ujmp hat geschrieben:Meintewegen kannst du alles gleich benennen - es bleiben aber unterschiedliche Dinge. Wie wäre es, wenn wir uns - [u]der Verständigung halber darauf einigen:
[list]dass das Attribut "wahr" (bzw falsch) nur auf Sätze angewendet wird.
Ich benenne nicht alles gleich, sondern lasse Unterscheidungen weg, wenn es keinen Anlass dazu gibt, mache welche, wenn sie praktisch oder theoretisch korrekt sind.
Nein, darauf können wir uns nicht einigen, denn ein Satz ist nur eine Abfolge von akkustischen Signalen, die einer Codierung folgen. Diese Codierungen verschlüsseln eine Information, DIESE wird entweder für wahr oder für falsch gehalten.
ujmp hat geschrieben:dass wir "wahr" und "falsch" dabei nur als Attribut verstehen, so dass ein Satz wahr oder falsch sein kann aber nicht beides zugleich.
Hinter einem Attribut steht eine Codierungsform, die die Eigenschaft von etwas beschreiben soll, ein Attribut ist nur die Codierungsform einer Information. Wenn ich sage "Er ist mutig.", dann ist dieses Attribut ein Code für meine Meinung, dass er "Mut" hat (wer auch immer "er" ist). Deine Schlussfolgerung hat nichts mit deiner falschen Behauptung zu tun, ist aber auch falsch: Wenn ein Satz, wie "hier ist es Mittag" gleichzeitig in 2 verschiedenen Zeitzonen sagts, dann ist mindestens einmal diese Aussage falsch, kann aber an einem anderen Ort (zur gleichen Zeit!) richtig sein.
ujmp hat geschrieben:dass wir einen Satz als Tatsachenbehauptung verstehen und diesen Satz als "wahr" ansehen wenn das Behauptete eine Tatsache ist.
Das ist ein Zirkelschluss; dass etwas eine Tatsache ist, bedingt nicht, dass wir sie auch für "wahr" halten. Die Evolution bleibt eine Tatsache, auch wenn Kreationisten sie für "unwahr" halten. Ein Satz muss auch keine Tatsachenbehauptung sein, das hängt von der Intention der Person ab, die diesen Satz ausspricht: Ich kann auch lügen, damit versuche ich nicht eine Tatsache auszusprechen, sondern jemanden davon nur zu überzeugen. Ich kann einen Witz aussprechen, der auch nicht eine Tatsachenbehauptung impliziert, dieser Satz würde sich dann von der Lüge durch die Intention unterscheiden.
ujmp hat geschrieben:dass wir von bestimmten Tatsachen überzeugt sein können oder nicht - also Behauptungen für "wahr" oder "falsch" halten können
Wenn wir eine Tatsache für falsch hielten/nicht überzeugt von ihr wären, dann würden wir sie schlecht noch als Tatsache identifizieren.
ujmp hat geschrieben:dass wir einige Behauptungen nicht darauf hin überprüfen können, ob sie "wahr" oder "falsch" sind.
Was soll das implizieren? Dass wir es nicht versuchen sollen?
Danke für deine Thesen, sie sind sehr aufschlussreich und helfen mir, dir zu helfen, ein bisschen differenzierter und weniger beschränkt zu denken.
Myron hat geschrieben:Die Begriffe <Urteil>, <Meinung>, <Glaube>, <Überzeugung> gehören alle zur Kategorie <Fürwahrhaltung> (<Fürwahrscheinlichhaltung>).
Gottlob Frege versteht unter einem Urteil die Anerkennung der Wahrheit eines Gedankens, wobei Frege'sche Gedanken keine psychischen Denkakte, sondern abstrakte Aussagen (engl. propositions) sind.
Ja, diese Urteile/Aussagen aber haben keinerlei objektive Legitimation, sondern entspringen auch nur einem Subjekt, folglich ist die Anerkennung einer Wahrheit, nur die Führwahrgehaltenheit eines Subjekts.
Myron hat geschrieben:Wenn in der Mathematik mit "richtig" nicht "wahr" gemeint ist, dann bedeutet es "aus den Axiomen (der Arithmetik) folgend".
Dann sind wir uns doch in diesem Punkt einig, eine Beurteilung dieser Aussage betrifft nicht die Ethik oder Wahrheit, sondern die Tatsache (wenn wir, wie du auch angemerkt hast, ontologisch unterscheiden).
Myron hat geschrieben:Nein, denn daraus, dass eine Aussage wahr ist, folgt nicht, dass sie für wahr gehalten wird; und daraus, dass sie für wahr gehalten wird, folgt nicht, dass sie wahr ist.
Das Wahrsein/Falschsein und das Fürwahrgehaltenwerden/Fürfalschgehaltenwerden einer Aussage sind voneinander logisch unabhängig.
Natürlich, das ist das selbe Problem wie "Macht der Baum ein Geräusch, wenn er fällt, ihn aber niemand hört?". Wenn jemand sagt, dass eine bestimmte Aussage wahr ist (und er nicht lügt), dann hält mindestens er sie für wahr, also ist sie "führwahrgehalten". Wenn eine Aussage als wahr bezeichnet werden soll, dann muss sie jemand auch dafür halten. Diese Unterscheidungen sind eben nicht logisch unabhängig, wie ich jetzt nochmal begründet habe.
Myron hat geschrieben:Wie man erkennen oder feststellen kann, ob eine für wahr gehaltene Aussage wahr ist, oder ob das Fürwahrhalten einer Aussage gerechtfertigt ist, ist eine andere Angelegenheit.
Dafür sind die Epistemologie und die wissenschaftliche Methodologie zuständig.
Aha, jetzt willst du dich aus der Affäre rausziehen! Wir sind doch (zumindest behaupte ich das mal auch von einigen anderen außer mir hier) intelligent genug, um uns logische Zusammenhänge zu erschließen, warum sollten wir dann nicht auch überprüfen, ob wir überhaupt eine Fürwahrgehaltenheit von einer Wahrheit oder diese von einem Faktum unterscheiden können? Haben Epistemologen von Natur aus einen 6ten Sinn, um DIE Wahrheit zu identifizieren? Wir könnten auch behaupten, dass diese Diskussion auch nur diplomierten Philosophen zusteht, aber die machen letztlich nichts anderes als wir hier. Die Einstellung, dass wir uns über bestimmte Dinge keine Gedanken machen sollten, weil es dazu Experten gibt, teile ich nicht, das ist nicht sehr intelligent oder selbstständig. Gottlob ändert auch nichts daran, dass erstmal mindestens einer eine Wahrheit als solche identifizieren muss, sie also
für-wahr-halten muss. Dadurch unterscheidet sich diese Wahrheit dann nicht von den anderen Wahrheiten (zumindest nicht in ihrer Form, wohlmöglich aber in ihrem Inhalt).