Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » So 13. Nov 2011, 12:19

mat-in hat geschrieben:... und nicht anerzogen sein kann (und schwer weg zu erziehen ist)?
Naturalistisch gesehen würde die Erziehung automatisch richtig verlaufen, wenn man sämtliche Einflüsse der Gesellschaft missachten könnte.
Eine Mutter wäre eine Mutter und ein Vater ein Vater, egal, wie das im Einzelnen dann aussehen würde.

Ich empfehle Bücher zum Schmunzeln von Eva Heller. Sie hat wie keine andere erkannt, dass es IMMER um das gleiche Prinzip geht, egal, wie es akademisch, soziologisch und gesellschaftskonform verpackt wird.

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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » So 13. Nov 2011, 13:50

stine hat geschrieben:Naturalistisch gesehen würde die Erziehung automatisch richtig verlaufen, wenn man sämtliche Einflüsse der Gesellschaft missachten könnte.

Klarer Widerspruch meinerseits, denn solche Konjunktive sind völlig unwissenschaftlich. Der Naturalist muss die Dinge so untersuchen, wie sie sind mit allen real vorhandenen Faktoren.
Aus naturalistischer Sicht stelle ich Erziehung generell in Frage, da ich zu dem Schluss gekommen bin, dass Erziehung ein Verstoß gegen die Menschenrechte ist. Zu Erziehung zähle ich auch die antiautoritäre Erziehung bzw. laissez-faire. Aber das ist wieder ein völlig anderes Thema, was ich dann in einem Extrathread besprechen würde.



mat-in hat geschrieben:Gut, weniger offensichtlich aber genauso da wie der Elefant: pränatale Hormoneinwirkung und direkte genetische Faktoren (die nun mal bis auf seltene Ausnahmefälle die irgend wo dazwischen liegen) bei beiden Geschlechtern unterschiedlich sind bewirken meßbare Entwicklungsunterschiede im cortex (das männliche Gehirn hat mehr neurone (graue masse) im kortex (aber nicht im cerebellum), obwohl weibliche gehirne ein größeres verhältniss von grauer zu weißer masse haben, Körpergrößenunabhängig. Frauen haben ein komplexeres Faltungsmuster im superiofrontalen und parietalen Kortex, ...). Diese Unterschiede führen zu meßbaren, funktionellen und anatomischen Unterschieden. Zum Beispiel im planum termporale das bei Frauen weniger asymmetrisch ausgeprägt und dichter mit Zellen gepackt ist und mit der Sprachverarbeitung zu tun hat. Wobei zugegebener Maßen nicht alle diese Unterschiede unstrittig sind (größe des Corpus Callosum beispielsweise).

Klar, aber kein Unterschied, der irgendeine allgemeine Rolleneinteilung auch nur annähernd rechtfertigen würde.
Ich sehe zum Beispiel nicht, dass Frauen empathischer wären, was so oft behauptet wird. Das Gegenteil stelle ich oft fest, wobei es auch hier wieder auf den Einzelfall ankommt, klar (war jetzt nur ein Beispiel und das mit der Empathie hast Du natürlich nicht behauptet, das ist mir klar).

mat-in hat geschrieben:Aber es gibt unterschiede, die über Spezies hinweg konserviert sind und sich direkt im Verhalten wiederspiegeln (auswahl von jungen/mädchen Spielzeug bei Meerkatzen!).


Diese Spielzeugexperimente betrachte ich auch mit einer sehr großen Vorsicht. Man muss aufpassen, welche symbolischen Aussagen man dem Spielzeug gibt. Natürlich hat der Forscher bei Spielzeugautos und Puppen (nur als Beispiel) ganz bestimmte Assoziationen und schließt zum Beispiel beim Auto auf Technikbegeisterung und bei Puppen auf irgendwas zwischenmenschliches (oder kommt auf solch einen Schwachsinn wie Erich Fromm mit seine Biophilie und Nekrophilie), aber ich bezweifle doch sehr stark, dass Meerkatzen diese Symbolik auch nur unbewusst so wahrnehmen. Das ist ziemlich eindeutig ein gesellschaftliches Konstrukt. Wer weiß, vielleicht ist es auch wirklich eine Kleinigkeit, eine Nebensächlichkeit, worauf reagiert wird, die ein sozialisierter erwachsener Mensch in der Regel schon gar nicht mehr wahrnimmt?

mat-in hat geschrieben:Feinheiten mögen da unklar sein oder noch diskutiert werden und mit jedem neuen Bildgebenden Verfahren findet man neue Feinheiten, aber diese Unterschiede sind da!

Das könnte man mißbrauchen um unterschiedliche Rechte oder unterschiedliche Pflichten abzuleiten, aber das ist eine Frage für Ethik und Gesellschaftlichen Konsens. Was sich aber sagen läßt: die Geschlechte sind unterschiedlich und haben unterschiedliche Bedürftnisse. Auch wenn das im Einzelfall sehr unterschiedlich ausfällt, muß man doch, wenn man eine Gesellschaft betrachtet oder eine Spezies, versuchen da Unterschiede zu machen, wo sie wirklich etwas ausmachen, daß auch meßbar da ist und nicht anerzogen sein kann (und schwer weg zu erziehen ist)?


Natürlich wird das jetzt zu einer generellen gesellschaftlichen Frage, die nicht nur auf die Geschlechter bezogen ist, nämlich in wie weit man da verallgemeinern kann. Ich meine gar nicht! Und das ist das Problem bei allen Herrschaftssystemen (wobei die Alternative zu Herrschaft für mich nicht „Anarchie“ ist, sondern die Überwindung der Herrschaft eine sehr unglaublich hohe Zahl anderer denkbarer Gesellschaftsformen ermöglichen würde, aber dazu woanders zu einem anderen Zeitpunkt mehr, denn das würde ich auch sehr gerne hier diskutieren).

