Darth Nefarius hat geschrieben:Wahrheiten sind keine Sätze, das habe ich dir schon öfter versucht zu erklären, sogar Myron hat mir da zugestimmt.
"It is a truism that two speakers can say the same thing by uttering different sentences, whether in the same or different languages. For example, when a German speaker utters the sentence ‘Schnee ist weiss’ and an English speaker utters the sentence ‘Snow is white’, they have said the same thing by uttering the sentences they did. Proponents of propositions hold that, speaking strictly, when speakers say the same thing by means of different declarative sentences, there is some (non-linguistic) thing, a proposition, that each has said. This proposition is said to be expressed by both of the sentences uttered (taken in the contexts of utterance—to accommodate contextually sensitive expressions) by the speakers, and can be thought of as the information content of the sentences (taken in those contexts). The proposition is taken to be the thing that is in the first instance true or false. A declarative sentence is true or false derivatively, in virtue of expressing (in the context in which it is uttered—…) a true or false proposition."
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"Es ist eine Binsenwahrheit, dass zwei Sprecher dasselbe mit verschiedenen Sätzen sagen können, ob in derselben oder verschiedenen Sprachen. Wenn beispielsweise ein Deutscher den Satz 'Schnee ist weiß' äußert und ein Englisch Sprechender äußert den Satz 'Snow is white', dann haben sie mit den geäußerten Sätzen dasselbe gesagt. Befürworter von Propositionen meinen, dass, streng genommen, wenn Sprecher dasselbe mittels verschiedener Aussagesätze sagen, dann gibt es etwas (Nichtsprachliches), eine Proposition, die von jedem (aus)gesagt worden ist. Ihnen zufolge wird diese Proposition von beiden von den Sprechern geäußerten Sätzen zum Ausdruck gebracht (im Rahmen der Äußerungskontexte – um kontextvariablen Ausdrücken Rechnung zu tragen) und kann als der Informationsgehalt der Sätze (innerhalb jener Kontexte) erachtet werden. Die Proposition gilt als dasjenige, das an erster Stelle wahr oder falsch ist. Ein Aussagesatz ist im abgeleiteten Sinne wahr oder falsch dadurch, dass er (im jeweiligen Äußerungskontext) eine wahre oder falsche Proposition ausdrückt."[© meine Übers.]
(
http://plato.stanford.edu/entries/propo ... structured)
Doch der ontologische Status von Propositionen, von Frege'schen Gedanken als Bedeutungen (oder, wie Frege sagt, Sinne) oder Informationsgehalten von Aussagesätzen ist problematisch: Handelt es sich dabei um mentale Entitäten, die irgendwo in unseren Köpfen hausen, oder um abstrakte Entitäten, die sich nirgendwo, an keinem Ort im Raum befinden? Ersteres kann man eigentlich ausschließen, da ein und dieselbe Proposition als eine mentale Entität nicht gleichzeitig in mehreren Köpfen und damit an mehreren Orten anwesend sein könnte.
Wenn Propositionen existieren, dann müssen sie wohl nichtmentaler und nichtphysischer, d.i. abstrakter Natur sein. Doch als Naturalist/Materialist erscheinen mir abstrakte Entitäten allgemein ontologisch suspekt.
Die Existenz von Frege'schen Gedanken (Gedankensätzen) zu verneinen und dafür die Existenz von Aussagesätzen zu bejahen, brächte mich vom Regen in die Traufe, da Typen von Aussagesätzen selbst abstrakte Entitäten sind. Als konsequenter Naturalist/Materialist bleibt mir also wohl letztlich nichts anderes übrig, als die Existenz sowohl von abstrakten (nichtsprachlichen/sprachunabhängigen) Gedankensätzen als auch von abstrakten (sprachlichen/sprachabhängigen) Aussagesatztypen zu verneinen und nur die Existenz konkreter Aussagesatzexemplare zu bejahen, welche dann als Wahrheitsträger fungieren.
"Die Aussage <A> ist wahr" bedeutet dann: "Alle Aussagesatzexemplare im Deutschen oder anderen Sprachen, die denselben Sinn haben/im selben Sinn gebraucht werden wie das deutsche Aussagesatzexemplar 'A', sind wahr."