Aufrechter Gang

Aufrechter Gang

Beitragvon arcalexx » Di 28. Dez 2010, 15:37

Welche Theorien kennt ihr denn darüber, warum unsere Vorfahren zunehmend auf den aufrechten Gang umgestiegen sind? Dass das Klima sich geändert hat und Savannen anstelle dichter Wälder entstanden, dürfen wir glaube ich alle voraussetzen. Aber dann?
Ich kenne folgende Varianten:

1. Man konnte über das hohe Gras in der Savanne besser gucken.
2. Man hatte den hitzeempfindlichen Kopf weiter weg vom glühend heißen Boden und konnte sich daher länger und problemloser im "Freien" aufhalten.
3. Man sparte Energie, da der aufrechte Gang effizienter ist als das Krabbeln auf vier Beinen
4. Man hatte Hände frei für Aktivitäten, die das Überleben begünstigten (allerdings nicht Werkzeuge bauen, denn das kam Jahrmillionen später)

Jedesmal, wenn ich was darüber lese / sehe, kriege ich etwas anderes zur Erklärung. Weiß jemand, was der aktuell "herrschende Stand" der Forschung ist? :book:
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon stine » Di 28. Dez 2010, 16:35

Ich plädiere für 4.
Nahrung mit den Händen aufzunehmen und diese vor dem Essen zu prüfen, statt direkt vom Boden fressen zu müssen oder die Hände frei zu haben, um einfache Hilfsmittel bedienen zu können ist schon was, was sich bewährt hat.
Also mir gehts damit besser! :mg:
Ob das allerdings die wissenschaftlichen Erkenntnisse deckt, weiß ich auch nicht.

LG stine
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon Zappa » Di 28. Dez 2010, 17:07

Falsche Frage: Der aufrechte Gang "entwickelt sich nicht, weil" sondern er entsteht zufällig und ist dann entweder von evolutionärem Vorteil, Nachteil oder nur neutral.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon Entität » Mi 29. Dez 2010, 01:05

:mg: die beste "ernsthafte" Theorie zum aufrechten Gang, aus Dawkins Gotteswahn (habe mein Exemplar leider momentan verliehen darum kein direkt Zitat).

Stern.de hat geschrieben:Bei der Frage, wie der Affe auf die Beine gekommen ist, gibt es beispielsweise die Penis-Theorie. Sie besagt, dass der Affe nur deshalb auf zwei Beinen geht, damit das Männchen die Pracht seines Geschlechts präsentieren und das Weibchen sie besser verbergen kann.

http://www.stern.de/wissen/natur/richar ... 42163.html

noch Fragen? :mg:


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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon Arathas » Mi 29. Dez 2010, 09:35

stine hat geschrieben:Ich plädiere für 4.
Nahrung mit den Händen aufzunehmen und diese vor dem Essen zu prüfen, statt direkt vom Boden fressen zu müssen oder die Hände frei zu haben, um einfache Hilfsmittel bedienen zu können ist schon was, was sich bewährt hat.


Nur: Wenn man sich viele Affenarten ansieht, die auf allen Vieren laufen, dann setzen die ihre Hände auch genau dazu ein. Man muss also nicht aufrecht gehen, um diesen Vorteil seiner Hände zu nutzen.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon arcalexx » Mi 29. Dez 2010, 19:31

Zappa hat geschrieben:Falsche Frage: Der aufrechte Gang "entwickelt sich nicht, weil" sondern er entsteht zufällig und ist dann entweder von evolutionärem Vorteil, Nachteil oder nur neutral.


Für Dich paraphrasiert: Welchen Vorteil brachte der zufällig entstandene aufrechte Gang?

@ Entität: Diesen Teil habe ich wohl überlesen... :mg:
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon Zappa » Do 30. Dez 2010, 16:12

arcalexx hat geschrieben: Für Dich paraphrasiert: Welchen Vorteil brachte der zufällig entstandene aufrechte Gang?


