Dr Fraggles hat geschrieben:Dass du völlig determiniert bist, irritiert dich nicht? Solange du im Lebensfluss bist, d.h. deine determinierte Willensbildungspraxis nicht reflektierst, mag das nachvollziehbar sein.
Damit unterstellst Du mir – wie im Folgenden noch öfter –, dass ich vollkommen unreflektiert durchs Leben gehe, was ich nicht so empfinde.
Aber das als Dauerargument anzuführen, von dem Deine Deutung der Als-ob-Haftigkeit meines Lebens ausgeht, ist auch jenseits meiner Empfindung schlicht ein Fehlschluss.
Dr Fraggles hat geschrieben:Das zeigt sich ja daran, dass du dich als "entscheidende" Entität empfindest. Würdest du den Willensbildungsprozess als das Wahrnehmen was er ist: ein determinieter Prozess, würdest du nicht mehr von Entscheiden reden...und du müsstest zugeben, dass dir die Illusion nicht durchgehend determiniert zu sein doch wichtig ist!
Nun, wie schon öfter erwähnt, glaube ich nicht an einen umfassenden Determinismus.
Dessen ungeachtet, finde ich das kompatibilistische Gedankenexperiment aber logisch konsistent.
In der Tat fühle ich mich einigermaßen selbstbestimmt, mit den üblichen Einschränkungen, glaube aber, dass sich das auch im kompatibilistischen Licht nicht verfärbt. Mehr als das zu wählen, was mir nach kritischer Prüfung als beste Lösung erscheint, ist ja schon als Konstrukt nicht denkbar.
Würde ich
anderes wählen, als mir richtig und wichtig erscheint, wäre das irrational und mir hat bislang niemand erklären können, wo und wie Irrationalität die Freiheit vergößert. Für den angeblichen Zugewinn an Freiheit durch Zufall schließe ich mich der Einfachheit halber Agent an, bessere Argumente kenne ich auch nicht.
Dr Fraggles hat geschrieben:Eine Definition der inkompatibilistischen Freiheit ist doch bekannt: unter denselben Bedingungen auch anders handeln/sich entscheiden können. Ich behaupte, dass dies verständlich ist.
Es ist, je nach Betrachtung, irrational oder willkürlich.
Wenn ich nach sorgsamer Abwägung aller guten Gründe zu der Auffassung komme ich sollte dringend meinen Beruf wechseln, dann erscheint es mir nicht rational, sondern eben irrational, wenn ich, so wie ich bin, in der selben Situation, in der ich die Gründe identisch gewichte, meine privaten Vorlieben und Abneigungen genauso sind wie beim letzten mal, nun zu dem Schluss kommen, dass ich den Job unter allen Umständen behalten sollte.
Ich kann nicht gegen die Todesstrafe argumentieren und in der
exakt selben Situation, bei Wahrung aller Umstände (so wie ich gestrickt bin, so wie die Argumente sind und von mir bewertet werden) nun zu dem Ergebnis kommen, dass die Todesstrafe eine hervorragende Option sei.
Ich kann nicht am Traualtar meinen Herzenswunsch bebend wahr werden lassen und „Ja“ (endlich) sagen und bei der gleichen Disposition, derselben Frau in dem Moment sagen: „Och nö, doch nicht.“ Das ist reine Willkür und warum Willkür die Freiheit vergrößert ist mir nicht klar und konnte mir bisher niemand erklären.
Im weiteren rutschst Du wieder in eine ad hominem und zirkuläre Argumentation. Es ist so, weil es stimmt und weil es wahr ist und wer das nicht versteht, der ist eben blöd. Mehr ist das leider nicht.
Dr Fraggles hat geschrieben:Nicht wenn man die Idee von Freiheit fallen lässt.
Warum sollte man?
Der Kompatibilismus zeigt, dass man es selbst unter maximal determinierten Bedingungen gar nicht muss, ohne inkonsistent zu werden.
Dr Fraggles hat geschrieben:Ob man einen Fehler einsieht oder nicht, ist dann nur indirekt relevant bezüglich des Strafmasses. Nur insofern das Einsehen bzw. nicht Einsehen (wie jeder andere Aspekt) relevant ist bezüglich der Gefährlichkeit einer Person müsste es gewichtet werden.
Natürlich ist es auch das, denn „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung“, was mehr als eine Floskel ist.
Um beim nächsten Mal einen Fehler nicht mehr zu begehen, muss ich doch erst mal verstehen, dass ich einen begangen habe und worin der nun besteht.
Wir bestrafen doch weder Hunde und Narren noch kleine Kinder, weil ihnen eben gerade diese Möglichkeit zur Einsicht fehlt.
Dr Fraggles hat geschrieben:Natürlich gibt es Massnahmen die keinen Strafcharakter haben und dennoch dem Schutz der Gesellschaft dienen.
Dann sind wir ja an der Stelle einig.
Dr Fraggles hat geschrieben:Wie ich ja überhaupt der Straf-Begriff für besser abgeschafft halte (als Ideal).
Hier weniger, auch als Ideal.
