Dr Fraggles hat geschrieben:Doch, ganz interessant. Wobei ich dabei bleibe: Verdrängungen sind allenfalls an Symptomen erkennbar, direkt zeigen sie sich nie (auch im Traum nicht). Und symptomfrei zu sein kann auch kein Garant dafür sein, dass nichts Verdrängtes mehr existiert.
Ich glaube, was unsere Ansätze allgemein unterscheidet, ist, dass ich weniger Wert auf Garanten lege.
Theorien starten immer irgendwo und man schaut, ob sie und die mit ihnen einhergehenden Praktiken funktionieren, oder nicht.
Verdrängungen zeigen sich natürlich empirisch, das was sich zeigt als Verdrängtes zu deuten, dazu bedarf es allerdings einer Theorie.
Historisch ist es so, dass Freud auf die Idee der Verdrängung aufgrund empirischer Beobachtungen bei Charcots Hypnose-Experimenten kam.
Dr Fraggles hat geschrieben:Ich werfe dem Kompatibilismus wie du ja mittlerweile weisst vor, blind zu sein für das deterministische Geschehen, nicht nur grundsätzlich sondern auch im Speziellen wie eben in diesem Beispiel.
Was soll das denn konkret heißen? Dass Du tatsächlich das mitbedenkst, dass Du nicht kennst? Wie geht das?
Dass die Welt in vollstem Umfang detertminiert ist, ist ja ebenfalls nur eine Annahme, der Du folgst.
Ich finde es nebenbei auch inkonsequent, sich darüber aufzuregen, dass andere angeblich nicht verstehen, was Du verstanden zu haben meinst.
Wenn wir willenlose Automaten sind, lediglich unfähig den Grad ihrer Willenlosigkeit zu reflektieren oder psychsich zu ertragen und in einer fatalistischen Weise, ohne jede Einflussmöglichkeit auf die Welt, die eigene Psyche, andere Personen, wie Du es annimmst, leben, dann ist doch Dein Engagement wollkommen sinnlos. Ich könnte ja nicht mal anders, selbst wenn ich wollte. Du allerdings auch nicht insofern wärst Du gezwungen immer wieder anzurennen und Dich zu ärgern.
Ansonsten wäre Dein Ärger auch so zu deuten, dass Du davon ausgehst, dass Menschen doch zu überzeugen sind und sich im Kontakt mit geeignet Argumenten freiwillig umentscheiden können.
Dr Fraggles hat geschrieben:Zudem sollte man sich doch eher daran orientieren was man wissen kann/könnte und nicht daran das was man nun mal weiss.
Nö. Das bringt nun gar nichts. Ich kann mich nicht an dem orientieren, was ich nicht weiß. Wie soll das gehen? Ich plane normal zur Arbeit zu fahren, gehe aber davon aus, dass ich von UFOs entführt werden könnte, aber auch, dass es eventuell gar keine UFOs gibt, dass meine Firma abgebrannt sein könnte, aber auch, dass sie nie abbrennen wird, dass es eine massiven außergewöhnichen Stau gibt, weshalb ich besser eine Umgehung fahre, aber auch, dass dieser Stau nicht stattfindet und so weiter und so fort. Das ist im besten Fall vollkommen überflüssig.
Dr Fraggles hat geschrieben:Unwissen schützt vor Strafe nicht, wie es so heisst, zumindest dann nicht wenn man das Wissen in Erfahrung hätte bringen können.
Das gilt juristisch, aber doch nicht ontologisch.
Erst willst Du das Konzept Strafe ganz abschaffen, weil Du meinst dies sei unhaltbar und würde nur niedere Instinkte bedienen (was ich nicht glaube), hier willst Du nun das Konzept Strafe ontologisch ausweiten, was, wenn man tatsächlich keine Wahl hätte, ein Ausdruck einer grundlegend sadistischen Auslegung der Welt wäre.
