Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon xander1 » Fr 18. Jun 2010, 08:00

ganimed hat geschrieben:Soweit ich jetzt gelesen habe, wird unter "künstlicher Intelligenz" erstmal das Nachahmen der menschlichen Intelligenz verstanden. Das schaffe ich nicht, nichtmal in Prolog. Insofern lasse ich lieber die Finger davon.


Du kannst es stufenweise schaffen. Aber ich würde nicht sagen, dass Prolog die menschliche Intelligenz nachahmt. Wenn du dich mit Prädikatenlogik befasst hast du zunächst erstmal die Grundlagen. Insgesamt ist das ein sehr sehr langer Weg. Möglicherweise müsstest du Informatik studieren und dann auch den Master machen.

Aber so weit, dass eine Maschine fühlen kann sind sind wir noch in 50 Jahren nicht denke ich.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon ganimed » Fr 18. Jun 2010, 22:46

AgentProvocateur hat geschrieben:Du müsstest also besser erst mal Schritt für Schritt vorgehen, d.h.: erst mal ein Bewusstsein schaffen. Und dann, wenn Dir das gelungen ist, kannst Du Gefühle implementieren.

Das finde ich interessant. Es klingt bei dir so, als wäre Bewusstsein die Grundlage und darauf aufbauend könnte man dann Gefühle hinzufügen. Was ist für dich charakteristischerweise ein Gefühl? Und wie wechselwirkt das mit dem Bewusstsein?

AgentProvocateur hat geschrieben:Ein Votum ist kein Gefühl. ... Wenn Du meinst, dass Fühlen einfach ist, dann irrst Du schlicht.

Du scheinst zu der von mir beschriebenen Fraktion zu tendieren, welche glaubt, die Gefühle seien komplex, wunderbar und kaum zu erklären. Ist bestimmt auch die deutlich vorherrschende Meinung. Und ich habe meinerseits das deutliche Gefühl, hier steht einfach Meinung gegen Meinung. Eine Diskussion mit wirklich stichhaltigen Argumenten könnte bei diesem Thema recht schwierig werden. Ich will deshalb lieber keine anfangen.

Aber ein bisschen schwafeln kann ich mir nicht verkneifen: Ich argwöhne, dass die intuitive Annahme, Gefühle seien sehr komplex und nicht quantifizierbar und so schwer zu erklären, aus der Erlebnisebene herrührt. Gefühle werden im Gehirn unbewusst generiert und es können mehrere auf einmal sein und die Zusammensetzung kann sich mitunter schnell ändern. Wir erleben das als bewusste Denker dann naturgemäß eher diffus und irgendwie als wenig kontrollier- und vorhersehbar.

Wieso denke nun ausgerechnet ich, dass Gefühle simpel sind? Wieso halte ich Gefühle für das Voting von Neuronen? (was sicher immer noch irre komplex sein kann, aber im Prinzip zumindest einfach sein sollte im Sinne von angeregt werden und feuern oder nicht feuern) Ich habe mich sozusagen von den Hirnforschern bequatschen lassen. Ich finde dieses Gebiet spannend, verstehe kaum jemals was richtig aber steter Tropfen hölt den Stein und so meint man sich zumindest mit der Zeit ein Bild machen zu können. Ich höre beispielsweise regelmäßig diesen Braincast, einen Podcast mit Hirnforschungsthemen. Vorgestern ging es um Schreckreflexe. Die Forschung hat offenbar herausbekommen, welche Hirnregion da welche Reize aufnimmt, wo der wie entlanggeleitet wird (low road für unmittelbare Reflexe, high road für etwas überlegtere Rekationen, Hormonausschüttungen hier, Starre-Mechanismen dort). So ähnlich ist es bei Angst. Das ist ein wichtiges Gefühl, aber eben auch eine gut erforschte Reaktion, die von einer ganz bestimmten Stelle im Hirn mit ganz bestimmten Mechanismen erzeugt und weiter verarbeitet wird.

Wenn man das oft genug hört, faselt man hier im Forum halt diesen Quatsch von wegen, alles sei im Grunde einfache Neuronenalgorithmik. Mag sein, dass das viel zu sehr vereinfacht ist. Aber zumindest glaube ich den Hirnforschern in Sachen Gefühlen deutlich mehr als jedem x-beliebigen, wortreichen Autor der Romantik.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon ganimed » Fr 18. Jun 2010, 22:48

xander1 hat geschrieben:Aber so weit, dass eine Maschine fühlen kann sind sind wir noch in 50 Jahren nicht denke ich.

