Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon stine » Di 16. Okt 2012, 19:20

AgentProvocateur hat geschrieben:Stine meint, der Mensch sei die Krone der Schöpfung, ...
Mooooment mal!
Stine meinte das gar nicht, also das Zeug mit der Krone und so. So geht es doch schon mal los. Hier soll mir mal wieder das alte Testament untergeschoben werden und ich soll den Stellvertreterkrieg Brights gegen die Religiösen ausfeschten. Der Mensch ist das erfolgreichste Wesen auf dieser Erde, wenn man alle seine Möglichkeiten zusammen fast. Was er nicht von sich aus kann, dafür schafft er sich Hilfsmittel. Nur weil @ganimed den Fischen mit Seitenlinienorgan den Vorrang gibt und lieber in ein Goldfischglas guckt, als mit seiner Frau zu reden, heisst das nicht, dass der Goldfisch prinzipiell der bessere Gesprächspartner ist. Dass er besser zuhören kann ist seiner Stummschaltung anzurechnen und nicht seinem Verständnis.

Außerdem muss ja niemand in dieser Sache mit mir einer Meinung sein. Ich toleriere, dass der Mensch für manche nur ein Tier ist, das sich ohne Moral und Kenntnisnahme durch die Gegend schnorren darf und alles um sich herum verbraucht, aufisst und ausrottet, weil er nicht gelernt hat Rücksichten zu nehmen. Vielleicht möchte Herr @ganimed auch einfach nur erwirken, dass ihm jemand seine Verantwortung nimmt, der er als erfolgreichste Naturerscheinung eigentlich nachkommen müsste?

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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon stine » Di 16. Okt 2012, 19:27

ganimed hat geschrieben:Stines Standpunkt ist aber, dass der BVB die höhere und freiere Mannschaft sei, weil sie ein gelb-schwarzes Trikot haben. Ich fragte dann nach, wieso die Trikotfarbe eine Mannschaft besser macht.
Also um mal bei diesem Männerbeispiel zu bleiben, denn das scheint ja jetzt mal verständlich für alle zu sein, dann wäre meine Aussage nicht, dass der Verein wegen des Trikots der bessere ist, sondern ich würde mich auf seine Spielerqualifikation, auf seine überlegten Spielzüge, auf den besseren Ballwechsel, die mehreren Siege und solche Dinge beziehen, alles eben, was eine bessere Mannschaft ausmacht.
Dass du das bis jetzt nicht verstanden hast, @ganimed, enttäuscht mich.
Der Mensch ist eben die Summe seiner Qualifikationen die er "bewusst" zusammenspielen und einsetzen kann.

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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 16. Okt 2012, 19:45

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Nochmal: ich halte das in beiden folgenden Fällen für sinnlos und für nicht erkenntnisfördernd

Du sagst, es gibt viele objektive Maßstäbe. Aber weil nicht eindeutig entscheidbar ist, welcher der richtige ist, hälst du alle Maßstäbe, egal ob objektiv oder subjektiv, für gleichermaßen sinnlos? Das nenne ich "das Kind mit dem Bade ausschütten".

Nein, da ist noch ein Missverständnis. Ich halte Maßstäbe keineswegs für sinnlos, Maßstäbe können, wenn man etwas Bestimmtes eruieren will, sehr sinnvoll sein. Welcher Verein hat letzte Saison mehr Tore geschossen, welcher mehr Punkte gemacht? Welcher Verein hat mehr Meisterschaften errungen? Welcher Verein ist beliebter? Welcher Verein hat die wenigsten Fouls verursacht? Welcher Verein hat die meisten ausländischen Spieler? Welcher Verein hat die niedrigeren Ticketpreise? Die Fans von welchem Verein haben weniger Randale verursacht? Welches Stadion ist größer? Welches hat eine bessere Organisation bei der Stadionbefüllung/-entleerung? Welches hat mehr Ordner? Welches hat mehr zahlende Mitglieder?

