Die sieben Todsünden

Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Mo 12. Dez 2011, 18:03

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Mensch hat keine Wahl, was seinen Egoismus betrifft, aber eine, was die Kooperation betrifft.

Ist jeder Egoismus triebgesteuert? Ich denke nicht.

Mir scheint, wir sind in eine Sackgasse geraten. Wenn ich frei wählen kann, mit wem und ob ich überhaupt eine Kooperation eingehen möchte, und wenn egoistisches Verhalten nicht grundsätzlich triebgesteuert ist, dann führt der Versuch, ethisches Verhalten aus dem Naturalismus à la Hobbes abzuleiten in eben diese. Denn dann gehört zum Wesen oder zur Natur des Menschen eben nicht mehr, daß er prinzipiell nur das tun kann, was seinen Egoismus befördert. Wäre der Ausdruck für diese Sackgasse nicht schon für ein anders gelagertes logisches Problem reserviert, dann würde ich hier spontan von einem "Naturalistischen Fehlschluss" sprechen.

Ich denke, hier wird verzweifelt versucht, den eigenen Egoismus durch abstruse Rückgriffe auf die "menschliche Natur" zu einer allgemeinen Regel zu machen. Natürlich wissenschaftlich verbrämt, das erhöht die Glaubwürdigkeit. Nicht bei mir.

Nachtrag: der Hobbesche Naturalismus wäre auch dann nicht zu retten, wenn jedes egoistische Verhalten genetisch determiniert wäre. Denn mit dem Eingeständnis, daß zumindest Kooperation freiwillig erfolgen kann, müßte man auch einräumen, daß man seine Triebe unter Kontrolle haben kann. Somit würde die Willensfreiheit bis auf die Ebene der Triebe reichen.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 12. Dez 2011, 18:15

Darth Nefarius hat geschrieben:[…] sondern nur ein riesiges Bild von Genosse Megaschnautzbart gesehen und Diskussionen um das Thema Diktatur.


Das Bild hatte ich nur gepostet, weil ich die Diskussion Stalinismus als Beispiel für „bösen Atheismus“ als auch für „Religionsersatz“ ein wenig leid bin. Das Phänomen Stalin ist weitaus komplexer, als dass es einfach so mit irgendwas vergleichbar wäre. Aber das ist ein anderes Thema …

Egoismus als Grundlage von Ethik ist mir vertraut. Ich habe auch einiges von Ayn Rand gelesen, die sich mit dem Thema sehr intensiv befasst hat und finde auch vieles von dem was sie sagt plausibel. Aber es gibt da auch gewisse Grenzen. Meine Idee ist, einen Versuch zu starten, sie mit Marx zu versöhnen, weil sich da gar nicht so viel ausschließt, als man meinen könnte. Für mich bleibt nämlich vor allem das Problem der Begründung von Privateigentum, das ist eine Frage die weiterhin zu klären ist und beide Seiten argumentieren meistens nur mit den Folgen, ignorieren aber die Bedingungen. Die Bedingungen für Eigentum sind die Beziehungen, die Menschen zu den Dingen haben. Aber das schweift jetzt auch ab …

Was genau meinst Du, wenn Du „Triebe“ schreibst?
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 12. Dez 2011, 20:07

laie hat geschrieben:Mir scheint, wir sind in eine Sackgasse geraten. Wenn ich frei wählen kann, mit wem und ob ich überhaupt eine Kooperation eingehen möchte, und wenn egoistisches Verhalten nicht grundsätzlich triebgesteuert ist, dann führt der Versuch, ethisches Verhalten aus dem Naturalismus à la Hobbes abzuleiten in eben diese. Denn dann gehört zum Wesen oder zur Natur des Menschen eben nicht mehr, daß er prinzipiell nur das tun kann, was seinen Egoismus befördert. Wäre der Ausdruck für diese Sackgasse nicht schon für ein anders gelagertes logisches Problem reserviert, dann würde ich hier spontan von einem "Naturalistischen Fehlschluss" sprechen.

Ich denke, hier wird verzweifelt versucht, den eigenen Egoismus durch abstruse Rückgriffe auf die "menschliche Natur" zu einer allgemeinen Regel zu machen. Natürlich wissenschaftlich verbrämt, das erhöht die Glaubwürdigkeit. Nicht bei mir.

Nachtrag: der Hobbesche Naturalismus wäre auch dann nicht zu retten, wenn jedes egoistische Verhalten genetisch determiniert wäre. Denn mit dem Eingeständnis, daß zumindest Kooperation freiwillig erfolgen kann, müßte man auch einräumen, daß man seine Triebe unter Kontrolle haben kann. Somit würde die Willensfreiheit bis auf die Ebene der Triebe reichen.

