Strafformen

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Beitragvon Bionic » Sa 26. Jun 2010, 15:52

Strafen müssen ja (leider) sein, aber was glaubt ihr ist die richtige Strafe? Wie sehen das die Piraten grundsätzlich so? Strafen sollten natürlich darauf abziehlen das die Täter etwas lernen können und wieder resozialisiert werden können. Was ist mit Tätern die nich resozialisierbar sind? Könnte man Gewaltpotential durch freiwillige Operationen herabsetzen? Im Grunde sind ja Sozialstrafen, besser wie Gefängnisstrafen, oder? In wie weit sollte Abschreckung ausgeübt werden? In Zürich hat ein Geschäftsinnhaber jugendliche Diebe nicht angezeigt, sondern Fotos gemacht, die sie als Diebe ausweisen. Also Pranger eigentlich. Was haltet ihr davon. Ich find das schon eher gut. Haltet ihr Pranger ansonsten für menschenrechtwiedrig?
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Re: Strafformen

Beitragvon spacetime » Mo 28. Jun 2010, 17:56

Das ist natürlich menschrechtswidrig, wenn jugendliche Diebe zur Schau gestellt werden, weil sie eine "Dummheit" begangen haben. Wenn die Ladendiebe dazu einen traumatischen Schaden erleiden, weil sie im Jugendalter überall blöd angemacht wurden, dann ist das mit Sicherheit keine gerechte und verhältnismäßige Strafe. Dann sollte man es besser bei Sozialstunden belassen, die Nutzen der Gesellschaft mehr. Abschreckung (wie beim Pranger) richtet langfristig mehr Schaden an, als sie kurzfristig vermeidet.
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Re: Strafformen

Beitragvon ganimed » Mo 28. Jun 2010, 19:20

Ich würde es mir bei diesem schwierigen Thema einfach machen. Ich kenne die Antworten nicht und weiß viel zu wenig, also schließe ich mich den Profis an und vermute, dass beispielsweise die deutsche Rechtsprechung schon weiß was sie tut.

So viel ich höre, ist der Pranger also schonmal nicht mehr modern.
Bei Jugendlichen und Ersttätern empfiehlt sich tendenziell eine Besserungsmaßnahme.
Bei Triebtätern könnte man an Therapien oder Sicherheitsverwahrung denken.
Und bei Widerholungstätern begnügt man sich mit langen Haftstrafen. Je wiederholter desto länger.

Und die Abschreckung funktioniert bei allen Strafen, wenn ich das richtig sehe, nur wenig. Prävention in Form von Erziehung, Bildung und Integration scheinen da viel mehr zu bringen.
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Re: Strafformen

Beitragvon Nanna » Mo 28. Jun 2010, 19:41

Ich stimme dir da im Großen und Ganzen zu.

Wie man den Strafvollzug, also das Einsperren, gestaltet, ist auch eine Frage, mit der man sehr viel über den Resozialisierungserfolg entscheidet.

Ein Lesetipp dazu: DIE ZEIT: Darf Strafe so schön sein?
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Beitragvon spacetime » Mo 28. Jun 2010, 21:45

ganimed hat geschrieben:Prävention in Form von Erziehung, Bildung und Integration scheinen da viel mehr zu bringen.

Schlechte Erziehung, keine Bildung oder unzureichende Integration sind schon die größten Strafen. Insofern steht Prävention an erster Stelle. :up:
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Re: Strafformen

Beitragvon Bionic » Mo 28. Jun 2010, 23:05

spacetime hat geschrieben:Das ist natürlich menschrechtswidrig, wenn jugendliche Diebe zur Schau gestellt werden, weil sie eine "Dummheit" begangen haben.