Das sind alles mehr oder weniger empirische Fragen, die können mehr oder weniger geklärt werden. Ebenso die Fragen, welches Lebewesen die meisten Federn, Schuppen, Haare hat, welches älter wird, welches sich besser an geänderte Umweltbedingungen anpassen kann, welches als Art am längsten existiert, welche Art Bewusstsein hat, welche nicht etc. pp. Und auch müsste man ja auch nicht nur Lebewesen betrachten, auch diese Einschränkung ist ja schon willkürlich, auch ein Berg, ein Meer oder so können bei bestimmten Bewertungsmaßstäben besser abschneiden als Lebewesen.

Nur sind das aber eben empirische Fragen. Und wie man den Übergang von empirischen Fragen zu einer normativen Bewertung leisten kann, ist mir einfach unklar. Nehmen wir mal die Anzahl der Fouls. Verein X hat letzte Saison 10 Fouls begangen, Verein Y 35. Nun können wir eine Tabelle aufstellen:

1. Y 35 Fouls
2. X 10 Fouls

Wir können die Tabelle aber auch so aufstellen:

1. X 10 Fouls
2. Y 35 Fouls

Wir könnten uns nun vielleicht darauf einigen, dass weniger Fouls besser sind als mehr Fouls. Aber an der Stelle verschwindet eben die Objektivität. Wir finden weniger Fouls besser als mehr Fouls. Vielleicht sogar sehen alle Leute das so. Aber das wäre immer noch nur eine Meinung, kein objektiver Sachverhalt - dass es besser wäre, unabhängig davon, wie man es findet, unabhängig von subjektiven Bedürfnissen und Meinungen.

Meiner Ansicht nach ergibt eine solche Bewertung in besser und schlechter schlicht keinen Sinn, wenn man dabei nicht den verwendeten Bewertungsmaßstab angibt.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon stine » Di 16. Okt 2012, 19:53

Ihr habt beide noch nicht verstanden, auf was ich hinaus möchte: Der Verein, dessen Spieler in der Lage sind, alle ihre Fähigkeiten zu bündeln und sie bewusst einzusetzen ist der bessere.

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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 16. Okt 2012, 21:28

stine hat geschrieben:dann wäre meine Aussage nicht, dass der Verein wegen des Trikots der bessere ist, sondern ich würde mich auf seine Spielerqualifikation, auf seine überlegten Spielzüge, auf den besseren Ballwechsel, die mehreren Siege und solche Dinge beziehen, alles eben, was eine bessere Mannschaft ausmacht.

Die Abbildung von Beispiel auf Wirklichkeit sehe ich so:
1) BVB, Schalke = Mensch, Fisch
2) Fußball = Überleben in der Evolution
3) Gewonnenes Spiel (oder Tore, oder wenige Fouls, oder ...) = Vorteil bei der evolutionären Kriterien: wie alt ist die Art, wie viele Lebensräume wurden besetzt, wie viele Individuen gibt es, wie variant ist der Genpool, ...
4) Trikot ist gelb-schwarz = bei Verhaltenssteuerung wird auch Bewusstsein eingesetzt
5) Trikot ist blau = bei Verhaltenssteuerung wird Seitenlinienorgan eingesetzt

Ich glaube, du siehst die Punkte 3, 4 und 5 anders. Du verwechselst dabei aber Erfolg aus Sicht eines menschlichen Individuums (kann Verantwortung übernehmen, kann reden, kann Zukunft gestalten, kann Katzen Fragen stellen) mit Erfolg einer Spezies oder einer Familie aus Sicht der Evolution (überlebt und pflanzt sich fort, besiedelt Lebensräume). Der Evolution ist es aber egal, ob du zur Verhaltenssteuerung ein Bewusstsein hinzu nimmst oder was anderes, was zählt ist der Fortpflanzungserfolg. Genau wie es beim Fußball egal ist, welche Farbe du am Leib hast, was zählt sind die Tore und gewonnenen Spiele. Daher scheint mir deine Sicht auf die Punkte 3, 4 und 5 falsch zu sein.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Nanna » Di 16. Okt 2012, 21:48

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Wir können etwas, was dem Fisch komplett verwehrt bleibt.

Dafür kann der Fisch jede Menge, was uns Menschen verwehrt bleibt. Zum Beispiel das Druckerleben mit Seitenlinienorgan.

