Zur wissenschaftlichen Methodik

Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon El Schwalmo » Di 8. Sep 2009, 20:52

ujmp hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Nebenbei: was steht unten rechts in dem Schema?

... communicate results (hab ich übersehen), aber die Reultate liegen nach der Anwendung der Methodik vor. Man muss die Institution Wissenschaft von der wissenschaftlichen Methodik unterscheiden.

nun ja, wir könnten uns nun darüber unterhalten, ob es 'die' wissenschaftliche Methodik gibt, und ob es nicht auch konstruktionistische Elemente gibt, und ob Kommunikation nicht wesentlich relevanter ist, als Du denkst, denn ein Forscher muss ja erst mal Forscher werden, und das geht nur durch Kommunikation.

ujmp hat geschrieben:Ich verstehe unter wissenschaftlichen Methodik etwas ganz Elementares, was eigentlich jeder Organismus in irgend einer Weise tut. Es ist nichtsweiter als Trial and Error = Hypothese und Falsifikation. Durch nichts anderes lernen wir. Das wissenschaftliche Zeitalter hat, wie schon gesagt, nicht diese Methode eingeführt, sondern hat das nur bewusst gemacht.

Och, man hat schon sehr lange Wissenschaft betrieben, bevor Popper lebte.

ujmp hat geschrieben:Der sogenannte Diskurs stört die wissenschaftliche Methode (nicht die Institution!) gelegentlich sogar, denn die Menschen haben die merkwürdige Eigenschaft, dass sie Dinge für wahr halten können, die sie sich ausgedacht haben ohne Bezug zur Realität, bloß weil sie ihnen plausibel erscheinen. Wenn drei Leute einer Meinung sind, halten sie ihren Konsensus schon für die Wahrheit!

Und ein Mensch, der kommunikationslos vor sich hinarbeitet, hat das Riesen-Problem, wie er einen Error als Error erkennen soll. Bedenke, dass eine Falsifikation auf der Basis einer Prüftheorie erfolgen muss. Zudem meinen die meisten Forscher, wie auch Platon geschrieben hat, etwas verifizieren zu können. Und schon bist Du wieder beim psychologischen ('kommunikativen') Element: warum findest Du kaum Publikationen, in denen ein Forscher schreibt, dass er vergeblich versuchte, seine Theorie zu falsifizieren, aber sehr viele, in denen Theorien durch Befunde zu stützen versucht werden?
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon El Schwalmo » Di 8. Sep 2009, 20:55

Myron hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Nebenbei: was steht unten rechts in dem Schema?


... communicate results (hab ich übersehen),


Damit ist die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse in Fachzeitschriften oder Fachbüchern gemeint.
Dadurch wird den anderen Wissenschaftlern die Möglichkeit gegeben, diese und die bei ihrer Gewinnung angewandten Methoden zu überprüfen. Im Englischen spricht man hierbei von "peer review".
Diese Art von gegenseitiger Kontrolle innerhalb der Wissenschaftlergemeinschaft dient der Fehlerminimierung und damit der Objektivität.

und vergiss nicht das review vor der Publikation. Hier gilt 'die herrschende Meinung ist die Meinung der Herrschenden'. Es ist sehr schwer, bestimmte Theorien in referierten Journalen zu publizieren. Mit Büchern ist das einfacher.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Di 8. Sep 2009, 21:14

El Schwalmo hat geschrieben:und vergiss nicht das review vor der Publikation. Hier gilt 'die herrschende Meinung ist die Meinung der Herrschenden'. Es ist sehr schwer, bestimmte Theorien in referierten Journalen zu publizieren. Mit Büchern ist das einfacher.