Na, einen Selektionsvorteil halt :mg:

Es gibt IMHO keine wirklich gute Methode um im Nachhinein festzustellen, worin denn nun im konkreten Fall, d.h. bei wohl einer Primatenpopulation in Afrika vor Jahrmillionen, der konkrete Selektionsvorteil lag. Darüber lässt sich allenfalls trefflich spekulieren.

An Spekulationen kenne ich: die bessere Übersicht in der Savanne, der Vorteil der weniger spezialisierten Hand (vom Greifwerkzeug zum Allrounder), der Vorteil der ausdauernden Fortbewegungsmöglichkeit in der Ebene (Sammler und Verfolgungsjäger) und die Möglichkeit durch die Größe Eindruck auf Raubtiere auszuüben (d.h. weniger oft gefressen zu werden). Es gibt aber sicher noch zig andere.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon mat-in » Do 6. Jan 2011, 09:51

Um seinen Kopf höher über den heißen Boden zu heben???

Zunächst mal sollten wir feststellen das es kein riesenvorteil sein kann, sonst wären es nicht so wenige Arten die es können und so viele die auf 4 und mehr Beinen laufen. Man ist sowohl stabiler als auch schneller als auch weniger Energieintensiv auf 4 Beinen (wenn man jetzt nicht gerade einen Schimpanen der sich abmüht auf zwei und einen Menschen der auf allen vieren geht vergleicht). Werkzeuge haben unsere Vorfahren meines Wissens noch keine bzw. höchstens auf Schimpanenlevel benutzt damals.

Was bleibt? Erhöhte Transportkapazität beim Nahrung und Kinder rumtragen, was letzten Endes Arbeitsteilung, etc. ermöglichen soll. Meinetwegen auch die Übersicht über die Savanne, aber das allein reicht wohl kaum als Vorteil wenn man sich auch nen baum suchen kann.

Der Rest? Da wurde und wird munter von allen Seiten spekuliert, abschließend klären werden wir es aber nie können (Zeitmaschine und viel Ruhe zum Jahrtausendelang beobachten mal ausgeschlossen).
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon stine » Do 6. Jan 2011, 11:55

Soviel ich verstanden habe, ist Evolution nicht der Vorteil, der sich durchsetzt, sondern der Erhalt dessen, was kein Nachteil ist.
Es war also kein Nachteil, auf zwei Beinen laufen zu können (müssen).
Und die Zweibeiner konnten deswegen andere Fertigkeiten entwickeln, als die Vierbeiner, da sie die Hände frei hatten.
Wenn es kein Nachteil war, langsamer forwärts zu kommen, gab es vielleicht in dieser Zeit der Menschwerdung keine Fressfeinde?
Vielleicht war der Mensch in seiner Region damals überhaupt der einzige Fressfeind für andere Tierarten?
Durch die freien Hände konnte er seine Jagdmethode ständig verbessern und der aufrechte Gang war immer weniger ein Nachteil.

LG stine
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 6. Jan 2011, 12:51

stine hat geschrieben:Soviel ich verstanden habe, ist Evolution nicht der Vorteil, der sich durchsetzt, sondern der Erhalt dessen, was kein Nachteil ist.
Es ist oft nur eine Frage der Betrachtung, des Standpunktes und so oder so nicht ganz richtig. Der Spruch nicht Vorteil sondern nur kein Nachteil sollte nur Zielgerichtetheit, die viele Laien oder auch Halb-IDler gerne sehen, etwas die Grundlage rauben.
Außerdem lässt sich mit "kein Nachteil" auch eine erbliche Veränderung erklären, die eben tatsächlich keinen Vorteil bietet bzw. wir (noch?) keinen erkennen können, wie zum Beispiel manche leichte oder weniger leichte farbliche Veränderungen getrennt lebender Populationen einer Art, deren Lebensraum uns aber gleichartig erscheint.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon arcalexx » Do 6. Jan 2011, 16:15

stine hat geschrieben:Wenn es kein Nachteil war, langsamer forwärts zu kommen, gab es vielleicht in dieser Zeit der Menschwerdung keine Fressfeinde?
Vielleicht war der Mensch in seiner Region damals überhaupt der einzige Fressfeind für andere Tierarten?
LG stine