Ja, aber Klassifikationen sind, sozusagen, Elemente der diskursiven Menge. Hierarchien zu bilden macht außerhalb eines Diskurses keinen Sinn. Wenn wir also innerhalb des diskursiven Rahmens Klassifikationen bilden, ist das Regelsystem des Diskurses implizit das Maß aller Dinge, wir können gar nicht anders, als hier auf uns selbst zu rekurrieren. Druckerlebnisse mithilfe eines Seitenlinienorgans sind dafür einfach irrelevant. Der "Höchste" ist in dem Zusammenhang einfach derjenige, der die Spielregeln am besten beherrscht. Natürlich ist da ein tautologisches Element inbegriffen, aber das finde ich in diesem Fall nicht schlimm, weil wir um einen Selbstbezug auf unser eigenes Wahrnehmungssystem nicht herumkommen. Und im Übrigen hat auch keiner gesagt, dass er besser als ein Fisch Druckunterschiede feststellen kann. Es hat auch kein Bewohner des diskursiven Systems vor, in das Biotop des Fisches überzusiedeln.

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Wir können Diskurse führen, Konzepte entwickeln, Gründe abwägen, verschiedene Perspektiven und konjunktivische Szenarien durchspielen und vor allem, wir können das alles reflektieren, was übrigens auch genau das ist, was uns frei macht.

Du wiederholst erneut, dass wir ein Bewusstsein haben. Hoffst du insgeheim, dass das bei der x.ten Widerholung vielleicht doch noch ein Argument wird? Und ob uns das frei macht, wäre noch zu diskutieren. Tut aber nichts zur Sache, solange es uns nicht direkt "höher" oder "wertvoller" macht.

Nein, ein Bewusstsein hat auch ein Affe. Bewusstes Erleben allein befähigt noch nicht zur sprachlichen Reflexion. Und die ist der qualitative Unterschied. Und nein, natürlich werde ich das nicht endlos wiederholen, ich kann ja keinen zu seinem Glück zwingen.

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Ich würde sagen, dass per definitionem diejenigen Wesen diese Hierarchien anführen, die in der Lage sind, sie überhaupt zu verstehen.

Ist das auch bei einem Fussballspiel so? Wer nicht Analphabet ist und die Punktetafel bedienen kann, der hat auch das Spiel gewonnen? Ich sehe nicht, wieso das so sein sollte.

Der Vergleich wird sowas ähnliches wie richtig, wenn du annimst, dass eine Mannschaft, die die Punktetafel versteht, gegen eine spielt, die die Punktetafel nicht versteht. Natürlich ist in dem Fall die Mannschaft mit der Regelkenntnis automatisch dem Chaotenhaufen überlegen. Der Schiedsrichter wird das Spiel abpfeifen, bevor die Regelkenner sich überhaupt anstrengen müssen, weil so einfach kein Spiel zu machen ist.

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Nö, wenn du Wesen nach der Eigenschaft des Besitzens einer Flosse kategorisierst, ist der Fisch natürlich im Vorteil. Aber was bringt uns das?

Da ist deine Argumentation bereits am Ende? Meine Folgerungen lehnst du deshalb ab, weil sie irgendwie keinen zählbaren Vorteil haben und nichts bringen? Eine merkwürdige Sichtweise. Sollen wir unser Wissen über die Welt also danach ausrichten, was uns was bringt? Die Frage "was bringt uns das" lehne ich hiermit ab. Die Frage "was ist richtig?" wäre richtiger.

Natürlich müssen Kategorisierungen funktional sein. Im naturwissenschaftlichen Sinne gibt es sowieso keine "richtige" Kategorie hier, weil wir hier versuchen, eine Ordinalkategorie zu bilden, die normative Elemente beinhaltet. Wahrscheinlich ist das auch der Strick, über den du wiederholt stolperst, dass du versucht, ein normatives Problem mit szientistischen Methoden zu lösen. Geht natürlich völlig daneben.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Vollbreit » Di 16. Okt 2012, 21:53

@ ganimed:

Anhand Deiner Kriterien ist Religion das erfolgreichste Spiel, jedenfalls bei weitem erfolgreicher, als z.B. der Atheismus, da sie, bezogen auf das Überleben im Spiel, einen klaren quantitativen Vorrang hat, etwa 6:1.
Da es Qualität nicht gibt und so etwas wie eine Höherentwicklung der Atheisten demzufolge nur eine Wunschvorstellung sein kann, ist die Religion objektiv besser als der Atheismus.

