Haben Tiere ein Bewusstsein?

Beitragvon Zacharias » So 1. Jul 2007, 13:09

Klaus hat geschrieben:Insbesondere diese halbzahmen, freiheitsliebenden "Katzenbiester", die einem manchmal den Eindruck vermitteln, dass man in seiner eigenen Wohnung Untermieter ist. :^^:


Ah ... du sprichst von meinen Mitbewohnerinnen :joint:
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Re: Haben Tiere ein Bewusstsein?

Beitragvon Rolli Devise » So 1. Jul 2007, 13:38

Max hat geschrieben:Zur Beantwortung dieser Frage sollte man erst einmal festlegen, was man genau unter Bewusstsein versteht. Haben geringer entwickelte Lebewesen wie Kakerlaken, Ameisen, Fliegen, etc. ein Bewusstsein. Kann man das Erleben von ihnen als solches bezeichnen?


"Defining consciousness:
There is no generally agreed definition of consciousness, but the following gives some idea of what is meant by the word:
'What it is like to be ...': If there is something it is like to be an animal (or computer, or baby), then that thing is conscious. Otherwise it is not.
Subjectivity or phenomenality: Consciousness means subjective experience or phenomenal experience. This is the way things seem to me, as opposed to how they are objectively.
Qualia: The ineffable subjective qualities of experience, such as the redness of red or the indescribable smell of turpentine. Some philosophers claim they do not exist.
The hard problem: How do subjective experiences arise from objective brains?"


(Blackmore, Susan. Consciousness: A Very Short Introduction. Oxford: Oxford University Press, 2005. p. 7)

Zur speziellen Frage nach dem Bewusstsein von Tieren siehe:

* Stanford Encyclopedia of Philosophy. "Animal Consciousness" (by Colin Allen). http://plato.stanford.edu/entries/consciousness-animal.
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Re: Haben Tiere ein Bewusstsein?

Beitragvon Qubit » Di 3. Jul 2007, 01:58

Max hat geschrieben:Zur Beantwortung dieser Frage sollte man erst einmal festlegen, was man genau unter Bewusstsein versteht. Haben geringer entwickelte Lebewesen wie Kakerlaken, Ameisen, Fliegen, etc. ein Bewusstsein. Kann man das Erleben von ihnen als solches bezeichnen?


Es ist davon auszugehen, dass Tiere verschiedener Entwicklungsstufe zumindestens Schmerzen verspüren.
Darüberhinaus zeigen Experimente, dass es auch Angstzustände gibt, die instinktiv auf Gefahren hindeuten.
Darüberhinaus zeigen sich die Tiere auch in einem stimulierten Zustand - zumindestens im behaviouristischen Sinne - wenn es zB um die Paarungsbereitschaft geht.
Wenn es um Nutztiere handelt, die geschlachtet werden sollen, so bedeute dies aus Sicht einer humanen Ethik, dass diese "Angstzustände" aus tierischer Sicht bis zur Tötung vermieden werden sollten.

Beste Grüsse
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Beitragvon Myron » Di 3. Jul 2007, 12:26

Joe hat geschrieben:Die Definition, was Bewusstsein ist, wird wohl immer willkürlich bleiben. Trotzdem könnte man sich auf eine Definition einigen. Vielleicht einfach die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis. Höhere Tiere hätten demnach sehr wohl ein Bewusstsein.


Bewusstsein ist ein Zustand lebender Organismen.
Bei Bewusstsein sein heißt sich, d.i. den eigenen Körper, und seine Umwelt erleben, d.h. (teilweise) spüren, was in einem und um einen herum vor sich geht.

Die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis ist keine notwendige Bedingung für Bewusstsein, weil es einem nicht unbedingt bewusst sein muss, dass man bei Bewusstsein ist.
Es wird oft übersehen, dass Bewusstsein nicht gleich Selbstbewusstsein ist.
Gerald Edelman unterscheidet zwischen primary consciousness und higher-order consciousness.

"Higher-order consciousness. The capability to be conscious of being conscious. This capacity is present in animals with semantic abilities (chimpanzees) or linguistic abilities (humans), and those with linguistic abilities are also able to have a social concept of the self and concepts of the past and future. Distinguished from primary consciousness."