Sie konnten es sich ja aussuchen. Ein Foto machen zu lassen, oder eine Anzeige bekommen.
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Re: Strafformen

Beitragvon stine » Di 29. Jun 2010, 07:49

Nanna hat geschrieben:Ein Lesetipp dazu: DIE ZEIT: Darf Strafe so schön sein?
Da fragt man sich dann eigentlich schon, warum hinterher Geld dafür vorhanden ist, das offensichtlich voher fehlte.
Bei uns läuft das doch genauso: Wir haben oft Jugendliche, die bei uns ihre aufgedrückten Sozialstunden ableisten müssen, die sie nur deswegen aufgebrumt bekamen, weil sie vorher aus Langeweile Unsinn anstellten.
Die meisten bemerken bei ihrem Einsatz, dass es ihnen gut tut, gebraucht zu werden!
Warum also nicht gleich so?

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Re: Strafformen

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 29. Jun 2010, 07:52

Bringt keine (zu wenig) Wählerstimmen
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Re: Strafformen

Beitragvon spacetime » Di 29. Jun 2010, 09:12

Bionic hat geschrieben:
spacetime hat geschrieben:Das ist natürlich menschrechtswidrig, wenn jugendliche Diebe zur Schau gestellt werden, weil sie eine "Dummheit" begangen haben.

Sie konnten es sich ja aussuchen. Ein Foto machen zu lassen, oder eine Anzeige bekommen.

Gut, ich meinte, wenn sie keine andere Wahl gehabt hätten als ein Foto. Nur wird es auch die Hälfte der Jugendlichen lustig finden, auf so einem Foto "berühmt" zu werden...
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Re: Strafformen

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 29. Jun 2010, 09:54

Ja, könnte auch durchaus sehr kontraproduktiv sein.
Auch sonst bin ich gegen den Pranger, auch wenn er unter bestimmten Umständen durchaus eventuell sehr hilfreich/abschreckend sein könnte. Aber ich glaube nur sehr wenige Straftaten werden unter realistischer Einkalkulation der möglichen Strafe begangen.
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Re: Strafformen

Beitragvon stine » Di 29. Jun 2010, 12:01

1von6,5Milliarden hat geschrieben:...ich glaube nur sehr wenige Straftaten werden unter realistischer Einkalkulation der möglichen Strafe begangen.
Interessant deswegen, weil einige Straftaten gerade WEGEN der möglichen Konsequenzen nicht begangen werden.
Heißt, wer Straftaten ohne die Konsequenzen zu beachten begeht, ist nicht fähig längerfristig zu denken? Bild

LG stine
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Re: Strafformen

Beitragvon Arathas » Di 29. Jun 2010, 12:24

stine hat geschrieben:Heißt, wer Straftaten ohne die Konsequenzen zu beachten begeht, ist nicht fähig längerfristig zu denken?
LG stine


Natürlich heißt es das nicht. Aber das menschliche Gehirn ist nunmal keine perfekte Denkmaschine, die einzig und allein denkt und denkt und denkt. Biochemie spielt da sehr stark rein, vor allem, wenn's um so starke primäre Gefühle geht wie Agression, Angst, oder auch Liebe.

Starke Emotionen (und sicher auch andere Faktoren) können die Denkstruktur beeinflussen und verändern, zumindest zeitweise. Um eine Straftat zu begehen, muss man nicht blöde sein (und unfähig, vorauszudenken). Es reicht, wenn das Gehirn für eine gewisse Zeit durch biochemische Vorgänge so beeinflusst wird, dass für diesen Zeitraum solche lächerlichen Dinge wie "an Konsequenzen denken" hinten angestellt werden.

Und nicht zuletzt: Unser Verstand ist in der bemerkenswerten Lage, Dinge zeitweise einfach ausblenden zu können, die nicht ins momentane Konzept passen.

Und zuletzt: Es gibt natürlich auch noch die Möglichkeit, dass Leute durchaus wissen, was die Konsequenzen ihrer Taten sein würden. So sie denn gefasst würden. Aber dazu müsste man ihnen die Tat erstmal nachweisen. Viele Straftäter sind sich bestimmt sicher, dass das nicht passieren wird, weil sie klug genug sind, um das zu verhindern. Jedenfalls dürften das viele glauben. Und so einigen von ihnen dürfte das auch gelingen. Wir erfahren es nur nie. Weil es ihnen ja gelungen ist. ;-)
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Re: Strafformen

Beitragvon Nanna » Di 29. Jun 2010, 22:14

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Aber ich glaube nur sehr wenige Straftaten werden unter realistischer Einkalkulation der möglichen Strafe begangen.