So kann der Diskurs zum Problem werden. Es geht um Geld und Eitelkeiten und nicht mehr um wissenschaftliche Erkenntnis. Das ist nunmal so. Ich denke, wenn man jemanden wissenschaftliche Methodik erklären will, sollte man betonen, dass der Wissnschaftsbetrieb nicht die Methodik ist. Ein Wissenschaftler macht noch keine Wissenschaft!
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon El Schwalmo » Di 8. Sep 2009, 21:49

ujmp hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:und vergiss nicht das review vor der Publikation. Hier gilt 'die herrschende Meinung ist die Meinung der Herrschenden'. Es ist sehr schwer, bestimmte Theorien in referierten Journalen zu publizieren. Mit Büchern ist das einfacher.

So kann der Diskurs zum Problem werden. Es geht um Geld und Eitelkeiten und nicht mehr um wissenschaftliche Erkenntnis. Das ist nunmal so. Ich denke, wenn man jemanden wissenschaftliche Methodik erklären will, sollte man betonen, dass der Wissnschaftsbetrieb nicht die Methodik ist. Ein Wissenschaftler macht noch keine Wissenschaft!

widersprichst Du Dir nicht gerade selber? Du meintest doch, dass gelten würde 'der Starke ist am mächtigsten allein', also der nicht am Diskurs beteiligte Einzelforscher, der nur nach 'der Wahrheit' strebt, indem er geht, wohin ihn die Daten führen. Ich behaupte, dass es sehr selten ist, dass so jemand den großen Wurf landet.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Mi 9. Sep 2009, 07:34

El Schwalmo hat geschrieben:Du meintest doch, dass gelten würde 'der Starke ist am mächtigsten allein', also der nicht am Diskurs beteiligte Einzelforscher, der nur nach 'der Wahrheit' strebt, indem er geht, wohin ihn die Daten führen.


Das könnte eine Konsequenz sein, das habe ich aber nicht gemeint. Ich sagte ja, dass Kommunikation nötig ist.

Die Frage, was wissenschaftlichen Methodik ist, ist für mich erstmal kein Definitionproblem. Die Frage ist für mich, welche Schritte unbedingt nötig sind (="Methodik"), um zu einer wissenschaftlichen Erkenntnis zu kommen, oder genauer, um zu einer Vorstellung zu kommen, die die Welt berechenbar macht.

Diese Schritte sollte man erstmal beschreiben (was das Schema ganz gut tut) und dann kann man sich über die Benennung und begriffliche Abgrenzung unterhalten. Ich finde es besser, Begriffe sehr eng zu fassen und lieber ein paar mehr zu verwenden (Strömungen wie z.B. "Intelligent Design" verdanken wir m.E. nur einem diffusen Wissenschaftsbegriff).

Man kann auch so herangehen: Was unterscheidet denn ein wissenschaftliches Weltbild von einem religiösen oder ideologischen? Diskurs und Konsensus sind es jedenfalls nicht! Man muss leider davon ausgehen, dass der Unterschied teilweise absichtlich verwischt wird.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Mi 9. Sep 2009, 07:45

El Schwalmo hat geschrieben: Ich behaupte, dass viele Naturwissenschaftler 'Gottes Spuren in der Schöpfung' lesen wollten, und dass die Beherrschung der Natur eine viel größere Rolle spielte als die Unterwerfung unter deren Schiedsspruch.


Du scheinst irgendwie auch recht zu haben. Das Prinzip des Lebens ist Anpassung. Man kann sich selbst an die Welt anpassen (in den Süden ziehen) oder die Welt an sich selbst anpassen (Heizung erfinden). Mir scheint aber beides eine Unterwerfung des Menschen unter Gegebenheiten zu sein. Vorstellungen, wie übers-Wasser-gehen oder in-einem-brennenden-Ofen-unbeschadet-überleben scheinen eher die Gegebenheiten zu ignorieren. Interessant aber, dass an dem Kontrast zur Realität die Realität erst sichtbar wird.

El Schwalmo hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ich verstehe unter wissenschaftlichen Methodik etwas ganz Elementares, was eigentlich jeder Organismus in irgend einer Weise tut. Es ist nichtsweiter als Trial and Error = Hypothese und Falsifikation. Durch nichts anderes lernen wir. Das wissenschaftliche Zeitalter hat, wie schon gesagt, nicht diese Methode eingeführt, sondern hat das nur bewusst gemacht.