Einverstanden?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 16. Okt 2012, 22:09

Nanna hat geschrieben:Der Vergleich wird sowas ähnliches wie richtig, wenn du annimst, dass eine Mannschaft, die die Punktetafel versteht, gegen eine spielt, die die Punktetafel nicht versteht. Natürlich ist in dem Fall die Mannschaft mit der Regelkenntnis automatisch dem Chaotenhaufen überlegen. Der Schiedsrichter wird das Spiel abpfeifen, bevor die Regelkenner sich überhaupt anstrengen müssen, weil so einfach kein Spiel zu machen ist.

Das hast du ein wenig falsch verstanden. Es geht nicht darum, die Regeln zu kennen. Sondern du meintest, dass nur wir die Bewertung durchführen können, also das Spielergebnis festlegen können, und dass wir genau deshalb auch gewonnen hätten:
    Nanna hat geschrieben:Die Frage der "Höhe" eines Lebewesens setzt ja schon voraus, dass man Klassifikationen und Hierarchien entwickelt. Ich würde sagen, dass per definitionem diejenigen Wesen diese Hierarchien anführen, die in der Lage sind, sie überhaupt zu verstehen.
Bei einem objektiven Maßstab verbietet es sich aber natürlich, sich selbst als Sieger zu küren, nur weil man das einzige Jury-Mitglied ist. Objektiv sein heißt hier, nur die Leistungen innerhalb des Spiels zu werten und nicht die Leistung Klassifikationen und Hierarchien entwickeln zu können. Das Spiel heißt Leben und die Regeln werden von der Evolution vorgegeben. Und diese Regeln beherrschen alle Teilnehmer automatisch perfekt. Es kann gar keine Fouls oder Regelübertretungen geben. "Wer sich fortpflanzt hat gewonnen" lautet nämlich die einzige Regel.

Nanna hat geschrieben:Der "Höchste" ist in dem Zusammenhang einfach derjenige, der die Spielregeln am besten beherrscht.

Der Satz stimmt. Aber die Spielregeln haben nichts mit Kategorien, Jurytätigkeiten oder Bewertungen zu tun. Deshalb zieht dein Argument nicht.

Nanna hat geschrieben:sprachlichen Reflexion. Und die ist der qualitative Unterschied.

Deine Regelverwechslung könnte auch der Grund sein, wieso du Sprache für einen qualitativen Unterschied hälst. Sprache wäre genau das, wenn das Spiel lautete: wer kann am besten reden. Tut es aber nicht.

Nanna hat geschrieben:Wahrscheinlich ist das auch der Strick, über den du wiederholt stolperst, dass du versucht, ein normatives Problem mit szientistischen Methoden zu lösen.

Ich erinnere mich dunkel, dass wir schon einmal bei einem anderen Thema über diese Meinungsverschiedenheit stolperten. Habe vergessen, was das genau für ein Satz war, den ich als falsch ansah während du ihn als richtig zitiert hast. Irgendein Philosoph glaube ich hat behauptet, dass man moralische Probleme nicht empirisch lösen kann? Das hat man nun davon, dass wir hier Diskurse ohne Resultate führen. Niemand hat aus dem damaligen Argumentenaustausch etwas gelernt.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 16. Okt 2012, 22:20

Vollbreit hat geschrieben:Anhand Deiner Kriterien ist Religion das erfolgreichste Spiel, jedenfalls bei weitem erfolgreicher, als z.B. der Atheismus, da sie, bezogen auf das Überleben im Spiel, einen klaren quantitativen Vorrang hat, etwa 6:1.

