Zappa hat geschrieben:Normen gründen auf Tatsachen und dürfen diesen nicht widersprechen, weswegen für mich Hinweise auf solche Widersprüche normativ argumentatorischen Charakter haben, lassen sich aber nicht mit Tatsachen allein begründen. Insofern ist Sollen nicht gleich Sein, aber entsteht aus ihm und der Unterschied ist aus meiner Warte recht klein und nicht so relevant (Popper möge mir verzeihen).
Zappa hat geschrieben:Mein Problem mit dem NF als Argument ist, dass er natürlich sehr leicht zu supranaturalistischen Fehlschlüssen verführt: Da das Sollen nicht aus dem (natürlichen) Sein folgen kann, müsse es angeblich aus übernatürlichen Quellen kommen. Ein sehr beliebtes religiöses Argument.
Zappa hat geschrieben:Für mich folgt Sollen natürlich aus dem Sein, nämlich im Rahmen einer Handlungentscheidung oder eines Handlungsvorschlages (beides im Moment ihrer Umsetzung Tatsachen) unter Bezug auf menschengemachte Normen. Letztere sind keine natürlichen, sondern kulturelle Tatsachen.
Zappa hat geschrieben:Konnte ich mich einigermaßen verständlich machen?
Zappa hat geschrieben:Soziale Normen zeichnen sich ja dadurch aus, dass gegen sie im Gegensatz zu Naturgesetzen verstoßen werden kann.
Entweder rennt man da komischen Philosophen nach oder man leidet wirklich an einer Depression. Es gibt leider einige wenige offenbar vollkommen ausweglose Depression, aber das sind die wenigen allerschlimmsten Fälle.xander1 hat geschrieben:Mal nicht zum Downsyndrom: Aber bei einigen psychischen Erkrankungen mit Erbfaktor ist es so, dass im Leben verteilt unterschiedlich stark ausgeprägt ist, dass man Lebensmüde ist und sich wünscht nie geboren worden zu sein.
Nanna hat geschrieben:Was meinst du damit, dass Normen auf Tatsachen gründen (ich interpretiere es mal als physische Existenz und sage unten was dazu, kann aber sein, dass du es ganz anders meintest)? Vielleicht hast du ein Beispiel, an dem du das erläutern kannst?
Nanna hat geschrieben:Das Is-Ought-Problem besagt nun mal, dass zwischen Sein und Sollen keine (direkte) logische Verknüpfung besteht, was die gegenseitige Ableitbarkeit angeht. Es geht hier wohlgemerkt um die logische Struktur normativer Argumentationen, nicht um die Feststellung, dass auch für die Existenz von Normen die Existenz der physischen Welt eine notwendige Voraussetzung darstellt. Das ist richtig, aber trivial, und gilt für alle Begriffe, Ideen und Abstraktionen.
Nanna hat geschrieben: Anscheinend gehst du davon aus, die Hinweise auf den naturalistischen Fehlschluss gingen mit der Annahme einher, eine Norm sei etwas außerphysisches, das ähnlich einem unbewegten Beweger auf die materielle Welt einwirken würde.