Worauf ich lediglich hinaus will ist, dass keines der biologischen Unterschiede eine Identität „Frau“ oder Identität „Mann“ rechtfertigt, anhand dessen man verbindlich irgendwelche Verhaltensweisen oder Vorlieben einer Person ableiten kann. Natürlich wird eine Frau irgendwann anfangen monatlich zu bluten, was ein Mann nicht tun wird (ansonsten sollte er schleunigst einen Arzt konsultieren) und natürlich führt das alles auch zu Tendenzen, aber über die individuelle Entwicklung sagt es nichts aus und auch nicht darüber, wie man einen Menschen behandeln sollte.
Das meint im Prinzip auch Judith Butler, wenn sie sagt, dass das biologische Geschlecht ein Diskurs sei (womit sie auch vielen anderen Feministinnen widerspricht, die davon ausgehen, es gäbe gemeinsame Merkmale und Interessen von Frauen allgemein). Siehe auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Judith_But ... he_Theorie

mat-in hat geschrieben:P.S.: Tut mir leid mit dem Beispiel (und den Vergleichen in anderen Themen), ich bin im Moment wohl etwas gereizt und noch überarbeiteter als sonst...


Kein Problem.
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon mat-in » So 13. Nov 2011, 15:27

Eine generelle Rollenaufteilung möchte ich auch daraus gar nicht ableiten. Ich möchte nur drauf hinweisen, daß es da Unterschiede gibt, bis auf Zelluläres Level hinunter und das wir die nie mit Erziehung vollständig beseitigen werden können (falls wir das wollen).

Dazu kommt bei mir noch eine ziemliche Ablehnung von Quoten. 50% ManagerInnen Quote ist voll o.k. aber wenn man 50% Kindergärtner fordert wird man angesehen als wäre man pervers oder dumm. Eine Frauenbibilothek an der Uni, damit die Damen ohne beläßtigt zu werden lernen und was über Frauenthemen lesen können? Sicher! Und wenn ich dann eine Männerbibliothek fordere um im Sommer ohne von kurzen Röcken abgelenkt zu werden lernen zu können bekomm ich an den Kopf geworfen, daß es unsinn wäre und was ich denn da hinstellen wolle an Literatur, vielleicht eine Gesamtausgabe Playboy? toll oder? Nein nein nein. Ich finde das sollte alles schön seinen Lauf nehmen ohne künstlich reguliert zu werden. Und wenn doch jemand benachteiligt wird wegen seines Geschlechtes, dann muß man eben öfter mal anonym Stellen ausschreiben und nur auf die Qualifikation schauen und nicht auf Geschlecht, Migrationshintergrund oder sonstwas weswegen man diskriminiert wird.

Von daher wäre naturalistisch: JedeR nach seineR Begabung/innen, unabhängig von Geschlecht und so.
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » So 13. Nov 2011, 16:11

mat-in hat geschrieben:Eine generelle Rollenaufteilung möchte ich auch daraus gar nicht ableiten. Ich möchte nur drauf hinweisen, daß es da Unterschiede gibt, bis auf Zelluläres Level hinunter und das wir die nie mit Erziehung vollständig beseitigen werden können (falls wir das wollen).

Dazu kommt bei mir noch eine ziemliche Ablehnung von Quoten. 50% ManagerInnen Quote ist voll o.k. aber wenn man 50% Kindergärtner fordert wird man angesehen als wäre man pervers oder dumm. Eine Frauenbibilothek an der Uni, damit die Damen ohne beläßtigt zu werden lernen und was über Frauenthemen lesen können? Sicher! Und wenn ich dann eine Männerbibliothek fordere um im Sommer ohne von kurzen Röcken abgelenkt zu werden lernen zu können bekomm ich an den Kopf geworfen, daß es unsinn wäre und was ich denn da hinstellen wolle an Literatur, vielleicht eine Gesamtausgabe Playboy? toll oder? Nein nein nein. Ich finde das sollte alles schön seinen Lauf nehmen ohne künstlich reguliert zu werden. Und wenn doch jemand benachteiligt wird wegen seines Geschlechtes, dann muß man eben öfter mal anonym Stellen ausschreiben und nur auf die Qualifikation schauen und nicht auf Geschlecht, Migrationshintergrund oder sonstwas weswegen man diskriminiert wird.

Von daher wäre naturalistisch: JedeR nach seineR Begabung/innen, unabhängig von Geschlecht und so.


Grundsätzlich sehe ich das auch so, was aber die Quote in den „besseren“ Berufen angeht, habe ich ja in meinem ersten Post zu diesem Thema etwas geschrieben. Da eine gesellschaftliche Politik lange Zeit lang die Frauen daran gehindert hat, bestimmte Positionen zu bekleiden, ist es durchaus Legitim, dem erstmal mit extremen Maßnahmen in die andere Richtung anzugehen.
Aber grundsätzlich sehe ich auch die Diskriminierung auf beiden Seiten bzw. ist grundsätzlich jeder diskriminiert, der nicht in seine vorgedachte gesellschaftliche Rolle passen mag (aus welchen Gründen auch immer).
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » So 13. Nov 2011, 16:13

Teh Asphyx hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Naturalistisch gesehen würde die Erziehung automatisch richtig verlaufen, wenn man sämtliche Einflüsse der Gesellschaft missachten könnte.

Klarer Widerspruch meinerseits, denn solche Konjunktive sind völlig unwissenschaftlich. Der Naturalist muss die Dinge so untersuchen, wie sie sind mit allen real vorhandenen Faktoren. (...) Aus naturalistischer Sicht stelle ich Erziehung generell in Frage, da ich zu dem Schluss gekommen bin, dass Erziehung ein Verstoß gegen die Menschenrechte ist.

Dann untersuch mal, wie die Dinge heute so sind.
Wissenschaftlich gesehen ist der Mensch nichts anderes, als ein soziologisierendes Lebewesen, das sich permanent versucht anzupassen. Sozusagen ein unverbesserlicher Zweckoptimist.
Da jede Kultur sich ihre Menschen selber ausformt, bzw die Menschen sich ihre Kultur selber schaffen, scheint es auch der natürlich vorgesehene Vorgang zu sein, sich ständig anpassen zu müssen. Das einzige, was in jeder Kultur identisch ist, ist die Art und Weise der Fortpflanzung: Der Mensch wird praktisch hilflos geboren und braucht jemanden, der ihn am Leben erhält und ihn auf das Leben in seiner jeweiligen Kultur vorbereitet.
Übrigens erziehen auch andere Tiere ihren Nachwuchs. Erklär doch mal, wie du ohne Erziehung auskommen möchtest.

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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » So 13. Nov 2011, 17:29

stine hat geschrieben:Dann untersuch mal, wie die Dinge heute so sind.
Wissenschaftlich gesehen ist der Mensch nichts anderes, als ein soziologisierendes Lebewesen, das sich permanent versucht anzupassen.