Och, man hat schon sehr lange Wissenschaft betrieben, bevor Popper lebte.


Exakt das war ja meine Aussage
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon El Schwalmo » Mi 9. Sep 2009, 08:06

ujmp hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben: Ich behaupte, dass viele Naturwissenschaftler 'Gottes Spuren in der Schöpfung' lesen wollten, und dass die Beherrschung der Natur eine viel größere Rolle spielte als die Unterwerfung unter deren Schiedsspruch.

Du scheinst irgendwie auch recht zu haben.

ich habe nur den Standard dessen beschrieben, was die Wissenschaftsgeschichte lehrt.

ujmp hat geschrieben:Das Prinzip des Lebens ist Anpassung. Man kann sich selbst an die Welt anpassen (in den Süden ziehen) oder die Welt an sich selbst anpassen (Heizung erfinden).

Piaget hat das schön beschrieben (Akkododation und Adaptation).

ujmp hat geschrieben:Mir scheint aber beides eine Unterwerfung des Menschen unter Gegebenheiten zu sein. Vorstellungen, wie übers-Wasser-gehen oder in-einem-brennenden-Ofen-unbeschadet-überleben scheinen eher die Gegebenheiten zu ignorieren. Interessant aber, dass an dem Kontrast zur Realität die Realität erst sichtbar wird.

Es ging darum, dass die Natur Grenzen setzt. Experimente sind 'die Natur auf die Folterbank spannen'. Es geht dabei letztendlich auch um Beherrschung der Natur (das war ja der Trick der modernen Naturwissenschaft: episteme wurde durch techne erzielt, die Beherrschung der Natur war dann eher ein 'spin off'). Wenn die Natur nicht 'antwortet', ist keine Entscheidung mehr möglich, ob intersubjektiv gültige Erkenntnis vorliegt, weil kein Standard mehr da ist. Interne Konsistenz ist bestenfalls eine notwendige, aber niemals eine hinreichende Voraussetzung. Aber selbst wenn die Natur antwortet, tut sie dies auf der Basis dessen, was sie gefragt wird ('Kommunikation'), und selbst dann kann nie letztlich geklärt werden, ob man Recht hatte, oder ob man nur nicht gescheitert ist, weil man nicht die richtige Frage gestellt hat.

ujmp hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ich verstehe unter wissenschaftlichen Methodik etwas ganz Elementares, was eigentlich jeder Organismus in irgend einer Weise tut. Es ist nichtsweiter als Trial and Error = Hypothese und Falsifikation. Durch nichts anderes lernen wir. Das wissenschaftliche Zeitalter hat, wie schon gesagt, nicht diese Methode eingeführt, sondern hat das nur bewusst gemacht.

Och, man hat schon sehr lange Wissenschaft betrieben, bevor Popper lebte.

Exakt das war ja meine Aussage

Nein, Deine Aussage war etwas 'enger'. Aber wir brauchen das nicht zu vertiefen, solange Du anerkennst, dass man methodisch sauber 'Naturwissenschaften' treiben kann, selbst wenn man Supranaturalist ist.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Mi 9. Sep 2009, 09:02

El Schwalmo hat geschrieben: Aber wir brauchen das nicht zu vertiefen, solange Du anerkennst, dass man methodisch sauber 'Naturwissenschaften' treiben kann, selbst wenn man Supranaturalist ist.

Erkenne ich an. Ich erkenne sogar die Gottesidee als wissenschaftliche Hypothese an - allerdings eine widerlegte - oder genauer: eine die im Vergleich zu anderen zu wenige Prognosen erlaubt, um noch in Betracht gezogen zu werden.