Soviel ich weiß, gab es auch damals schon große Raubkatzen á la Löwe, Leopard etc. Auch Hyänen und ähnliches Vieh waren für die kleingewachsenen Affen in der Savanne gelegentlich eine Lebensgefahr.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon Zappa » Do 6. Jan 2011, 18:34

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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon Zappa » Do 6. Jan 2011, 18:41

mat-in hat geschrieben:Man ist sowohl stabiler als auch schneller als auch weniger Energieintensiv auf 4 Beinen ...


Nach sowas hatte ich nämlich gesucht: http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-8301-2008-06-02.html

Hatte ich mal irgendwo gelernt/gelesen: Zweibeingang kann durchaus energieeffizienter sein als Vierbeingang. Ein evolutionärer Vorteil könnte auch nach hunderttausenden Jahren von Evolution die besserer Befähigung zur Verfolgungsjagd sein (meines Wissens nach schafft nur der Mensch den Triathlon, ist also der ideale Ausdauerjäger).

Aber wie gesagt: Nach allem was wir wissen wird es einen Selektionsvorteil gegeben haben müssen, welcher das genau war ist im Nachhinein schwer bis gar nicht heraus zu finden.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon mat-in » Do 6. Jan 2011, 20:46

Ich bin ja bei so seiten immer mal versucht zu fragen welche Forschung... wenn da ohne Quellenangabe steht "neueste forschung hat gezeigt, daß sich aus dem affen kein aufrechter gang entwickeln konnte"... ich meine, die machen da gleich drei fehler in nur einem Satz! Muß man bei sowas nicht was sagen?
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon JustFrank » Mo 17. Jan 2011, 20:01

Die Leute hatten es satt mit den Händen in Dinosauriersch... herum zu tappen. Wusste Otto Waalkes schon vor 25 Jahren.

Ich würde aber auch für die 4 plädieren, weil es den größten Vorteil gegenüber anderen Arten bedeutet. Aufrecht hat man zudem mehr Überblick, was in Gebieten mit hohem Bodenbewuchs ja durchaus eine Anpassungsstrategie sein kann. Und wenn ich es richtig sehe, sind wir ja während unserer frühen Entwicklung hauptsächlich durch Wälder und Savannen gekrabbelt.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon arcalexx » Fr 28. Jan 2011, 17:33

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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon mat-in » Fr 28. Jan 2011, 21:38

Yeah! Danke schön :)
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon platon » Fr 4. Feb 2011, 23:32

zappa hat es schön gesagt: Es gibt keine Gründe für die Evolution. Wer nach Gründen fragt, warum sich dies und jenes so und nicht anders entwickelt hat, wird die Evolution genausowenig verstehen wie die Kreationistendumpfbacken. Evolution ist nicht vorherzusagen und oft nicht einmal im Nachhinein zu verstehen, weil die Umweltbedingungen, die einen Selektionsvorteil ergaben, nicht mehr existieren. Was ohne Zweifel feststeht ist, dass Evolution aus der zufälligen Mutation und der zielorientierten Selektion besteht. Und wie stine richtig gesagt hat, setzen sich nicht nur die vorteilhaften Entwicklungen durch, sondern es kann alles erhalten bleiben, was keinen Nachteil hat. Die Entwicklung zum Komplexen ist wahrscheinlich, aber nicht zwingend notwendig. Je nach Umweltbedingungen kann auch Komplexitätsreduktion ein Selektionsvorteil sein.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon Superbright » Fr 17. Aug 2012, 14:13

arcalexx hat geschrieben:1. Man konnte über das hohe Gras in der Savanne besser gucken.
2. Man hatte den hitzeempfindlichen Kopf weiter weg vom glühend heißen Boden und konnte sich daher länger und problemloser im "Freien" aufhalten.
3. Man sparte Energie, da der aufrechte Gang effizienter ist als das Krabbeln auf vier Beinen
4. Man hatte Hände frei für Aktivitäten, die das Überleben begünstigten (allerdings nicht Werkzeuge bauen, denn das kam Jahrmillionen später)