Dr Fraggles hat geschrieben:Ja, sofern gesichert wäre, dass das Medikament mit 100% Sicherheit weitere Vergehen verhindert. Warum ihn strafen wenn er keine Gefahr mehr darstellt?
Weil ich denken würde, dass, wenn jemand auf der Ebene nicht versteht, was er falsch gemacht hat, er auch dann noch eine Gefahr darstellt, wenn ihm genau diese eine Ebene medikamentös dicht gemacht wird, da ich begründbar vermute, dass dieser Mensch, der bestimmte Grenzen überschritten hat, dies auch auf analogen Ebenen tun könnte.
Und ich kann mir derzeit kein Medikament vorstellen, dass die Empathiefähigkeit anknipst.
Dr Fraggles hat geschrieben:Aber ich verstehe dich: es ist dermassen tief in der menschlichen Natur verankert, dass Strafe unabdingbar ist (vor allem aus primitiven Rachebedürfnissen, Vergeltungsideen).
Nein, Du verstehst mich hier nicht, ich hatte beim letzten Mal exakt in die andere Richtung, über Rache hinaus in den Beriech von Reue, Entschuldigung, Wiedergutmachung und Verzeihen argumentiert.
Du hast mich mit der Deutung „Spaß an der Rache“ also vollkommen falsch verstanden.
Dr Fraggles hat geschrieben:Ja, aber immer nur indirekt bezüglich dem Schutz der Gesellschaft. Jeder Aspekt hat sein Daseinsrecht, aber nur bezüglich dieses einen Zieles. Spielt er diesbezüglich keine Rolle kann er vernachlässigt werden.
Der ominöse Schutz der Gesellschaft ist in meinen Augen kein absoluter Wert.
Er würde, isoliert gesehen, einen paranoiden Überwachsungsstaat rechtfertigen, den ich als nicht wünschenswert und gerechtfertigt ansehe.
Dr Fraggles hat geschrieben:Dein Beispiel exemplifiziert beides. Es geht der verletzten Person um die Gewissheit, dass eine solche Verletzung nicht nochmals geschieht UND um Vergeltung (was du als Widergutmachung bezeichnest).
Hier geht es nicht nur um die verletzte Person, sondern darum, dass ein Angriff aurf eine Privatperson jenseits einer bestimmten Grenze, die der juristischen Straftat, immer auch eine Angriff auf die Gesellschaft und ihre verabredeten Werte bedeutet.
Vergeltung und Wiedergutmachung entsprechen einander nicht. Vergeltung ist der Wunsch des Opfer, das Verlangen nach Wiedergutmachung ist im besten Fall ein Wunsch des Täters und eine Konsequenz aus gefühlter Reue.
Dr Fraggles hat geschrieben:Wenn Therapie möglich ist, dann wird damit die Gefährlichkeit des ehemaligen Täters (genau genommen ist er nach der Therapie nicht mehr dieselbe Person!) idealerweise aufgehoben. Ist dies so, braucht es nicht auch noch Strafe. Wozu auch?
Andersrum. Wie therapierst Du jemanden, der hochmanipulativ ist und selbstverständlich der Aussicht auf ein bisschen Psychoblabla gerne nachkommt, wenn er damit eine lange Haftstrafe verkürzen oder umgehen kann? Ein intelligenter Narzisst mit knackigen psychopathischen Anteilen führt da jeden Therapeuten an der Nase herum.
Therapie von Menschen auf dieser Ebene der Pathologie hat immer auch stark mit Grenzsetzungen zu tun (das hat auch therapeutischen Gründe) und gesetzte Grenzen sind nur dann effektiv, wenn bei ihrer Überschreitung auch Konsequenzen folgen.
Was meinst du denn, wir sehr den sogenannten Intensivtäter, der mit 18 schon 100 Einbrüche und 50 Körperverlezungen und 70 BTM-Delikte begangen hat, die Rede von der Empathie interessiert?
Dr Fraggles hat geschrieben:Mir geht es hier um etwas anderes: dass ein Strafrecht welches den Focus ausschliesslich auf den Schutz der Gesellschaft ausrichtet, nicht dazu führen würde, dass (weil Strafe nicht mehr notwendig der Straftat entsprechen müsste!) man berechnend ("man wird mich als nicht gefährlich einschätzen und dann muss ich keine Strafe verbüssen") das System täuschen, ausnützen könnte.
Das wäre interessant.
Und warum wäre das Deiner Meinung nach nicht der Fall?
Dr Fraggles hat geschrieben:Wie etwas bereuen was anders gar nicht möglich war!?
Petitio principii.
Das kann man Dir nicht jedes Mal erklären.
Dr Fraggles hat geschrieben:Ich weiss: mein Standpunkt ist extrem aber ich zeichne lediglich aus was ein ernst nehmen des Determinismus impliziert.
Das Extreme ist nicht das Problem.
Dein Beitrag ist großenteils ein Sammelsurium an Fehlschlüssen und unzureichend oder gänzlich unbegründeten Behauptungen.
Sehr viel ad hominem, einige zirkuläre Schlüsse und etwas, was Deiner Meinung nach jeder einsehen muss, ohne dass Du begründen kannst, warum und wieso.