(Edelman, Gerald M. Wider Than the Sky: The Phenomenal Gift of Consciousness. New Haven, CT: Yale University Press, 2004. p. 161+)
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Beitragvon Qubit » Di 3. Jul 2007, 14:15

Myron hat geschrieben:
Joe hat geschrieben:Die Definition, was Bewusstsein ist, wird wohl immer willkürlich bleiben. Trotzdem könnte man sich auf eine Definition einigen. Vielleicht einfach die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis. Höhere Tiere hätten demnach sehr wohl ein Bewusstsein.


Bewusstsein ist ein Zustand lebender Organismen.
Bei Bewusstsein sein heißt sich, d.i. den eigenen Körper, und seine Umwelt erleben, d.h. (teilweise) spüren, was in einem und um einen herum vor sich geht.


Vorneweg ein Versuch der Definition von Bewußtsein:
Bewußtsein ist die Verarbeitung der Information, dass Etwas Information darstellt.
Das Etwas ist dabei durch die dargestellte Information ("Darstellungsebene") festgelegt.


Digitale Computer zB verarbeiten Information. Die Information besteht in der logischen Darstellung von "0" und "1". Dabei haben sie aber keine Information darüber, dass das Verarbeitete Information darstellt. Diese Information liegt ausserhalb ihrer "Darstellungsebene" und existiert nur im Bewußtsein der Menschen, dass Computer Informationen verarbeiten.

Dass für das Bewußtsein im Sinne obiger Definition jedoch "lebende Organismen" und "Erlebnis" notwendige Voraussetzungen sind, ist apriori nicht festgelegt. Man könnte sich auch "Computer" vorstellen, die höhere Darstellungsebenen von Information haben. Freilich wären sie dann keine digitalen Computer im herkömmlichen Sinne.

Für das Eigenbewußtsein würde daraus als Definition entspringen:
Wird der Vorgang der Verarbeitung der Information über dargestellte Information selbst als Information verarbeitet, so kann man von Eigenbewußtsein sprechen.
Insbesondere ist also dieser Prozess der Verabeitung im Eigenbewußtsein selbst bewußt.


Angwandt auf Tiere:
Unter der Annahme der evolutiven Strukturierung tierischer und speziell menschlicher Gehirne und "Gehirn" als "Ort" geistiger Prozesse, sind dem Tier auch höhere Darstellungsebenen von Information "zuzueignen". Sie sollten also Bewußtsein haben.
Eigenbewußtsein im obigen Sinne würde bedeuten, dass Tiere die Verarbeitung der Information als Information verarbeiten; es wäre das Denken, dass man denkt -> Cogito, ergo sum. Solche Leistung ist aufgrund der Hirnstruktur und dem Verhalten der Tiere nicht zu erwarten. Obwohl andererseits vielleicht die "anderen" Tiere im Vergleich zum Menschen die "wahren" Philosophen wären ;-)

Beste Grüsse
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Beitragvon F.F.H. Fakt » Do 26. Jul 2007, 11:49

