest, dann musst Du das begründen. Du kannst doch einfach nur in einem fort einfach so ohne Argument irgendwas postulieren.


Ich habe das mehrfach begründet und erklärt.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ach, jetzt sagst Du nicht mehr: wurde vom Gehirn gefällt, sondern: wurde im Gehirn gefällt? Interessant.


Was ist daran interessant? Wo ist der Unterschied? Was ist denn IM Gehirn, ausser Gehirn? :/

AgentProvocateur hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob es einen Ort gibt, den man einer Entscheidung zuordnen kann. Ohne Gehirn keine Entscheidung, das ist sicher, aber wo genau sie getroffen wurde: wieso sollte das plötzlich wichtig sein? Die Person hat die Entscheidung getroffen, nicht das Gehirn. Eine Person geht irgendwo hin, nicht ihre Beine, eine Person fühlt, nicht ihr Gehirn usw. usf.


Das ist und bleibt falsch, egal wie oft du es wiederholst. Nicht eine Person fühlt, sondern das Gehirn erzeugt Repräsentationen unserer Sinneswahrnehmungen, die wir als Gefühle interpretieren.

AgentProvocateur hat geschrieben:Wie kann übrigens nochmal ein Gehirn eine Entscheidung treffen, wenn eine Entscheidung eine Abwägung nach Gründen und Zielen aufgrund der eigenen Prämissen und des eigenen Bewertungsmaßstäben ist? Oder was ist sonst eigentlich eine Entscheidung? Ist es schon eine Entscheidung, wenn der Arzt mir mit einem Hämmerchen aufs Knie klopft und dann mein Bein zuckt (gab es da eine Entscheidung zum Zucken)? Und war das Zucken dann eine Handlung von mir?


Wenn du so frei bist in deinen Handlungen, dann lass doch das Zucken mit dem Knie! :lachtot:
Spaß beiseite, ein Reflex ist selbstverständlich keine Handlung. Ich werde jetzt hier auch nicht erklären, was eine Handlung ausmacht, ich setze voraus, dass sich da jeder selbst schlau machen kann, WENN ER WILL :mg:

AgentProvocateur hat geschrieben:Und Du hast meine Frage von oben nicht beantwortet: ich hätte gerne von Dir eine positive Darstellung von 'einzig echter Freiheit' anhand meines Beispiels mit dem Studenten, der sich nach einiger Überlegung für ein Studienfach entscheidet. Ein Freiheitskonzept, das viel besser und plausibler erscheint als meines. Das muss doch wohl möglich sein.


Es gibt keine Freiheit. (So einfach ist das)

AgentProvocateur hat geschrieben:
Dissidenkt hat geschrieben:Du klammerst dich an die Vorstellung eines "freien Willen", wie ein Theist an die Vorstellung eines Gottes.

Ich habe einen freien Willen und Du bist ein Sklave, ja, so siehst es dann wohl aus. Leute sind halt unterschiedlich, damit muss man leben. Pluralität oder so. Finde ich zwar merkwürdig, dass Du einfach so, ohne das kleinste Argument meinst, Du seiest ein Sklave, aber nun ja. Ist dann wohl so.


Die Einsicht Sklave zu sein, ist der erste Schritt zur Befreiung.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon AgentProvocateur » So 14. Mär 2010, 01:03

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Und Du hast meine Frage von oben nicht beantwortet: ich hätte gerne von Dir eine positive Darstellung von 'einzig echter Freiheit' anhand meines Beispiels mit dem Studenten, der sich nach einiger Überlegung für ein Studienfach entscheidet. Ein Freiheitskonzept, das viel besser und plausibler erscheint als meines. Das muss doch wohl möglich sein.

Es gibt keine Freiheit. (So einfach ist das)

Nein, so einfach ist das nicht. Du hast immerhin zugegeben, dass es relative Freiheit gibt und relative Freiheit ist ja wohl auch Freiheit.

Du drückst Dich einfach permanent undeutlich aus. Du müsstest hier an dieser Stelle korrekterweise (falls Du das so meinst) sagen: "es gibt keine 'absolute' Freiheit", also immer dazu sagen, welche Art von Freiheit Du jeweils meinst. 'Absolute Freiheit' in Deinem Sinne ist in der Tat ein per se inkohärentes Konzept, dabei haben wir keinen Dissens.

Unser Dissens liegt nach wie vor bei der Frage, was 'Willensfreiheit' bedeutet, ob dabei nach 'absoluter' oder 'relativer' Freiheit gefragt wird.

