Das maßlose Weltreich der Biologie

Beitragvon Klaus » Mi 11. Apr 2007, 17:48

Erst einmal herzlich Willkommen im Forum.
Ich rate aber auch davon ab, überheblich die Theologie und alles religiöse abzutun ("... etwas, das es gar nicht gibt..."). Nur das naturwissenschaftlich beschreibbare für existent zu halten, ist sehr naiv. Und diese Haltung kann auch leicht fundamentalistische Züge annehmen...

Niemand diskutiert hier überheblich über Theologie oder relgiöses. Dies ist ein Forum, nicht für Theologen und schon gar nicht für zutiefst gläubige Menschen. Und das naturwissenschaftliche, beschreibbare für existent zu halten ist nicht naiv, da hat etwas mit Realitätssinn zu tun.
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Beitragvon Kival » Mi 11. Apr 2007, 18:10

Ferdinand Knauß hat geschrieben:Das Verlangen nach "Fundierung" muss ich zurückweisen. Wenn ihr mit Geisteswissenschaftlern und Philosophen über nicht-materielle Dinge wie den Geist oder die Seele sprecht, könnt ihr keine naturwissenschaftlichen, empirischen Belege verlangen.

Und so ist es auch mit dem "Geist". Er ist eben gerade nicht materiell. Der Satz "Doch was sie (die naturwissenschaftler) in Genen und Gehirnen festmachen, ist nicht der Geist" ist ganz und gar keine Wortspielerei. Aber ich denke, das habe ich in meinem Haupttext und dem beigefügten Kasten im Detail ausgeführt.


Hallo Ferdinand,

Du machst hier Voraussetzungen, die weder bewiesen sind (das macht aber auch nichts), noch sich bewährt haben: Dass der Geist per se immateriell ist, behauptest Du einfach. Die naturwissenschaftliche _Methode_ bedeutet zunächst vor allem die Anerkennung der Letztbegründungsproblematik. Wenn erst einmal die Suche nach dem unauffindbaren archimedischen Punkt der Erkenntnis aufgehört hat, lässt sich diskutieren (außer wenn man die Meta-Meta-Diskussion nochmal aufbereiten will... bin ich auch gerne zu bereit). Die Methode des kritischen Rationalismus ist nicht nur für den naturwissenschaftlichen Bereich gültig, dort wurden sie nur recht schnell anerkannt. Deswegen nennen wir sie heute häufig natur-wissenschaftliche Methode, aber welche Argumente willst du denn anführen wenn nicht logische oder empirische? Der klassische Rationalismus, das rein rationale Spekulierne führt zu nichts, solange man nicht die empirische Überprüfungsinstanz (Falsifikationsmöglichkeit) anführt. Sonst kann man nämlich einfach alles behaupten. Prämissen aufstellen und deduktiv davon allerlei ableiten kann man immer, aber ohne Falsifikationsmöglichkeit, ohne Kriterien wie WIderspruchsfreiheit und so weiter, bleiben diese alle unvergleichbar nebeneinander stehen.

Den Wissenschaftsglauben, den du uns allen unterstellst, müssen wir nun erst einmal genauer betrachten: Warum vertrauen wir auf die Ergebnisse der Wissenschaft? Weil sie sicher wahr sind? Nein. Aber sie sind das beste, was wir haben.

Gruß,
Kival
Benutzeravatar
Kival
 
Beiträge: 575
Registriert: Di 6. Feb 2007, 22:16
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Nox » Mi 11. Apr 2007, 18:22

Ebenfalls Willkommen.

Ferdinand Knauß hat geschrieben:nach einem ausführlichen und abgeschlossenen Studium (Geschichte und Japanologie)

Na das sind doch mal Qualifikationen für einen Wissenschaftsredakteur...

Ferdinand Knauß hat geschrieben:Ich rate aber auch davon ab, überheblich die Theologie und alles religiöse abzutun

Warum? Rätst du auch dazu Astro"logie" o.ä. nicht einfach "überheblich" abzulehnen? Ist es nicht eher naiv, also leichtgläubig, ohne Veranlassung leichtfertig an etwas zu glauben?