(hab grad leider keine Zeit um auf alles zu antworten...)
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon Mark » Mi 9. Sep 2009, 10:31

Eine wissenschaftliche Hypothese ist Gott ja nun wahrlich nicht... Und zwar nicht im kleinsten Ansatz.
Oder definiert sich das über seine Unwissenschaftlichkeit bzw seine Abgrenzung zum wissenschaftlich Erklärbaren :skeptisch2:
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Mi 9. Sep 2009, 11:16

Mark hat geschrieben:Eine wissenschaftliche Hypothese ist Gott ja nun wahrlich nicht... Und zwar nicht im kleinsten Ansatz.


Es ist doch das Natürlichste, dass der Mensch bei der Weltdeutung erstmal von sich als Person ausging und deshalb die Hypothese aufstellte, dass die Welt so ist wie sie ist, weil es eine Person, genannt "Gott", so will. M.E. gab es dazu gar keine Alternative. Das kann man vielleicht ganz gut bei Kleinkindern beobachten, die auf den "bösen Tisch" wütend sind, an dem sie sich den Kopf gestoßen haben. Die Vorstellung, dass etwas unbelebt und absichtslos ist, ist scheinbar nicht natürlich gegeben. Das Fluchen ist teilweise auch ein Beleg dafür. Es ist die Neigung zur intentionalen Weltbetrachtung. Es ist überlebenswichtig , wenn man einem Raubtier gegenübersteht, sich zuerst zu fragen "Was hat es vor?" (und nicht woraus es besteht und was es alles kann). Diese Neigung produziert dann eben die Frage, "Was will Donner und Blitz?". usw.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon Nanna » Mi 9. Sep 2009, 20:08

Mark hat geschrieben:Eine wissenschaftliche Hypothese ist Gott ja nun wahrlich nicht...


Aber doch eine, die sich mit wissenschaftlichen Mitteln untersuchen lässt.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon El Schwalmo » Mi 9. Sep 2009, 20:18

Nanna hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:Eine wissenschaftliche Hypothese ist Gott ja nun wahrlich nicht...

Aber doch eine, die sich mit wissenschaftlichen Mitteln untersuchen lässt.

das kommt darauf an. Wissenschaftliche Mittel basieren darauf, dass sich die Welt naturgesetzlich verhält. Aber aus dem naturgesetzlichen Verhalten lässt sich nicht ableiten, ob eine schöpferische Kraft im Hintergrund steht. Diese könnte beispielsweise durch Zweitursachen wirken. Das ist die Auffassung der RKK, Gott schafft die Dinge so, dass sie sich selber schaffen. Selbstverständlich kann ein Gott in den Lauf der Dinge eingreifen, falls er das möchte ('Wunder'). Gott könnte sich aber auch im 'Zufall' verstecken. Ein Meteoreinschlag hier, ein paar Ionen durch eine Neuronenmembran dort, wer merkt da was?

Selbstverständlich gibt es Aussagen über Gott, die sich naturwissenschaftlich testen lassen. Scientific creationism ist ein Beispiel. Der macht prüfbaren Aussagen, und die sind geprüft und widerlegt (junge Erde, Sintflut, Schöpfungswoche etc.). Vollkommen anders sieht es bei ID aus. Hier wird nur behauptet, dass das, was die Mechanismen der Evolution nicht bewirken können, durch eine planende Intelligenz erfolgen musste. Sehr spannende Frage, ob man das mit wissenschaftlichen Mitteln untersuchen kann. Es gibt Menschen, die das bejahen, andere verneinen das.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Do 10. Sep 2009, 17:46

Zappa hat geschrieben:Ist natürlich eine Idealisierung.

In Wahrheit arbeitet jeder Hansel in einer Arbeitsgruppe, die den Ideen des Arbeitsgruppenleiters folgt. Dieser hat sich über Jahre durch den Arbeitsgruppen- und Drittmittelantragsurwald nach oben gekämpft. Von diesem Kampf bleibt gelegentlich was hängen und es geht dann nicht nur und immer um Erkenntniserwerb.

Das ist vollkommen richtig, aber es hat nichts mit wissenschaflicher Methodik zu tun. Wissenschaftler bohren sich auch mal in der Nase - es muss aber nicht alles Wissenschaft sein, was Wissenschaftler und der Wissenschaftsbetrieb tun.

