Die sieben Todsünden

Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Di 6. Dez 2011, 12:46

Meiner ist es, zumindest halte ich den Anspruch auf Tugenden für falsch, aus genannten Gründen. Was der Religionsunterricht versucht hat mich zu lehren ist, dass ich Gottvertrauen, Menschenvertrauen, Tugenden haben soll und immer selbstlos, gehorsam, moralisch und gut handeln soll. Mein Gottvertrauen können sich alle mal in die Haare schmieren, weil man sich grundsätzlich Vertrauen verdienen muss, beim Menschen siehe ich das auch so, Tugenden haben in verschiedenen Situationen verschiedene Effekte (wenn ich z. Bsp. an den Deutschen des vorigen Jahrhunderts denke), also haben sie kaum einen Wert, Selbstlosigkeit führt oft zum eigenen Tod, den ich nicht will (und der nebenbei, wie man bei einigen religiösen Fanatikern sieht sogar schädlich sein kann), Gehorsamkeit ist umreflektiert (s. wieder deutsche Geschichte) und man trägt immer noch die Verantwortung für sein Handeln, die Moral war niemals einheitlich und niemals allgemein anwendbar, oder immer angemessen, und das Gute wird ebenfalls immer anders definiert. Das ist es, was mich die Religion lehren will und das ist es, was ich ablehne (aus eben genannten Gründen). Und ich will es nochmal erwähnen: Die deutsche Geschichte des 20sten jahrhunderts ist doch ein Paradebeispiel für Ideale, doch wir sehen, wozu die geführt haben, weil sie nicht hinterfragt und rigoros befolgt wurden.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 6. Dez 2011, 14:14

stine hat geschrieben:Ja, das meine ich auch.
dass genau diese Untugenden letztlich für alles Leid auf der Welt verantwortlich sind [...] und niemand traut sich zu sagen, dass der vermeintlich Leidende für seine Situation (oft) selbst die Schuld trägt.


Das Leid der Welt (der erste Teil des Zitats) ist offensichtlich eine Folge menschlichen Handelns und damit eine Folge der 7 Untugenden. Aber freilich nicht nur dieser. Auch eine tugendhafte Handlung kann Leid hervorbringen, beispielsweise, wenn ich nicht zürne, sondern mit meiner Geduld einen Mißstand toleriere.

Die Frage nach dem persönlichen Leiden (der zweite Teil des Zitats): Leidet einer nur deshalb, weil er untugendhaft lebt? Anders gefragt: Würde er weniger leiden, wenn er tugendhaft lebte? Ich denke, die Antwort darauf kann nicht pauschal "ja" lauten. Warum jemand leidet oder nicht mehr leidet ist eine sehr persönliche Angelegenheit.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Di 6. Dez 2011, 14:18

laie hat geschrieben:Warum jemand leidet oder nicht mehr leidet ist eine sehr persönliche Angelegenheit.


Und meist viel mehr von äußeren Umständen und der Natur (=Glück oder Pech, z.B. in welche Verhältnisse man hineingeboren wird) beeinflusst als durch tugendhafte Taten oder Gedanken.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Di 6. Dez 2011, 16:30

Arathas hat geschrieben:Und meist viel mehr von äußeren Umständen und der Natur (=Glück oder Pech, z.B. in welche Verhältnisse man hineingeboren wird) beeinflusst als durch tugendhafte Taten oder Gedanken.

....oder teilweise durch gerade das tugendhafte Verhalten ausgelöst (Stichwort: deutsche geschichte). Ich sehe eben in einem unangepassten, schematischen, unreflektierten Verhalten, wie es nur durch eine tugendhafte Moral ausgelöst werden kann, die Ursache vieler Konflikte.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Di 6. Dez 2011, 16:34

Sehe ich auch so, aber "wie es nur durch eine tugendhafte Moral ausgelöst werden kann" ist zu einseitig formuliert. Es führen viele Wege in den Mist. :mg:
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Di 6. Dez 2011, 17:02

Das war eher ein rhetorisches Mittel, als meine eigentliche Haltung. Ich denke auch, dass man mit ähnlichem Verhalten auch viel Schaden anrichten kann. :up:
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 6. Dez 2011, 17:23

Wenn also das tugendhafte Leben nicht davor bewahrt unglücklich zu werden, jedenfalls nicht zwangsläufig, und wenn das tugendhafte Leben ein glückliches Leben nicht garantieren kann, dann kann man mindestens fragen, was das sein soll, ein "glückliches Leben" oder was man unter einem "unglücklichem Leben" verstehen soll.