Ich stimme dir da zu und gehe sogar noch weiter: Straftaten können in gewissen sozialen Milieus auch Statussymbole sein. Ich stelle mir gerade vor, dass die Anzahl der begangenen Straftaten in Facebook veröffentlicht würde, da würde auf jeden Fall der Wettlauf um die meisten begangenen Straftaten einsetzen.
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Re: Strafformen

Beitragvon arcalexx » Mo 5. Jul 2010, 23:08

Irgendjemand (wisst ihr vielleicht wer?) hat mal gesagt "Die Strafe ist dazu da, um die Gerechten zu beeindrucken". Da ist viel Wahres dran. Strafe schreckt ab oder resozialisiert, aber in einem viel geringeren Maße, als wir es uns wünschen. Ihre Hauptfunktion ist in der gesellschaftlichen Bestätigung gegenüber sich selber zu sehen, dass die Norm, gegen die verstoßen wurde, weiterhin gilt. Die Gerechten bleiben also gerecht, und die auf die schiefe Bahn geraten sind, bleiben meistens dort.
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Re: Strafformen

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 16:15

spacetime hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Prävention in Form von Erziehung, Bildung und Integration scheinen da viel mehr zu bringen.

Schlechte Erziehung, keine Bildung oder unzureichende Integration sind schon die größten Strafen. Insofern steht Prävention an erster Stelle. :up:


Oder eher so: Erziehung, Zwang zur Bildung und Integration sind schon die größten Strafen (und das nur dafür, dass man es wagt zu existieren).

Wichtiges Thema, das nicht einfach so in der Versenkung verschwinden sollte.
Im Eingangspost wird schon behauptet, dass Strafen sein müssten … das ist zwar allgemein angenommener Volksglaube, aber wissenschaftlich unhaltbar. Im Prinzip basiert das komplette Strafrechtssystem auf Glaube und Dogmen und verhindert Straftaten nicht (lässt aber wenigstens über die Hilflosigkeit bei dem Thema hinwegsehen, indem man immer wieder der „Gerechtigkeit“ genüge tut). Es würde mal Zeit werden, das ganze Rechtssystem zu überdenken und auf eine wissenschaftlich empirische Grundlage zu stellen. Ich denke aber, das wird ein noch viel schwierigerer Schritt der Aufklärung als alle bisherigen …
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Re: Strafformen

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 17:07

Ich würde das mehr... neurobiologisch sehen:

1) Bestrafung als Widergutmachung an den Opfern - das kommt leider (den Opfern) oft zu kurz. Mag aber einen Gewissen zufriedenheitseffekt auslösen den man nciht unterschätzen sollte.
2) Bestrafung als Erzieherische Maßnahme - hier hat unser Rechtsystem seit 200 Jahren nichts dazu gelernt, Leute ändern sich nicht durch "in der Zelle gekommene tiefe Einsicht zum Guten", man muß aktiv dran arbeiten das ihre Hirne sowas nicht mehr machen und wegschließen hilft da nicht.
3) Bestrafung als Sicherungsmaßnahme - wenn 2) versagt und Wiederholungsgefahr besteht: Schutz der Allgemeinheit durch wegschließen.

Strafen wie öffentliche Demütigung sind da sicher keine Hilfe, längeres wegschließen nur in Fall 3) nützlich. Ich kann da voll zustimmen: Das Rechtsystem gehört reformiert.
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Re: Strafformen

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 17:33

mat-in hat geschrieben:1) Bestrafung als Widergutmachung an den Opfern - das kommt leider (den Opfern) oft zu kurz. Mag aber einen Gewissen zufriedenheitseffekt auslösen den man nciht unterschätzen sollte.