Nein, der Mensch ist ein soziologisiertes Lebewesen, dass permanent angepasst wird. ;-)

stine hat geschrieben:Sozusagen ein unverbesserlicher Zweckoptimist.
Da jede Kultur sich ihre Menschen selber ausformt, bzw die Menschen sich ihre Kultur selber schaffen,


Was denn nun von beiden?

stine hat geschrieben:scheint es auch der natürlich vorgesehene Vorgang zu sein, sich ständig anpassen zu müssen.


Und wieder mal der Fehler, anzunehmen, dass die Natur irgendwas vorsieht. Eben gerade das tut sie nicht.

stine hat geschrieben:Das einzige, was in jeder Kultur identisch ist, ist die Art und Weise der Fortpflanzung: Der Mensch wird praktisch hilflos geboren und braucht jemanden, der ihn am Leben erhält und ihn auf das Leben in seiner jeweiligen Kultur vorbereitet.


Und genau da liegt der Knackpunkt. Da ein Mensch ohnehin in einer bestimmten Kultur aufwächst, wird er auch ohnehin damit konfrontiert und wird auch die Erwartungen der Gesellschaft kennenlernen. Dazu braucht es keine Erziehung, denn das passiert einfach, es ließe sich ja nur vermeiden, indem man jeglichen Kontakt zu anderen Menschen verhindert. Vorbereiten muss man auf nichts, es ist viel wichtiger, dass man die Möglichkeit zur Reflexion bietet und Angebote zur Artikulation macht, anstatt den Mangel an Artikulationsmöglichkeiten eines Kindes auszunutzen, um Macht auszuüben, denn genau das macht Erziehung. Ergänzend empfehle ich wärmstens folgenden Artikel (sowie auch alle anderen auf der Seite): http://www.unerzogen.de/zweifel-kritik/ ... et-werden/

stine hat geschrieben:Übrigens erziehen auch andere Tiere ihren Nachwuchs. Erklär doch mal, wie du ohne Erziehung auskommen möchtest.


Man kann auch Kinder begleiten, ohne zu erziehen. Erziehung ist immer schon per Definition Manipulation und wenn man es genau nimmt Gewalt und damit nicht Menschenrechtskonform, es sei denn man schließt Kinder vom Menschsein aus (was das Gesetz aktuell tut und auch mal mit ähnlicher Argumentation mit Frauen getan hat).
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Mo 14. Nov 2011, 07:21

Teh Asphyx hat geschrieben:Man kann auch Kinder begleiten, ohne zu erziehen.
Aber genau DAS ist Erziehung: Mit gutem Beispiel voraus! Wusstest du das nicht?

Teh Asphyx hat geschrieben:Erziehung ist immer schon per Definition Manipulation und wenn man es genau nimmt Gewalt und damit nicht Menschenrechtskonform, es sei denn man schließt Kinder vom Menschsein aus (was das Gesetz aktuell tut und auch mal mit ähnlicher Argumentation mit Frauen getan hat).
Wenn du meinst, dass aktive Machtausübung Erziehung ist, dann irrst du. Ich nenne das Gehorsam erzwingen.

Übrigens manipulativ ist auch "Begleitung" und "Beispiel geben", nur so am Rande.

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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 14. Nov 2011, 07:59

stine hat geschrieben:Aber genau DAS ist Erziehung: Mit gutem Beispiel voraus! Wusstest du das nicht?


Nein, Erziehung ist (das steckt schon im Wort selbst drin) ein gezieltes lenkendes Eingreifen (das fast immer seine Wirkung verfehlt).

stine hat geschrieben:Wenn du meinst, dass aktive Machtausübung Erziehung ist, dann irrst du. Ich nenne das Gehorsam erzwingen.

Übrigens manipulativ ist auch "Begleitung" und "Beispiel geben", nur so am Rande.


Jein, natürlich beeinflusst man immer anderen Menschen, mit denen man zu tun hat (ob Kind oder nicht, ist da auch herzlich egal), aber ich nehme an, dass Du schon den Unterschied zwischen einer gezielten Manipulation, die darauf hinauslaufen soll, dass jemand etwas ganz bestimmtes zu machen oder zu denken hat und dies auch nicht hinterfragen soll und einer nicht gezielten Beeinflussung, die einfach dadurch stattfindet, dass man selbst auch ein Mensch ist, der bestimmte Dinge bevorzugt tut und lässt usw.?
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Mo 14. Nov 2011, 09:35

Ein Leitbild, eine Bezugsperson ist Erzieher/in in den ersten Lebensjahren. Und das ist meist die Mutter oder manchmal der Vater. Wo die Bezugsperson in den ersten Lebensjahren ständig wechselt, gibt es Probleme, weil sich das Kind nicht binden kann und unsicher wird. Eine unsichere Bindung im Kindesalter ist die Ursache für viele Probleme, die der Mensch auch später noch mit sich herumschleppt ohne sich dessen bewusst zu sein.
Erziehung ist abschauen, nachmachen, sich geborgen fühlen können und die Sicherheit zu haben, dass das abgeschaute, erlernte Verhalten immer gleich gut ankommt.
Eine Clique außerhalb der Familie erfüllt den selben Zweck, aber leider nicht immer in der für eine größere Gemeinschaft erwünschten Form. Und staatliche Erziehung vom Babyalter an? Das gewünschte Modell der Zukunft, schafft die perfekten Bundesbürger! (sind dimmer ein wenig verunsichert und möchten durch Fleiß gefallen :mg: )

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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 14. Nov 2011, 15:11

stine hat geschrieben:Ein Leitbild, eine Bezugsperson ist Erzieher/in in den ersten Lebensjahren. Und das ist meist die Mutter oder manchmal der Vater. Wo die Bezugsperson in den ersten Lebensjahren ständig wechselt, gibt es Probleme, weil sich das Kind nicht binden kann und unsicher wird. Eine unsichere Bindung im Kindesalter ist die Ursache für viele Probleme, die der Mensch auch später noch mit sich herumschleppt ohne sich dessen bewusst zu sein.
Erziehung ist abschauen, nachmachen, sich geborgen fühlen können und die Sicherheit zu haben, dass das abgeschaute, erlernte Verhalten immer gleich gut ankommt.
Eine Clique außerhalb der Familie erfüllt den selben Zweck, aber leider nicht immer in der für eine größere Gemeinschaft erwünschten Form. Und staatliche Erziehung vom Babyalter an? Das gewünschte Modell der Zukunft, schafft die perfekten Bundesbürger! (sind dimmer ein wenig verunsichert und möchten durch Fleiß gefallen :mg: )

