Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon arcalexx » Mi 6. Okt 2010, 19:59

Ein Gedankenspiel im Sinne einer "verweichlichten" Form des Solipsismus:

Angenommen ich würde Folgendes behaupten:
Es kann nicht bewiesen, sondern nur axiomatisch angenommen werden, dass ich so alt bin, wie es in meinem Pass steht. Meine Erinnerungen an frühere Tage/Monate/Jahre könnten genauso gut heute nacht in fertiger Form in mein Gehirn "eingepflanzt" worden sein, bevor ich heute morgen zum ersten Mal in meinem Leben aufgewacht bin. Die Menschen in meiner Umgebung wurden gebeten, so zu tun, als gäbe es mich schon länger. Es kann daher nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ich nur einen Tag alt bin.

Kann man so etwas stichhaltig widerlegen? Kann man sich selbst beweisen, dass man - trotz der regelmäßigen Bewusstseinsverluste im Schlaf - trotzdem ein durchgehend existentes Wesen ist?


Achtung: :kopfklatsch: und "Du spinnst, hast Du nichts anderes zu tun?" werden als mögliche Antworten vorerst ausgeklammert...
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Re: man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon stine » Do 7. Okt 2010, 07:25

Theoretisch möglich, würd ich sagen.
Aber meine Waage zeigt immer die kleinen Sünden vom Vortag an, sie müsste dann nach meiner Erinnerung manipuliert worden sein.
:mg:

LG stine
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon xander1 » Do 7. Okt 2010, 16:58

Das ist auf jeden Fall denkbar.

Das erinnert mich an den Nihilismus und an Nietzsche.

Der Film Matrix fällt mir dazu auch noch ein.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Sappy » Do 7. Okt 2010, 19:10

Also ich kenne einen, der hat eine Narbe am Kopf. Angeblich von einer OP aus Kindheitstagen... :rofl:

Aber würde es dann überhaupt Querdenker geben?
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon stefan2 » Sa 9. Okt 2010, 14:34

Hallo,

so wie Stine das auf der Waage sieht, kannst Du das in Bezug auf biologische Facts - Stoffwechsel, Zellstoffwechsel ...) beliebig sicher nachweisen - aber darauf willst Du wahrscheinlich nicht hinaus.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Arathas » So 10. Okt 2010, 02:44

arcalexx hat geschrieben:Es kann daher nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ich nur einen Tag alt bin.


Das stimmt. Aber genausowenig kann man mit letzter Sicherheit ausschließen, dass alle anderen Menschen nur in der eigenen Vorstellung existieren, weil man beständig einen Traum träumt, den man für das Leben hält.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon arcalexx » So 10. Okt 2010, 12:36

Arathas hat geschrieben:...genausowenig kann man mit letzter Sicherheit ausschließen, dass alle anderen Menschen nur in der eigenen Vorstellung existieren, weil man beständig einen Traum träumt, den man für das Leben hält.


Deshalb schrieb ich im Eingangspost auch "verweichlichte Version des Solipsismus" (http://de.wikipedia.org/wiki/Solipsismus). Meine Gedankenspielerei setzt voraus, dass es schon noch eine Welt außerhalb meiner Vorstellung gibt, zweifelt aber an der Durchgängigkeit der eigenen Existenz. Das menschliche Dasein ist halt mit der Unsicherheit behaftet, die daraus resultiert, dass man regelmäßig ausgeknockt wird und das Leben daher nur fragmentarisch erlebt.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon xander1 » So 10. Okt 2010, 18:54

Ich bin einer der Personen, der die große Unsicherheit und Ungewissheit über das was Real ist idealisiert, schön findet.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon mat-in » Di 12. Okt 2010, 12:06

Das ist doch das gleiche Dilemma wie der nachweis, das du überhaupt was "echt erlebst" und nicht realisitsch träumst, etc. hat die Philosophie da noch keine Antwrot gefunden? Ich dachte wir wären da schon weiter.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon ganimed » Mi 13. Okt 2010, 19:02

Nachweis, Beweis, Stichhaltigkeit? Ich bin kein Experte, aber ich glaube das Thema hier lebt ein wenig von der Verwirrung um diese Begriffe.

Absolut beweisen lässt sich vermutlich gar nichts (außer vielleicht in der Mathematik wenn man vorher alle nötigen Axiome und Startbedingungen wählen darf). Deshalb müssen wir nach Indizien gehen (Beweise vor Gericht sind ja im Grunde nur Hinweise). Und nach Abwägung vieler Hinweise, Indizien und Plausibilitäten wägt man dann ab, was wohl wahrscheinlicher ist. Nach meiner Abschätzung ist es 10 Trillionen mal wahrscheinlicher, dass ich nachts tatsächlich einfach nur das Bewusstsein verliere, dafür aber ungefähr so alt bin wie meine Mutter immer behauptet.

arcalexx hat geschrieben:Meine Erinnerungen an frühere Tage/Monate/Jahre könnten genauso gut heute nacht in fertiger Form in mein Gehirn "eingepflanzt" worden sein, bevor ich heute morgen zum ersten Mal in meinem Leben aufgewacht bin.

