Selbstbestimmung

Selbstbestimmung

Beitragvon Bionic » Mi 14. Jul 2010, 23:28

Wie wichtig haltet ihr die Selbstbestimmung? Glaubt ihr würden sich die Menschen eher rücksichtsvoller verhalten,
wenn alle wirklich frei entscheiden könnten (Sozusagen wie eine Selbstorganisation.) Oder wären die Folgen noch verheerender,
wie sie es ohnehin schon sind? Ich glaube nicht dass es gut ist, wenn jeder immer genau das machen kann, was er möchte. Tja wie seht ihr das?
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon stine » Do 15. Jul 2010, 08:21

Wenn ich machte was ich wollte, und ich bin wirklich ein friedliebender Mensch, dann würden auch einige auf der Strecke bleiben. :mg:

Wir sind eben alle Rädchen im System.

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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon Bionic » Do 15. Jul 2010, 12:41

Es bleiben doch viele auf der Strecke, in unserem System.
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon Klaus » Do 15. Jul 2010, 14:20

Bionic hat geschrieben:Es bleiben doch viele auf der Strecke, in unserem System.


und was hat das mit Selbstbestimmung zu tun? Die Frage ist, was verstehst du unter SB, stell das an den Anfang des Threads, damit eine Diskussionsgrundlage da ist.
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon ujmp » Do 15. Jul 2010, 17:56

Das wollte ich auch gerade Fragen. - Einen Zauberstab wird's wohl nicht geben.
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon Bionic » Do 15. Jul 2010, 20:54

Klaus hat geschrieben:und was hat das mit Selbstbestimmung zu tun? Die Frage ist, was verstehst du unter SB, stell das an den Anfang des Threads, damit eine Diskussionsgrundlage da ist.

Ich sag mal so: "Des einen Freud, ist des anderen Leid."
Ich meinte mit Selbstbestimmung, dass man immer alles machen kann was man will. Internet, Reisen, ect...
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon Klaus » Fr 16. Jul 2010, 11:01

Was du da anführst ist eine Untermenge von Selbstbestimmung. Autonomie ist wesentlich mehr und für sozial eingebundene Menschen ist partielle Fremdbestimmung kein Widerspruch.
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon stine » Fr 16. Jul 2010, 12:33

Klaus hat geschrieben:... für sozial eingebundene Menschen ist partielle Fremdbestimmung kein Widerspruch.
Tja, ich weiß nicht. :nosmile:
Das ist wohl sehr davon abhängig, wie die Tagesform ist und davon, wieviel man selbst davon zurück erhält.
Im Prinzip ist das die gleiche Diskussion, die hier schon so oft geführt wurde: Altruismus zum Selbstzweck?

Also ich persönlich würde, obwohl freiwillig sozial eingebunden, oft gerne was anderes tun, als das, was ich tun soll. Ich fühle mich da schon oft fremdbestimmt.
Ich meine, wenn man dann das Thema schon mal aufgeworfen hat, könnte man ja auch darüber nachdenken, inwieweit wir als Leistungsgesellschaft nicht sowieso alle fremdbestimmt sind. Die Babys in die Krippe, die Kleinkinder in den Kindergarten, die 5-6jährigen in die Schule und später Lehre, Uni und arbeiten bis zur Rente. Wo bleibt da überhaupt die Selbstbestimmung?
Die ganze Selbstbestimmung ist immer nur innerhalb von gesellschaftsrelevanten Rahmenbedingungen.

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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon Gernot Back » Mi 21. Jul 2010, 14:28

Hallo Bionic!

Bionic hat geschrieben:Es bleiben doch viele auf der Strecke, in unserem System.