Du meinst also, mein Programm fühlt nicht? Ich würde behaupten, der Fühl-Part funktioniert. Was fehlt deiner Meinung nach? Was braucht man außer einem Sensor und einer Schmerzvariable noch, um ein Schmerzgefühl zu haben?
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Nanna » Fr 18. Jun 2010, 22:55

Naja, eventuell kommst du halt hübsch mit der Qualia in die Quere. ;-)
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon ganimed » Fr 18. Jun 2010, 23:15

Ich finde den Begriff "Qualia" schwer zu verstehen. Immer wenn ich einen Philosophen den Begriff benutzen höre, verwirrt es mich. Ich verstehe den springenden Punkt offenbar nicht.

Der unter dem Stichwort Qualia bei Wikipedia auch genannte Thomas Nagel ist einer dieser Philosophen, den ich im Radio öfters darüber reden hörte und irgendwie nicht folgen konnte. Ich vermute seitdem, dass Philosophen manchmal wie Kaiser ohne Kleider sind.

Will sagen: soweit ich verstehe drückt Qualia genau den Unterschied zwischen objektivem Vorgang und subjektivem Erlebnis aus. Insofern sollte ich mir um diesen Begriff keine Sorgen machen müssen, bis jemand behauptet, dass die Qualia meines Programmes irgendwas zu wünschen übrig ließe. Aber wer wollte schon so kühn werden? Denn dann wäre die Frage an diesen Einwänder, woher um alles in der Welt er etwas über die Qualia meines Programmes wissen kann.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon AgentProvocateur » Fr 18. Jun 2010, 23:51

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Du müsstest also besser erst mal Schritt für Schritt vorgehen, d.h.: erst mal ein Bewusstsein schaffen. Und dann, wenn Dir das gelungen ist, kannst Du Gefühle implementieren.

Das finde ich interessant. Es klingt bei dir so, als wäre Bewusstsein die Grundlage und darauf aufbauend könnte man dann Gefühle hinzufügen. Was ist für dich charakteristischerweise ein Gefühl? Und wie wechselwirkt das mit dem Bewusstsein?

Ich kann Dir weder sagen, was charakteristisch für ein Gefühl ist, noch, wie das mit dem Bewusstsein wechselwirkt.

Eigentlich kann ich Dir noch nicht einmal sagen, was ein Bewusstsein ist.

Ich kann Dir lediglich sagen, dass ich Gefühle habe, etwas fühle. Wenn ich mir zum Beispiel mit dem Hammer auf den Daumen haue, dann fühle ich etwas, was ich 'Schmerz' nenne. Manchmal fühle ich mich glücklich, einfach so, ohne erkennbaren Grund. Aber was das genau bedeuten könnte, wie ich das anders beschreiben, umschreiben, definieren könnte, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich kann nur hoffen, dass Du dennoch verstehst, was ich damit meine. Einfach so, intuitiv, weil Du, nehme ich an, ähnlich bist wie ich und also Ähnliches erlebst. All die Worte, die ich verwendet habe, musst Du verstehen können, was z.B. 'Hammer', was 'Daumen' bedeutet, was 'bedeuten' bedeutet und dann kannst Du Dich in die geschilderte Situation hineinversetzen. Auch was 'hineinversetzen' eigentlich bedeutet kann ich nicht erklären bzw. operationalisieren, ohne auf anderes zurückzugreifen, dessen Verständnis ich voraussetzen muss. Ich bin ganz furchtbar darauf angewiesen, dass Sprache schlicht funktioniert, die ein Verständnis erzeugt. Ich muss immer auf etwas zurückgreifen, von dem ich schlicht hoffe, dass Du es einfach so verstehst.

Und dann habe auch noch etwas, was ich 'Bewusstsein' nenne, was auch so eine Art Gefühl ist. Das Gefühl, zu existieren, hier zu sein, jemand zu sein, ich zu sein. Auch das kann ich nicht weiter definieren, weiter erklären, nur hoffen, dass jemand etwas damit anfangen kann, weil er Ähnliches empfindet.

Naja, das hört sich zweifellos schwammig an. Was einen Naturwissenschaftler / Naturalisten sicher ärgert. Aber unglücklicherweise für ihn ist mir an der Stelle die Naturwissenschaft egal. Wenn der Naturwissenschaftler sagt: 'wenn Du das nicht genauer erklären kannst, existiert es nicht', dann glaube ich ihm das nicht. Wieso sollte auch Existenz von meinen Fähigkeiten / Unfähigkeiten abhängen? Wenn das Naturalismus bedeuten soll: 'was ich (man / niemand) nicht erklären / operationalieren kann, existiert auch nicht', dann halte ich den für falsch.