Meiner Ansicht nach ist das 'relative' Freiheit.

Siehe auch diese Beschreibung:

Free Will hat geschrieben:The question of free will is the philosophical question whether, and in what sense, rational agents exercise control over their actions, decisions, or choices.

Wie könnte auch Kontrolle und 'absolute Unabhängigkeit' eines Willens zusammenpassen? Gar nicht mE.

Wenn Du aber behaupten willst, dass 'absolute' Freiheit überhaupt erst Kontrolle gewährleisten könnte, dann musst Du auch zeigen, wie das gehen könnte. Oder es zumindest mal irgendwie begründen, das nicht einfach nur postulieren.

Wenn Du behaupten möchtest, dass Determinismus Freiheit ausschließt, dann müsstest Du zeigen können, wie Indeterminismus Freiheit gewährleisten könnte.

Oder aber Du musst zumindest zeigen, dass der Glaube an diese inkohärente Definition vorherrschend ist.

Und Du musst zeigen, was für eine konkrete Auswirkung es haben sollte, (selbstverständlich mit einer plausiblen Begründung), dass es keinen 'absolut freien' Willen gibt. Was jedoch etwas schwierig werden wird, wenn dieses Konzept außer Dir und anderen Kritikern dieses Konzeptes (z.B. dem 'verehrten' Wolf Singer) niemand vertritt. Der Angriff / die Kritik läuft dann einfach ins Leere, da ist dann niemand, den es betrifft. Alleine der Fakt, dass es Prävention, Therapien, Erziehung, Ursachenforschung von menschlichem Verhalten in unserer Gesellschaft gibt, dies als weithin sinnvoll angesehen wird, spricht schon gegen die Annahme, Dein Freiheitskonzept sei weit verbreitet. Hätten Menschen (unbedingte, unvorhersehbare, nicht abschätzbare, völlig willkürliche, auch ihnen unverständlich zustoßende) Freiheit in Deinem Sinne, dann wäre all dies sinnlos, dann könnte man Menschen nicht beeinflussen. Es gäbe keine Gründe für ihr Verhalten, (und dann nicht 'Handlungen'), so dieses auf Deinem 'absolut freien Willen' beruht, sie würden das selber nicht verstehen und somit nicht erklären können. Und verantwortlich dafür könnten sie selbstverständlich auch nicht gemacht werden, da sie ja keinerlei Kontrolle darüber hätten.

Und die Frage nach der Willensfreiheit richtet sich nicht danach, ob das Organ Gehirn oder das Bewusstsein für sich genommen, jeweils aus seinem Zusammenhang herausgelöst, in irgend einer Weise frei ist. Die Frage richtet sich nach der ganzen Person, bzw. 'rational agents' (in angelsächsischer Nomenklatur). Es ist einfach wenig sinnvoll und auch nicht nutzbringend, (zumindest sehe ich nicht, wofür), zu fragen, ob das Selbstmodell (ich nehme an, das meinst Du eigentlich, wenn Du 'Bewusstsein' sagst) 'frei' sein könne. Natürlich ist ein Modell nicht frei, in keinem Sinne, ein Modell wird erzeugt, mehr nicht. Aber Personen sind nun mal nicht lediglich ihr Selbstmodell von sich, sie sind immer noch der lebende Gesamtorganismus, inkl. aller darin ablaufenden Prozesse.

Mir erscheint es nun wenig plausibel, einfach zu behaupten, es gäbe überhaupt keine Freiheit und das war's. Jemand, der von außen kontrolliert wird, dem zum Beispiel durch eine Hypnose ein Wille induziert wird, jemand, der ferngesteuert wird, ist mE unfreier in seinen Entscheidungen als jemand, der aus freien Stücken, aufgrund seiner persönlichen Überlegungen eine Entscheidung trifft.

Auch dass Du meinst, man könne sich befreien, indem man einsieht, dass man ein Sklave ist, straft übrigens Deine Behauptung, es gäbe keine Freiheit, Lügen. Wenn es gar keine Freiheit gibt, kann man sich logischerweise auch nicht befreien.