Wer kann wissen, ob Tiere ein Bewusstsein haben, außer den Tieren selbst?
Wir nennen Bewußtsein (als bewusst gewordenes Sein) Dinge,
Erscheinungen und Prozesse, die wir (Menschen) glauben
derart erkannt zu haben (mit unseren Rezeptionsorganen
und durch Nerventätigkeit), dass wir uns mit unserem Handeln auf
sie einstellen, ja, sie teils beeinflussen können (lauter Konjunktive).
Greifen wir probehalber zu einem Algorithmus.
Die Abfolge, Bewusstsein zu haben, wäre dann, ganz grob:
Wahrnehmen, Empfinden, Verarbeiten, Handeln.
Sie würde uns unablässig zu bewusst gewordenem Sein führen.
Da man aber Sinnesorgane brillant austricksen kann,
kann man es folglich auch mit o. angenommenen Algorithmus.
Wenn ein Tier, das stärker und wendiger ist, als der Mensch,
der es in Gefangenschaft hält, sich dennoch in Gefangenschaft
einrichtet, dann zeugt das eigentlich von der Existenz eines
Bewusstseins, von der Fähigkeit, Sein bewusst zu verarbeiten.
Ein wahnsinnig interessantes Thema. Bewusstsein ist demnach kein
statisches Element, etwas, das jedem so gegeben ist (Mensch oder/und Tier),
sondern es muss abhängig vom zu verarbeitendem Sein sein. Illusion von
Realität zu unterscheiden, das kann man nur, wer beide miteinander
in Klausur setzt. Das wiederum bedingt, dass man w e i ß dass Manipulation
die Sinne benebelt. Bewusstsein kann nur im Verhältnis zur und in Bezug
auf den Handlungszwang, der bewusst gewordenem Sein Gestalt verleiht,
als Bewusstsein bewusst werden. Das können wohl Tier und Mensch.
Ergo: Tiere haben ein Bewusstsein. Den Denkschwall umgehen wir geschickt,
wenn wir Bewusstsein exakt definieren, ihn quasi zum Seziermesser schleifen.
Sagen wir: Bewusstsein ist das dem Menschen bewusst gewordene Sein,
welches ihn (des Menschen) zur Entscheidungsfähigkeit und zum Handeln
befähigt. Engten wir so ein, dann hätten Tiere kein Bewusstsein. Man müsste
für ähnlich oder identisch Vorgnänge im Tierreich einen anderen Begriff prägen.

Gruß
F.F.H. Fakt
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Beitragvon Myron » Do 26. Jul 2007, 13:38

Qubit hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Bewusstsein ist ein Zustand lebender Organismen.

Dass für das Bewußtsein im Sinne obiger Definition jedoch "lebende Organismen" und "Erlebnis" notwendige Voraussetzungen sind, ist apriori nicht festgelegt.


Ich hätte hinzufügen sollen:

"... oder möglicherweise von künstlichen Systemen, die wie biologische Organismen funktionieren."

"The brain is not a computer, and the world is not a piece of tape."

(Edelman, Gerald M. Wider than the Sky: The Phenomenal Gift of Consciousness. New Haven: Yale University Press, 2004. p. 39)
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Beitragvon Joe » Fr 27. Jul 2007, 18:15

Myron hat geschrieben:Die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis ist keine notwendige Bedingung für Bewusstsein, weil es einem nicht unbedingt bewusst sein muss, dass man bei Bewusstsein ist.
Es wird oft übersehen, dass Bewusstsein nicht gleich Selbstbewusstsein ist.
Gerald Edelman unterscheidet zwischen primary consciousness und higher-order consciousness.


Unter Fähigkeit zur Selbsterkenntnis verstehe ich die Erkenntnis "ich bin da". Das heißt, ich weis, was "ich" ist und dass dieses "ich" da ist. Das geht, so meine ich, nur bei Bewusstsein, ja ich denke, genau das ist Bewusstsein.

Bewusstsein ist etwas, das sich aus vielen Bausteinen zusammensetzt. Daher kann man selbstverständlich zwischen einfacheren und höheren Bewusstseinsstufen unterscheiden. Aber wo konkret beginnt Materie sich ihrer selbst bewusst zu werden? Ich meine, eine konkrete Grenze zwischen bewusst und unbewusst gibt es nicht. Der Übergang ist fließend.
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Beitragvon dvrvm » Fr 27. Jul 2007, 22:16

Joe hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis ist keine notwendige Bedingung für Bewusstsein, weil es einem nicht unbedingt bewusst sein muss, dass man bei Bewusstsein ist.
Es wird oft übersehen, dass Bewusstsein nicht gleich Selbstbewusstsein ist.
Gerald Edelman unterscheidet zwischen primary consciousness und higher-order consciousness.


Unter Fähigkeit zur Selbsterkenntnis verstehe ich die Erkenntnis "ich bin da". Das heißt, ich weis, was "ich" ist und dass dieses "ich" da ist. Das geht, so meine ich, nur bei Bewusstsein, ja ich denke, genau das ist Bewusstsein.

Bewusstsein ist etwas, das sich aus vielen Bausteinen zusammensetzt. Daher kann man selbstverständlich zwischen einfacheren und höheren Bewusstseinsstufen unterscheiden. Aber wo konkret beginnt Materie sich ihrer selbst bewusst zu werden? Ich meine, eine konkrete Grenze zwischen bewusst und unbewusst gibt es nicht. Der Übergang ist fließend.