Also von Erziehung durch den Staat halte ich nichts, das schon mal gleich vorab. Allerdings bin ich schon der Ansicht, dass ein Kind mehr regelmäßige Bezugspersonen braucht, als nur Mutter und Vater + eventuelle Geschwister. Natürlich sollte sich das idealerweise einfach natürlich im sozialen Umfeld ergeben. Wenn die Bezugsperson ständig wechselt, ist es natürlich schwierig und es erfordert sehr viel Empathie der jeweiligen Bezugsperson, das aufzufangen. Trotzdem ist Erziehung trotzdem nicht einfach Begleiten, sondern ein gezieltes Eingreifen in der Entwicklung (soziale Kontakte an sich, worunter natürlich auch eine Eltern-Kind-Beziehung fällt ist allein noch kein gezieltes Eingreifen, sondern eine natürliche Beeinflussung, die einfach ohne Absicht stattfindet – das ist der Unterschied).
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Mo 14. Nov 2011, 18:37

Erzähl doch mal, Teh Asphyx, wie du dir ein Aufwachsen der Kinder ohne Erziehung vorstellst. Das würde mich jetzt wirklich interessieren.

:look: stine
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 14. Nov 2011, 19:40

stine hat geschrieben:Erzähl doch mal, Teh Asphyx, wie du dir ein Aufwachsen der Kinder ohne Erziehung vorstellst. Das würde mich jetzt wirklich interessieren.


Ich kann Dir Erfahrungsberichte empfehlen, wenn Du sehen möchtest, wie so was zum Beispiel aussehen kann: http://www.heulers.de/category/paedagogik/ (von einem Vater, der seinen Sohn nicht erzieht) und natürlich http://www.unerzogen.de/artikel/
Außerdem kann ich das Buch „Am Anfang war Erziehung“ von Alice Miller sehr empfehlen (ihre anderen Bücher aber genauso).
Das gibt wahrscheinlich einen besseren Einblick, als wenn ich versuche, das theoretisch zu erklären. Ich kann ansonsten aus meinem Leben berichten, wo mir persönlich Erziehung geschadet hat, allerdings möchte ich das nicht unbedingt öffentlich in einem Forum (und ich hab es sicherlich verhältnismäßig in der Hinsicht gut gehabt, das macht das, was falsch gelaufen ist aber trotzdem nicht richtiger).
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Mo 14. Nov 2011, 19:52

Teh Asphyx hat geschrieben:... wo mir persönlich Erziehung geschadet hat...
...wärst du denn sonst heute anders?

Teh Asphyx hat geschrieben: http://www.unerzogen.de/artikel/

Zitat:
unerzogen Konferenz

Die unerzogen Konferenz wird Treffen und Arbeitswochenende zugleich. Vorbereitet, dennoch im “Open-Schedule” Format, wird es Programmpunkte geben, zu dem die Teilnehmer und Teilnehmerinnen selbst beitragen können (siehe Call for Papers).
Termin:

Freitag, 16. – Montag, 19. März 2012
Kosten Konferenz inkl Übernachtung

12,- €/Nacht für Erwachsene
5,- €/Nacht für Kinder
0,- €/für Babys
Limit pro Familie: 100 €
als “Babys” gelten Menschen, die keinerlei Nebenkosten verursachen, außer Windelmüll

inkl Kinderbetreuung, Heizung, Bettwäsche, Grundreinigung etc.
exkl. Aufräumen – Vor Abfahrt und ggf. zwischendurch gibt es eine große Aufräumaktion für alle.


Ah, ich verstehe! Die Eltern müssen in Seminaren lernen, wie man mit Unerzogenen besser zurecht kommt. Das ist sicherlich mehr Geschäft, als die Kinder gleich zu erziehen.

:lachtot: stine
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 14. Nov 2011, 20:01

stine hat geschrieben:...wärst du denn sonst heute anders?


Darum geht es nicht, es geht darum, dass es mir geschadet hat.
Aber ja, ich hätte einige Probleme weniger und Panikattacken hätte ich wohl auch nicht gehabt, wenn einiges anders gelaufen wäre …


stine hat geschrieben:Zitat:
unerzogen Konferenz

Die unerzogen Konferenz wird Treffen und Arbeitswochenende zugleich. Vorbereitet, dennoch im “Open-Schedule” Format, wird es Programmpunkte geben, zu dem die Teilnehmer und Teilnehmerinnen selbst beitragen können (siehe Call for Papers).
Termin:

Freitag, 16. – Montag, 19. März 2012
Kosten Konferenz inkl Übernachtung

12,- €/Nacht für Erwachsene
5,- €/Nacht für Kinder
0,- €/für Babys
Limit pro Familie: 100 €
als “Babys” gelten Menschen, die keinerlei Nebenkosten verursachen, außer Windelmüll

inkl Kinderbetreuung, Heizung, Bettwäsche, Grundreinigung etc.
exkl. Aufräumen – Vor Abfahrt und ggf. zwischendurch gibt es eine große Aufräumaktion für alle.


Ah, ich verstehe! Die Eltern müssen in Seminaren lernen, wie man mit Unerzogenen besser zurecht kommt. Das ist sicherlich mehr Geschäft, als die Kinder gleich zu erziehen.


Ich nehme zwar mal an, dass das jetzt nicht ernst gemeint war, aber zur Sicherheit weise ich mal darauf hin, dass es für Eltern, die sich dazu entscheiden, ihre Kinder nicht zu erziehen, in Deutschland nicht gerade leicht ist (in den USA z.B. ist wenigstens Homeschooling erlaubt und nicht wie hier ein Fall für die Staatsgewalt wegen irgendwelcher Gesetze, die Hitler 1938 unterschrieben hat und die man nicht mehr abschaffen wollte …) und deswegen solche Seminare natürlich wichtig sind, damit man sich austauschen und organisieren kann.
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Mo 14. Nov 2011, 20:31

Teh Asphyx hat geschrieben:Aber ja, ich hätte einige Probleme weniger und Panikattacken hätte ich wohl auch nicht gehabt
Du verwechselst (schon wieder einmal) Gewalt mit Erziehung. Und natürlich kann man Erziehungsfehler machen. Das ist menschlich. Es gibt ja auch Erzieher, die es selber nötig gehabt hätten...