Ist das glückliche Leben zugleich das geglückte Leben? Ich meine nicht zwangsläufig. Zunächst: Das eigene Leben kann einem unglücklich erscheinen, dennoch aber geglückt sein. Beispiel: wenn man Kinder hat, kann es einem so erscheinen, daß man sehr unglücklich ist, einfach, weil man nicht mehr die Dinge tun kann, die man frühere getan hat. Dennoch ist das Leben geglückt, weil man für seine Kinder da ist. Nur will die Freude an einem derart geglückten Leben nicht so recht aufkommen, weil man mehr damit beschäftigt ist, über das eigene Unglück zu klagen.

Also: glücklich ist der, dessen Leben geglückt ist. Geglückt ist das Leben dann, wenn es nicht nur um einen selber kreiste. Kreist es ausschließlich um einen selbst, so ist das die eigentliche Todsünde, die der Mensch begehen kann. Der Mensch soll nicht um sich kreisen, noch um Dinge, die er geschaffen hat. In diesem Zusammenhang kommt das Bilderverbot zum Tragen: "Du sollst Dir kein Bild machen von Gott" heißt, "Du sollst nicht versuchen, den Gedanken an die Ewigkeit und das Leben durch ein geschaffenes Ding zu ersetzen, das nach einer bestimmten Lebensdauer nicht mehr da ist". Bei Jeremia klingt das so (Jeremia , 10, 2-5):

Denn was bei den Völkern gilt - das ist Nichts!
Es ist Holz, das einer im Wald geschlagen hat,
das Werk der Hände eines Handwerkers,
mit dem Beil geschlagen!
4 Mit Silber und mit Gold verziert er es,
mit Nägeln und mit Hämmern befestigt man es,
es darf nicht wackeln. 5 Sie sind wie ein Pfahl im Gurkenfeld
und reden nicht;
sie müssen getragen werden,
denn sie bewegen sich nicht.
Fürchtet euch nicht vor ihnen,
denn sie tun nichts Böses;
aber auch Gutes - sie tun es nicht.
(Zürcher Bibel, 2007 [3.Aufl. 2009]: 881 f.)

Ein Pfahl im Gurkenfeld, so ist auch unser Selbstbild, auf das wir so stolz sind, es selbst gebildet zu haben (trotz Erziehung!).

Denn alle geschaffenen Dinge sind endlich und haben ihre Zeit. Und alles, was die "Zeit berührt, ist sterblich".
Zuletzt geändert von Nanna am Mi 28. Dez 2011, 15:55, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Quelle auf Wunsch des Autors eingefügt
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Di 6. Dez 2011, 17:59

laie hat geschrieben:Geglückt ist das Leben dann, wenn es nicht nur um einen selber kreiste. Kreist es ausschließlich um einen selbst, so ist das die eigentliche Todsünde, die der Mensch begehen kann.


Mh, jetzt möchtest du deine Sicht der Welt auf alle Menschen ausweiten. Das kann so aber nicht funktionieren, weil du nicht alle anderen bist und andere andere Sichtweisen haben.

Was mich an der Problematik der Todsünde vielleicht am meisten stört, ist, wie anmaßend hoch damit der Mensch gestellt wird, als gäbe es eine Instanz, die Regeln und Maßstäbe anlegt, an denen man sich messen kann.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 6. Dez 2011, 18:10

Nein, jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Ich sagte ja schon, für die Evolution :gott: ist es bedeutungslos, was einer unter einem geglückten Leben verstehen. Nur leider nimmt es uns die Evolution nicht ab, uns dieser Frage zu stellen.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Di 6. Dez 2011, 18:38

laie hat geschrieben:Wenn also das tugendhafte Leben nicht davor bewahrt unglücklich zu werden, jedenfalls nicht zwangsläufig, und wenn das tugendhafte Leben ein glückliches Leben nicht garantieren kann, dann kann man mindestens fragen, was das sein soll, ein "glückliches Leben" oder was man unter einem "unglücklichem Leben" verstehen soll.