Meiner Meinung lässt sich das Problem nur anders lösen.
Das eine ist die Selbsterkenntnis. Diese setzt - meiner Meinung nach - kein Bewusstsein voraus, sondern kann auch als rein abstrakte Verknüpfung existieren. Diese kann man bestimmt nicht allen Tieren, wohl aber einigen (Spiegelexperimente etc.) zusprechen.
Das andere ist das Erleben selbst, das nenne ich Bewusstsein. Das müsste man im Grunde genommen jedem Tier zusprechen, wenn auch durch seine sensorischen Fähigkeiten und Gedächtnismöglichkeiten eingeschränkter oder weiter. Ich gehe z.B. davon aus, dass ein Hase ein Konzept von "Hunger, Flüchten, Schmerz, ..." hat. Dafür ist es gar nicht nötig, dass er "denkt", "Ich habe Hunger". Einfach nur ein "Hungergefühl" reicht hierzu.
Bei einem C. elegans mit 302 Neuronen beschränken sich die Konzepte wahrscheinlich auf "weg hier, hier bleiben, hell, dunkel" oder ähnlich.
Nun, wo erlangt die Materie Bewusstsein? Ich selber kann mir das nur so vorstellen, dass das Bewusstsein nicht etwas ist, was erlangt wird und einem Lebewesen zugesprochen wird, anderem aber nicht, sondern eine Eigenschaft entweder der Materie oder des Raumes (momentan tendiere ich zum Raum), und verstehe es als eine "Interpretation" eines elektrischen Feldes an einem bestimmten Punkt, oder im gesamten Raum, dann aber mit 1/r oder ähnlich abfallend gewichtet. So gesehen hätte alles ein Bewusstsein, nur ist eben nur bei höheren Lebewesen etwas Sinnvolles im Raum, das dann auch "bewusst sein kann".
Ich finde diese Annahme parsimonischer als die Idee, dass das Bewusstsein nur auf Lebendes beschränkt ist, da sie keine zusätzlichen Annahmen über Grenzen des Bewusstseins erfordert und das Bewusstsein als Eigenschaft eines Lebewesens auch dort analog als "Projektion" verstanden werden müsste, wenn man sich vom (IMO unlogischen) Bild des Homunkulus trennen will.
Die Frage, "warum gerade die Interpretation, so wie wir sie wahrnehmen? es sind doch unendlich viele andere Interpretationen möglich?" würde ich dann damit beantworten, dass alle anderen möglichen Interpretationen eben auch existieren, nur sieht jede Interpretation nur sich selbst. Übrigens würde diese Sichtweise auch implizieren, dass wir noch alle genau gleich agieren würden, wenn man dem Raum diese Eigenschaft wegnähme, i.e. unser Bewusstsein ist sozusagen nur ein Zuschauer, der einem Roboter bei der Arbeit zuschaut.
Soweit meine Idee, nun zerreisst mich :D
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Beitragvon Joe » Sa 28. Jul 2007, 09:28

dvrvm hat geschrieben:So gesehen hätte alles ein Bewusstsein, nur ist eben nur bei höheren Lebewesen etwas Sinnvolles im Raum, das dann auch "bewusst sein kann".


So ähnlich sehe ich es auch. :up:

Ich erkläre mir das so:
Alles, was von Bedeutung sein kann, sind Messungen (Erfahrungen). Etwas, das nicht gemessen wird, kann nicht erfahren werden. Somit kann auch nichts darüber gewusst werden, es kann also auch nicht bewusst werden. Ein sinnvoller Realitätsbegriff ist meiner Meinung nach erst gegeben, wenn eine Messung durchgeführt wird, wenn also Objekte in Wechselwirkung miteinander sind. Real wären demnach nicht die Objekte selbst, sondern die Information, das einzige was gewusst werden kann. Wenn alles Sein Information ist (Zeilinger), dann wäre Materie, die komplex in Wechselwirkung zueinander steht, in der Lage Bewusstsein und eine Persönlichkeit zu erzeugen.