Man sollte auch auf keinen Fall "Idealisierungen" als solche von vornherein ablehnen. "Ja, aber in der Praxis sieht es anders aus" ist ein Totschlagargument, es spricht aber oft nicht gegen das Ideal, sondern gegen die Praxis! Deshalb sollte man beides untersuchen.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon Zappa » Do 10. Sep 2009, 18:05

ujmp hat geschrieben:Das ist vollkommen richtig, aber es hat nichts mit wissenschaflicher Methodik zu tun. Wissenschaftler bohren sich auch mal in der Nase - es muss aber nicht alles Wissenschaft sein, was Wissenschaftler und der Wissenschaftsbetrieb tun.

Man sollte auch auf keinen Fall "Idealisierungen" als solche von vornherein ablehnen. "Ja, aber in der Praxis sieht es anders aus" ist ein Totschlagargument, es spricht aber oft nicht gegen das Ideal, sondern gegen die Praxis! Deshalb sollte man beides untersuchen.


Mmpf, sollte eine Wissenschaftstheorie nicht möglichst genau erklären, was in der Wissenschaft konkret abgeht? Kein Wissenschaftler setzt sich in Wirklichkeit hin und arbeitet einen solch blöden Algorithmus ab.

Irgendwelche Theoriegebäude magerer, lebensferner Hansel mit der Berufsbezeichnung "Philosoph" fand ich für sich genommen noch niemals so richtig erquickend. Natürlich lehne sich sie nicht ab, sehe sie aber als das an, was sie sind: Theoretische Denkgebäude, die sich erstmal an der Realität abarbeiten dürfen und müssen.

Man kann bei T.S. Kuhn meiner Meinung wesentlich mehr über die wissenschaftliche Methode lernen als bei vielen anderen Philosophen.

Zusatz: Welche Frage ich wirklich spannend finde: Warum funktioniert Wissenschaft so gut, obwohl die meisten Wissenschaftler von der "reinen" Methodik wenig bis gar nichts verstehen, eitel und auch hie und da korrupt sind?
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon stine » Do 10. Sep 2009, 19:26

Zappa hat geschrieben:Warum funktioniert Wissenschaft so gut, obwohl die meisten Wissenschaftler von der "reinen" Methodik wenig bis gar nichts verstehen, eitel und auch hie und da korrupt sind?
Diese Frage finde ich auch spannend. Das Thema ist nicht neu! Viele Forschungsergebnisse wurden schon geschönt, um wichtige Stipendien zu sichern. Die wirklich großen Entdecker und Erfinder treten oft gar nicht ans Licht der Öffentlichkeit, sondern werden von denen überholt, die Wissen mit Ehrgeiz und vielleicht auch mit einem gewissen Machthunger bündeln können.

Auch in der Pharmazie habe ich so meine Zweifel, ob neue Medikamente nicht auch oft nur alte in neuer Aufmachung sind, um einfach mal wieder etwas im Preis aufschlagen zu können. Die Wirksamkeit ist ja bei einigen Mitteln auch sehr umstritten.

Ich finde es auch schade, dass in unseren Universitäten so wenig geforscht wird. Hier wäre nach meinem Dafürhalten der richtige Ort, um Neues auszuprobieren und Ideen junger Helden zu verwirklichen. Wo die Wirtschaft im Alleingang forscht und ihre Ergebnisse patentieren lässt, wird der Fortschritt teuer. Ich glaube, ich schreibe mich gerade ins OT?

O.K., dann Schluss.
LG stine
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Do 10. Sep 2009, 19:30

Zappa hat geschrieben:Zusatz: Welche Frage ich wirklich spannend finde: Warum funktioniert Wissenschaft so gut, obwohl die meisten Wissenschaftler von der "reinen" Methodik wenig bis gar nichts verstehen, eitel und auch hie und da korrupt sind?