Ferdinand Knauß hat geschrieben:Und so ist es auch mit dem "Geist". Er ist eben gerade nicht materiell.

Reine (naive) Spekulation...

Ist ja ok, ja sogar gut, dass du eine eigene Meinung hast. Auch als Journalist. Nur ist halt zu überdenken, wann man die eigene Meinung in einen Artikel packt - und über Kritik darfst du dich nicht wundern...
Nox
 
Beiträge: 347
Registriert: Di 19. Dez 2006, 19:51

Beitragvon Kival » Mi 11. Apr 2007, 18:51

Nox hat geschrieben:
Ferdinand Knauß hat geschrieben:nach einem ausführlichen und abgeschlossenen Studium (Geschichte und Japanologie)

Na das sind doch mal Qualifikationen für einen Wissenschaftsredakteur...


Die moderne Geschichtswissenschaft ist eigentlich ziemlich "naturalistisch"/wissenschaftlich ausgerichtet. Bei der Japanologie kenne ich mich nicht aus, aber da habe ich auch nichts schlechtes von gehört bisher.
Benutzeravatar
Kival
 
Beiträge: 575
Registriert: Di 6. Feb 2007, 22:16
Wohnort: Hamburg

Beitragvon Nox » Mi 11. Apr 2007, 19:40

Kival hat geschrieben:Die moderne Geschichtswissenschaft ist eigentlich ziemlich "naturalistisch"/wissenschaftlich ausgerichtet.

Kann sein. Von einem Wissenschaftsredakteur würde ich mir trotzdem erhoffen, dass er zumindest einige mathematisch-naturwissenschaftliche Vorlesungen hinter sich hat. (Vielleicht bald einen Bachelor? Für irgendwas muss der ja gut sein.)

Nicht, dass ich es erwarten würde. Dafür hab ich zuviel Mist in Zeitungen gelesen...
Außerdem: Wer wird mit einem Biologie/Chemie/Physikdiplom schon Journalist? Gibt es nicht so viele von würde ich annehmen.
Nox
 
Beiträge: 347
Registriert: Di 19. Dez 2006, 19:51

Beitragvon Andreas Müller » Mi 11. Apr 2007, 20:19

Willkommen Ferndinand,

also zunächst: Ich schreibe auch nicht anonym. Jeder weiß sowieso schon, dass ich Andreas Müller heiße und wer neu ist, kann es durch einen Klick auf meine Website (Signatur) erfahren. Alles kein Geheimnis. Überhaupt haben wir in diesem Forum überproportional viele Nutzer, die nicht anonym schreiben. Wir haben hier auch viele Schreiber, die eine vergleichbare Bildung genossen haben wie Sie, also nur so als Hinweis. Da sind schon einige darüber gestolpert. Alleine schon derjenige, der uns auf diesen Artikel hingewiesen hat, Dr. Michael Schmidt-Salomon, ist selbst ein Philosoph, also Geisteswissenschaftler.

Mir ist klar, dass ich euch als "brights" nicht von meinen Ansichten überzeugen kann


Das klingt ein bisschen abschätzig, daher kurz die Definition eines Bright: Ein Bright ist eine Person, die nicht an Übernatürliches glaubt und sich als Bright registriert hat, damit Teil einer naturalistischen Bewegung ist. Mehr vereint uns zunächst nicht, deshalb kann man uns schlecht in einen Topf werfen.

Die Weigerung, andere als naturwissenschaftliche Argumente zuzulassen


Gute Argumente jedweder Art sind immer willkommen. Gute Argumente.

Und diese Haltung kann auch leicht fundamentalistische Züge annehmen...


Fundamentalismus ist die wörtliche Auslegung eines "heiligen" Textes. Ich sehe nicht, was die Naturwissenschaft damit zu tun haben soll.