Alles, was unterhalb der Quantenebene abläuft, kann nicht gewusst werden und damit auch nicht Teil der erfahrbaren Realität und des Bewusstseins sein. Damit wären auch die esoterischen Versionen der Quantenphysik á la Eccles oder Gitt hinfällig.

Ich bin aber kein Fachmann. Ich spekuliere nur. :wink:
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Beitragvon Manfred Bibiza » Sa 28. Jul 2007, 21:50

Dazwischengerufene Einmischung.

Unser bewußtes Sein ist deshalb so rätselhaft, weil man es nur an sich selbst bemerkt und keinerlei direkten Vergleich hat, aufgrund dessen man Unterschiede und Abgrenzungen erkennen könnte. Schon die Zuschreibung an andere Menschen erfolgt letztlich hypothetisch: man kann nur beliebig plausibel annehmen, aber niemals definitiv wissen, daß der Andere etwas Ähnliches kennt, wie man selbst. Qualitative Unterschiede sind darüber hinaus kaum auszumachen und nur mit großen Schwierigkeiten verständlich. Geben muß es sie allerdings, da sonst das Benehmen der meisten Leute ein völliges Mysterium wäre. Bei Tieren wird es noch viel schwieriger. Da kann man nicht einmal sagen, wie weit zurück so etwas wie Bewußtsein vorkommt. Auch wenn es kaum vorstellbar ist und man (ich) es nicht glauben möchte, kann sogar eine Spinne bewußte Zustände haben, jedenfalls verhält sie sich in ihrem Netz ziemlich zielgerichtet, wenn sie auf Beute lauert und diese dann nach dem Eintreffen blitzschnell einwickelt. Wie gesagt, es widerstrebt mir, hier Bewußtseinszustände zuzuschreiben, aber definitiv absprechen kann ich es nicht.
Das "Rätsel des Bewußtseins" ist sicher kein leichtes, das man wie ein Sudoku zum Frühstückskaffee lösen kann. Aber ich werde das Gefühl nicht los, daß seine Rätselhaftigkeit stark übertrieben wird. Schwierig ist allerdings die Klärung seiner neuronalen Realisierung.

Übrigens ist das Rätsel des (intentionalen) Selbstbewußtseins, also das Sich-bewußt-sein des Bewußtseins, viel schlimmer.

Dieser Knoten läßt sich heute aber nicht mehr durchhauen, im Gegenteil sehne ich mich jetzt danach, mein Bewußtsein für ein paar Stunden zu verlieren.
Manfred Bibiza
 
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Beitragvon LinuxBug » Sa 28. Jul 2007, 23:10

Willkommen im Forum :winken:

Manfred Bibiza hat geschrieben:Unser bewußtes Sein ist deshalb so rätselhaft, weil man es nur an sich selbst bemerkt und keinerlei direkten Vergleich hat, aufgrund dessen man Unterschiede und Abgrenzungen erkennen könnte. Schon die Zuschreibung an andere Menschen erfolgt letztlich hypothetisch: man kann nur beliebig plausibel annehmen, aber niemals definitiv wissen, daß der Andere etwas Ähnliches kennt, wie man selbst.

Also wenn jeder Mensch, meint ein Bewusstsein zu haben, dann werd ich ihm das nicht absprechen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass ich der einzige bin mit einem Bewusstsein, ist es doch sehr unwahrscheinlich.
Was habe ich davon, wenn ich mir diese Annahme (dass ich der einzige bin, der ein Bewusstsein hat) erhalte?

Qualitative Unterschiede sind darüber hinaus kaum auszumachen und nur mit großen Schwierigkeiten verständlich. Geben muß es sie allerdings, da sonst das Benehmen der meisten Leute ein völliges Mysterium wäre.

Ich frage mich immer, wie ich wäre, wenn ich eine andere Schule besucht hätte. Wäre ich, wie ich oder eher wie ein (noch) arrogant(er)es Arschloch? Wäre ich besser, gleich oder schlechter gefordert worden? Wie würde ich zu den Leuten stehen, die ich heute als Freunde bezeichne? Hätte ich mehr oder weniger Freunde? etc. (Würde ich mich auch solche Fragen stellen?)
Ich werde es nie erfahren (soweit, dass wir ein menschliches Leben simulieren könnten, sind wir noch lange nicht (und werden's wahrscheinlich auch nie sein.)

definitiv absprechen kann ich es nicht.