Teh Asphyx hat geschrieben:dass es für Eltern, die sich dazu entscheiden, ihre Kinder nicht zu erziehen, in Deutschland nicht gerade leicht ist
Davon gehe ich aus. Und für die Kinder ist es hinterher auch schwer nicht überall anzuecken. Und für die Menschen, die mit Unerzogenen zu tun haben ist das Leben doppelt schwer.
Manche Kinder erziehen sich dann selber. wenn sie fühlen, dass sie auf ihre Eltern nicht zählen können.

Auf eine Beschreibung von Nichterziehen und den Folgen im Alltag, warte ich noch.
Wobei "Nichterziehen" auch schon wieder eine Art der Erziehung ist. Es wird halt immer auf Kosten der Kinder herumexperimentiert. Am schlimmsten sind hier wohl die akademischen Eltern, sie erziehen auch akademisch. Und das nennen sie dann die neuentdeckte Autorität oder Antiautorität oder Unerzogen.de.

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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » Mo 14. Nov 2011, 22:48

stine hat geschrieben:Du verwechselst (schon wieder einmal) Gewalt mit Erziehung. Und natürlich kann man Erziehungsfehler machen. Das ist menschlich. Es gibt ja auch Erzieher, die es selber nötig gehabt hätten...


Nein, es ging bei mir definitiv nicht um Erziehungsfehler, denn solche wären nicht beabsichtigt, es ging aber um beabsichtigtes Verhalten (auch wenn dieses natürlich wider besseren Wissens geschah) und Erziehung beinhaltet per Definition Gewalt und ist für mich allein deshalb schon abzulehnen.

stine hat geschrieben:Davon gehe ich aus. Und für die Kinder ist es hinterher auch schwer nicht überall anzuecken. Und für die Menschen, die mit Unerzogenen zu tun haben ist das Leben doppelt schwer.


Das Gegenteil ist der Fall, da diese Kinder eben merken durften, worauf diese „gesellschaftlich erwünschten“ (es ist ja nicht so, als würde sie jeder wünschen) Verhaltensweisen wirklich basieren und haben in der Regel viel weniger Problem, sich da anzupassen.

stine hat geschrieben:Manche Kinder erziehen sich dann selber. wenn sie fühlen, dass sie auf ihre Eltern nicht zählen können.


Das ist völliger Unsinn, weil ich nicht von Vernachlässigung spreche, im Gegenteil. Ich spreche auch nicht von Laissez-Faire oder antiautoritärer Erziehung, das habe ich schon auch bereits angemerkt.

stine hat geschrieben:Auf eine Beschreibung von Nichterziehen und den Folgen im Alltag, warte ich noch.


Vielleicht hilft dieser Text: http://kraetzae.de/erziehung/erziehen_ist_gemein/
Ich kann das nicht mal eben in zwei Sätzen beschreiben und ich habe gerade keine Lust, mir die Finger wund zu tippen, wenn andere das schon gemacht haben.

stine hat geschrieben:Wobei "Nichterziehen" auch schon wieder eine Art der Erziehung ist.


Klar, und Atheismus eine Form des Theismus, genau …

stine hat geschrieben:Es wird halt immer auf Kosten der Kinder herumexperimentiert.


In der Pädagogik ja, aber sicher nicht in der Anti-Pädagogik.

stine hat geschrieben:Am schlimmsten sind hier wohl die akademischen Eltern, sie erziehen auch akademisch. Und das nennen sie dann die neuentdeckte Autorität oder Antiautorität oder Unerzogen.de.


Unerzogen.de hat nichts mit Antiautorität zu tun und auch nichts mit akademischen Eltern. Wobei es schon unter Akademikern häufiger vorkommt, dass Erziehung an sich hinterfragt wird, warum das in bildungsferneren Schichten weniger der Fall ist, muss ich wohl kaum erläutern.
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Nanna » Di 15. Nov 2011, 00:43

Ich finde, dass du ein bisschen viel semantische Wortspielerei betreibst, Teh Asphyx, und mir werden logische Zusammenhänge im Großen und Ganzen nicht so recht klar in deinen Postulaten (ich merke etwas unbescheiden an, dass das höchstwahrscheinlich nicht an meiner Lesekompetenz liegt). Im Grunde geht es mir hier wie im Occupy-Thread auch, nur dass ich zu der vorgerückten Stunde keinen Fragenkatalog der Unklarheiten mehr aufstellen möchte.

Was mir auffällt, sind so Sachen wie die Gleichsetzung von Erziehung mit Gewalt und die dann hinterhergeschobene Ablehnung selbiger mit Begründung durch die Menschenrechte. Autsch. Das ist nicht mal annähernd eine konsistente Begründungskette. Du gibst mir als advocatus diaboli dutzende Angriffspunkte, allein mit der Kritik an den Menschenrechten oder der Unzulässigkeit deren beliebiger begrifflicher Ausweitung ließen sich Seiten füllen. Ein anderes Thema ist die Frage nach der Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft ohne gemeinschaftliche Regeln und Orientierungspunkte (ich muss und WILL als Kind lernen, was von mir erwartet wird und ich habe als Elternteil Erwartungen an mein Kind, mit irgendeiner No-Education-Romantisierung kann ich das höchstens maskieren und mich hinterher so wunderbar gut und human fühlen - Scheinheiligkeit par excellance!).

Es ist eine beliebte und recht langweilige Mode in manchen postmodernen Diskurssträngen, Gewalt, Macht, Herrschaft, Disziplin etc. als solche zu verteufeln und funktionalistische Argumente (z.B. "Erziehung ist nicht perfekt, sorgt aber für gesellschaftliche Stabilität") in den Wind zu schießen, ich würde sagen, eher aus einem emotionalen Impuls heraus denn aus der Erkenntnis zwingender logischer Konsequenz (nichtsdestotrotz mit wortreicher Begründung). Ich halte dieses Vorgehen für einen massiven Vorschub für Lüge und (unbewusste?) Manipulation. Indem ich behaupte, gesellschaftliche Erwartungen zu demaskieren, verschleiere ich, dass ich sehr wohl Erwartungen an andere Menschen habe und dass ich ganz und gar nicht einverstanden damit bin, wenn mein Kind dieses oder jenes tut. Konflikte müssen offen ausgefochten werden können und wenn das Kind mangels prägender Erfahrungen gewisse Dinge einsehen kann/will, dann ist offener Zwang eine ehrlichere Umgangsweise als die freundlich lächelnde Manipulation. Ich wittere hinter diesem ganzen Konzept eine ziemliche Scheu vor Konflikten und eine egalitäre Utopie, die scheitern muss, weil wir schon rein genetisch nicht besonders gut zum rein friedlichen Dasein geeignet sind.