Nanna hat geschrieben: Mein Verdacht ist, dass der naturalistische Fehlschluss so populär ist, weil sich Normen so schlecht ins Verständnisraster eines empirisch-naturwissenschaftlich gefärbten Denkens einpassen lassen (die Nennung von Hermeneutik löst ja da leider regelmäßig akute Anfälle von Ekelgefühlen aus). Das hat meines Erachtens viel damit zu tun, dass Begründen, Argumentieren, Interpretieren, Verstehen ein dynamischer, kontextueller Prozess ist, also nur über die Zeit und nur holistisch betrachtet werden kann. Aus der Empirie ist man ja im wesentlichen ein statisches Weltbild mit isolierten Faktoren gewohnt, und vielleicht hebst du deshalb auch darauf ab, dass "im Moment ihrer Umsetzung" (isolierter, statischer Querschnitt!) Normen als Tatsachen existieren. Das stimmt zwar, ist aber für den Begründungsprozess von Normen wiederum eine wertlose Feststellung, weil jede Aussage, egal ob normativ oder deskriptiv, während sie getätigt wird, eine Tatsache ist. Nur was folgt daraus? Dass die Aussage "1+1=5 weil Angela Merkel vom Mars kommt" im Augenblick ihrer Äußerung Faktizität besitzt, ist klar, sagt aber nichts darüber aus, ob die Aussage gut begründet, plausibel, logisch konsistent etc. ist. Sowas kann nur von innerhalb des interpretierenden Prozesses entschieden werden und nicht dadurch, dass man von "außen" misst, wann welche Aussage mit welchen Buchstabenfolgen, in welcher Lautstärke usw. geäußert wurde. Das erzeugt zwar Tatsachenwissen über die physischen Seins-Bedingungen der Aussage, aber keines über ihren diskursiven Gehalt. Und ich glaube, dass da naturwissenschaftlich denkende Menschen sehr schnell (und fälschlicherweise) davon ausgehen, jemand hätte einen Dualismus und eine geistige Parallelwelt zur physischen postuliert, und würde dadurch irgendwie dem Übernatürlichen Tür und Tor öffnen. Das folgt aber nicht, nur weil Diskurse, Begründungen, Normen etc. sich nicht mit klassischen positivistischen Methoden analysieren lassen.
Jounk33 hat geschrieben:Nunja, das meine ich im grossen ganzen. Die Probleme die mittlerweile viele Alte (also Rentner) mit dem Alter haben kommt einerseits davon weil man mit verringerten Leistungsfähigkeiten keinen wirklichen Sinn mehr für sich selbst entdecken kann. Eben deshalb weil die Akzeptanz gegenüber Behinderung und Krankheit und Alter allgemein gesellschaftlich absinkt. Wer krank wird steht erst mal leicht unter Verdacht falsch zu leben, wer im Alter deutlich an Leistung und Attraktivität einbüst, dem wird nicht selten zu Vorwurf gemacht er hätte zu wenig Sport und Aktivität ausgeübt. Das sind jetzt zwei beispiele die mittlerweile bereits aktiv in der Gesellschaft Bestand haben und Anwendung finden um (gebrechliche) Alte sozial unsichtbar zu machen und ausserhalb der "normalen" Gesellschaft nurnoch sichtbar sein sollen. Gebrechen, Krankheit und sichtbares Alter wird dem Betroffenen immer mehr zum Vorwurf gemacht, anstatt das so zu akzeptieren oder respektieren wie es ist, dass das das Leben und das Alter eben mit sich bringen kann und wahrscheinlich auch mitbringt. Demzufolge sinkt auch stark der Respekt vor dem Alter, oder Verständnis und Hilfsbereitschaft für Krankheit und Behinderung.
Der wirtschaftliche und soziale Druck könnte dafür sorgen, dass wir uns neue Modelle des Zusammenlebens überlegen, die den Charakter von Wahlverwandtschaften, einem Dorf in der Stadt, Mehrgeneartiopnsnhäusern oder -siedlungen und einer gemächlichere Lebensführung haben.Jounk33 hat geschrieben:Wenn jetzt wieder ernsthaft diskutiert wird, dass es doch besser sei zu erwartende Behinderungen abzutreiben, dann bestätigt das irgendwie meine Beobachtung, dass nicht normgerechte Leben zum "Fall" werden und aus dem Bereich von normgerechten Leben ausgegliedert werden sollen. So halt, damit die Normgerechten nicht mit ihrerm eigenen sicheren Zerfall kontfrontiert werden.
Gibt's da nicht was von Ratiopharm?Jounk33 hat geschrieben:Deshalb sind immer mehr Alten immer mehr unglücklich. Deshalb gelingt es auch immer wenigeren Menschen im Alter irgendwie Frieden und Klarheit mit ihrem gelebten Leben und der Welt zu finden, nun und dann werden die halt echt problematisch.
Lumen hat geschrieben:Sollte eine Droge zugelassen werden, die Menschen wieder auf das geistige Niveau eines 8 jährigen versetzt, diese Menschen aber glücklich macht, obwohl sie z.T. starke Einschränkungen ihrer Seh- und Hörfähigkeit erleben und nach etwa 30 Jahren ihre Sprachfähigkeit ganz verlieren können?
