Moment, hier fliegen gerade zwei verschiedene Kategorien wild durcheinander: Wissenschaft und wissenschaftliche Disziplinen. Ersteres ist eine Methode und im Grunde auch eine philosophische Richtung mit sehr vielen Unterströmungen, zweiteres ist eine Liste von Fachbereichen, die mit Hilfe der wissenschaftlichen Methode kategorisiert und inhaltlich erforscht werden sollen.
Wissenschaft ist prinzipiell erstmal alles, was mit der wissenschaftlichen Methode erforscht wird. Es kann von Fachbereich zu Fachbereich verschiedene Wege geben, diese Methode anzuwenden, aber alle haben gemeinsam, dass aus möglichst wohlabgewägten Prämissen Schlussfolgerungen gezogen werden, die anschließend dokumentiert werden, wobei auf Vollständigkeit, Verständlichkeit und Reproduzierbarkeit (in den Geisteswissenschaften machmal eher durch grundsätzliche Nachvollziehbarkeit des Gedankenganges ersetzt) geachtet werden muss.
Wissenschaftliche Disziplinen sind historisch entstandene, tradierte Bereiche, wo Wissenschaft in einem thematisch umgrenzten Gebiet eingesetzt wird. Die jeweiligen Grenzen ergeben sich aus theoretischen wie praktischen Gegebenheiten, je nach Anwendungsorientierung können diese Grenzen recht pragmatisch gewählt sein (am praktischen Einsatz orientiert, z.B. Humanwissenschaften) oder aber eher theoretisch (z.B. Mathematik, Philosophie, Grundlagenforschung generell). EIne Liste von wissenschaftlichen Disziplinen gibt es in Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Einzelwissenschaft@spacetime:
Es ist recht unüberlegt, eine so kühne Behauptung in die Runde zu werfen, wie dass Geisteswissenschaften "eindeutig Pseudowissenschaften" seien, dann aber im nächsten Satz die eigene Ahnungslosigkeit zuzugeben. Ich nehme an, dass du verstehst, dass sowas bei Geisteswissenschaftlern in der Tat ganz und gar nicht gut ankommt.
Der Unterschied zwischen Geistes- und Naturwissenschaften ist im wesentlichen der, dass Naturwissenschaften sich mit der direkt und unmittelbar beobachtbaren Welt befassen und daher auch recht effiziente empirische und leicht objektivierbare Methoden benutzen können, wohingegen Geisteswissenschaftler sich mit Bereichen menschlichen Lebens und menschlicher Erfahrung beschäftigen, in denen subjektive und normative Abwägungen eine sehr viel größere Rolle spielen und Experimente aus ethischen und praktischen Überlegungen heraus oftmals schlicht nicht durchführbar sind (die genauen Ursachen des Holocaust lassen sich aus naheliegenden Gründen weder praktisch noch ethisch durch eine mehrfache Wiederholung der historischen Situation bestimmen). Daraus folgt aber nicht, dass die Geisteswissenschaften nicht wissenschaftlich vorgehen würden, sondern nur, dass die Perspektive eine etwas andere ist und der Fokus wissenschaftlichen Arbeitens sich (zwangsweise) weniger auf die Durchführung und Interpretation von Experimenten konzentriert, sondern auf das diskursive Bearbeiten von Phänomenen mithilfe deduktiver und hermeneutischer Methoden. Auch hier liegen aber empirische Beobachtungen zugrunde, nur können die Daten, mit denen Geisteswissenschaftler arbeiten, eben oftmals nicht in Reinform im Labor gewonnen werden, sondern müssen unter Berücksichtigung ethischer, sozialer, politischer, historischer (usw.) Gegenbenheiten durch Gedankenkraft extrahiert werden. Geisteswissenschaftler bearbeiten ihre Gegenstände in erster Linie mit dem Geist, weniger (aber eben auch!) mit dem Experiment. Sie sind, wie Naturwissenschaftler auch, aber zu einem sauberen wissenschaftlichen Arbeiten mit entsprechender Dokumentation ihrer Prämissen und Schlussfolgerungen angehalten.
Da die Geisteswissenschaften auf unsichererem Terrain arbeiten, als die Naturwissenschaftler, haben viele Geisteswissenschaftler übrigens eine klarere Vorstellung von den Grenzen der Erkenntnis ihrer Disziplin und meiner Erfahrung nach ist das Hinterfragen von Annahmen und Prämissen (und auch die politische Aktivität im übrigen) bei Geisteswissenschaftlern viel ausgeprägter als bei Leuten aus den naturwissenschaftlichen und technischen Studiengängen, wo man seit 200 Jahren mit derselben Methode prima vorangekommen ist, was den ein oder anderen etwas zum Übermut verleitet und dann Geisteswissenschaften schonmal gerne als Pseudowissenschaften abgekanzelt werden.