Es erscheint mir irgendwie sehr viel mehr evident, dass ich Gefühle und ein Bewusstsein habe, dass es einen 'Sinn' (für mich, d.h.: 'Sinn' in meinem Sinne) ergibt, wenn ich das sage, (obgleich ich das nicht letztbegründen kann), dass ich existiere, als dass der Naturwissenschaftler existiert. Den könnte ich mir auch nur einbilden, vielleicht existiert er gar nicht, und somit auch nicht seine Aussagen. Aber dass ich mir nur einbilde, dass ich mir was einbilde und vielleicht gar nicht existiere: das erscheint mir irgendwie nicht einsichtig, weil selbstwiderspüchlich.

Und wenn Du nun ein Programm entwickelst, von dem Du mal schnell behauptest, es hätte auf irgend eine Weise Gefühle, dann finde ich das voll in Ordnung. Nur hätte das dann erst mal schlicht nichts damit zu tun, was ich intuitiv unter 'Gefühl' verstehe, es wäre etwas anderes. Du könntest es dann ebenso 'jhgdjg' nennen, das wäre das Gleiche. Dein Programm hätte also 'jhgdjg'.

Und eigentlich glaube ich noch nicht einmal, dass ich mich irren könnte. Ich meine mit 'Gefühl', 'Bewusstsein' und 'Existenz' etwas Bestimmtes. Und demnach, so wie ich das meine, existieren sowohl Gefühl, Bewusstsein als auch ich. Wenn jemand meint, dem wäre nicht so, dann muss er etwas anderes darunter verstehen. Was zwar sein gutes Recht ist, mich aber nicht zu jucken braucht.

Allerdings könnte es natürlich schlicht auch sein, dass nur ich unfähig bin, unfähig dazu, 'Gefühle' und 'Bewusstsein' zu operationalisieren. Was sehr wahrscheinlich auch schlicht der Fall ist. Wenn aber jemand anderem es gelingt, das zu tun, was mir verwehrt ist, dann kann ich das immer noch mit meinem intuitiven Verständnis abgleichen. Ein Ding, das mit einem Sensor und einer Variablen ausgestattet ist, würde nach meiner Intuition kein Gefühl haben. Jedenfalls glaube ich (intuitiv) nicht, dass meine Heizung irgendwie Gefühle hat. Bzw. ich kann mir noch nicht einmal im Ansatz vorstellen, was so eine Aussage eigentlich bedeuten könnte, ich könnte das mit nichts in Deckung bringen.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Myron » Sa 19. Jun 2010, 00:43

ganimed hat geschrieben:Ich finde den Begriff "Qualia" schwer zu verstehen. Immer wenn ich einen Philosophen den Begriff benutzen höre, verwirrt es mich. Ich verstehe den springenden Punkt offenbar nicht.


Ein Quale ist eine Qualität, also eine Eigenschaft, und zwar eine, die in deinem inneren Erleben als eine Art und Weise des Anmutens, Sich-Anfühlens aufscheint. Ein Quale ist beispielsweise die Art und Weise, wie Kaffee riecht (der Geruch von Kaffee), oder wie Schokolade schmeckt (der Geschmack von Schokolade), oder wie sich Metall anfühlt (das Gefühl von Metall).
Die Gelehrten streiten sich allerdings darüber, ob die erlebten Qualia Eigenschaften des inneren Erlebens selbst oder bloß erlebte Eigenschaften sind, die von äußeren Wahrnehmungsgegenständen besessen werden.
(Da kommt die alte Locke'sche Unterscheidung zwischen "primären Qualitäten" und "sekundären Qualitäten" ins Spiel.)
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon ganimed » Sa 19. Jun 2010, 22:56

AgentProvocateur hat geschrieben:Wenn der Naturwissenschaftler sagt: 'wenn Du das nicht genauer erklären kannst, existiert es nicht', dann glaube ich ihm das nicht.

Das sagt er glaube ich nicht. Wenn man etwas nicht genauer erklären kann, bleiben möglicherweise Zweifel, ob etwas existiert. Aber da jeder Wissenschaftler ja selber auch fühlt und ein Bewusstsein hat, ist diese Gefahr hier nicht gegeben. Ich würde mich als Wissenschaftler, wenn ich einer wäre, aber nun fragen, wie du einerseits deine Gefühle so wenig charakterisieren und abgrenzen kannst, dir andererseits aber sicher zu sein scheinst, dass die einfache Erklärung meinerseits so falsch ist. Wenn ich über etwas wenig weiß, woher weiß ich dann, dass es kein Neuronenvoting ist?