Religionen sind in ihrer Gesamtheit als Weltanschauung sicher sehr viel erfolgreicher und insofern auch besser als der Atheismus. Also einverstanden.
Wobei: Religon ist kein Spiel, sondern das Spiel in deinem Sinne wäre: Weltanschauungsschach. Jede Weltanschauung wäre dabei ein Teilnehmer und nicht ein Spiel. Alle Religionen wären eine Gruppe von Teilnehmern. Die Regel wäre wohl: bringe möglichst viele Menschen dazu, dich möglichst lange als Weltanschauung zu haben (zu vertreten, zu glauben). Die Religionsgruppe gewinnt haushoch gegen den Teilnehmer Atheismus.

Bist du auch mit mir einverstanden, dass bei dem Spiel "Leben" der Mensch sicher nicht ein eindeutiger, objektiver Gewinner ist?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Vollbreit » Di 16. Okt 2012, 22:28

ganimed hat geschrieben:Bist du auch mit mir einverstanden, dass bei dem Spiel "Leben" der Mensch sicher nicht ein eindeutiger, objektiver Gewinner ist?


M.E. hängt das von den Kritierien ab, die man daran anlegt.
Ich weiß nicht, was ein Gewinner sein soll.

Also ich weiß es schon, in Abhängigkeit von den Regeln, aber ich weiß nicht, wer "objektiv" die Regeln des Spiels Leben kennt.

Ich habe aber noch eine Frage:
Wenn Du Religionen besser findest, als Atheismus, warum bist Du dann eigentlich Atheist?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 16. Okt 2012, 22:48

Vollbreit hat geschrieben:M.E. hängt das von den Kritierien ab, die man daran anlegt.

Das sehe ich anders. Ich meine, es gibt deshalb keinen eindeutigen Gewinner, weil es keine eindeutigen Kriterien gibt.

Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du Religionen besser findest, als Atheismus, warum bist Du dann eigentlich Atheist?

Ich bin deshalb Atheist, weil der Atheismus subjektiv besser für mich ist. Meine subjektiven, individuellen Kriterien für eine gute Weltanschauung beinhalten vor allem die Höhe der Wahrscheinlichkeit dafür, dass ihre Hauptaussagen stimmen. Objektiv betrachtet ist das aber kein Kriterium im Spiel "Weltanschauungsschach".

Worauf willst du mit deinem kleinen Spielchen mit den Bedeutungsebenen des Wortes "besser" hinaus?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 16. Okt 2012, 23:09

stine hat geschrieben:Mooooment mal!
Stine meinte das gar nicht, also das Zeug mit der Krone und so. So geht es doch schon mal los. Hier soll mir mal wieder das alte Testament untergeschoben werden und ich soll den Stellvertreterkrieg Brights gegen die Religiösen ausfeschten. Der Mensch ist das erfolgreichste Wesen auf dieser Erde, wenn man alle seine Möglichkeiten zusammen fast. Was er nicht von sich aus kann, dafür schafft er sich Hilfsmittel.

Nein, nein, ich möchte Dir gar nichts unterschieben. Und mich interessiert ein Krieg zwischen Religiösen und Brights/Atheisten wirklich nicht im Geringsten.

Man kann nun sicher begründet vertreten, dass der Mensch (zurzeit) das erfolgreichste Wesen auf der Welt ist, nach einem (oder mehreren) bestimmten Bewertungsmaßstab. Morgen kann das aber auch schon wieder anders aussehen. Aber das ist eigentlich hier egal, der Punkt ist: das wäre - falls das stimmte - nur eine empirische Feststellung anhand eines konkreten Bewertungsmaßstabes, daraus folgt noch nichts Normatives - behaupte ich jedenfalls. Mit Nanna stimme ich auch nicht überein: wer die Macht hat, Spielregeln festlegen zu können, hat nicht deswegen schon gewonnen und ist auch nicht besser, als der andere, der die Spielregeln nicht festlegen kann. Und mit ganimed auch nicht: es gibt keine von außen festgelegten Regeln, (Zitat: "wer sich fortpflanzt hat gewonnen" lautet nämlich die einzige Regel). Wer legt diese Regel fest und wieso sollte man sie akzeptieren?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Vollbreit » Di 16. Okt 2012, 23:14

@ ganimed:

Irgendwie bist Du zwar konsequent in Deinen Schlüssen, so ganz nachvollziehen, kann ich sie denn aber doch nicht.