Also ich denke mal, das für Bewusstsein zumindest ein Zentralnervensystem vonnöten ist.
Es wird auch schon einen Grund haben, warum unser Großhirn so groß ist, im Vergleich zu anderen Säugetieren.
Natürlich werden wir es nie 100% wissen =)
Das "Rätsel des Bewußtseins" ist sicher kein leichtes, das man wie ein Sudoku zum Frühstückskaffee lösen kann. Aber ich werde das Gefühl nicht los, daß seine Rätselhaftigkeit stark übertrieben wird. Schwierig ist allerdings die Klärung seiner neuronalen Realisierung.

Meinst du? Also ich bin überzeugt, dass wir - in nicht allzuferner Zukunft, (in der Wissenschaft zumindest) - das Rätsel lösen werden (spätestens wenn wir echte Intelligenz am Computer haben). Natürlich muss bzw wird diese Lösung nicht von allen akzeptiert werden (macht sie uns doch, zu intelligenten biologischen Robotern :^^:) aber das stört mich nicht.

Dieser Knoten läßt sich heute aber nicht mehr durchhauen, im Gegenteil sehne ich mich jetzt danach, mein Bewußtsein für ein paar Stunden zu verlieren.
:bier:
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Beitragvon dvrvm » So 29. Jul 2007, 00:09

Manfred Bibiza hat geschrieben:Unser bewußtes Sein ist deshalb so rätselhaft, weil man es nur an sich selbst bemerkt und keinerlei direkten Vergleich hat, aufgrund dessen man Unterschiede und Abgrenzungen erkennen könnte. Schon die Zuschreibung an andere Menschen erfolgt letztlich hypothetisch: man kann nur beliebig plausibel annehmen, aber niemals definitiv wissen, daß der Andere etwas Ähnliches kennt, wie man selbst.
[...]
Auch wenn es kaum vorstellbar ist und man (ich) es nicht glauben möchte, kann sogar eine Spinne bewußte Zustände haben, jedenfalls verhält sie sich in ihrem Netz ziemlich zielgerichtet, wenn sie auf Beute lauert und diese dann nach dem Eintreffen blitzschnell einwickelt.

Hier liegt meiner Meinung nach ein Gedankensprung vor.
Es wäre grundsätzlich denkbar, eine Emulation einer Spinne zu bauen, die sich genauso verhält und gleich aussieht wie eine Spinne. Sowie das beim Menschen auch denkbar wäre, wenn auch viel komplizierter, aber denkbar. Trotzdem hat das nichts mit dem "cogito ergo sum"-Bewusstsein zu tun. Selbst wenn du keine Arme und keine Beine hättest und jeder deiner Muskeln gelähmt wäre, und du gleichzeitig keine sinnvollen Gedanken haben könntest, würdest du trotzdem etwas "erleben". Solange deine Augen intakt sind und Nervensignale an dein Gehirn senden, siehst du etwas, und das ist nicht offensichtlich eine intrinsische Folge der Nervensignale. DAS ist das wahre Bewusstseinsproblem, nicht die Frage, warum wir so komplex handeln.
Gerade stelle ich mir die Frage: Was wäre, wenn wir ohne Muskeln, ohne Sinnesorgane und ohne sensorische Nerven (Hitze, Kälte etc.) geboren wären? Wie würde unser Bewusstsein aussehen? Einmal abgesehen davon, dass unter diesen Bedingungen die Idee von Begriffen undenkbar wäre: ein Bewusstsein würde übrigbleiben.
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Beitragvon LinuxBug » So 29. Jul 2007, 01:15

dvrvm hat geschrieben:Gerade stelle ich mir die Frage: Was wäre, wenn wir ohne Muskeln, ohne Sinnesorgane und ohne sensorische Nerven (Hitze, Kälte etc.) geboren wären? Wie würde unser Bewusstsein aussehen?