Wikipedia hat geschrieben:Die Weltregierung beschloss daher eine langfristige friedliche Reformation. Um eine fortwährend glückliche und wohlhabende Gemeinschaft zu schaffen, wurde Propaganda gegen die natürliche Fortpflanzung gemacht und die ersten Brut- und Aufzuchtzentren geschaffen. Diese Kampagne beinhaltete auch das Schließen sämtlicher Museen, die Zerstörung aller Denkmäler und das Verbot aller vor dem Jahr 150 A.F. verfassten Bücher. Der Roman spielt im Jahr 632 A.F., zu einer Zeit, in der sich der Weltstaat vollständig etabliert hat und fast alle Menschen auf der Erde unter seiner Kontrolle stehen. Es herrscht ein totalitäres, jedoch nicht gewalttätiges politisches System. Ein Relikt der alten „primitiven“ Kultur wird in einem kleinen isolierten Reservat von der Weltregierung geduldet. Die Menschen im Reservat leben in einer traditionellen Stammeskultur, die natürliche Lebensvorgänge wie Geburt, Krankheit und Altern einschließt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6 ... _Weltstaat
Immanuel Kant hat geschrieben:AUFKLÄRUNG ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung freigesprochen [A482] (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt usw., so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen. Daß der bei weitem größte Teil der Menschen (darunter das ganze schöne Geschlecht) den Schritt zur Mündigkeit, außer dem daß er beschwerlich ist, auch für sehr gefährlich halte, dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben. Nachdem sie ihr Hausvieh zuerst dumm gemacht haben und sorgfältig verhüteten, daß diese ruhigen Geschöpfe ja keinen Schritt außer dem Gängelwagen, darin sie sie einsperreten, wagen durften, so zeigen sie ihnen nachher die Gefahr, die ihnen drohet, wenn sie es versuchen, allein zu gehen. Nun ist diese Gefahr zwar eben so groß nicht, denn sie würden durch einigemal Fallen wohl endlich gehen lernen; allein ein Beispiel von der Art macht doch schüchtern und schreckt gemeiniglich von allen ferneren Versuchen ab.
http://www.uni-potsdam.de/u/philosophie ... fklaer.htm
Zappa hat geschrieben:Das heißt Normen sollen möglichst wenig spekulativ begründet werden, vielmehr durch Tatsachen begründbar oder zumindest nicht falszifizierbar sein. Beim Thema Abtreibung sind Normen wie, "mit der Empfängnis wird dem Kind ein (göttliche) Seele eingehaucht" oder "bis zur Geburt (x-ten Woche) hat das Kind kein Selbstbewusstsein/kein Schmerzempfinden" rein spekulative Aussagen und Normen, die darauf gründen (pro bzw. contra Abtreibung) rein spekulative Normen. Ich würde es immer vorziehen nach tatsächlichen Begründungen (Hinweise auf die Existenz von Seele, Schmerzreizen oder Bewusstsein) zu suchen.
Zappa hat geschrieben:Ich bin mir da nicht so ganz sicher. Ist es nicht so, dass Sollenssätze falszifizierbar sind, wenn sie Tatsachen (Sein) widersprechen? Natürlich kann ich aus dem Sein nicht (induktiv) einen Sollenssatz direkt ableiten, genausowenig kann ich aber rein spekulativ (deduktiv) vorgehen.
Zappa hat geschrieben:Mir ist die Verbindung zwischen der nicht rein physischen Norm und der materiellen Welt ein wichtiges Anliegen.
Zappa hat geschrieben:Woher kommt der Wahrheitsanspruch, wenn er sich nicht auf real existierende Tatsachen beziehen kann? Widerspruchsfreiheit reicht ja nicht, reicht diese in Kombination mit Nützlichkeit? Und wenn ja, wie ist Nützlichkeit definiert?
Zappa hat geschrieben:Ich gebe zu, das ich Anhänger der absolutistischen Wahrheitstheorie bin ("ein Satz ist nur dann wahr, wenn er mit den Tatsachen übereinstimmt"), insofern ist es für mich wichtig zu verstehen, was eine sprachliche und was eine normative Tatsache ist, im Sinne von wahr und nicht einfach nur "hervorgebracht". Wird aus einer Sprachlichen Aussage eine "wahre" Aussage z.B. eine gültige Norm, wenn sie einen gewissen hermeneutischen Prozess erfolgreich abgeschlossen hat?