Ich versuch’s mal:
Religion und Atheismus sind zwei prinzipiell gleichwertige Spielarten, wie man an das Leben herangehen kann. Objektiv sind Religionen besser, weil erfolgreicher, weil besser angepasst, weil quantitativ überlegen.

Du bist aber zufällig ein Atheist, weil da für Dich die Übereinstimmungen mit Deinen Eigenarten größer sind. Zu diesen Eigenarten gehört, dass die „Hauptaussagen“ des Atheismus nach Deinem Dafürhalten stimmiger sind, was aber letztlich ohne Bedeutung (für das Spiel) ist, sondern nur (D)eine Marotte.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 16. Okt 2012, 23:15

AgentProvocateur hat geschrieben:es gibt keine von außen festgelegten Regeln, (Zitat: "wer sich fortpflanzt hat gewonnen" lautet nämlich die einzige Regel). Wer legt diese Regel fest und wieso sollte man sie akzeptieren?

Die Regel wohnt dem Evolutionsmechanismus inne, welcher wiederum ein immanenter Bestandteil des Lebens auf der Erde ist. Wir sollten sie akzeptieren, da wir Lebewesen sind und damit dem Evolutionsmechanismus unterworfen sind. Und für einen normativen Wertevergleich zwischen Spezies gibt es keine andere Regel, welche ebenfalls für alle Teilnehmer gelten würde. Also kann man nur diese Regel nehmen und daraus die objektiven Maßstäbe für Güte, Wertigkeit und Erfolg ableiten.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Di 16. Okt 2012, 23:18

@Vollbreit: deine Zusammenfassung erscheint mir stimmig.

Vollbreit hat geschrieben:Zu diesen Eigenarten gehört, dass die „Hauptaussagen“ des Atheismus nach Deinem Dafürhalten stimmiger sind, was aber letztlich ohne Bedeutung (für das Spiel) ist, sondern nur (D)eine Marotte.

Eine klitzekleine Bedeutung für das Spiel hat das schon. Der Ausgang des Spiels wird unter anderem dadurch beeinflusst, wie viele Menschen ebenfalls diese Marotte haben oder wie viele Menschen welche anderen Vorlieben hegen. Die Marottenverteilung unter den Menschen müsste ein wichtiger Entscheidungsfaktor sein, wer bei dem Spiel die Nase vorne hat.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Nanna » Di 16. Okt 2012, 23:31

ganimed hat geschrieben:Bei einem objektiven Maßstab verbietet es sich aber natürlich, sich selbst als Sieger zu küren, nur weil man das einzige Jury-Mitglied ist.

Auch auf die Gefahr hin, dass mir das jetzt als Ausweichstrategie ausgelegt wird. Es gibt keine objektiven Maßstäbe. Und das meine ich jetzt wirklich nicht als technicality, sondern ganz ernst. Klassifikationen sind nie objektiv oder neutral, es wäre völlig müßig, so zu tun, als könnten wir anders als selbstreferentiell kategorisieren.

ganimed hat geschrieben:Objektiv sein heißt hier, nur die Leistungen innerhalb des Spiels zu werten und nicht die Leistung Klassifikationen und Hierarchien entwickeln zu können.

Man kann nicht "objektiv werten". Das ist ein perfomativer Selbstwiderspruch. Deskriptionen können annähernd objektiv sein (naja, nicht wirklich, aber lassen wir das für den Augenblick mal grade sein), aber die verbieten per definitionem eine Wertung. Wer klassifiziert, der wertet. Wenn du kein "höher" festlegen willst, was ja dein gutes Recht ist, musst du halt schlicht auf Klassifikationen und Hierarchien verzichten. Das trägt dann nicht unbedingt zum Verständnis von Systemen bei, aber ist zumindest eine klare Haltung.

ganimed hat geschrieben:Das Spiel heißt Leben und die Regeln werden von der Evolution vorgegeben. Und diese Regeln beherrschen alle Teilnehmer automatisch perfekt. Es kann gar keine Fouls oder Regelübertretungen geben. "Wer sich fortpflanzt hat gewonnen" lautet nämlich die einzige Regel.