AgentProvocateur hat geschrieben:Und wenn Du nun ein Programm entwickelst, von dem Du mal schnell behauptest, es hätte auf irgend eine Weise Gefühle, dann finde ich das voll in Ordnung. Nur hätte das dann erst mal schlicht nichts damit zu tun, was ich intuitiv unter 'Gefühl' verstehe, es wäre etwas anderes.

Auch hier die Frage, woher du das auf intuitiver Ebene wissen kannst. Vielleicht gibt es in deinem Kopf ja tatsächlich ein paar Neuronen, die praktisch analog zu einer Speicherzelle Schmerz registrieren. Und das fühlt sich dann haargenau so an, wie es sich eben schon immer angefühlt hat. Nennen wir es Qualia: deine neuronale Schmerzspeicherzelle wird von dir als Schmerz erlebt, wenn sie bestimmte Werte annimmt. Wie das Programm die Variable erlebt, kann man vermutlich nur mit einem "gar nicht" beantworten, da dort ja zugegebenermaßen kein "Erleben" und kein "Bewusstsein" im Spiel ist. Aber vielleicht ja doch das Speicherzellenprinzip des Schmerzgefühls in nicht unerlaubter Weise stark vereinfacht.

AgentProvocateur hat geschrieben:Allerdings könnte es natürlich schlicht auch sein, dass nur ich unfähig bin, unfähig dazu, 'Gefühle' und 'Bewusstsein' zu operationalisieren. ... Ein Ding, das mit einem Sensor und einer Variablen ausgestattet ist, würde nach meiner Intuition kein Gefühl haben.

Du scheinst der Ansicht zu sein, dass es in deinem Hirn Dinge gibt, die wesentlich über Mechanismen wie Sensor und Speicherzelle hinausgehen. Was kommt aus deiner Sicht noch hinzu? Ich als Materialist sehe auf einer bestimmten Betrachtungsebene des Hirns zumindest auch diese beiden Komponenten. Sinnlicher Input im Hirn stellt die Sensoren dar. Und wenn man sich die Hirnzelle anschaut, erinnert mich das ein wenig an einen Schalter bei den Elektrotechnikern. Viele Eingangssignale und unter bestimmten Bedingungen wird am Output gefeuert. Könnte es nicht doch sein, dass man zum Fühlen nicht viel mehr benötigt?

Bei der Spacecenter-Ausstellung in Bremen stand zum diesem Thema eine interessante Texttafel. Ich gebe das aus dem Gedächtnis hoffentlich einigermaßen richtig wieder:

    Was ist Freude? Was passiert im Gehirn, wenn wir Freude empfinden?
    Wenn sich entsprechend viele Menschen in einem riesigen Experiment hinstellten und jeder Mensch simuliert genau eine Gehirnzelle und man würde alles was im Hirn passiert von den Menschen korrekt nachmachen lassen. Würde dann die Gesamtmenge der Menschen ein neues Bewusstsein bilden? Und würde dieses Bewusstsein Freude empfinden, auch wenn die einzelnen Menschen vielleicht traurig sind?

So ungefähr in der Art. Und ich stand da und dachte: vor ein paar Jahren hätten mich diese Betrachtungen noch schwindelig gemacht und verunsichert. Aber mit genügend Braincast Podcasts im Kreuz bin ich mir nun ziemlich sicher, dass ein Überbewusstsein der Menschenmenge entstünde und sich dieses freuen würde, völlig unabhängig von den Emotionen der einzelnen Menschen.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon ganimed » Sa 19. Jun 2010, 23:12

Myron hat geschrieben:Die Gelehrten streiten sich allerdings darüber, ob die erlebten Qualia Eigenschaften des inneren Erlebens selbst oder bloß erlebte Eigenschaften sind, die von äußeren Wahrnehmungsgegenständen besessen werden.

Das zum Beispiel verstehe ich nicht ganz. Wieso ist den Gelehrten das nicht völlig klar? Mir scheint intuitiv jedenfalls recht naheliegend zu sein, dass die Qualia sowohl von inneren Eigenschaften (Zuständen und Ausprägungen des Hirns) wie auch von den Gegenstandseigenschaften abhängen. Bin ich traurig und höre ich einen Witz, dann ist meine Qualia eine Mischform. Ich erlebe den Witz deutlicher witziger, sowohl wenn ich selber gut drauf bin als auch wenn der Witz besser ist. Ich argwöhne, dass die Gelehrten die Dinge doch noch ungleich komplizierter sehen als ich zu sehen vermag.