Ist für mich aber keine Strafe und wird auch an einem Zivilgericht vereinbart.

mat-in hat geschrieben:2) Bestrafung als Erzieherische Maßnahme - hier hat unser Rechtsystem seit 200 Jahren nichts dazu gelernt, Leute ändern sich nicht durch "in der Zelle gekommene tiefe Einsicht zum Guten", man muß aktiv dran arbeiten das ihre Hirne sowas nicht mehr machen und wegschließen hilft da nicht.


Das geht aber nur durch Ursachenbekämpfung und ist keine Frage der Neurobiologie, weil die nur feststellen kann, dass gesellschaftliche Zusammenhänge diese Hirnfunktionen bewirken. Es gibt keine Schuld, nur komplexe Ursachen bzw. Überdetermination. Deswegen ist für mich die Frage nach der Schuldfähigkeit eines Täters auch immer total absurd, da niemand einfach so, weil er einfach böse ist, kriminell handelt, sondern immer überdeterminierte Faktoren dazu führen. Hier verschließen aber die meisten einfach die Augen, weil man ja Denkanstrengungen unternehmen müsste.

mat-in hat geschrieben:3) Bestrafung als Sicherungsmaßnahme - wenn 2) versagt und Wiederholungsgefahr besteht: Schutz der Allgemeinheit durch wegschließen.


Ist auch wieder keine Strafe in dem Sinne. In der Hinsicht finde ich sogar Diktatorentötung legitim, denn es wäre naiv anzunehmen, dass jemand, der so geschädigt ist (Alice Miller hat da tolle Untersuchungen in der Kindheit von Diktatoren gemacht), noch eine Chance auf „Heilung“ hat, wenn es sogar bei weitaus harmloseren Fällen nicht mehr geht. Viel eher werden solche Leute immer wieder versuchen, aufs Neue Macht zu erlangen, das geht sogar vom Gefängnis aus. Todesstrafe ist aber absurd.
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Re: Strafformen

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 17:47

Teh Asphyx hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:1) Bestrafung als Widergutmachung an den Opfern.

Ist für mich aber keine Strafe und wird auch an einem Zivilgericht vereinbart.

Da haben wir uns wohl mißverstanden? "Hängt den Kinderschänder!" oder "Nehmt dem Gewalttäter der mich geblendet hat auch das Augenlicht!" sind durchaus keine Kleinigkeiten die nur Zivilrechtlich relevant wären?! Und es handelt sich bei beidem sicher nicht um eine Maßnahme die der "Besserung" des Täters zuspricht, sondern um Genugtuung / "Sühne" / Widergutmachung für die Opfer. Lediglich das Hinrichten könnte man als extreme Form von 3) sehen?

Teh Asphyx hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:2) Bestrafung als Erzieherische Maßnahme - hier hat unser Rechtsystem seit 200 Jahren nichts dazu gelernt, Leute ändern sich nicht durch "in der Zelle gekommene tiefe Einsicht zum Guten", man muß aktiv dran arbeiten das ihre Hirne sowas nicht mehr machen und wegschließen hilft da nicht.

Das geht aber nur durch Ursachenbekämpfung und ist keine Frage der Neurobiologie, weil die nur feststellen kann, dass gesellschaftliche Zusammenhänge diese Hirnfunktionen bewirken.

Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Wenn ich Ursachen finden kann die solche Verhaltensmuster ausprägen und statt "Abschreckender Prügelstrafen in der Öffentlichkeit" und "Für immer Wegschließen" eine "Gehirngerechte" Methode finde diese Verahltensweisen zu ändern oder besser noch: ihre Entstehung zu erschweren, dann ist das doch Neurobiologie? Oder... sagen wir vom Psychiater/Psychologen/Neurologen angewannte Neurobiologie.
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Re: Strafformen

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 18:08

mat-in hat geschrieben:Da haben wir uns wohl mißverstanden? "Hängt den Kinderschänder!" oder "Nehmt dem Gewalttäter der mich geblendet hat auch das Augenlicht!" sind durchaus keine Kleinigkeiten die nur Zivilrechtlich relevant wären?! Und es handelt sich bei beidem sicher nicht um eine Maßnahme die der "Besserung" des Täters zuspricht, sondern um Genugtuung / "Sühne" / Widergutmachung für die Opfer. Lediglich das Hinrichten könnte man als extreme Form von 3) sehen?