Nö, es ist so: "Wer sich fortpflanzt, pflanzt sich fort." Punkt. Die Evolution kennt kein "gewonnen", keine "Regeln"; ihr diese zuzuschreiben ist eine Personifizierung. Evolution ist ein Mechanismus, kein Set von Regeln.

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Der "Höchste" ist in dem Zusammenhang einfach derjenige, der die Spielregeln am besten beherrscht.

Der Satz stimmt. Aber die Spielregeln haben nichts mit Kategorien, Jurytätigkeiten oder Bewertungen zu tun. Deshalb zieht dein Argument nicht.

Sie haben alles damit zu tun. Bewertungen in "höher" und "niedriger" sind sprachlich-analytische Akte, sie existieren nicht außerhalb des Sprachsystems. Als höchstentwickelte Wesen des sprachlichen Universums (Achtung, Metaphorik, gemeint ist nicht das physische Universum) sind wir hier die "höchsten". Natürlich vollbringen auch Außenstehende des Sprachsystems Leistungen, aber nur insofern, als dass wir das, was sie tun, "Leistung" nennen. Wie gesagt, Klassifikationen sind außerhalb des Sprachuniversums tot. Wenn man also klassifizieren will, dann entweder nach den Regeln des Sprachsystems und innerhalb desselben oder gar nicht.

ganimed hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:sprachlichen Reflexion. Und die ist der qualitative Unterschied.

Deine Regelverwechslung könnte auch der Grund sein, wieso du Sprache für einen qualitativen Unterschied hälst. Sprache wäre genau das, wenn das Spiel lautete: wer kann am besten reden. Tut es aber nicht.

Es geht hier nicht um den quantitativen Überlebensvorteil der Evolution, welche, wie schon gesagt, auch keine "Regeln" beinhaltet. Es geht um die qualitative Fähigkeit, zu unterscheiden, und darin sind nunmal wir die besten, möglicherweise sogar die einzigen.

ganimed hat geschrieben:Irgendein Philosoph glaube ich hat behauptet, dass man moralische Probleme nicht empirisch lösen kann? Das hat man nun davon, dass wir hier Diskurse ohne Resultate führen. Niemand hat aus dem damaligen Argumentenaustausch etwas gelernt.

Wie meinen?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 16. Okt 2012, 23:34

ganimed hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:es gibt keine von außen festgelegten Regeln, (Zitat: "wer sich fortpflanzt hat gewonnen" lautet nämlich die einzige Regel). Wer legt diese Regel fest und wieso sollte man sie akzeptieren?

Die Regel wohnt dem Evolutionsmechanismus inne, welcher wiederum ein immanenter Bestandteil des Lebens auf der Erde ist. Wir sollten sie akzeptieren, da wir Lebewesen sind und damit dem Evolutionsmechanismus unterworfen sind. Und für einen normativen Wertevergleich zwischen Spezies gibt es keine andere Regel, welche ebenfalls für alle Teilnehmer gelten würde. Also kann man nur diese Regel nehmen und daraus die objektiven Maßstäbe für Güte, Wertigkeit und Erfolg ableiten.

Wenn man ein rationales Wesen ist, dann sollte man etwas dann akzeptieren, wenn es rationale und nicht widerlegbare Gründe dafür gibt. Nun aber hast Du leider keine solchen gebracht, zumindest aber keine, die mir einleuchten würden. Was macht den Evolutionsmechanismus wertvoll und anerkennenswert? Wieso folgt daraus eine Norm? Wäre der Evolutionsmechanismus anders, müssten wir den auch anerkennen? Und falls so: würde das nicht bedeuten, dass wir etwas Arbiträres anerkennen müssten, grundlos, einfach so, einfach nur deswegen, weil es so ist, wie es zufällig gerade ist? Und wäre das nicht gerade das Gegenteil von Rationalität: etwas grundlos anerkennen; aus dem Sein ein Sollen folgern? Und folglich aus einem anderen Sein ein anderes Sollen folgern?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon Vollbreit » Di 16. Okt 2012, 23:42

ganimed hat geschrieben:@Vollbreit: deine Zusammenfassung erscheint mir stimmig.