Mein Text, der hier diskutiert wird, ist ein philosophischer Essay, der meine persönliche Sicht der Dinge wiedergibt. Das ist Journalisten durchaus erlaubt.


Wenn man den Text als subjektive Sicht markiert ja, wenn er einen wissenschaftlichen Anspruch hat, nein. Aber das wissen Sie natürlich, also muss es sich um ein Missverständnis halten.

Wenn ihr mit Geisteswissenschaftlern und Philosophen über nicht-materielle Dinge wie den Geist oder die Seele sprecht, könnt ihr keine naturwissenschaftlichen, empirischen Belege verlangen.


Der Naturalismus ist eine Philosophie, also Geisteswissenschaft. Sowieso die Grundlage jeder Naturwissenschaft.
Der Punkt ist nur, dass wir einfach nicht an einen übernatürlichen "Geist" oder eine "Seele" glauben. Das tun wir deshalb nicht, weil es keine guten Gründe dazu gibt. Es hat noch niemals jemand, auf egal welche Art und Weise, die Existenz einer Seele nachweisen können. Warum also sollte man daran glauben?

Besten Dank in jedem Fall für euer Interesse!


Wenn Sie das interessiert, kann ich mir den Artikel noch einmal durchlesen und Ihnen mitteilen, was mir daran auffällt.
Andreas Müller
 
Beiträge: 2671
Registriert: So 10. Sep 2006, 23:17

Beitragvon Peter Janotta » Do 12. Apr 2007, 11:36

Allerdings bestätigen einige eurer Beiträge genau meine Kritk am Naturalismus (zu dem ihr euch offensichtlich alle bekennt): Die Weigerung, andere als naturwissenschaftliche Argumente zuzulassen.


Nein! Die eigenen Erfahrungen zum Beispiel stellen auch für jeden Bright eine Grundlage seiner Schlussfolgerungen und damit Ansichten dar. Trotzdem solte hinter jedem Schluss eine logische Kette von Überlegungen und Argumenten stehen. Tatsachen die sich mit naturwissenschaftlichen Methoden beweisen lassen nehmen bei der Meinungsfindung jedoch eine übergeordnete Rolle ein wenn sie mit sonstigen Überlegungen kollidieren, weil es sich bei ihnen eben nicht nur um eine Meinung handelt sondern ein objektiver Fakt ist. Außerdem bieten naturalistische Grundprinzipien wie das Sparsamkeitsprinzip(alias Ockhams Rasiermesser) oder die Regel dass Dinge die stark von dem täglich selbst wahrnehmbaren auch stärkere und mehr Hinweise auf deren Wahrheitsgehalt brauchen. Es wird mir zum Beispiel viele ohne weiteres Glauben, dass ich heute Morgen einen Kaffee getrunken habe (wenn es in meiner Umgebung nach Kaffee riecht) aber wenn ich erzähle ich wäre heute von einem UFO entführt worden, werden zurecht wesentlich stärkere Belge dafür verlangt. Diese Prinzipien haben sich in der Praxis als sehr wertvoll zur Wahrheitsfindung erwiesen.

Ich rate aber auch davon ab, überheblich die Theologie und alles religiöse abzutun ("... etwas, das es gar nicht gibt..."). Nur das naturwissenschaftlich beschreibbare für existent zu halten, ist sehr naiv. Und diese Haltung kann auch leicht fundamentalistische Züge annehmen...


Wir lehnen von vornherein Nichts völlig ab und erheben eben keinen dogmatischen Wahrheitsanspruch wie es die Religionen tun. Es zeigt sich aber, dass die Anzeichen, die gegen die "Wahrheiten" der Religionen stehen, ernom überwiegen gegenüber denen die für sie sprechen. Daher wird die Religion von vielen von uns abgelehnt.

Das Verlangen nach "Fundierung" muss ich zurückweisen. Wenn ihr mit Geisteswissenschaftlern und Philosophen über nicht-materielle Dinge wie den Geist oder die Seele sprecht, könnt ihr keine naturwissenschaftlichen, empirischen Belege verlangen.