Auch das Mary-Gedankenexperiment erscheint mir verwirrend. Bei Wikipedia liest sich das so:
    "Das berühmteste gegen den Materialismus gerichtete qualiabasierte Argument kommt von dem australischen Philosophen Frank Cameron Jackson. In seinem Aufsatz What Mary didn't know („Was Mary nicht wusste“) formuliert Jackson das Gedankenexperiment der Superwissenschaftlerin Mary. Mary ist eine auf Farbensehen spezialisierte Physiologin, die seit ihrer Geburt in einem schwarz-weißen Labor gefangen ist und noch nie Farben gesehen hat. Sie kennt alle physischen Fakten über das Sehen von Farben, weiß jedoch nicht, wie Farben aussehen. Jacksons Argument gegen den Materialismus ist nun recht kurz: Mary kennt alle physischen Fakten über das Sehen von Farben – sie kennt dennoch nicht alle Fakten über das Sehen von Farben. Er schließt daraus, dass es nicht-physische Fakten gebe und der Materialismus falsch sei."
Bis zum vorletzten Satz stimme ich zu. Nur der Schluss erscheint mir dumm. Mary lernt beim Farbsehen etwas dazu. Nämlich nicht physiche Fakten (sondern psychologische Erfahrungen). Wieso aber ist deshalb der Materialismus falsch? Behauptet der Materialismus, dass theoretisches Wissen auch eigene Erfahrung beinhaltet? Ich denke nicht. Beim Wissen über Farben werden nun einmal andere neuronale Bahnen benutzt als beim Farbsehen selber. Wie aber um alles in der Welt sollte es auch anders sein? Deshalb passiert in Marys Hirn also tatsächlich etwas Neues, wenn sie erstmals Farben sieht. Ich verstehe also vermutlich einfach nur nicht, was dieser Frank Cameron Jackson sagen will.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon AgentProvocateur » So 20. Jun 2010, 00:57

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Allerdings könnte es natürlich schlicht auch sein, dass nur ich unfähig bin, unfähig dazu, 'Gefühle' und 'Bewusstsein' zu operationalisieren. ... Ein Ding, das mit einem Sensor und einer Variablen ausgestattet ist, würde nach meiner Intuition kein Gefühl haben.

Du scheinst der Ansicht zu sein, dass es in deinem Hirn Dinge gibt, die wesentlich über Mechanismen wie Sensor und Speicherzelle hinausgehen. Was kommt aus deiner Sicht noch hinzu?

Mein Punkt ist hier eigentlich nur der: meiner Ansicht nach stehst Du, als Vortragender einer These / Behauptung, in der Pflicht, diese irgendwie plausibel zu machen. Was Dir bisher mE nicht gelungen ist. Und solange Dir das nicht gelingt, kannst Du auch nicht ernsthaft erwarten, dass andere Dir die Welt erklären und Deine unbegründete These widerlegen. Erst recht nicht, wenn Du auf die bisherigen Einwände gar nicht eingehst, einfach nur nochmal argumentfrei Deine These wiederholst. Sprich: ich habe nicht das Gefühl, Du habest bisher substantiiert vorgetragen.

Dein Bremen-Spacecenter-Beispiel bezieht sich übrigens auf den sogenannten Funktionalismus. Oder dort: Functionalism, (ist aber auf englisch).
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon ganimed » So 20. Jun 2010, 10:01

Verblüffend. Den Begriff "Funktionalismus" kannte ich noch gar nicht. Man kann heutzutage doch nichts mehr denken, das nicht bereits fertig verpackt als philosophische Position bei Wikipedia zu finden ist. Dann bin ich also ein Funktionalist. Danke für den Tipp!

Dass mein Wortschwall von dir als unbegründet und unplausibel empfunden wird, kommt mir irgendwie bekannt vor. :^^: Meine Beiträge sind sicher alles andere als wasserdicht, wissenschaftlich oder sonstwie zwingend. Ich bin ja schon froh, wenn es mir gelingt, mich einigermaßen unfallfrei ausdrücken. Bestimmt nicht dazu geeignet, jemanden der anders denkt, nun plötzlich vom Funktionalismus zu überzeugen. Aber so etwas wie Gründe meine ich schon angeführt zu haben: funktional ist Sensor und Speicherstelle im Gehirn vorhanden. Und soweit ich die Beschreibung der Hirnforscher vor Augen habe (zugegebenermaßen recht vage) ist beispielsweise die Angstreaktion nicht viel mehr als Sensorauslösung und funktionale Reaktion im Hirn. Und Angst ist doch wohl ein Gefühl. Meine Position wäre also: soweit ich die Hirnforschung verstehe, sind Gefühle nur eine funktionale Reaktion auf sensorischen Input. Genau das macht mein Programm im Prinzip auch. Der sensorische Input (muss man sich denken) ist der externe Mechanismus, der die Variable auf true setzt und die funktionale Reaktion ist die Bildung des Stringinhaltes.