Ist das glückliche Leben zugleich das geglückte Leben? Ich meine nicht zwangsläufig. Zunächst: Das eigene Leben kann einem unglücklich erscheinen, dennoch aber geglückt sein. Beispiel: wenn man Kinder hat, kann es einem so erscheinen, daß man sehr unglücklich ist, einfach, weil man nicht mehr die Dinge tun kann, die man frühere getan hat. Dennoch ist das Leben geglückt, weil man für seine Kinder da ist. Nur will die Freude an einem derart geglückten Leben nicht so recht aufkommen, weil man mehr damit beschäftigt ist, über das eigene Unglück zu klagen.

Also: glücklich ist der, dessen Leben geglückt ist. Geglückt ist das Leben dann, wenn es nicht nur um einen selber kreiste. Kreist es ausschließlich um einen selbst, so ist das die eigentliche Todsünde, die der Mensch begehen kann. Der Mensch soll nicht um sich kreisen, noch um Dinge, die er geschaffen hat. In diesem Zusammenhang kommt das Bilderverbot zum Tragen: "Du sollst Dir kein Bild machen von Gott" heißt, "Du sollst nicht versuchen, den Gedanken an die Ewigkeit und das Leben durch ein geschaffenes Ding zu ersetzen, das nach einer bestimmten Lebensdauer nicht mehr da ist".

Ich verstehe nicht, warum man Tugendhaftigkeit zwangsläufig mit Glück assoziieren muss und das glück davon abhaängig. Wenn du vom geglückten Leben sprichst, dann hast du nur einen anderen subjektiven, viel unvollständigeren Blickwinkel auf ein anderes Leben und keinen objektiven. Es ist also nicht angemessen, jemandes Glück zu bewerten, dass man Schlussfolgerungen zieht, da man eben nicht alle Umstände dieses Menschen erfassen kann (erst recht nicht seine Gedanken, wenn er z. Bsp. an etwas Schönes denkt). Du kannst also nicht beanspruchen, dass du Recht hast, über mein Glück zu urteilen, du wirst niemals alle Umstände kennen, also ist "glücklich ist der, dessen Leben geglückt ist" falsch. Die darauffolgende Schlussfolgerung also auch. Mein Glück ist unabhängig von der Bewertung anderer über mein Glück. Ich betrachte meine egoistische Haltung (die jeder Mensch hat, auch, wenn er es sich nicht eingestehen will) als legitim und die einzige Möglichkeit, glücklich zu werden, da ich nur mein glück spüren kann (aber auch glücklich werden kann, wenn meine Spiegelneuronen mich zur Empathie bewegen, also jemandes Glück sehe, was aber immer noch ein glück ist, das immer noch in letzter Instanz von mir abhängt). Und ich will mir von allem ein Bild machen, ich lebe mit dieser "Todsünde", wie du es nennst, so wie jeder andere. Die Frage nach der Vergänglichkeit bliebe aber auch nach deinem Konzept, denn die Menschen, von denen du deine Glücksbewertung abhängig machst, sterben auch irgendwann alle.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 6. Dez 2011, 20:07

Mit der Unterscheidung zwischen "geglückt" und "glücklich" wollte ich ausdrücken, daß unsere augenblickliche Gemütslage (glücklich, traurig, wütend usw.) etwas anderes ist als ein geglücktes Leben. Ich habe weder über das geurteilt, was Dich glücklich macht, noch habe ich gesagt, daß Du auf die Frage, was ein geglücktes Leben ausmacht, die gleiche Antwort finden sollst wie ich.

Und das mit der Todsünde: sprechen wir in Anlehnung an "Pirates of the caribbean" doch lieber von Richtlinien :mg:

Die Frage nach der Vergänglichkeit bliebe aber auch nach deinem Konzept, denn die Menschen, von denen du deine Glücksbewertung abhängig machst, sterben auch irgendwann alle.


Ja. Vergänglich sind wir als Menschen alle, "nur ein Hauch ist der Mensch".
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon ganimed » Di 6. Dez 2011, 20:28

laie hat geschrieben:Geglückt ist das Leben dann, wenn es nicht nur um einen selber kreiste.