Keiner versteht die Spielregeln, aber für den Verstoß gegen sie wird man grausam bestraft. Im besten Fall kann man darauf hoffen, zufällig so programmiert zu sein, dass man den Spielregeln entsprechend unfrei denkt und handelt, ansonsten muss man ohne Einsichtsmöglichkeit in die Verfehlung büßen.
Das klingt nach Kafkas „Prozess“.
Dr Fraggles hat geschrieben:Falls ich dich richtig verstehe ist auch der, der gar nichts versteht ("ich muss nichts verstehn und entscheide legitim auf Grund meines Nichtwissens!") oder der völlig neurotische Mensch ein Kandidat um die kompatibilistischen Kriterien zu erfüllen.
Ja, zu einem gewissen Teil ist das so.
Was uns willensfrei macht, ist, dass wir unserem eigenen Willen, unseren Prämissen folgen können, nicht, dass wir allwissend sind, das sind wir nämlich nicht.
Wenn ich einer Theorie folge, die vollkommener Murks ist, dann irre ich mich, bezogen auf die Richtigkeit der Theorie, aber ich folge ihr freiwillig.
Da ich glaube, dass wir tatsächlich über freien Willen verfügen, würde ich, wenn ich sehe, dass eine Theorie nicht funktioniert (ich folge ihr, es tut sich aber nicht, was ich erwarte) die Theorie entweder modifizieren oder verwerfen, wenn ich glaube, dass ich gemäß der Theorie alles richtig gemacht habe.
Ich würde eine neue, verbesserte, erweiterte Theorie verfolgen. Ich glaube, dass man die Geschichte der Menschheit in weiten Teilen so deuten kann.
Dr Fraggles hat geschrieben:Unterstellt...den härtest möglichen (ich dachte du glaubtest auch an nicht-determiniertes Geschehen?), den härtest möglichen...das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, klingt wie eine zu keinem Kompromiss bereite Kampfansage...und dann ist man so enttäuscht, dass es nur Schall und Rauch war.
Noch mal: 1) Ich glaube nicht an eine lückenlos determinierte Welt, in der alles bereits feststeht, sei es aus göttlichem Willen oder einem vorgeschriebenem Ablauf der Natur, den man bereits ab dem Urknall hochrechnen könnte. Physikalisch ausgedrückt heißt das, dass ich nicht an ein realistisches Universum glaube, indem jedes Teilchen seinen festen, bestimmten Platz hat, da das Universum nicht lokal zu sein scheint, jedenfalls deuten die Experimente das an, was die Bellsche Ungleichung verletzt, wie oben im link dargestellt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Ungleichung2) Ich kann aber eine lückenlos determinierte Welt als Gedankenexperiment zulassen und fragen, welche Folgen das für die Willensfreiheit hätte und bei diesem Gedankenexperiment überzeugt mich der Kompatibilismus als logisch konsistent, der gedanklich die härtesten deterministischen Bedigungen (an deren Existenz ich aber nicht glaube) voraussetzt und selbst unter diesen Bedigungen sehe ich Willensfreiheit als möglich an, woraus für mich folgt, dass dies unter schwächeren Bedigungen erst recht möglich ist (jedoch scheint es sogar so zu sein, dass zu wenig Determinismus, die Willensfreiheit gravierend einschränkt).
Ich sehe nicht, das Punkt 1) und 2) sich logisch ausschließen.
Dass Du von ganz anderen Prämissen ausgehst, ist ja eine andere Geschichte.
Dr Fraggles hat geschrieben:Wenn du ihn dir härtest im Bewusstsein präsent halten würdest (das würde ich als härtest bezeichnen...wäre als Übung doch eine recht nette Idee), dann wird dir nur schon das Wort Kompatibilismus nicht mehr verständlich erscheinen, mit Sicherheit aber nicht als adäquaten philosophischen Freiheitsbegriff.
Weil ich dann was erkennen müsste?