"Gut" im Vergleich wozu? Das bedeutet nichtsweiter, als dass die Institution Wissenschaft weniger effizient arbeitet, als sie könnte (und eventuell einige entbehrliche Mitarbeiter beschäftigt). Warum sollte man das hinnehmen? Das hat doch mit wissenschaftlicher Methodik nichts zu tun!
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Do 10. Sep 2009, 19:55

Zappa hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Man sollte auch auf keinen Fall "Idealisierungen" als solche von vornherein ablehnen. "Ja, aber in der Praxis sieht es anders aus" ist ein Totschlagargument, es spricht aber oft nicht gegen das Ideal, sondern gegen die Praxis! Deshalb sollte man beides untersuchen.


Mmpf, sollte eine Wissenschaftstheorie nicht möglichst genau erklären, was in der Wissenschaft konkret abgeht? Kein Wissenschaftler setzt sich in Wirklichkeit hin und arbeitet einen solch blöden Algorithmus ab.


Das klingt nach einem Versuch, die Wissenschaftler vor Kritik zu immunisieren. Ganz ohne Methoden kann es ja nicht zugehen und diese Methoden werden sich doch wohl beurteilen lassen.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon Zappa » Do 10. Sep 2009, 20:02

ujmp hat geschrieben: "Gut" im Vergleich wozu?


    Religion
    Politik
    Ausprobieren
    Phantasieren
    Theoretisieren
    Philosophieren
    Behaupten
    usw.

ujmp hat geschrieben:Das bedeutet nichtsweiter, als dass die Institution Wissenschaft weniger effizient arbeitet, als sie könnte


Ich denke das gilt für alle menschlichen Institutionen.

ujmp hat geschrieben:Warum sollte man das hinnehmen?


    Lebenserfahrung
    Weisheit
    Weil es wichtigeres gibt.
    Einfach so?

ujmp hat geschrieben:Das hat doch mit wissenschaftlicher Methodik nichts zu tun!


Aber hallo! Wie gesagt, man kann sich natürlich (z.B. wie Herr Popper am Arsch der Welt) ausdenken, wie Wissenschaft wohl theoretisch funktionieren mag bzw. im Idealfall funktionieren sollte, spannender ist es für mich aber allemal hinzugucken, was konkret beim "rumwisschenschaftlern" passiert und wie dieses Tun reell zum Wissenserwerb beiträgt.
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon ujmp » Do 10. Sep 2009, 20:11

Achso, der Popper hat's dir angetan! Schlag doch einfach deine favorisierte Methode vor!
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Re: Zur wissenschaftlichen Methodik

Beitragvon Nanna » Sa 12. Sep 2009, 11:46

El Schwalmo hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:Eine wissenschaftliche Hypothese ist Gott ja nun wahrlich nicht...

Aber doch eine, die sich mit wissenschaftlichen Mitteln untersuchen lässt.

das kommt darauf an. Wissenschaftliche Mittel basieren darauf, dass sich die Welt naturgesetzlich verhält. Aber aus dem naturgesetzlichen Verhalten lässt sich nicht ableiten, ob eine schöpferische Kraft im Hintergrund steht. Diese könnte beispielsweise durch Zweitursachen wirken. Das ist die Auffassung der RKK, Gott schafft die Dinge so, dass sie sich selber schaffen. Selbstverständlich kann ein Gott in den Lauf der Dinge eingreifen, falls er das möchte ('Wunder'). Gott könnte sich aber auch im 'Zufall' verstecken. Ein Meteoreinschlag hier, ein paar Ionen durch eine Neuronenmembran dort, wer merkt da was?


In Ordnung, selbstverständlich kann man göttliches Wirken irgendwie so definieren, dass es sich dem naturwissenschaftlichen Zugriff entzieht. Jetzt käme eher das denkökonomische Argument: Ist es plausibel? Gibt es Gründe, die die Annahme stützen, dass man einen Gott dieser Definition zur Erklärung der Welt bräuchte? Oder kommt man ohne solche zusätzlichen Annahmen einfach besser aus?
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