Aber trotzdem muss es zumindest Anzeichen geben die diese These bestärken. Ansonsten sollte man keine Entscheidungen auf ein mehr als wackliges Thesengebäude gründen. Außerdem beschreiben Naturwissenschaften auch nicht-materielle Dinge wie Energien und Felder. Der Widerspruch mag aber vllt nur an einer unterschiedlichen Definition von materiel liegen.

Mit der pauschalen Polemik gegen einen vermeintlichen epistemologischen Allmachtsanspruch der Naturwissenschaften versuchen Geisteswissenschaftler gern, sich konkreter Kritik an fragwürdig gewordenen Konzepten zu erwehren.


Besonders bei mir in Bayern fällt es mir bei den ganzen Konkordatslehrstühlen immer schwerer die Geisteswissenschaften ernst zu nehmen. Allerdings möchte ich auch ausdrücklich sagen, dass es Geisteswissenschaftler gibt die den Namen "Wissenschaftler" zurecht tragen.
Benutzeravatar
Peter Janotta
 
Beiträge: 1492
Registriert: Mo 26. Mär 2007, 10:53
Wohnort: Würzburg

Beitragvon Falk » Do 12. Apr 2007, 21:36

@Ferdinand Knauß
Wenn ihr mit Geisteswissenschaftlern und Philosophen über nicht-materielle Dinge wie den Geist oder die Seele sprecht, könnt ihr keine naturwissenschaftlichen, empirischen Belege verlangen.

Und so ist es auch mit dem "Geist". Er ist eben gerade nicht materiell.


Moment. Sie meinen, der Naturalismus könne "leicht" auch fundamentalistische Züge annehmen? Und dann schreiben Sie sowas? Stellen eine Behauptung einfach so als Tatsache hin? Wie genau definieren Sie "fundamentalistisch"? :schiefguck:
Aufgrund meines Philosophiestudiums kann ich ihnen versichern, daß fast alle Philosophen, die sich aktuell mit der Philosophie des Geistes beschäftigen, empirische Belege sehr wohl für möglich halten - ja, vielfach sogar danach suchen.

Ich persönlich, und da bin ich unter Naturalisten beileibe nicht allein, halte es durchaus für möglich, daß es Dinge gibt, die naturwissenschaftlich nicht beschreibbar sind. Aber bisher gibt es keinerlei Grund, anzunehmen, daß es so etwas gibt. Es ist nämlich - und viel plausibler - auch möglich, daß es keine Dinge gibt, die naturwissenschaftlich nicht beschreibbar sind.
Ich halte also beides für möglich. Sie hingegen schließen eine Möglichkeiten von vornherein aus.

Also - was bitte meinen Sie mit "fundamentalistisch"?

Übrigens ein Danke dafür, daß Sie hier mitdiskutieren - das finde ich sehr gut! Es istd as Gegenteil von "fundamentalistisch", weswegen ich hoffe, daß Sie auch bzgl. der Frage nach dem Geist ihre fundamentalistische Haltung aufgeben könnten. :)
Benutzeravatar
Falk
 
Beiträge: 754
Registriert: So 10. Sep 2006, 20:45
Wohnort: Mainz

Beitragvon Kival » Do 12. Apr 2007, 22:13

Falk hat geschrieben:Übrigens ein Danke dafür, daß Sie hier mitdiskutieren - das finde ich sehr gut! Es istd as Gegenteil von "fundamentalistisch", weswegen ich hoffe, daß Sie auch bzgl. der Frage nach dem Geist ihre fundamentalistische Haltung aufgeben könnten. :)


Dem möchte ich mich anschließen: Ich begrüße es sehr, wenn sich jemand der Kritik stellt.
Benutzeravatar
Kival
 
Beiträge: 575
Registriert: Di 6. Feb 2007, 22:16
Wohnort: Hamburg

Vorherige

Zurück zu Philosophie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 23 Gäste