Du schreibst viel von "denkbaren Gesellschaftsformen" und verwechselst das meiner Meinung nach mit "realisierbaren Gesellschaftsformen", deren Zahl äußerst begrenzt ist. Du schwärmst für meine recht analytisch-unterkühlte Weltsicht ein bisschen viel herum, ohne so recht zum Punkt zu kommen. Kann es daran liegen, dass du dir gerne das Bild erhalten möchtest, dass deine Kindheit anders hätte laufen können (klingt mal kurz etwas durch)? Oder warum schreibst du deutlich mehr über deine ausgeprägte Allergie gegenüber Herrschaft als dass du substantielle Aussagen über Alternativen machst? Ich meine, du hast bisher nicht klar offenbart, warum dein Modell (besser) funktioniert, nur, dass es in einer auf potentiell arbiträren Axiomen basierenden Theorie moralisch irgendwie reiner ist als die herkömmliche Erziehung (was auch immer diese genau sei). Wenn du ein Alternativmodell anzubieten hast, dann stell es doch mal stringent dar. Wenn du das nicht in zwei Sätzen oder wenigstens zwei Absätzen kannst, ist das schonmal schlecht, dann hast du es für dich selber nämlich offenbar auch noch nicht auf den Punkt gebracht! Erklär das Modell und die zugehörigen Grundannahmen und dann schauen wir, ob es den argumentativen Beschuss hier aushält. Bis dahin bleibe ich auf meiner Position, dass dieses (Nicht-)Erziehungsmodell auf harmonieorientiertem Wunschdenken beruht und im Härtetest durch die zu intellektuellen Wunschkonstrukten wenig kooperationsfreudige Realität gnadenlos geschliffen würde.
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon stine » Di 15. Nov 2011, 09:51

Teh Asphyx hat geschrieben:Erziehung beinhaltet per Definition Gewalt und ist für mich allein deshalb schon abzulehnen.

stine hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:Man kann auch Kinder begleiten, ohne zu erziehen.
Aber genau DAS ist Erziehung: Mit gutem Beispiel voraus! Wusstest du das nicht?

Ich weiß immer noch nicht, wie man Kinder gar nicht erziehen kann.
Du schreibst, um das zu erklären müsstest du dir die Finger wund hacken. Ich denke das ist nicht der Grund für die fehlende Erklärung. Ich denke eher, du weißt es gar nicht. An anderer Stelle scheinen die Finger ja auch nur so über die Tastatur zu rauschen.

:wink: stine
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Teh Asphyx » Di 15. Nov 2011, 11:48

stine hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:Erziehung beinhaltet per Definition Gewalt und ist für mich allein deshalb schon abzulehnen.

stine hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:Man kann auch Kinder begleiten, ohne zu erziehen.
Aber genau DAS ist Erziehung: Mit gutem Beispiel voraus! Wusstest du das nicht?

Ich weiß immer noch nicht, wie man Kinder gar nicht erziehen kann.
Du schreibst, um das zu erklären müsstest du dir die Finger wund hacken. Ich denke das ist nicht der Grund für die fehlende Erklärung. Ich denke eher, du weißt es gar nicht. An anderer Stelle scheinen die Finger ja auch nur so über die Tastatur zu rauschen.

Genau, dass ich mehrere lange Texte dazu hier gepostet habe, die darauf hinweisen, dass das nicht mal eben in zwei Sätzen erklärt ist, ignorieren wir einfach mal.
Wenn Du mich einfach provozieren willst, dann lass das bitte bei diesem Thema, da bin ich nämlich ein bisschen empfindlich.
Du hattest geschrieben, dass es Dich interessiert. Wäre das der Fall gewesen, hättest Du gelesen, was ich empfohlen habe (wenigstens den Text auf Krätzä), da Du das aber nicht hast, halte ich das mit dem Interesse nur noch für eine Floskel.

Nanna hat geschrieben:Was mir auffällt, sind so Sachen wie die Gleichsetzung von Erziehung mit Gewalt und die dann hinterhergeschobene Ablehnung selbiger mit Begründung durch die Menschenrechte. Autsch. Das ist nicht mal annähernd eine konsistente Begründungskette. Du gibst mir als advocatus diaboli dutzende Angriffspunkte, allein mit der Kritik an den Menschenrechten oder der Unzulässigkeit deren beliebiger begrifflicher Ausweitung ließen sich Seiten füllen. Ein anderes Thema ist die Frage nach der Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft ohne gemeinschaftliche Regeln und Orientierungspunkte (ich muss und WILL als Kind lernen, was von mir erwartet wird und ich habe als Elternteil Erwartungen an mein Kind, mit irgendeiner No-Education-Romantisierung kann ich das höchstens maskieren und mich hinterher so wunderbar gut und human fühlen - Scheinheiligkeit par excellance!).