Ich finde: kaum ein Recht wird de facto so stark in unserem Rechtssystem zurechtgebogen (man könnte auch sagen: gebeugt) wie das Recht auf Selbstbestimmung:

  • Beispiel "religiöse Selbstbestimmung":
    Kinder unter 12 Jahren (bzw. wenn es keinen Wechsel der Religionsgemeinschaft betrifft, sogar unter 14 Jahren) müssen es sich gefallen lassen, dass ihre Eltern und nicht sie selbst über ihre Konfession bestimmen dürfen und sie damit teilweise zu Mitgliedern einer Weltanschauungsgemeinschaft werden und sie aus dieser ggf. wieder gebührenpflichtig(!) austreten müssen, obwohl sie nie in freier Selbstbestimmung ihren Beitritt erklärt haben.
  • Beispiel "sexuelle Selbstbestimmung":
    Jahrzehntelang wurde männlichen Homsosexuellen mit dem §175 im Strafgesetzbuch durch eine unterschiedliche "Schutzaltersgrenze" die Selbstbestimmung bei sexuellen Kontakten zwischen Erwachsenen und Minderfährigen vorenthalten, die Lesben sowie heterosexuelle Männer und Frauen wie selbstverständlich in Anspruch nahmen: In geradezu zynischer Weise hatte man irgendwann auch noch den entsprechenden Abschnitt im Strafgesetzbuch von "Staftaten gegen das Sittengesetz" einfach in "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" umbenannt, und zwar lange bevor der §175 im Jahre 1994 gestrichen wurde. Gleichzeitig mit der Abschaffung von §175 schaffte man Ersatz in dem bereits bestehenden §182, indem man dessen Straftatbestand auf schwule, ja sogar lesbische Kontakte ausdehnte und das dort vorgesehene Schutzalter für Mädchen, das bis dahin bei 16 gelegen hatte, anhob und für beide Geschlechter auf 18 Jahre festsetzte. Das tat man, obwohl man genau wusste, dass Jugendliche im Vergleich zu früheren Jahren heute eher früher als später zu selbstbestimmten, einvernehmlichen sexuellen Handlungen fähig sind.
    Vergewaltigung war ebenso lange innerhalb einer Ehe nicht strafbar und das ebenfalls zu einer Zeit, als sich der 13. Abschnitt im Strafgesetzbuch unter Vorspiegelung falscher Tatsachen bereits "Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" nannte.
  • Beispiel "informationelle Selbstbestimmung":
    Wenn es darum geht, Auskünfte zu verweigern und/oder Herrschaftswissen zu bewahren, verschanzen sich die Mächtigen gerne hinter dem Datenschutz und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das tun sie immer wieder auch gegen die Interessen der Betroffenen.
    Mir selbst ist es z.B bei einer Recherche zu einem Curriculum für Deutsch als Fremdsprache, mit der ich vom Sprachenzentrum einer deutschen FH beauftragt worden war, einmal passiert, dass mir Auskünfte darüber, wie hoch die Studienabbrecherquote von Bildungsausländern im Vergleich zu Bildungsinländern sei, von der Hochschulverwaltung unter Hinweis auf den Datenschutz verweigert wurden, obwohl (oder vielmehr weil?) dies ein Argument für für ein stärkeres Engagement der Hochschule in den studienvorbereitenden Deutschkursen hätte sein können.
Gruß Gernot
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 21. Jul 2010, 16:56

Gernot Back hat geschrieben:[*]Beispiel "informationelle Selbstbestimmung":
Wenn es darum geht, Auskünfte zu verweigern und/oder Herrschaftswissen zu bewahren, verschanzen sich die Mächtigen gerne hinter dem Datenschutz und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das tun sie immer wieder auch gegen die Interessen der Betroffenen.
Mir selbst ist es z.B bei einer Recherche zu einem Curriculum für Deutsch als Fremdsprache, mit der ich vom Sprachenzentrum einer deutschen FH beauftragt worden war, einmal passiert, dass mir Auskünfte darüber, wie hoch die Studienabbrecherquote von Bildungsausländern im Vergleich zu Bildungsinländern sei, von der Hochschulverwaltung unter Hinweis auf den Datenschutz verweigert wurden, obwohl (oder vielmehr weil?) dies ein Argument für für ein stärkeres Engagement der Hochschule in den studienvorbereitenden Deutschkursen hätte sein können.[/list]
Gruß Gernot

Den Zusammenhang mit Auskünften von Informationen über andere Personen mit den informationeller Selbstbestimmung magst du mal bitte erklären.
Egal ob die Auskunftsverweigerung jetzt sinnvoll oder nicht ist, mit deiner informationeller Selbstbestimmung hat dies nichts zu tun, du wolltest ja Informationen über andere, maximal wurde also deren informationelle Selbstbestimmung geschützt (wenn auch anonymisiert als blanke Zahl dies schon sehr weit hergeholt wäre).
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon Gernot Back » Mi 21. Jul 2010, 20:46

Hallo 1von6,5Milliarden!