Ich weiß nicht, aber ohne Muskeln bist du doch absolut nicht lebensfähig und ohne Sinnesorgane (= sensorische Nerven!) wirst du nichts erleben können. Selbst wenn du "leben" (woran will man das eigentlich feststellen?) solltest (was fraglich ist), würdest du nie ein Bewusstsein entwickeln.
Du kannst dir jetzt vorstellen, wie es wäre, wenn du keine Sinnesorgane undd keine Muskeln hättest. Hättest du diese aber von Anfang an nicht gehabt, wärst du schon lange tot.
Einmal abgesehen davon, dass unter diesen Bedingungen die Idee von Begriffen undenkbar wäre: ein Bewusstsein würde übrigbleiben.

Es würde leblose Maße übrig bleiben.

Okay, du hast es mir leicht gemacht (ohne Muskeln nicht lebensfähig) aber nehmen wir an, jemand kommt zwar mit funktionierenden vegetativen Nervensystem auf die Welt (dass sein Körper leben kann). Wir könnten leicht feststellen, ob er ein Bewusstsein hat. einfach Gehirntomographie und fertig. Es ist aber höchst wahrscheinlich, dass das Baby dann für hirntod erklärt wird... (denk ich mal)
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Beitragvon Manfred Bibiza » So 29. Jul 2007, 07:48

dvrvm hat geschrieben:Hier liegt meiner Meinung nach ein Gedankensprung vor.

Richtig. Hier wird eine breite Kluft aufgespannt, die noch Generationen von Philosophen rauchende Köpfe bescheren wird. Auf der einen Seite soll man nicht einmal dem vertrautesten Freund Bewußtsein definitiv zuschreiben, auf der anderen aber nicht einmal einer Spinne definitiv eines absprechen können. Damit wollte ich auf die Schwierigkeiten hindeuten, die der Versuch einer Annäherung an dieses merkwürdige Phänomen mit sich bringt. Daß man es den Anderen nicht zuschreiben kann, heißt nicht, daß sie keines hätten: man kann es nur nicht direkt beobachten und weil das so ist, kann man es einer Spinne auch nicht absprechen: daß, wie LinuxBug dankenswerterweise bemerkt, für Bewußtsein wahrscheinlich ein Zentralnervensystem nötig ist, heißt nicht, daß eines nötig ist! (Übrigens läuft LinuxBugs Deutung meiner Bemerkung auf ein Mißverständnis hinaus: ich wollte damit nicht auf die Position des Solipsismus anspielen, die zwar unwiderlegbar, aber eben deswegen äußerst fragwürdig ist.) Das Problem ist deshalb so schwierig, weil eine direkte Beobachtung des Bewußtseins nur aus der Perspektive der 1. Person möglich ist. Aus der Perspektive der 3. Person hingegen läßt sich entweder nur das Verhalten eines Menschen (dh überhaupt eines Lebewesens) beobachten, oder die neuronalen Aktivitäten des Gehirns, und aus letzteren läßt sich Bewußtsein, wie übrigens die ganze Palette mentaler Zustände und kognitiver Ereignisse, nicht vorhersagen. Immerhin deutet einiges darauf hin, daß für das Vorhandensein von Bewußtsein erstens die Aktivität der formatio reticularis im Hirnstamm, und zweitens generell eine Beteiligung großer cortikaler Neuronenmengen nötig ist.

Ich denke aber, daß jenseits philosophisch (notwendiger!) Spitzfindigkeiten, es eine relativ einfache Möglichkeit gibt, zu entscheiden, ob man einem Lebewesen Bewußtsein zuschreiben darf oder nicht. Wenn ich (traumlos) schlafe, bin ich bewußtlos. Die Unterscheidung zwischen Wachsein und Schlafen ist also ein Hinweis auf die Unterscheidung zwischen Bewußtsein und Nichtbewußtsein. Tiere, die schlafen können, haben also auch ein Bewußtsein, wenn sie nicht schlafen. Wäre jetzt nur noch zu klären, was"Schlaf" ist.

dvrvm hat geschrieben:Solange deine Augen intakt sind und Nervensignale an dein Gehirn senden, siehst du etwas, und das ist nicht offensichtlich eine intrinsische Folge der Nervensignale.