Okay, jetzt ist es auch nicht mehr so spät am Abend, zumal ich gestern auch wirklich ohnehin saumüde war.
„No-Education“ ist ein schönes Stichwort, da es im Englischen mehrere Begriffe gibt, die im Deutschen meistens mit dem Wort „Erziehung“ (muss ich Dir wirklich erklären, warum das Wort Gewalt konnotiert?) übersetzt werden, ein weiteres wäre „parenting“, was ich in der deutschen Sprache wirklich vermisse. Antipädagogik ist nämlich durchaus eine Form des parenting, aber nicht der manipulativen education. Ich setze nicht Erziehung und Gewalt gleich, sondern sage, dass Erziehung per Definition Gewalt beinhaltet. Das sage ich deswegen, weil Erziehung immer das Ziel hat, ein Kind in eine bestimmte Richtung zu formen. Die Antipädagogik geht erstmal von der völlig richtigen Grundannahme aus, dass Kinder lernen wollen, man ist also für die Kinder da und unterstützt sie im Lernen. Auch ist es natürlich total wichtig eine tiefe emotionale Bindung zu dem Kind aufzubauen, damit es erlebte Erfahrungen und Gefühle reflektieren kann. Das soll aber alles ohne Zwang für das Kind geschehen (weil man eben Kinder zu solchem Verhalten gar nicht zwingen muss).
Warum Erziehung nicht mit den Menschenrechten konform geht, liegt daran, dass man Menschen nicht zwingen darf, etwas gegen ihren Willen zu tun. In der Erziehung ist das aber das Standard-Programm. Es gibt in jeder Form der Erziehung immer einen zu Erziehenden und einen Erzieher, also immer ein oben und ein unten. Das einzige, wo dieses Verhältnis natürlich ist, ist in dem Punkt, dass kleine Kinder sich nicht selbst versorgen können und da auf Hilfe angewiesen sind, ich wüsste aber nicht, warum man daraufhin erwarten dürfte, dass das Kind sich anschließend dem Willen des „Versorgers“ beugt. Diese Verantwortung geht man ein, wenn man Kinder in die Welt setzt, dafür schuldet einem niemand etwas.

Ich sprach nicht davon, dass es keine gemeischaftlichen Regeln oder Orientierungspunkte gibt. In der Antipädagogik gibt es Regeln, die aber nicht dem Kind vorgesetzt, sondern gemeinsam beschlossen werden und – das ist ein sehr wichtiger Punkt – sinnvoll begründet werden. Kinder kriegen auch mit, dass außerhalb des Hauses/der Wohnung andere Regeln gelten, auf die die Menschen wert legen und haben in der Regel wenig Schwierigkeiten, sich anzupassen, wenn sie wissen, was es mit diesen Regeln auf sich hat (dass sie kein Naturgesetz sind und das man kein schlechter Mensch ist, nur weil man solche Regeln nicht immer und unbedingt verinnerlicht).
Auch gibt es in der Antipädagogik sehr wohl Grenzen, die gesetzt werden. Es werden aber nur defensive Grenzen gesetzt und keine aggressiven Grenzen. Sollte der Unterschied nicht bekannt sein, werde ich gerne ein paar Beispiele schreiben.

Was Du No-Education-Romantik nennst, scheint mir eher auf die Antiautoritäre Erziehung und diesem Rousseau-Mist zuzutreffen, da stimme ich Dir auch zu 100% zu. Von Rousseau habe ich auch ein schönes Zitat aus „Emile oder die Erziehung“, das zeigt, dass seine „natürliche“ Erziehung auch auf das Formen des Willens des Kindes abzielt:
Jean-Jacques Rousseau hat geschrieben:Folgt mit eurem Zögling den umgekehrten Weg. Laßt ihn immer im Glauben, er sei der Meister, seid es in Wirklichkeit aber selbst. Es gibt keine vollkommenere Unterwerfung als die, der man den Schein der Freiheit zugesteht. So bezwingt man sogar seinen Willen. Ist das arme Kind, das nichts weiß, nichts kann und erkennt, euch nicht vollkommen ausgeliefert? Verfügt ihr nicht über alles in seiner Umgebung, was auf es Bezug hat? Seid ihr nicht Herr seiner Eindrücke nach eurem Belieben? Seine Arbeiten, seine Spiele, sein Vergnügen und sein Kummer – liegt nicht alles in euren Händen, ohne daß es davon weiß? Zweifellos darf es tun, was es will, aber es darf nur das wollen, von dem ihr wünscht, daß es es will. Es darf keinen Schritt tun, den ihr nicht für es vorgesehen habt, es darf nicht den Mund auftun, ohne daß ihr wißt, was es sagen will.



Nanna hat geschrieben:Es ist eine beliebte und recht langweilige Mode in manchen postmodernen Diskurssträngen, Gewalt, Macht, Herrschaft, Disziplin etc. als solche zu verteufeln und funktionalistische Argumente (z.B. "Erziehung ist nicht perfekt, sorgt aber für gesellschaftliche Stabilität") in den Wind zu schießen, ich würde sagen, eher aus einem emotionalen Impuls heraus denn aus der Erkenntnis zwingender logischer Konsequenz (nichtsdestotrotz mit wortreicher Begründung). Ich halte dieses Vorgehen für einen massiven Vorschub für Lüge und (unbewusste?) Manipulation. Indem ich behaupte, gesellschaftliche Erwartungen zu demaskieren, verschleiere ich, dass ich sehr wohl Erwartungen an andere Menschen habe und dass ich ganz und gar nicht einverstanden damit bin, wenn mein Kind dieses oder jenes tut. Konflikte müssen offen ausgefochten werden können und wenn das Kind mangels prägender Erfahrungen gewisse Dinge einsehen kann/will, dann ist offener Zwang eine ehrlichere Umgangsweise als die freundlich lächelnde Manipulation. Ich wittere hinter diesem ganzen Konzept eine ziemliche Scheu vor Konflikten und eine egalitäre Utopie, die scheitern muss, weil wir schon rein genetisch nicht besonders gut zum rein friedlichen Dasein geeignet sind.


Bis auf den letzten Satz bin ich absolut einverstanden. Diese Manipulation mit lächelnder Maske ist auch ein Kritikpunkt von der Antipädagogik an moderne sich gewaltfrei nennende Erziehungsmethoden.
Warum soll es gewaltfreier zugehen, wenn Kindern nicht mehr bestraft werden, wenn sie „Mist bauen“, aber belohnt werden, wenn sie was gutes machen. Ist das Ausbleiben einer Belohnung doch genauso Strafe, da das Kind sehr gut weiß, was es mit Belohnungen auf sich hat. Das Kind wird bei Ausbleiben der Belohnung genau wissen, dass es etwas falsch gemacht hat und die Lieber seiner Eltern nicht würdig ist und wenn es keine Möglichkeit hat, diese Empfindungen zu artikulieren, dann wird es irgendwann völlig den Bezug zu sich selbst verlieren (was auch vielen Menschen so geht).