Das Problem ist, dass Du mit 'Freiheit' mal das und mal das meinst, aber nicht dazu sagst, was jeweils. Und nein, das ergibt sich nicht aus dem Zusammenhang, da springst Du nicht nachvollziehbar hin und her.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon Mark » So 14. Mär 2010, 09:31

Es gibt aber einen bekannten Denktrick für die Befreiung von sich selbst.. die Reflektion ! Das tut man zwar immer noch als man selbst aber man wird kurz danach nicht mehr der selbe sein. Iterativ können so durch Reflektion prinzipiell je nach Intention spezifische persönliche Attribute verändert werden und zwar bis hin zu DEM Teil der die Kriterien festlegt. Vielleicht bezeichnet "freier Wille" ja auch nur einen Willen der prinzipiell jede Form annehmen könnte, wenn es nötig würde um das Überleben zu sichern. Aber mit prinzipiellen Überlegungen können Menschen die immer von sich ausgehen wohl schlecht umgehen ;-)
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon Dissidenkt » So 14. Mär 2010, 12:51

AgentProvocateur hat geschrieben:Nein, so einfach ist das nicht. Du hast immerhin zugegeben, dass es relative Freiheit gibt und relative Freiheit ist ja wohl auch Freiheit.


Relative Freiheit ist zunächst einmal das Gleiche, wie relative Unfreiheit. Wenn du von 4 absoluten Wahlmöglichkeiten (Nord, Süd, Ost, West) nur 2 (Nord und Süd) tatsächlich zur Auswahl hast, weil die anderen durch Mauern versperrt sind, bist du dann relative frei, oder relativ unfrei?

Egal, ob du es relative Freiheit oder relative Unfreiheit nennst, am Ende wird nicht dein Bewusstsein - aufgrund der wenigen Argumente, die dir gerade bewusst sind - entscheiden, wohin du gehst (was ja auch eine determinierte, bedingte Entscheidung wäre), sondern die Entscheidung wohin du gehst, wird in deinem viel komplexeren Unterbewussten getroffen. Dabei werden selbstverständlich auch rationale bewusste Gründe ins Konklave miteinbezogen. Am Ende steht aber eine Entscheidung, die nicht deinem Bewusstsein entstammt, sondern an dieses gemeldet wird.


AgentProvocateur hat geschrieben:Jemand, der von außen kontrolliert wird, dem zum Beispiel durch eine Hypnose ein Wille induziert wird, jemand, der ferngesteuert wird, ist mE unfreier in seinen Entscheidungen als jemand, der aus freien Stücken, aufgrund seiner persönlichen Überlegungen eine Entscheidung trifft.


Richtig. Er ist unfreier in dem Sinne, dass er einem offensichtlichen extrinsischem Zwang unterliegt. "Aus freien Stücken" gibt es aber nicht. Es gibt zum einen weniger offensichtliche extrinsische Zwänge (Kultur, gesellschaftliche Norm, Erwartungen,etc) die uns gar nicht bewusst sind. Darüberhinaus gibt es intrinsische Zwänge, die uns prägen und steuern, die uns aber in der Regel auch nicht bewusst sind.

AgentProvocateur hat geschrieben:Auch dass Du meinst, man könne sich befreien, indem man einsieht, dass man ein Sklave ist, straft übrigens Deine Behauptung, es gäbe keine Freiheit, Lügen. Wenn es gar keine Freiheit gibt, kann man sich logischerweise auch nicht befreien.


Gehe zurück zum Start, lese erneut!

AgentProvocateur hat geschrieben:Das Problem ist, dass Du mit 'Freiheit' mal das und mal das meinst, aber nicht dazu sagst, was jeweils. Und nein, das ergibt sich nicht aus dem Zusammenhang, da springst Du nicht nachvollziehbar hin und her.


Das Problem ist, dass DU nicht sauber trennen kannst, zwischen absoluter Freiheit, relativer Freiheit und Bedingtheit. Ich tue das durchgängig und stringent.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon AgentProvocateur » So 14. Mär 2010, 16:33

Dissidenkt hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Das Problem ist, dass Du mit 'Freiheit' mal das und mal das meinst, aber nicht dazu sagst, was jeweils. Und nein, das ergibt sich nicht aus dem Zusammenhang, da springst Du nicht nachvollziehbar hin und her.

Das Problem ist, dass DU nicht sauber trennen kannst, zwischen absoluter Freiheit, relativer Freiheit und Bedingtheit. Ich tue das durchgängig und stringent.