Vollbreit hat geschrieben:Zu diesen Eigenarten gehört, dass die „Hauptaussagen“ des Atheismus nach Deinem Dafürhalten stimmiger sind, was aber letztlich ohne Bedeutung (für das Spiel) ist, sondern nur (D)eine Marotte.

Eine klitzekleine Bedeutung für das Spiel hat das schon. Der Ausgang des Spiels wird unter anderem dadurch beeinflusst, wie viele Menschen ebenfalls diese Marotte haben oder wie viele Menschen welche anderen Vorlieben hegen. Die Marottenverteilung unter den Menschen müsste ein wichtiger Entscheidungsfaktor sein, wer bei dem Spiel die Nase vorne hat.


Ja, Du bleibst Deinem rein quantitativen Ansatz da konsequent treu und ergänzt ihn um einen weiteren Faktor (die Zahl der Teilnehmer).
Ich halte das für totalen Quatsch, aber Du bist da zunächst mal folgerichtig unterwegs, das kann ich anerkennen.
Ich glaube wir werden da keine Einigung herstellen, weil wir von sehr unterschiedlichen Prämissen ausgehen, heute Nacht, will ich das aber nicht weiter vertiefen, da ich tatsächlich müde bin.

Gute Nacht.
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon AgentProvocateur » Di 16. Okt 2012, 23:46

ganimed hat geschrieben:Eine klitzekleine Bedeutung für das Spiel hat das schon. Der Ausgang des Spiels wird unter anderem dadurch beeinflusst, wie viele Menschen ebenfalls diese Marotte haben oder wie viele Menschen welche anderen Vorlieben hegen. Die Marottenverteilung unter den Menschen müsste ein wichtiger Entscheidungsfaktor sein, wer bei dem Spiel die Nase vorne hat.

Aber ist nicht genau das die "egozentrische Emotionalität", die Du weiter oben angeprangert und als falsch verworfen und statt dessen eine objektive Bewertung ohne eine solche gefordert hast?
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Re: Bewusstsein ist höheres, freieres Leben? Von wegen

Beitragvon ganimed » Mi 17. Okt 2012, 00:27

Nanna hat geschrieben:Es gibt keine objektiven Maßstäbe

Was ist mit dem Zählen von erzielten Toren in Bundesligaspielen? Ist das kein objektiver Maßstab?

Nanna hat geschrieben:Man kann nicht "objektiv werten"

Was ist mit der objektiven Feststellung, dass Bayern München in der Bundesliga die meisten Tore geschossen hat? Ist das keine Wertung? Da beim Fußball das Tore schießen genau als Ziel definiert ist, also als "gut", ist diese Wertung dem Spiel und seinen Regeln gemäß eine objektiv richtige.

Nanna hat geschrieben:Die Evolution kennt kein "gewonnen", keine "Regeln"; ihr diese zuzuschreiben ist eine Personifizierung. Evolution ist ein Mechanismus, kein Set von Regeln.

Dieser Mechanismus Evolution (Auslese) führt nach kurzer Zeit dazu, dass nur noch Teilnehmer im Spiel sind, die sich der Wertung "Fortpflanzung ist gut" anschließen. Dadurch wird diese Wertung zu einer dem Spiel immanenten Regel. Jedem bleibt es unbenommen, aus dem Spiel auszusteigen. Aber solange man mitmacht muss man sich dieser Wertung unterwerfen. Und aus dieser Wertung folgen dann sofort die objektiven Kriterien zur Bewertung der erfolgreichsten, besten Teilnehmer.

Nanna hat geschrieben:Es geht um die qualitative Fähigkeit, zu unterscheiden, und darin sind nunmal wir die besten, möglicherweise sogar die einzigen.

Wieso geht es plötzlich darum? Es stimmt wohl, dass wir die einzigen sind, die beim Wettbewerb "wer kann am besten unterscheiden" mitmachen. Aber um diesen Wettbewerb geht es mir jedenfalls hier nicht. Es geht mir um den Wettbewerb "Leben". Was soll ich da mit deinen angeblichen qualitativen Fähigkeiten?
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