Nanna hat geschrieben:"Spekulation" ist bei Normen der falsche Ausdruck, weil Normen immer menschengemachte Konstrukte sind. Normen existieren in dem Augenblick, in dem sie jemand aufstellt, sie sind insofern nie spekulativ. Sie ähneln in vielerlei Hinsicht, auch formallogisch, der Definition, sind im weiteren Sinne sogar welche, weil ein bestimmtes Verhalten als wünschens- oder vermeidenswert definiert wird. Spekulationen können sich dagegen nur auf Tatsachenwissen, also auf Deskriptionen von empirischen Tatsachen beziehen.
Vollbreit hat geschrieben:Begründet mit dem Blick auf ein Ziel: „Wir wollen x, weil ...“
Dabei kann es sein, dass man seine Lehren aus schlechten Erfahrungen der Vergangenheit zieht, aber es kann auch der Blick Zukünftiges, Erstmaliges, Prinzipielles sein: „Wir wollen verhindern, dass y.“
Vollbreit hat geschrieben:Aber der Rückgriff auf das biologische Sosein des Menschen oder das Verhalten der Paviane oder Graugänse ist für die Forschung interessant, nicht für die Ethik.
Vollbreit hat geschrieben:Natürlich spielt das über Bande eine Rolle. Da sich die meisten Lebenwesen bei 800°C nicht so wohl fühlen, sollte man sie nicht in solche Situationen bringen, klar, und oft ist das Ziel implizit klar, wenn man feststellt, dass giftige Schwermetalle im Kinderspielzeug sind, muss man keinen umständlichen Diskurs darüber führen, der zum Inhalt hat, dass man erst mal formuliert, dass man Kleinkinder nicht schädigen sollten, weil davon alle ausgehen.
Vollbreit hat geschrieben:Aber ethische relevante Diskussionen finden ja unter Experten statt und da ist die genaue Begründung und die Vermeidung von Fehlschlüssen ein zu forderndes Kriterium, so wie Du ja im Rahmen der Wissenschaft auch bestimmte Standards als unhintergehbar festgesetzt sehen willst. Warum forderst Du hier weniger als Du haben könntest?
Ja, für viele Bereiche, weshalb man, bei Entscheidungsfindungen und Klärung, was zu tun und ob was zu tun ist, gut daran tut diverse Wissenschaftler zu befragen.Zappa hat geschrieben:Aber grade bei der Folgeabschätzung spielt doch das (zukünftige) Sein wieder die entscheidende Rolle. Im Übrigen ist es ausgesprochen sinnvoll eine methodisch möglichst gute Folgeabschätzung abzuliefern, womit wir wieder beim zunehmenden Einfluss (Natur)wissenschaftlicher Methoden wären (s.zB. Klimawandel).
Ist m.E. ein ebenso schlechtes wie gefährliches Argument.Zappa hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Aber der Rückgriff auf das biologische Sosein des Menschen oder das Verhalten der Paviane oder Graugänse ist für die Forschung interessant, nicht für die Ethik.
Sehe ich so apodiktisch als Fehlschluss an
Die Beobachtung z.B. dass Homosexualität in der Natur durchaus vorkommt hat einen relevanten Einfluss auf die Homosexualitätsdebatte gehabt, natürlich vor allem weil Gegner mit dessen Unnatürlichkeit argumentiert hatten.
... der jetzt als Transhumanismus wie der Phönix aus der Asche entsteht?!Zappa hat geschrieben:Die Beobachtungen von Piaget haben doch durchaus zum Verständnis der menschlichen Moralentwicklung beigetragen, die evolutionäre, genetische und verhaltensmäßige hochgradige Verwandschaft der menschlichen "Rassen" war ein wichtiges Argument gegen Rassismus etc. pp.
Im Allgemeinen werden sie gegenüber der Logik als nachrangig angesehen.Zappa hat geschrieben:Begründungen haben für mich sowieso notwendig einen Seinsbezug, aber das ist nur meine persönliche Meinung. Das aber Begründungen mit Seinsbezug eine besondere argumentative Kraft haben, kann doch nicht bestritten werden.
