Na Ok, streiten wir nicht über Höflichkeit. Was ich meinte ist, dass dich nicht sagen darf "Schalt mal das Gehirn ein, du Trantüte" sondern das mit einem gleichmacherischen Euphemismus maskieren muss, damit ich nicht aus der Diskussion fliege.
laie hat geschrieben:Im Grunde gelangte hier nur zur Entfaltung was während der Reformation im 15./16. Jh. begann. Luther hat das seiner Meinung nach zentrale Anliegen des Menschen in folgende Frage gekleidet: "Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?" Wohlgemerkt: nicht du, ihr oder wir, sondern ich. Im Protestantismus hat daher auch Kirche im Sinne von "Gemeinschaft aller Glaubenden" nicht die hervorgehobene Stellung wie im Katholizismus. Als Protestant reicht es im Grunde genommen, sich mit der Bibel einzuschliessen. Wir sehen halt jetzt die säkulare Fortsetzung dieser "Ethik".
Das ist aber ganz schön an der Haaren herbeigezogen. Allgemein gibt es kulturgeschichtlich einen Tendenz zum Individualismus und zwar schon lange, lange vor Luther und sogar lange vor Christus. Wir bewegen uns nämlich kontinuierlich weg von einem Stammesdenken, wo der Einzelne gar keine Rolle spielte. Die Frage, die sich mir aber dabei stellt ist, ob Individualismus sich nicht notwendigerweise aus mehr Wissen über das menschliche Wesen ergibt - ich meine nämlich: Ja, wir sind ja
objektiv Individuen! Dass man mal mit jemanden einer Meinung ist oder gar mit
allen, ist doch oft eine Illusion - warum sollte man einer Illusion anhängen? Außerdem ist nicht gesagt, dass wir in modernen Gesellschaften weniger Abhängigkeiten haben, sie stellen sich nur anders dar. Die Menschen sind heute nicht weniger hilfsbereit als eh und je. Der Einzelne ist nur heute aufgrund der Gesellschaftsstruktur und seiner durchchnittlichen Kompetenz nicht mehr so stark darauf angewiesen. Wir haben Krankenkasse, Sozialhilfe usw. die letzlich auch aus dem sozialen Empfinden des Menschen heraus geboren wurden. Nochmal zu Luther: Lies mal Hermann Cohens "Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums". Er zeigt darin auf, dass es schon innerhalb des Alten Testamentes eine kolossale Entwicklung der relgiösen Vorstellungen gegeben hat. Das Christentum hat dann das Opfer zu einem komplett
abstrakten Ritual gemacht und hat durch die umfassende "Vergebung" den Menschen eine unglaubliche geistige Befreiung gebracht -
relativ zu zeitgenössischen Vorstellungen. Das braucht man dann m.E. bloß noch zu Ende zu denken und man landet bei einem symphatisch warmherzigen Atheismus.