Der Satz ist ok bis auf das "genauso gut". Da müsste stattdessen "10 Trillionen mal schlechter" hin. Ansonsten kommt es ungefähr hin :)
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon spacetime » So 17. Okt 2010, 19:45

Die Welt kann in ihren kleinsten Details nur in Wahrscheinlichkeiten und Tendenzen beschrieben werden. Alles was sicher "bewiesen" ist, hat nur innerhalb unserer Vorstelung der Welt bestand. Folgen wir der Idee, dass es die Welt da draußen wirklich gibt, dann löst sich der, für uns sichere, Beweis in pure Wahrscheinlichkeit auf. Möglich ist also, dass wir mit allem falsch liegen, aber das ist zum Glück nicht sehr wahrscheinlich. :irre:
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Tobi444 » Mo 6. Dez 2010, 17:51

Zweifeln ist immer gut, sicherlich. Aber es muss schon begründetes Zweifeln seien. Es ist eine interessante Theorie aber genau wie die Gotteshypothese ist sie einfach völlig aus der Luft gegriffen - trotzdem besteht eine winzige Chance, das da etwas dran ist.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon mat-in » Mi 8. Dez 2010, 19:17

Es ist auch nicht schlecht mal unbegründet zu zweifeln, aber manche Dinge muß man als gegeben annehmen um überhaupt irgend was sein und tun zu können ;)
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Mark » Mi 29. Dez 2010, 02:18

Es gibt theoretisch unendlich viele nicht-widerlegbare Theorien, die nur deshalb nicht widerlegbar sind, weil sie keinerlei Überprüfbares ableiten lassen. Warum sollte man eine Theorie ohne Überprüfungsmöglichkeit einer anderen vorziehen ?
Und bei gleichberechtigten Theorien ..immer an Ockham halten.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon ujmp » Mi 29. Dez 2010, 10:11

mat-in hat geschrieben:Es ist auch nicht schlecht mal unbegründet zu zweifeln, aber manche Dinge muß man als gegeben annehmen um überhaupt irgend was sein und tun zu können ;)

Zustimmung. Es gibt auch "Theorien" die angebohren sind, z.B. unsere Raum und Zeitvorstellung, Ichbewusstsein u.v.m., sozusagen Theorien a priori. Es ist, wie Meister Kant feststellte, z.B. nicht möglich, sich einen Gegenstand ohne Raum vorzustellen (wahrlich, wahrlich, es wird aber jemand kommen und das Gegenteil behaupten). Die Theorie des Raumes ist demzufolge Voraussetzung für gegenständliches Denken. Oder die "Strukturerwarung": wir müssen davon ausgehen, dass die Welt kontinuierlich ist. Lernen - auch evolutionäres - wäre sonst unmöglich.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Pyrion » Di 1. Feb 2011, 10:54

DIE DA haben mir gesagt, ich soll dir sagen dass du NATÜRLICH schon lange lebst... sonst wollen sie mir was böses antun und das will ich nicht.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Grotemson » Di 1. Feb 2011, 15:33

(Bezug geht direkt auf den Anfangsbeitrag):
Wir können skeptische Möglichkeiten nicht ausschließen, wir können nur pragmatisch-rational gesund mit ihnen umgehen.
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Dissidenkt » Sa 5. Feb 2011, 13:28

ujmp hat geschrieben:Es gibt auch "Theorien" die angebohren sind, z.B. unsere Raum und Zeitvorstellung, Ichbewusstsein u.v.m., sozusagen Theorien a priori.


Raum- und Zeitvorstellung und auch das Ich sind nicht angeboren, sondern erlernt, kulturell interpretiert, individuell unterschiedlich und so plastisch, also veränderbar, wie unser Gehirn generell.

[MOD]Zitat korrigiert, 1v6,5M[/MOD]
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon mat-in » Sa 5. Feb 2011, 13:49

Das ist falsch zitiert!!!
[MOD]Ich habe es jetzt oben korrigiert, 1v6,5M[/MOD]
(Ich bin der Meinung, das es natürlich erlernt ist, wenn manche Menschen immer von nord/süd reden und andere rechts/links sagen)
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Re: Man lebt nur einen Tag lang - oder?

Beitragvon Grotemson » Sa 5. Feb 2011, 14:16

Dissidenkt hat geschrieben:Raum- und Zeitvorstellung und auch das Ich sind nicht angeboren, sondern erlernt, kulturell interpretiert, individuell unterschiedlich und so plastisch, also veränderbar, wie unser Gehirn generell.

Kant widerspricht. :2thumbs:
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