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Den Zusammenhang mit Auskünften von Informationen über andere Personen mit den informationeller Selbstbestimmung magst du mal bitte erklären.
Egal ob die Auskunftsverweigerung jetzt sinnvoll oder nicht ist, mit deiner informationeller Selbstbestimmung hat dies nichts zu tun, du wolltest ja Informationen über andere, maximal wurde also deren informationelle Selbstbestimmung geschützt (wenn auch anonymisiert als blanke Zahl dies schon sehr weit hergeholt wäre).

Ich war damals Lehrbeauftragter für Deutsch als Fremdsprache an einer deutschen Fachhochschule und erstellte im Auftrag des dortigen Sprachenzentrums ein Curriculum für die sprachpropädeutischen Kurse.

Mein eigenes Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder auch dasjenige der Klientel (ausländische Studenten und Studienbewerber), für die ich tätig war, waren nie betroffen, da ich ja nur allgemein nach den Studienabbrecherquoten von Bildungsinländern und Bildungsausländern gefragt hatte und nie danach, wer denn namentlich sein Studium abgebrochen und wer es zu Ende gebracht hatte. Trotzdem schob man, wie du schon richtig sagst "weit hergeholt", entsprechende Bedenken vor.

In Wahrheit war die Veröffentlichung dieser Daten ein Politikum und in so fern heikel, als diese Fachhochschule die staatlichen Kopfpauschalen, die sie eigens für ausländische Studierende vom Land (eigentlich für deren besondere Förderung) zugewiesen bekam, nicht aufs Spiel setzen wollte: An einer Offenlegung der Daten, wie erschreckend wenig dieser ausländischen Studierenden im Vergleich zum Durchschnitt ihr Studium auch tatsächlich beendeten, hatte man kein Interesse.

Auf diese Weise konnte man den Missstand mit der für ein erfolgreiches Studium vollkommen unzureichenden sprachlichen Vorbereitung der betroffenen ausländischen Studierenden gegen deren Interessen sogar fortschreiben und die zugewiesenen Mittel weiterhin anders als für deren sprachliche Förderung verwenden.

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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon stine » Do 22. Jul 2010, 06:32

Gernot Back hat geschrieben:Auf diese Weise konnte man den Missstand mit der für ein erfolgreiches Studium vollkommen unzureichenden sprachlichen Vorbereitung der betroffenen ausländischen Studierenden gegen deren Interessen sogar fortschreiben und die zugewiesenen Mittel weiterhin anders als für deren sprachliche Förderung verwenden.
Wenn die Mittel trotzdem einen guten Zweck erfüllen?
Ich denke, die Universitäten hier haben es schwer genug, mit ihren Finanzen hinzukommen. Sie sind überfüllt und dürfen sich noch nicht mal dagegen wehren, dass Hinz und Kunz ein paar Semester rumstudieren, bevor sie sich gelangweilt einer wirklichen Arbeit zuwenden. Diejenigen, die ihr Studium ernst nehmen, sind die Leidtragenden. :student:

Gernot Back hat geschrieben:Mein eigenes Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder auch dasjenige der Klientel (ausländische Studenten und Studienbewerber), für die ich tätig war, waren nie betroffen, da ich ja nur allgemein nach den Studienabbrecherquoten von Bildungsinländern und Bildungsausländern gefragt hatte und nie danach, wer denn namentlich sein Studium abgebrochen und wer es zu Ende gebracht hatte. Trotzdem schob man, wie du schon richtig sagst "weit hergeholt", entsprechende Bedenken vor.
Schon interessant, dass die größten Bedenkenträger, was den Datenmissbrauch betrifft, auch die größten Gegner des Datenschutzes sind. :schiefguck:


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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 22. Jul 2010, 07:12

stine hat geschrieben:Schon interessant, dass die größten Bedenkenträger, was den Datenmissbrauch betrifft, auch die größten Gegner des Datenschutzes sind.
Möglicherweise sind es keine großen Bedenkenträger sondern nur große Bedenkenvorschieber?
In der Praxis ist der Kompromiss - wenn man keine absolute Extremposition vertritt - halt immer nur ein Kompromiss und kann leicht zur Geschmacksverstimmung führen, je nach dem wo man gerade steht, als Kompromiss ist sogar das Potential vorhanden beiden Seiten deutlich nicht zu schmecken.
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon stine » Do 22. Jul 2010, 07:15

1von6,5Milliarden hat geschrieben:als Kompromiss ist sogar das Potential vorhanden beiden Seiten deutlich nicht zu schmecken.
Ja, ja, ich weiß, die Mitte ist da, wo der Wind von links und von rechts weht. Ganz schön stürmisch - immer... :wink:

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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 22. Jul 2010, 07:20

Je nach dem wohin du schaust, er mag auch von vorne und hinten kommen ... :mg:
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon stine » Do 22. Jul 2010, 07:24

Heute wär's mir recht! :ventilator:

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Off-Topic: Hochschulpolitik auf dem Rücken von Ausländern

Beitragvon Gernot Back » Do 22. Jul 2010, 08:44

Hallo Stine!

stine hat geschrieben:
Gernot Back hat geschrieben:Auf diese Weise konnte man den Missstand mit der für ein erfolgreiches Studium vollkommen unzureichenden sprachlichen Vorbereitung der betroffenen ausländischen Studierenden gegen deren Interessen sogar fortschreiben und die zugewiesenen Mittel weiterhin anders als für deren sprachliche Förderung verwenden.
Wenn die Mittel trotzdem einen guten Zweck erfüllen?
Ich denke, die Universitäten hier haben es schwer genug, mit ihren Finanzen hinzukommen. Sie sind überfüllt und dürfen sich noch nicht mal dagegen wehren, dass Hinz und Kunz ein paar Semester rumstudieren, bevor sie sich gelangweilt einer wirklichen Arbeit zuwenden. Diejenigen, die ihr Studium ernst nehmen, sind die Leidtragenden. :student:

Naja, die Leidtragenden waren damals und sind vermutlich heute auch noch vor allem die ausländischen Studierenden, die hier ernsthaft studieren wollen und deren im Ausland erworbene Hochschulzugangsberechtigung als einem deutschen Abitur gleichwertig anerkannt wird. Die kommen nämlich -anders als diejenigen, bei denen das nicht der Fall ist- nicht vorher in den Genuss eines Studienkollegsbesuchs, sondern werden -wenn überhaupt- nur von den Hochschulen selbst mit Sprachkursen beglückt, für die aber schon zu meiner Zeit als DaF-Lehrer die Mittel immer mehr zusammengestrichen wurden.

Da die Zahl der ausländischen Studierenden bei internationalen Hochschulrankings aber ein entscheidendes Bewertungskriterium ist, ist es politisch gewünscht, dass sich möglichst viele Ausländer einschreiben: Ich habe als DaF-Lehrbeauftragter erlebt, wie die Anforderungen in den sprachlichen Zugangstests an den Hochschulen daher zum Ausgleich immer weiter nach unten geschraubt wurden, so dass ein Studium für sie mit derart rudimentären Sprachkenntnissen kaum noch möglich war. Viele meiner Kursteilnehmer schrieben sich auch nur zum Schein ein, um dann einfach nur hier leben und arbeiten zu können, eine Krankenversicherung, einen Wohnheimplatz, günstige Verpflegung in der Mensa und ein Semesterticket zu haben.

Auf diese Weise geht der Schuss trotz eines nominell vergleichsweise immer noch hohen Anteils ausländischer Studierender natürlich nach hinten los und die deutschen Hochschulen verlieren immer weiter im internationalen Ansehen.

Ich habe daraus die Konsequenzen gezogen und beteilige mich seit sieben Jahren nicht mehr an diesem Wahnsinn.

