@Teh Asphyx:
Ich finde, dass du dich da auf einer ganz gefährlich schiefen Ebene bewegst. Der Satz von der Unantastbarkeit der Würde des Menschen steht nicht zum Spaß am Beginn unserer Verfassung. Genausowenig sind die Menschenrechte halbherzig universal gedacht worden und genausowenig haben politische Philosophen dem Tyrannenmord aus übertriebener Empathie heraus so enge Grenzen gezogen. Universal gedachte Rechte gelten nunmal für alle. Jemandem die Menschlichkeit absprechen zu wollen und sich da hart am Absprechen des Menschseins entlangzubewegen halte ich für eine ganz fiese Hintertür.
Ich sage damit nicht, dass es grundsätzlich geboten wäre, nie zu töten. Das Töten aus unmittelbarer Verteidigung heraus ist legitim, der Tyrannenmord unter engen Bedingungen auch. Es ist durchaus legitim, Grundrechte gegeneinander abzuwägen, wenn eine Seite Menschenrechtsverletzungen gegenüber der anderen begeht, keine Frage! Was ich aber extrem kritisch sehe, ist, dass du die Möglichkeit bedenkst, Menschen als "Monster", Unmenschen, Nicht-Menschen zu klassifizieren. Das ist ein im Kern faschistisches Argument, das nicht dadurch besser wird, dass dir sicherlich jeder beste Motive zugestehen würde.
Die Begründung für das Verletzen von Menschenrechten gegenüber einem Tyrannen darf sich NIE an der Unmenschlichkeit desselben aufhängen. Wenn der Tod des Tyrannen erwogen wird, dann immer nur ausschließlich mit dem Argument des Opferschutzes, der anders nicht erreichbar ist. Keinesfalls darf der Mord auch nur implizit als Methode der Herstellung von Gerechtigkeit bezeichnet werden, denn das ist er nicht, solange man den Menschenrechten Gültigkeit einräumt. Der Mord ist notwendig, er ist auch legitim und vertretbar, aber er ist weder gerecht noch im Einklang mit den Menschenrechten. Die Menschenrechte werden verletzt, um sie in einem größeren Zusammenhang zu schützen. Letztlich ist das ein Armutszeugnis, weil man es als Menschheit überhaupt so weit hat kommen lassen, dass menschenrechtlich weniger bedenkliche Alternativen ungangbar geworden sind. Heiner Bielefeldt, bei dem ich derzeit eine Menschenrechtsvorlesung höre, spricht von den Menschenrechten in ähnlichen Zusammenhängen als das Ergebnis eines durch Leiderfahrungen erzeugten Lernprozesses, was meiner Meinung nach eine sehr treffende Umschreibung ist. Ich denke, wir dürfen es uns auf gar keinen Fall erlauben, in diesem Lernprozess zurückzufallen, in dem wir wieder anfangen, Menschen ihre Menschlichkeit und damit ihren Anspruch auf Menschenrechte abzusprechen. Der Rückfall von Zivilisaton in vorzivilisatorische oder gar barbarische Zustände ist eng mit solchen Exklusionsmechanismen verbunden. Man muss dann schon klar sagen "Wir verletzen jetzt die Menschenrechte gegenüber einem Mitmenschen, aber wir können leider nicht anders. Wir würden, wenn wir könnten und wir stilisieren uns nicht zu heiligen Rächern."
Ich finde es z.B. auch wichtig, dass der Prozess gegen Eichmann, so halbschattig vieles in dessen Umfeld lief, dem Angeklagten ermöglicht hat, sein ganzes krudes Weltbild auszubreiten und einen fairen Prozess zu bieten. Sie haben ihn dann trotzdem umgebracht, aber das war immer noch zivilisierter als z.B. das Kommandounternehmen gegen bin Laden.
Sorry, in dem Zusammenhang bin ich mal pingelig. Ziemlich.