Solange Du niemanden auftreiben kannst, der Dein von Dir festgelegtes und dann angegriffenes Konzept 'absolute Freiheit' ernsthaft vertritt bzw. jemanden, der meint, 'das Ich' (was immer das auch sein soll, zu meinem Sprachgebrauch gehört diese Substantivierung jedenfalls nicht) würde, bzw. müsste, um 'echt frei' zu sein, unabhängig von Allem im Nichts agieren können ('unbedingt', bedingt durch nichts, ohne jegliche Rahmenbedingungen), läuft all Deine Argumentation komplett ins Leere, denn sie beruht letztlich lediglich auf der Behauptung, dass andere (die Mehrheit) das angeblich so sehen. Tun sie aber nicht, wie schon gesagt und auch belegt. Googel doch einfach mal nach dem Begriff 'Freiheit' und zähle, wie oft er in Deinem 'absoluten' Sinne verwendet wird.

Unverzichtbar ist mE nun jedoch die Ansicht, dass wir als Personen erkennen, Entscheidungen treffen und Handlungen ausführen können, dass wir als Personen Ansprechpartner in einem gegenseitigen Diskurs sind, (was Du übrigens im ersten Beitrag auch tust, da Du eine Verpflichtung proklamierst), und uns das nicht lediglich einbilden. Wir können gar nicht kohärent annehmen, dass 'unser Gehirn' uns immer 'belügt' und 'betrügt' (-> denn daraus folgte das Lügner-Paradoxon: "Alle Sätze sind falsch.").

Jedoch: dass wir uns manchmal täuschen, etwas fälschlich für wahr halten können, Illusionen unterliegen können, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten wollen.

Und:
Willensfreiheit 3: Das Marionettentheater hat geschrieben:Richard Carrier hat etwas Wichtiges zu sagen:

"Es ist zentral für unser Selbstverständnis, dass wir keine Puppen sind; dass wir unser Schicksal durch die Entscheidungen, die wir treffen, kontrollieren; dass wir uns verändern können; dass wir uns entschließen können, sorgfältig durchdachte, anstelle von irrationalen oder gedankenlosen Entscheidungen zu treffen; dass wir keine Sklaven unserer Emotionen sind; dass wir über die Umstände hinauswachsen können, in die wir hineingeboren wurden; dass wir uns deshalb korrigieren und verbessern und aus schlechten Umständen entkommen können; dass unsere Emotionen uns gehören und niemandem sonst; dass unsere Handlungen unsere Persönlichkeit demonstrieren; dass wir verantwortlich sind für die Entscheidungen, die wir treffen; und so weiter. Und doch: Jeder einzelne Eintrag auf dieser Liste ist wahr. CCF [der kontra-kausale/libertarische freie Wille] hat tatsächlich nichts mit all dem zu tun."
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon xander1 » Fr 19. Mär 2010, 17:37

Wieso gibt es eigentlich nur relative Freiheiten und keine absoluten? Ich verstand bisher unter absoluter Freiheit totale Freiheit und unter relativer Freiheit die Relation zur totalen Freiheit.

@Dissidenkt:
Mir ist gerade aufgefallen, dass ich das die ganze Zeit falsch verstanden habe. Deshalb hatte ich auch geschrieben, dass das doch jeder wüsste, woraufhin @Dissidenkt wütend reagiert hat. Ich glaube da müsste ich mich entschuldigen.

Aber mit relativer Freiheit ist Freiheit gemeint, die in Relation zu einer anderen Freiheit steht. Man muss also Freiheit immer normen, um ihren Wert festzustellen. Aber ich frage, ob das nur eine Sache des Verstandes ist zu relativieren. Deshalb könnte es aus außermenschlicher Sichtweise doch eine absolute Freiheit geben. Aber das ist dann eine unlebendige Freiheitsbetrachtung, also nicht aus Sicht eines Lebewesens. Und da frage ich mich ob es so etwas überhaupt geben kann. Also gibt es zumindest für ein Lebewesen nur relative Freiheit.

Das bedeutet aber widerum, dass Freiheit kein Hirngespinst ist, nur weil es relativ ist. Genauso könnte man sagen dass die Raumzeit hirngespinnst ist, weil sie auch nur relativ ist.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon Dissidenkt » So 21. Mär 2010, 13:07

1. Absolute Freiheit

Gibt es nur als abstrakten Begriff im Denken.
Physikalisch gesehen ist nichts frei, weil alles den Naturgesetzen und dem Prinzip von Ursache und Wirkung unterworfen ist.
Philosophisch gesehen kann nichts frei sein, weil es schon durch die eigene Definition eingegrenzt würde.