Ich nehme mal diese "Behauptung" heraus und würde gerne fragen, ob du das begründen kannst. Ich finde deinen Gedankengut insgesamt eigentlich gut vorgetragen, wortgewaltig und mit Tempo. Es fehlt mir aber bei eigentlich jedem Schritt, bei jeder Schlußfolgerung so etwas wie eine einleuchtende Begründung. Mich würde nun interessieren, ob du wenigstens glaubst, echte Begründungen zu haben, oder ob du vielleicht gewohnt bist, auch ohne auskommen und denken zu können?
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 6. Dez 2011, 21:49

ganimed hat geschrieben:auch ohne auskommen und denken zu können?


"Geglückt ist das Leben dann, wenn es nicht nur um einen selber kreiste" sollte keine Behauptung sein, sondern eine Schlussfolgerung meiner Auseinandersetzung mit dem Begriff der Todsünde. Du kommst vielleicht zu einem anderen Schluss, lass hören!
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon ganimed » Di 6. Dez 2011, 23:13

Also mein Schluss auf die Frage "Ist das glückliche Leben zugleich das geglückte Leben?" wäre: ja. Ich sehe keinen anderen Maßstab, kein anderes Messkriterium, dessen Anwendung sich bei der Beurteilung eines Lebens aufdrängte. Das kanonische, natürliche Bewertungskriterium für eine gelebte Minute ist das eigene Empfinden der lebenden Person. Subjektiver geht es zwar nicht, aber ich sehe keine Alternative.

Wenn ich derzeit als Opa sage, dass ich ein gutes Leben hatte, genau dann hatte ich ein gutes (von möglichen Verfälschungen im Gedächtnis mal abgesehen).

Wenn ein anderer Opa bilanziert, dass sein Leben missglückt sei und so sinnlos war, dann mag seine Tochter einwenden, dass er aber doch prächtige Kinder großzog, eine wunderbare Familie hatte und ein wunderbares Haus erbaute mit Garten und fast nie krank war. Aber was, wenn dieser Opa nunmal Zeit seines Lebens davon geträumt hatte, nach San Francisco zu fahren und als Hippie und Aktionskünstler seine eigentlichen Neigungen auszuleben, und nur durch dumme Zufälle und Sachzwänge und Rücksichtnahmen auf andere nie dazu kam? Nur der Opa allein weiß, welchen Elementen seines Lebens er welche Wichtung gibt, und so darf und kann nur er allein beurteilen, wie gelungen und wie geglückt das war.

Oder?

Und deshalb erscheint mir auch der verallgemeinerte Ansatz von Tugenden und Todsünden irgendwie falsch zu sein. Was dem einen die Todsünde ist dem anderen eine Tugend. Moral ist subjektiv und immer Verhandlungssache zwischen den jeweilig zusammenlebenden Leuten. Völliger Unsinn, da für alle allgemeingültige Vorgaben machen zu wollen. Insbesondere Vorgaben aus grauer Vorzeit sollten wir nicht wirklich ernst nehmen.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon stine » Di 6. Dez 2011, 23:37

ganimed hat geschrieben:Nur der Opa allein weiß, welchen Elementen seines Lebens er welche Wichtung gibt, und so darf und kann nur er allein beurteilen, wie gelungen und wie geglückt das war.

Oder?

Nur um nochmal aufzuzeigen, worum es geht:
stine hat geschrieben:1. der Hochmut (Eitelkeit, Stolz, Übermut)
2. der Geiz (Habgier)
3. die Wollust (Ausschweifung, Genusssucht)
4. der Zorn (Rachsucht, Vergeltung, Wut)
5. die Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Selbstsucht)
6. der Neid (Eifersucht, Missgunst)
7. die Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Trägheit des Herzens)

Glaubst du der Opa wäre in San Franzisko glücklicher geworden, wenn eine der Eigenschaften die seine gewesen wäre?
Ich denke, dass keine der aufgezählten Eigenschaften irgendjemanden glücklich macht. Egal, wie er sonst lebt und wo er lebt.
Ob überhaupt ein geglücktes Leben möglich ist, wenn jemand eine oder mehrere ausgeprägte Charaktereigenschaften wie die oben aufgezählten, sein eigen nennt, ist fraglich. Vielleicht nur, wenn es sich um einen selbstzufriedenen Einzelgänger handelt.

Die Frage ist nach wie vor, kann man Charaktereigenschaften durch Erziehung überhaupt beeinflussen?

LG stine
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Mi 7. Dez 2011, 07:03

ganimed hat geschrieben:Nur der Opa allein weiß, welchen Elementen seines Lebens er welche Wichtung gibt, und so darf und kann nur er allein beurteilen, wie gelungen und wie geglückt das war.