Wenn jetzt der Einwand kommt (bisher ja nicht nur von dir) "das ist unplausibel, das reicht noch nicht, Gefühle sind intuitiv viel mehr", dann hoffe ich insgeheim tatsächlich darauf, dass diese Einwände etwas präzisiert werden (und mir dabei vielleicht sogar wirklich ein wenig der Teil der Welt erklärt wird, den ich bisher übersehe). Die Behauptung "Gefühle sind noch viel mehr" macht mich halt neugierig, was denn dieses "viel mehr" genau ist. Ansätze wurden ja auch bereits genannt: Bewusstsein.

Da wäre mein Einwand: beim Menschen sind Gefühle selbstverständlich untrennbar mit Bewusstsein verbunden (weil wir nunmal nur das erfahren, was uns bewusst wird). Vermutlich wird das bei höheren Säugetieren auch noch so ähnlich sein, wenn auch das Bewusstsein sicher stark abnimmt. Wie ist es bei Nacktschnecken? Können die was fühlen? Würde man bei denen ein ausgeprägtes Bewusstsein vermuten? Ich würde die Benennung der Fühler bei Schnecken als angemessen werten, die Schnecke fühlt tatsächlich. Aber ohne Bewusstsein. Ich vermute daher, dass Bewusstsein nur notwendig für menschliche Gefühle sind aber nicht für Gefühle an sich.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Mark » So 20. Jun 2010, 23:19

Sinneswahrnehmungen/Rezeptorsignale == Gefühle ???
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Myron » Mo 21. Jun 2010, 02:45

ganimed hat geschrieben:Ich argwöhne, dass die Gelehrten die Dinge doch noch ungleich komplizierter sehen als ich zu sehen vermag.


In der Tat, siehe z.B. den folgenden Überblick über die unterschiedlichen philosophischen Theorien zum Wesen von Farben:

"We can set out, in summary form, the set of leading rival theories:

1. Colors are objective, intrinsic properties: they are sui generis, irreducible properties, supervenient on microstructural properties of the type cited in 2, below. [P.M.S. Hacker, J. Campbell]
2. Colors are objective, intrinsic properties of physical bodies. They are to be identified with, or are reducible to, microstructural properties of the bodies that possess them. [T. Reid]
3. Colors are objective properties of bodies but they are dispositional, light-related properties; dispositions to modify light (to emit, reflect, absorb, differentially reflect and absorb, transmit or scatter light), in the right way, and in the right proportion. [D.M. Armstrong, J. Westphal, D.R. Hilbert]
4. Colors are dispositional properties: powers to induce in observers of a specifiable kind, physical responses of a kind that are peculiar to those observers.
5. Colors are perceiver-dependent dispositional properties: powers to appear in distinctive ways, to normal perceivers, in contextualised standard conditions. [M. Dummett, G. Evans, J. McDowell]
6. Colors are perceiver-dependent but hybrid properties: to have a specific color is to have some intrinsic feature by virtue of which the object has the power to appear in a distinctive way (e.g., as in 4). [R. Descartes, J. Locke]
7. Colors are relational properties: they are physical properties, e.g., spectral reflectances, which are perceived in a distinctive way. [E. Thompson]
8. Colors are objective, perceiver-independent properties: they are the occupants of certain perceiver-dependent functional roles, e.g. roles defined in terms of the way objects look. [B. McLaughlin, J. Cohen, M. Tye, A. Byrne & D. Hilbert]
9. Colors are socially or culturally constructed properties. To be red is for an object to satisfy such criteria that make it worthy of having the predicate "red" applied. [J. Van Brakel]"


(http://plato.stanford.edu/entries/color)

ganimed hat geschrieben:Auch das Mary-Gedankenexperiment erscheint mir verwirrend. Bei Wikipedia liest sich das so:
    "…Jacksons Argument gegen den Materialismus ist nun recht kurz: Mary kennt alle physischen Fakten über das Sehen von Farben – sie kennt dennoch nicht alle Fakten über das Sehen von Farben. Er schließt daraus, dass es nicht-physische Fakten gebe und der Materialismus falsch sei."
Bis zum vorletzten Satz stimme ich zu. Nur der Schluss erscheint mir dumm. Mary lernt beim Farbsehen etwas dazu. Nämlich nicht physische Fakten (sondern psychologische Erfahrungen). Wieso aber ist deshalb der Materialismus falsch?