2. relative Freiheit

Gibt es nur in einem konkreten Kontext und wird tatsächlich durch das Maß an Unfreiheit bestimmt.
Wenn der Kontext "Bewegung" ist, ist deine Freiheit in der Regel mindestens in 2 Richtungen eingeschränkt, weil du dich weder in die Erde bohren, noch in den Himmel erheben kannst.

3. Willensfreiheit

Gibt es nur als abstrakten Begriff im Denken. Tatsächlich sind alle Willensäusserungen durch Ursachen (Gene, Meme, Sozialisation,...) bedingt.

4. Handlungsfreiheit

Gibt es auch nur in einem konkreten Kontext und wird auch durch das Maß an Unfreiheit bestimmt. Als Säugling ist unsere Handlungsfreiheit im Kontext "Ernährung" nahezu NULL. Wir haben gerademal einen Saug- und Schluckreflex und müssen gefüttert werden. Als Erwachsener erreichen wir irgendwann eine maximale Handlungsfreiheit im Kontext "Ernährung", die durch Bildung, Einkommen und Nahrungsangebot bestimmt wird. Sie ist aber selbst in ihrem Höhepunkt zweifellos eingeschränkt. Im Alter wird sich unsere Handlungsfreiheit im Kontext "Ernährung" vermutlich wieder verringern, schlechtestenfalls müssen wir wieder gefüttert werden.

5. Unfreiheit/Sklaventum

Tatsächlich ist es niemals unser Bewusstsein, das Entscheidungen trifft, sondern unbewusste Bereiche in unserem Gehirn. Das Bewusstsein kann sich höchsten in die Entscheidungsfindung einschalten, letztendlich wird es aber über die konkrete Entscheidung nur benachrichtigt.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon xander1 » So 21. Mär 2010, 14:31

Dissidenkt hat geschrieben:5. Unfreiheit/Sklaventum

Tatsächlich ist es niemals unser Bewusstsein, das Entscheidungen trifft, sondern unbewusste Bereiche in unserem Gehirn. Das Bewusstsein kann sich höchsten in die Entscheidungsfindung einschalten, letztendlich wird es aber über die konkrete Entscheidung nur benachrichtigt.

Das bedeutet doch nur, dass wir Sklaven unserer Selbst sind und das habe ich schon zu Anfang geschrieben. Diese Überzeugung hatte ich schon immer.
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon spacetime » So 21. Mär 2010, 14:53

Dissidenkt hat geschrieben:1. Absolute Freiheit

Gibt es nur als abstrakten Begriff im Denken.
Physikalisch gesehen ist nichts frei, weil alles den Naturgesetzen und dem Prinzip von Ursache und Wirkung unterworfen ist.
Philosophisch gesehen kann nichts frei sein, weil es schon durch die eigene Definition eingegrenzt würde.

Keine Idee kann 'absolut' sein. Absolut ist nur die Realität - obwohl man sich selbst da, nach den neuesten Theorien der Quantenphysik, gar nicht mehr so sicher sein kann. -> War der Urknall ein unbedingtes, zufälliges Ereignis, ist prinzipiell alles 'unergründbar', was außerhalb unserer empirischen Erkenntnisse liegt. (Der Begriff passt so schön, weil man dann fast auf diese abgefahrenen Märchen kommen könnte.)
Was ich damit sagen will: Es ist völlig egal, ob alles determiniert ist, da es letzten Endes auf ein zufälliges Ereignis zurückzuführen ist! The GOD-ELUTION... ;-)
...und schon ist die absolute Freiheit gerettet? (? passt hier besser)
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Re: Freiheit - ein Hirngespinst

Beitragvon Dissidenkt » So 21. Mär 2010, 21:08

xander1 hat geschrieben:
Dissidenkt hat geschrieben:5. Unfreiheit/Sklaventum

Tatsächlich ist es niemals unser Bewusstsein, das Entscheidungen trifft, sondern unbewusste Bereiche in unserem Gehirn. Das Bewusstsein kann sich höchsten in die Entscheidungsfindung einschalten, letztendlich wird es aber über die konkrete Entscheidung nur benachrichtigt.

Das bedeutet doch nur, dass wir Sklaven unserer Selbst sind und das habe ich schon zu Anfang geschrieben. Diese Überzeugung hatte ich schon immer.


"Sklaven unserer Selbst" ist ziemlich treffend.
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