Dann finde ich den Begriff Wiedergutmachung hier etwas unpassend. In manchen kannibalistischen Kulturen gab es zum Beispiel die Konsequenz, dass man in der Familie des Verspeisten dann auch die Verantwortung übernimmt, die die Person hatte, das heißt, man gehörte dann auch zur Familie und hat eben einen „Ersatzdienst“ geleistet, so was verstehe ich als Wiedergutmachung, dass man eben den Verlust möglichst versucht zu ersetzen.
Aber auch das Thema ist weitaus komplexer, weil ich finde, dass bei Diebstahl auch die Besitzverhältnisse eine Rolle spielen (sofern eine Gesellschaft Privateigentum so kennt wie hier).

mat-in hat geschrieben:Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Wenn ich Ursachen finden kann die solche Verhaltensmuster ausprägen und statt "Abschreckender Prügelstrafen in der Öffentlichkeit" und "Für immer Wegschließen" eine "Gehirngerechte" Methode finde diese Verahltensweisen zu ändern oder besser noch: ihre Entstehung zu erschweren, dann ist das doch Neurobiologie? Oder... sagen wir vom Psychiater/Psychologen/Neurologen angewannte Neurobiologie.

Ich verstehe unter solchen Maßnahmen meistens, dass dann Medikamente o.ä. verabreicht werden, aber wenn Du das umfassender meinst, dann klar, so gesehen zählt das dann auch zur Neurobiologie. Aber was ist mit gesellschaftlichen Veränderungen? Würdest Du das immer noch als angewandte Neurobiologie auffassen?
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Re: Strafformen

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 18:29

"Angewandete Neurobiologie" vielleicht, aber nicht Neurobiologie. Die Wissenschaft liefert nur Wissen, und wenn sie sich weit aus dem Fenster lehnt auch eine Empfehlung, was aus Wissenschaftlicher Sicht vorteilhaft wäre zu tun. Wie das ganze zu bewerten ist und wie es umgesetzt wird ist Sache von Ethik und Gesellschaftlichem Konsens. Ich sehe da im Naturalismus, Evolutiven Humanismus und was auch immer man an Schlagworten ins Feld führen muß um die Idee zu beschreiben eine Chance: Die Chance das man über alten Abgerglauben und Vorurteile wie die "Kalte, Menschenverachtende Wissenschaft" oder die "Wissenschaftlich nicht zu begreifende Gesellschaft" hinweg kommt und gemeinsam aus den uns immer besser bekannten Bedürftnissen des Menschen als Individuum und als Gruppe und aus dem Wissen, wie diese Bedüftnisse entstehen zu einer neuen Form des Zusammenlebens kommt. Ein Zusammenleben in dem nicht nur das Rechtsystem so reformiert wird, das man auf effektive Prävention und Rehabilitation statt wirkungslose Abschreckung und sinnloses Wegschließen setzt, sondern ein Zusammenleben, in dem wir z.B. die Bedürftnisse sehr Junger Menschen (spät aufstehen, weil man morgends um 8 ohenhin Gehringelähmt ist) oder sehr alter Menschen (An alternde Augen angepaßte Schilder, etc.) berücksichtigt und einen "Menschlicheren" Umgang miteinander Pflegt, basierend darauf, was der Mensch braucht...

Und wenns fertig ist, nennen wir es "Utopia II" und stellen fest das es auch nicht funktioniert, weil es immer Arschlöcher gibt, die ein bestehendes System ausnutzen - selbst wenn man versucht das System drauf vor zu bereiten... entschuldigung, da kommt der Zyniker wieder nach oben, ich brauch noch nen Kaffee.
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