Ich finde dieses berühmte Argument gegen den Materialismus nicht stichhaltig. Denn wieso sollte sich aus objektivem Tatsachenwissen (Wissen-dass) a priori subjektives Erlebniswissen (Wissen-wie-es-ist) ableiten lassen?
Selbst eine (in Bezug auf objektive Tatsachen) physikalisch allwissende Person weiß nicht, wie die Farbe Rot aussieht (wie es ist, die Farbe Rot zu sehen), solange sie sie nicht mit eigenen Augen gesehen und dadurch kennengelernt hat.
Im Mary-Argument wird meines Erachtens nicht sauber zwischen diesen beiden unterschiedlichen Arten von Wissen unterschieden. Außerdem bedeutet der Umstand, dass man Farbqualia (und auch alle anderen) selbst subjektiv erlebt haben muss, bevor man sie kennt, doch noch nicht, dass es sich dabei um nichtphysische Qualitäten handelt.

http://plato.stanford.edu/entries/qualia-knowledge

http://www.iep.utm.edu/know-arg
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Myron » Mo 21. Jun 2010, 03:08

ganimed hat geschrieben:Verblüffend. Den Begriff "Funktionalismus" kannte ich noch gar nicht.


"Als Antwort auf das Argument der Multirealisierbarkeit entwickelte insbesondere Hilary Putnam (*1926) in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts eine neue Theorie – den Funktionalismus. Die Grundthese des Funktionalismus kann man so zusammenfassen:

Funktionalismus:
* Mentale Zustände sind ihrer Natur nach funktionale Zustände.
* Funktionale Zustände sind Zustände eines Systems, die allein durch ihre kausale Rolle charakterisiert sind – durch die Ereignisse außerhalb des Systems, durch die sie verursacht werden (inputs), durch das Verhalten des Systems, das sie verursachen (outputs), und durch ihre kausalen Relationen zu anderen Zuständen innerhalb des Systems.

Schmerzen z.B. haben typische Ursachen und Wirkungen, also eine typische kausale Rolle: Sie werden durch eine Verletzung oder Schädigung von Körpergewebe verursacht; sie selbst verursachen (häufig) Jammern oder Schreien, Erbleichen sowie Handlungen zur Versorgung des verletzten Gewebes; und sie verursachen (häufig) eine Ablenkung der Aufmerksamkeit und den Wunsch, den Schmerz zu beseitigen.
Die These des Funktionalismus besagt nun: Schmerz ist der Zustand eines Wesens, der durch diese kausale Rolle charakterisiert ist – oder auch anders herum: ein Wesen hat genau dann Schmerzen, wenn es in einem Zustand ist, der diese kausale Rolle innehat. An dieser Stelle muss man allerdings noch einen feinen Unterschied machen zwischen Funktionalisten, die Schmerzen mit einer kausalen Rolle gleichsetzen, und Funktionalisten, die Schmerzen mit dem Träger dieser Rolle identifizieren."


(Beckermann, Ansgar. Das Leib-Seele-Problem: Eine Einführung in die Philosophie des Geistes. Paderborn: Fink (UTB), 2008. S. 76-7)
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Arathas » Mo 21. Jun 2010, 11:01

ganimed hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:Aber so weit, dass eine Maschine fühlen kann sind sind wir noch in 50 Jahren nicht denke ich.

Du meinst also, mein Programm fühlt nicht? Ich würde behaupten, der Fühl-Part funktioniert. Was fehlt deiner Meinung nach? Was braucht man außer einem Sensor und einer Schmerzvariable noch, um ein Schmerzgefühl zu haben?


Man braucht eine Vorstellung davon, was Schmerz ist, denn an sich ist das Wort nur ein Wort. Es ist im menschlichen Sprachgebrauch zwar ein Wort, das für uns eine große Bedeutung hat, aber eben auch nur, weil wir wissen, was damit gemeint ist.

Ein Sensor und eine Schmerzvariable sagen an sich noch gar nichts aus bzw. genausoviel, wie ein Sensor und eine Temperaturvariable. Schließ ein Thermometer an einen PC an und schreib dein Programm um in: "Wenn Temperatur über 0 Grad = Oh wie schön" und "Wenn Temperatur unter 0 Grad = Argh, argh, Schmerz". Deswegen kann der PC noch lange nicht fühlen - er kann nur bestimmten Temperaturen bestimmte Zeichenketten zuordnen, die allerdings völlig beliebig sind. Worin unterscheidet sich das Wort Schmerz vom Wort Freude?
Nur dadurch, dass wir Menschen wissen, was Schmerz ist, und wir anschließend dem Gefühl ein Wort zugeordnet haben. Andersrum klappt das leider nicht.