WIR sind nicht in einer Sackgasse geraten. Die Triebe sind ein kleines bisschen kanalisierbar, aber nicht abzustellen. Wenn mich 2 sehr hübsche Frauen anmachen :anmachen: , dann denke ich darüber nach, welche ich abschleppe, nicht ob ich gerade meine Rechnungen bezahlt habe. Unser Gehirn unterscheidet sich schon ein wenig von den direkt verkabelten der Echsen, wir können Triebe untereinander abwägen, aber sie trotzdem nicht abstellen. Und Triebe selbst sind auch sehr flexibel, sie werden durch bestimmte Faktoren ausgelöst oder gebremst, beim Menschen sind die Abstufungen noch feiner, was uns dann als Willensfreiheit erscheint. Das Gesündeste ist, sie weitsichtig auszuleben. Ja, der Egoismus ist nicht kategorisch, aber er hat bis jetzt zur größten Fitness geführt, also werden die genetischen Derivate, die tatsächlichen Altruismus verursachen, wohl nicht bevorzugt weitergegeben. Der Egoismus beschreibt grundsätzlich das beobachtete Phänomen am besten, ich habe Hobbes nicht zittiert und mich von seiner Schlussfolgerung distanziert. Kannst du wissenschaftlich belegen, dass der Altruismus (die Abwesenheit von Egoismus) dem menschlichen Verhalten zugrunde liegt? Ich habe mich zwangsweise mit einigen dieser Studien in der Schule mal beschäftigen müssen, ich habe sie sehr gut auseinandernehmen können. Wie definierst du Willensfreiheit? Wieso gehst du überhaupt von Willensfreiheit aus? Denkst du, dass der Determinismus vor unserem Hirn halt macht?
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 13. Dez 2011, 07:43

Ich glaube weder, daß der Altruismus noch der Egoismus dem menschlichen Verhalten zugrunde liegt. Man kann beide Tendenzen beobachten. Wobei mir persönlich der Ausdruck "Altruismus" nicht gefällt, weil er eine zu grosse Nähe zur Evolutionsbiologie impliziert: dort wird er verwendet, um tierisches Verhalten zu beschreiben, welches nur scheinbar nicht darauf ausgelegt ist, die eigenen Gene weiterzugeben.

Ich meine, daß Freiheit verstanden als Möglichkeit, zu wählen, keine Eigenschaft ist, sondern eine Disposition. Daher gibt es auch verschiedene Grade von Freiheit, also verschiedene Grade von Wahlmöglichkeiten. Zweckmäßig ist eine Unterscheidung in das, was wir können, und in das, was wir wollen.

Fragen wir, was wir alles nicht können, bietet sich eine endlose Reihe von Dingen oder Zuständen an, die wir nicht beeinflussen können. Wir können die Drehung der Spiralnebel nicht stoppen, wir können die Naturgesetze nicht aufheben, wir können die Vergangenheit nicht ändern usw. Diese Nichtmachbarkeit, diese Ohnmacht würde für grenzenlose Unfreiheit sprechen.

Anders verhält es sich, wenn wir nicht von der Machbarkeit, sondern von der Wünschbarkeit eines Zustandes ausgehen. Ich kann mir andere Naturgesetze wünschen, ich kann mir eine andere Zukunft wünschen, auch wenn die Naturgesetze sich wegen mir nicht ändern und die Zukunft nicht nur von meinen Wünschen abhängt. Die Wahl mich für oder gegen etwas zu entscheiden, habe ich in allen Fällen. Ich kann mir immer alles wünschen, habe aber nicht die Macht, alles zu realisieren.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Di 13. Dez 2011, 11:59

laie hat geschrieben:Anders verhält es sich, wenn wir nicht von der Machbarkeit, sondern von der Wünschbarkeit eines Zustandes ausgehen. Ich kann mir andere Naturgesetze wünschen, ich kann mir eine andere Zukunft wünschen, auch wenn die Naturgesetze sich wegen mir nicht ändern und die Zukunft nicht nur von meinen Wünschen abhängt. Die Wahl mich für oder gegen etwas zu entscheiden, habe ich in allen Fällen. Ich kann mir immer alles wünschen, habe aber nicht die Macht, alles zu realisieren.

Das Können impliziert nicht die Freiheit es auch freiwillig zu tun. Deine Wünsche haben Intentionen, die auf dein Überleben hin ausgrichtet sind (ob nun direkt oder indirekt), sie hängen von dem Beobachteten ab und folglich sind auch deine Wünsche aus jeder Richtung determiniert. Was meinst du mit verschiedenen Graden von Freiheit? Meinst du die Restentropie bei 0K? :winkgrin2:
Und wieso hast du meine Fragen nicht beantwortet? Was meinst du denn beschreibt das menschliche Verhalten? Wie würdest du es beschreiben ( sag nicht "irgendwie altruistisch-egoistisch", das hat weder Hand noch Fuß)?
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 13. Dez 2011, 12:40

Fragen über Fragen. Und jede Antwort schließt andere, mögliche Antworten aus. Und wiederum bleiben Fragen. :erschreckt:
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Di 13. Dez 2011, 12:44

Soll das die Antwort gewesen sein? Man kann doch wenigstens ein bisschen argumentieren, oder sind dir alle ausgegangen?
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon ganimed » Di 13. Dez 2011, 23:07

@Vollbreit: Sorry, dass ich erst jetzt zu einer Antwort komme. Und dann habe ich auch noch versucht, daraus einen neuen Thread zu machen: hier
Die Diskussion um den Kompatibilismus, schlage ich vor, dort zu führen. Und dort versuche ich mich auch an meiner Definition von "freiem Willen".
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 14. Dez 2011, 17:11

Hmm, ich habe gerade nachgeguckt, worum es geht, da mache ich mit. Ich wollte aber nur noch mal ins hoffentlich leere Zimmer reinrufen und fragen, ob denn alles andere geklärt ist.
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