Ohne Zweifel. Vielleicht aber ist es - für einen selbst - trotzdem möglich, das Gefühl oder Überzeugung darüber, daß das eigene Leben geglückt ist, nicht von Augenblicksempfindungen abhängig zu machen. Ich meine, wenn der Opa bilanziert, sein Leben sei verpfuscht, er wäre gern mal nach San Francisco gefahren, um dort seine eigentlichen Neigungen auszuleben, muss man das respektieren. Wollte er seine Neigungen eigentlich dort dauerhaft ausleben oder nur mal so ausprobieren, wie es sich anfühlt, Harley ohne Helm zu fahren? Und wenn er dauerhaft dort lebte, was wäre für ihn dann dort anders als hier? Ist er dort doch derselbe Mensch wie hier, sich ein Rätsel dort wie hier.

Ich meine, man sollte ab einem bestimmten Alter schon so ehrlich sein und sagen: ja, es ist nun mal so, es gelingt nicht alles. Aus den verschiedensten Gründen. Es bleibt nichts: keine Ehre, kein Leid, keine Freude, kein Erlebnis. Alles ist nur ein Hauch gewesen. Wo ist der Apfel, den ich als kleiner Junge vom Baum gepflückt habe und der scheusslich schmeckte? Jonagold im Supermarkt?

Das Kind hat diese Erfahrung nicht: es ist traurig, wenn es nicht jetzt sein Bonbon bekommt. Aber sogleich sind die Tränen weg, wenn man ihm etwas Gutes tut. Um dann gleich darauf wieder zu jammern.

Daß der Frisco-Opa am Ende seiner Tage immer noch seinem Lebenstraum und seinen nicht ausgelebten Neigungen hinterhertrauert, ist nicht tragisch, sondern zeugt davon, daß der Opa auf der Stufe eines Kindes stehen geblieben ist. Sofern es sich bei den Neigungen um kurzlebige Grillen handelt.

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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Mi 7. Dez 2011, 08:16

laie hat geschrieben:sondern zeugt davon, daß der Opa auf der Stufe eines Kindes stehen geblieben ist. Sofern es sich bei den Neigungen um kurzlebige Grillen handelt.


Dann lass den Opa schwul sein - er konnte es aber nie ausleben, sondern hat, um den Schein zu wahren, eine Frau geehelicht und Kinder bekommen. Dann ist das keine Grille mehr. Er hält sein Leben für verpfuscht, obwohl es nach biologischen Maßstäben geglückt war.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Mi 7. Dez 2011, 10:49

Arathas hat geschrieben:Dann lass den Opa schwul sein - er konnte es aber nie ausleben, sondern hat, um den Schein zu wahren, eine Frau geehelicht und Kinder bekommen. Dann ist das keine Grille mehr. Er hält sein Leben für verpfuscht, obwohl es nach biologischen Maßstäben geglückt war.


Ja, das wäre in der Tat so ein Fall. Aber mit einer Einschränkung: wer sagt denn, daß ein Leben nach biologischen Maßstäben glücken muss? Also in der Reduktion auf die bloße Fortpflanzung? Die bloße Fortpflanzung ist m.E. kein Kriterium für ein geglücktes Leben. Das kann ich auch künstlich erledigen lassen. Es müsste also heissen:

"Er hält sein Leben für verpfuscht, nicht weil er nicht schwul sein konnte, sondern weil er meinte, es reichte aus, sich fortzupflanzen."

Im übrigen: schwul zu sein bedeutet in diesem Kontext zunächst einmal gar nichts. Was wäre denn, wenn der Opa sich bekannt hätte und alles wäre gut, jeder hätte es akzeptiert und toleriert? Dann wäre er immer noch ein Mensch und für ihn würden sich die gleichen Grundfragen stellen wie für andere.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Vollbreit » Mi 7. Dez 2011, 11:56

laie hat geschrieben:Aber mit einer Einschränkung: wer sagt denn, daß ein Leben nach biologischen Maßstäben glücken muss? Also in der Reduktion auf die bloße Fortpflanzung?


Darwin.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Mi 7. Dez 2011, 12:19

Wie einfallslos :lachtot:

Ich wusste gar nicht, daß Darwin nur solche Schwule akzeptiert, die sich künstlich fortpflanzen :mg:
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