Auf jeden Fall hat sich der aufrechte Gang vor der enormen Grössenentwicklung des Hirns vollzogen. Da die Anwendung der Hände vermutlich vor allem für die Jagd und Werkzeuge nötig war und die Grössenentwicklung des Hirns begünstigte kann man wohl davon ausgehen dass dies erst später geschah. Punkt 4 würde ich daher streichen.

Ich denke am plausibelsten ist dass der aufrechte Gang dem Menschen mehr Uebersicht geschaffen hat und dass er ihm ermöglichte grössere Strecken zurückzulegen. Dies passt auch zur Geographischen Situation, in welcher sich die Entwicklung des Menschen vollzog. Der Mensch entwickelte sich im östlichen Afrika im Bereich einer geologischen Grabenbildung. Aufgrund der Grabenbildung hat sich das Klima plötzlich verändert und ging über von einer Baumlandschaft zur Steppe. Damit verbundenen waren eben die Notwendigkeiten weiter laufen zu müssen und einen besseren Ueberblick zu gewinnen, was beides im Wald wenig Nutzen hat.
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Re: Aufrechter Gang

Beitragvon emporda » Fr 28. Sep 2012, 11:16

Superbright hat geschrieben:Auf jeden Fall hat sich der aufrechte Gang vor der enormen Grössenentwicklung des Hirns vollzogen. Da die Anwendung der Hände vermutlich vor allem für die Jagd und Werkzeuge nötig war und die Grössenentwicklung des Hirns begünstigte kann man wohl davon ausgehen dass dies erst später geschah. Punkt 4 würde ich daher streichen.
Die beiden Entwicklung gehören nicht zusammen, liegen sie zeitlich doch um Millionen Jahre auseinander

Mit dem Nakalipithecus-nakayamai verzweigen sich vor etwa 9 Mio. Jahren die Primatenlinien, von denen heute nur Hominiden, Schimpansen, Bonobos, Gorillas und Orang-Utans überleben. Die Fossilien des Orrorin-Tugenensis, Ardipithecus-ramidus in Ostafrika und Australopithecus-afarensis aus Kaduumuu hatten den aufrechten Gang vor 5–8 Mio. Jahren. Der Australopithecus Sediba aus Südafrika zeigt vor 1,9 Millionen Jahren Elemente von Hominiden und Primaten. Das Gehirnvolumen der Hominiden steigt von 300 cm³ über 10 Mio. Jahre auf 1350 cm³ mit Auswirkungen auf das Sozialverhalten, die Jugend und das Ich-Bewusstsein.

Diese Entwicklung ist gekoppelt an Fleischkonsum und Nutzung des Feuers, belegt seit über 1 Mio. Jahren. Die relativ große Gehirnmasse verbraucht über 60% der Körperenergie, bei Mangel an qualitativ hochwertiger Nahrung führt dies schnell zu schweren Hirnschäden, die nicht reparierbar sind. Asien und Europa werden von Hominiden Arten vor 2 Mio. Jahren aus Afrika kommend besiedelt. Die Dmanisi Hominiden (Homo Habiles) leben vor etwa 1,8 Mio. Jahren, haben ein Gehirnvolumen von 770 cm³, sind aufrecht gehend 150 cm groß und nutzen erste Steinwerkzeuge. Ein „missling-link“ im Pleistozän ist der Schädel aus Danakil/Eritrea.
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