Du hast den Vor- oder Nachteil, dass für Dich viele Forderungen bereits als ethisch relevant feststehen, die für andere überhaupt nicht feststehen.Zappa hat geschrieben:Aber das geht doch viel weiter! Das Kinder eine Bezugsperson brauchen spielt bei der Betreuung von Waisen eine Rolle, das Hühner scharren wollen bei der Tierhaltung (wenn auch noch viel zu wenig), das Hunde Empathie aufbringen bei europäischen Ernährungstabus etc. pp.
Zappa hat geschrieben:Vollbreit hat geschrieben:Aber ethische relevante Diskussionen finden ja unter Experten statt und da ist die genaue Begründung und die Vermeidung von Fehlschlüssen ein zu forderndes Kriterium, so wie Du ja im Rahmen der Wissenschaft auch bestimmte Standards als unhintergehbar festgesetzt sehen willst. Warum forderst Du hier weniger als Du haben könntest?
Zunächst einmal ist das kein Expertenrefugium, natürlich gestehe ich auch hier Experten einen größeren Einfluss zu, aber entscheiden muss ich mich täglich!
Finde ich auch interressant und wird ja als geradezu konstitutiv für unser menschliches Sosein angesehen: Das Geben und Nehmen/Verlangen von Gründen. Schon hier würde ich fragen, was es denn nun für uns bedeuten soll, dass das für Buntbarsch, Eichhorn und Orang-Utan überhaupt keine Rolle spielt.Zappa hat geschrieben:Hinzu kommt - ich hatte das schon mal gepostet -, das die meisten moralischen "Entscheidungen" offenbar spontan-intuitiv, quasi instinktiv ablaufen, was bei einem sozialen Wesen evolutionär natürlich hochgradig Sinn macht. Die rational Expertise wird meist nachgeliefert, ist aber interessant dass wir das zu brauchen scheinen.
„Intuitiv“ fällt ja durchaus mit tradierten Normen zusammen. Man meint es sei intutiv, in Wirklichkeit sind es kulturelle Klischees.Zappa hat geschrieben:Mal Butter bei die Fische: Was schätzt Du wieviel Prozent deiner moralischen Entscheidungen werden durch ethische Experten beeinflusst, wieviel durch tradierte Normen und wie viele Fälle intuitiv? Ich sag mal spontan für mich: 5, 50 und 45%!
Es ist ja in Foren oft so, dass man bei anderen das Gefühl hat, dass man zwar nicht derselben Meinung ist, aber ich bin mir fast sicher, dass wir in sehr vielen Fällen der Lebenspraxis, ähnlich entscheiden würden.Zappa hat geschrieben:Insgesamt, ich bleibe dabei, hat das Ganze viel mehr mit Sein als mit Sollen zu tun: Vom Entscheidungshintergrund, über die Entscheidung selber bis hin zur Folgeabschätzung praktisch nur Sein. Nur die rationale und emotionale (Über Ich und so) Begründung hat was mit Sollen zu tun, aber wie viel davon ist in Wirklichkeit als Sollen empfundenes Sein?
Für die theoretische Debatte bleibt der Unterschied zwischen Sein und Sollen weiter relevant, er ist aber mehr graduell als absolut und ich weiß nicht wie groß seine Rolle in der Praxis wirklich ist ...
Die rationale und phantasievolle Analyse der Folgen einer ethischen Theorie zeigt eine gewisse Analogie zu der Methode der Wissenschaft. Denn auch in der Wissenschaft nehmen wir eine abstrakte Theorie nicht deshalb an, weil sie an und für sich überzeugend ist. Wir entschließen uns vielmehr, sie anzunehmen oder abzulehnen, nachdem wir jene konkreten und praktischen Folgen untersucht haben, die durch ein Experiment direkt geprüft werden können. Aber es besteht ein grundlegender Unterschied. Im Fall der wissenschaftlichen Theorie hängt unsere Entscheidung von den Ergebnissen der Experimente ab. ... Aber im Fall einer ethischen Theorie können wir ihre Ergebnisse nur mit unserem Gewissen konfrontieren. Und während die Entscheidung der Experimente nicht von uns abhängt, hängt die Entscheidung des Gewissens von uns selbst ab.
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