Im letzten Satz stört mich eher das Ende, da der erste Teil, wie Du ja sagst eine Vermutung ist, die ich Dir auch nicht übel nehmen will, da die Informationen von meiner Seite aus bisher auch ausgeblieben sind (und ja, ich kann verstehen, dass man nicht tausende von Artikeln lesen will). Aber was die Genetik da aussagen soll, ist mir schleierhaft. Dass die Gene überhaupt erst gewalttätiges Verhalten ermöglichen können müssen, ist klar, aber die Ursachen dafür, dass Gewalt ausgeübt wird, sind nicht in den Genen, sondern in gesellschaftlicher Ebene zu finden. Ich möchte dazu diesen Artikel vom Freerk Huisken (Professor für Pädagogik) empfehlen, da dort wirklich gut auf die Zusammenhänge eingegangen wird: http://www.fhuisken.de/gewalt.htm

Nanna hat geschrieben:Du schreibst viel von "denkbaren Gesellschaftsformen" und verwechselst das meiner Meinung nach mit "realisierbaren Gesellschaftsformen", deren Zahl äußerst begrenzt ist.


Ich bin kein Freund schneller Revolutionen, von daher sind für mich mehr Gesellschaftsformen realisierbar, die für andere nur denkbar sind. Aber um die Gesellschaft auch im Sinne der offenen Gesellschaft zu verändern, ist radikales Denken notwendig, da es sonst zum Stillstand kommt, was nicht die Intention war, wenn ich Popper richtig verstanden habe.

Nanna hat geschrieben:Du schwärmst für meine recht analytisch-unterkühlte Weltsicht ein bisschen viel herum, ohne so recht zum Punkt zu kommen. Kann es daran liegen, dass du dir gerne das Bild erhalten möchtest, dass deine Kindheit anders hätte laufen können (klingt mal kurz etwas durch)?


Nein, das merkte ich nur an, weil ich es wichtig finde zu erwähnen, dass man sich solche Gedanken nicht nur macht, weil es gerade mal nett ist, theoretisch-abstrakt über etwas nachzudenken, was dann mit der Realität oft nichts mehr zu tun hat, sondern dass es eben mit realen persönlichen Erfahrungen verknüpft ist.
Ich habe meine Vergangenheit akzeptiert, aber das was nicht positiv war, sehe ich auch nicht so und das stelle ich zur Debatte. Es ist wichtig, das zu reflektieren, damit sich in Zukunft etwas verändern kann.

Nanna hat geschrieben:Oder warum schreibst du deutlich mehr über deine ausgeprägte Allergie gegenüber Herrschaft als dass du substantielle Aussagen über Alternativen machst?


Das Problem mit den Alternativen ist, dass ich kein Modell für alle Menschen habe und das auch nicht möchte. Ich denke, dass dies gerade der Fehler ist, dass den Menschen viel zu wenig Eigenverantwortung und Gestaltungsspielraum zugesprochen wird. Zugegeben, ich kenne auch das Gefühl, dass ich mir die Gesellschaft angucke und denke oh, lass die mal lieber nicht zu viel Handlungsspielraum haben. Aber letztendlich muss ich mir dann nur wieder klar machen, dass all dieses komische Verhalten und Denken eben durch die Zusammenhänge kommt und nicht die Zusammenhänge durch dieses Verhalten (obwohl das oft gerne so begründet wird). Aber dazu werde ich in dem anderen Thema mehr schreiben, das wird auch sonst anfangen, den Rahmen hier zu sprengen.

Nanna hat geschrieben:Ich meine, du hast bisher nicht klar offenbart, warum dein Modell (besser) funktioniert, nur, dass es in einer auf potentiell arbiträren Axiomen basierenden Theorie moralisch irgendwie reiner ist als die herkömmliche Erziehung (was auch immer diese genau sei). Wenn du ein Alternativmodell anzubieten hast, dann stell es doch mal stringent dar. Wenn du das nicht in zwei Sätzen oder wenigstens zwei Absätzen kannst, ist das schonmal schlecht, dann hast du es für dich selber nämlich offenbar auch noch nicht auf den Punkt gebracht! Erklär das Modell und die zugehörigen Grundannahmen und dann schauen wir, ob es den argumentativen Beschuss hier aushält. Bis dahin bleibe ich auf meiner Position, dass dieses (Nicht-)Erziehungsmodell auf harmonieorientiertem Wunschdenken beruht und im Härtetest durch die zu intellektuellen Wunschkonstrukten wenig kooperationsfreudige Realität gnadenlos geschliffen würde.


Ich denke, da habe ich Dir jetzt ein bisschen Stoff geboten. Was mir da echt schwerfällt ist, zu wissen, auf welchem Stand andere da sind, wenn ich von solchen Ideen erzähle. Ich weiß selbst, dass ich dann oft zu weit vorgreife und dann das Gespräch aneinander vorbei geführt wird. Von daher bin ich froh, dass Du mir so konkrete Fragen stellst, die ich dann systematisch abarbeiten kann, da ich somit überhaupt erst herausfinde, wie ich eine Argumentation zu solchen Themen verständlich aufbauen kann.
Wenn ich momentan in der Zeitung über Sachen wie Occupy oder ähnliches lese, merke ich, dass der Sichtpunkt so anders ist (allein schon, weil einfach bei allen, die darüber schreiben – die ich bisher gelesen habe – die Distanz völlig fehlt und deswegen meiner Ansicht nach nur Humbug bei rauskommt), dass es mir schwerfällt, da überhaupt irgendeinen Ansatzpunkt zu finden.
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Re: Die (Gleich)Stellung der Frau im Naturalismus?

Beitragvon Vegan33 » Do 9. Feb 2012, 21:24

Seht, es ist schwer dieses Thema zu klären da wir Menschen auch in unserer Sexualität bedeutende Unterschiede im Gegensatz zu den anderen Säugetieren aufweisen. Neulich lass Ich das Buch ''warum Sex Spaß macht'' - von Jared Diamond. Darin gibt es zu diesem Speziellen Thema viele Wissenschaftliche Fakten die Belegen dass wir uns eher mit Reptilien als mit Säugetieren identifizieren ( jedenfalls was unsere Auffassung von Sex und Geschlecht angeht ).

Beispiel: Bei Pinguinen gibt es Monogame Ehen und die Männer sind für die Erziehung verantwortlich - Ein Typischer 21.Jahrhundert Hausmann
Bei einigen Vogelarten übernehmen beide Geschlechter oder abwechselnd die Rolle des Erziehers - Typische Gleichberechtigung

Jedenfalls ist das ein ziemlich gutes Buch, denn es beschreibt diese Dinge auch mit einer Naturalistischen Denkweise. Die Fakten sind allerdings faszinierend!
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