Gruß Gernot
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Re: Off-Topic: Hochschulpolitik auf dem Rücken von Ausländern

Beitragvon stine » Do 22. Jul 2010, 13:01

Gernot Back hat geschrieben:Viele meiner Kursteilnehmer schrieben sich auch nur zum Schein ein, um dann einfach nur hier leben und arbeiten zu können, eine Krankenversicherung, einen Wohnheimplatz, günstige Verpflegung in der Mensa und ein Semesterticket zu haben.
...also, wenn sowas möglich ist?
Vielleicht wollen manche gar nichts anderes.
Wer überlegt, in Harvard oder Cambridge, Eton, Oxford zu studieren, muss auch wissen, dass dort gutes Englisch in Wort und Schrift Vorraussetzung ist. Nur wir Deutsche sind wieder mal in der Bringschuld.

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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon Nanna » Do 22. Jul 2010, 13:30

stine hat geschrieben:Ich denke, die Universitäten hier haben es schwer genug, mit ihren Finanzen hinzukommen. Sie sind überfüllt und dürfen sich noch nicht mal dagegen wehren, dass Hinz und Kunz ein paar Semester rumstudieren, bevor sie sich gelangweilt einer wirklichen Arbeit zuwenden. Diejenigen, die ihr Studium ernst nehmen, sind die Leidtragenden. :student:

Wenn es so einfach wäre...

Gerade die, die "gelangweilt" herumstudieren, findet man oft in geistes- und gesellschaftswissenschaftlichen Studiengängen, die ziemlich billig zu unterhalten sind: Ein paar Dozenten, ein paar Räume, ein paar Computer, eine Bibliothek - summa summarum kostet den Staat ein durchschnittlicher Absolvent dort 23.000 €. Das ist eine Menge Schotter, sicherlich, aber ein Studium der Humanmedizin kostet hingegen 200.000 €, also fast das zehnfache (Quelle: FAZ). Generell dürften die Kosten in den technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen viel höher liegen, wobei es da wiederum weniger Gammelstudenten gibt. Ich bestreite nicht, dass es unverantwortlich ist, für viele Semester das Studium zum Parken zu verwenden, andererseits kosten solche Studenten nicht besonders viel, müssen Studiengebühren bezahlen, sind zahlenmäßig auch nicht diese Schwemme, die du vielleicht vor Augen hast, außerdem sind sie oft nicht anwesend und nehmen damit anderen Leuten nichts weg. Zumal nicht vergessen werden darf, die Ausgaben fließen über die Gehälter der Uniangestellten und die Betriebskosten der Gebäude zurück in die Wirtschaft, wodurch der effektive Schaden sich nochmal reduziert.

Ja, da versickert Geld, aber die Unis leiden an chronischer Unterfinanzierung, nicht an zu vielen unmotivierten Studenten. Bei der Panik, die meine Generation vor der Arbeitslosigkeit hat, kann sich das Rumgammeln eh kaum mehr einer erlauben. Ich kenne für meinen Teil ein gerüttelt Maß an Leuten, die Depressionen vom Lernstress bekommen haben, aber niemanden, der mit Lässigkeit sein Parkstudium genießen würde.

(Vielleicht für dich von Interesse, stine, ich habe neulich schon mal Günter Dueck zitiert, der recht oft etwas sinnvolles von sich gibt, er hat genau zu deinem Lieblingsthema "Soll etwa jeder studieren?" neulich was geschrieben: http://www.omnisophie.com/day_119.html Aber vielleicht sollten wir das in einen neuen Thread packen )
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Re: Selbstbestimmung

Beitragvon stine » Do 22. Jul 2010, 14:29

Nanna hat geschrieben:http://www.omnisophie.com/day_119.html

Ich hab's gelesen, nanna. Zum Teil muss ich dem Schreiber recht geben, zum Teil aber auch nicht, denn man kann alles ad absurdum führen. Denn es braucht zugegebener Maßen nicht für jeden Beruf ein Studium. Das Studium als gemeinhin üblich gewordene verlängerte Schulzeit in der Modernen zu sehen, wie der Schreiber dies am Ende seiner Ausführung tut, halte ich auch für ziemlich gewagt. Das Studium sollte jedem möglich sein, der danach strebt. Aber auch nicht mehr.

Das Thema Schulpflicht passt übrigens sehr gut in diesen Thread. :mg:

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