Wenn ich dir eine Routine ins Hirn programmiere: "Bei über 60 Grad Temperatur wirst du Blorp fühlen", dann kann das so oft passieren wie es will, die Bedeutung von Blorp wirst du dennoch nicht verstehen können.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Dissidenkt » Mo 21. Jun 2010, 12:15

Arathas hat geschrieben:Wenn ich dir eine Routine ins Hirn programmiere: "Bei über 60 Grad Temperatur wirst du Blorp fühlen", dann kann das so oft passieren wie es will, die Bedeutung von Blorp wirst du dennoch nicht verstehen können.


Ein schöner Gedanke, an dessen Ende klar wird, dass wir alle ständig und ausschliesslich "Blorp" denken.

Warum?

Weil die Worte (Blorps) die wir benutzen, objektiv zunächst nur leere Repräsentationen für Dinge, Eigenschaften oder Beziehungen sind. Der Sinn der Blorps ergibt sich erst durch die gemeinsame Erfahrung und Übereinkunft, dass diese Blorps gewisse Dinge repräsentieren. Genauso wie ein Mensch diese Bedeutungen der Blorps im Laufe seines Lebens lernen muss, könnte ich einen Computer mit Blorpbedeutungen füttern und wüsste am Ende möglicherweise nicht, ob der Rechenknecht echte Qualia hat oder nur ein Programm abläuft.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon ganimed » Mo 21. Jun 2010, 20:32

Ich habe in einem alten Hoimar v. Ditfurth Buch mal von Experimenten mit einem Huhn gelesen. Sieht das Huhn einen Raubvogel ähnlichen Schatten über sich, dann entsteht eine ganz spezifische Reaktion. Das Huhn duckt sich oder rennt weg (ich erinnere mich nicht mehr genau). Das Interessante daran: wurde im lebenden Huhn eine kleine Leitung verlegt, so dass man einen bestimmten Hirnteil mit einem schwachen elektrischen Signal reizen konnte, dann spulte das Huhn dieses "Angst"-Programm genau so ab, auch ohne Raubvogelschatten.

Kann ein Huhn Angst fühlen? Ich meine ja.
Fühlt das Huhn in beiden Fällen "Angst", egal ob ein wirklicher Schatten da ist oder nur der elektrische Reiz vorliegt? Ich denke ja.
Wenn man das Hirn des Huhns umprogrammieren würde (wenn man es könnte), so dass sowohl bei diesem elektrischen Reiz als auch bei einem echten Raubvogelschatten das Huhn jeweils in ein Balzverhalten verfällt, hätte man dann nicht aus "Angst" sozusagen "Lust" gemacht?

Ich würde denken, ein Gefühl ist der Mechanismus bestimmter Hirnareale, bei dem ein sensorischer (oder anderer) Input erfolgt und daraufhin eine spezifische Reaktion ausgelöst wird, entweder direkt als Verhalten oder aber als Beeinflussung von anderen Vorgängen im Hirn. Und der Name dieses Gefühls sollte vermutlich von der Reaktion abhängen.

Dass ich das Gefühl im PC-Programm "Schmerz" genannt habe, war zugegebenermaßen erstmal nur eine Zuspitzung. Es fehlen hier die Anhaltspunkte, wieso hier nun ausgerechnet das menschliche Schmerz-Gefühl Taufpate spielen soll. Insofern wäre "Blorp" da wohl angemessener gewesen. Aber beim Huhn ist die Sache schon klarer. Wir stellen uns einfach vor, was das Huhn wohl fühlt wenn es in eine lebensbedrohliche Situation kommt und nennen das dann "Angst". Aber es könnte ja sein, dass das Huhn-Erleben in dieser Situation (die Qualia) viel mehr unserem Gefühl für "Langeweile" ähnelt, oder "Müdigkeit". Was auch immer. Wir können das Huhn nicht fragen und sind auf Vermutungen angewiesen.
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Re: Denkendes und fühlendes Wesen simulieren

Beitragvon Dissidenkt » Mo 21. Jun 2010, 21:02

ganimed hat geschrieben:Wir stellen uns einfach vor, was das Huhn wohl fühlt wenn es in eine lebensbedrohliche Situation kommt und nennen das dann "Angst". Aber es könnte ja sein, dass das Huhn-Erleben in dieser Situation (die Qualia) viel mehr unserem Gefühl für "Langeweile" ähnelt, oder "Müdigkeit". Was auch immer. Wir können das Huhn nicht fragen und sind auf Vermutungen angewiesen.


Dissidenkt hat geschrieben:Besorg dir mal Maturana, Varela: Der Baum der Erkenntnis
Wirst es nicht bereuen!


LESEN!!!! :mg:

Das Buch wird dir ne Menge Fragen beantworten. Da sind einige Experimente aus dem Tier- und Menschenreich geschildet, die dir die Augen öffnen werden. :2thumbs:
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