Also da bin ich anderer Meinung. In dieser Frage tendiere ich eher zu einer monistischen Haltung, aber der Streit zwischen Monisten und Dualisten paßt nicht ganz hierher. Vielleicht können wir diesbezüglich ein eigenes Thema aufmachen. Wird ich mir überlegen. Muß jetzt aber aus Zeitgründen leider abbrechen.
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Beitragvon dvrvm » So 29. Jul 2007, 11:43

Manfred Bibiza hat geschrieben:
dvrvm hat geschrieben:Solange deine Augen intakt sind und Nervensignale an dein Gehirn senden, siehst du etwas, und das ist nicht offensichtlich eine intrinsische Folge der Nervensignale.


Also da bin ich anderer Meinung. In dieser Frage tendiere ich eher zu einer monistischen Haltung, aber der Streit zwischen Monisten und Dualisten paßt nicht ganz hierher. Vielleicht können wir diesbezüglich ein eigenes Thema aufmachen. Wird ich mir überlegen. Muß jetzt aber aus Zeitgründen leider abbrechen.

ICH bin schon der Meinung, dass es eine intrinsische Folge ist, bzw. sein müsste (siehe auch meinen Beitrag oben). Sie ist aber nicht offensichtlich intrinisch. Bisher können wir nur die Korrelation beobachten, und selbst wenn wir die vollständige Abbildung von Nervensignalen auf Bewusstseinszustände hinbringen, fällt mir keine Möglichkeit ein, auch wirklich zu überprüfen, dass das eigentliche Bewusstsein in den Nervensignalen selbst begründet ist.
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Beitragvon Manfred Bibiza » So 29. Jul 2007, 20:39

Gut, daß du das noch einmal explizit klarstellt. Ich wollte dir schon eine dualistische Position unterstellen. Das "nicht offensichtlich" hat mich irritiert. Doch ist das ja auch anders lesbar: natürlich ist es nicht offensichtlich!!! Wäre es das, gäbe es hier auch keine Erklärungslücke. Was mich aber einstweilen nicht daran hindert, meiner Intuition zu folgen und also nicht an eine besondere Bewußtseinsentität zu glauben.
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Beitragvon Myron » Mo 30. Jul 2007, 00:38

Joe hat geschrieben:Unter Fähigkeit zur Selbsterkenntnis verstehe ich die Erkenntnis "ich bin da". Das heißt, ich weis, was "ich" ist und dass dieses "ich" da ist. Das geht, so meine ich, nur bei Bewusstsein, ja ich denke, genau das ist Bewusstsein.


"Selbstbewusstsein" und "Ichbewusstsein" meinen dasselbe.
Das Ichbewusstein ist aber nicht mit Bewusstsein überhaupt gleichzusetzen, denn bei Bewusstsein sein ist nicht dasselbe wie sich seines Bewusstseins (seines Ichs) bewusst sein.

Joe hat geschrieben:Bewusstsein ist etwas, das sich aus vielen Bausteinen zusammensetzt. Daher kann man selbstverständlich zwischen einfacheren und höheren Bewusstseinsstufen unterscheiden. Aber wo konkret beginnt Materie sich ihrer selbst bewusst zu werden? Ich meine, eine konkrete Grenze zwischen bewusst und unbewusst gibt es nicht. Der Übergang ist fließend.


Ich denke, Bewusstsein in seiner primitivsten Form setzt dann ein, wenn ein Lebewesen fähig wird, mit einem gewissen Maß an Verhaltensfreiheit selbst zu bestimmen, wie es auf Reize aus seiner Umwelt reagiert. Das heißt, in das zunächst rein chemisch-physikalische Reiz-Reaktions-Schema sind evolutionär peu à peu immer höhere Freiheitsgrade hinsichtlich des Verhaltens eingefügt worden.
In diesem Sinne sind Pflanzen zwar Lebewesen, aber völlig bewusstseinslos, weil sie keinerlei endogene Verhaltensfreiheit besitzen. Eine Pflanze, die sich dem einfallenden Licht zuwendet, tut dies in keiner Weise aus irgendeiner inneren Freiheit heraus; sie ist noch gänzlich in den rein chemisch-physikalischen Reiz-Reaktions-Schemata gefangen. Sie muss sich der Lichtquelle zuwenden; sie hat buchstäblich keine andere Wahl.

Ein Literaturtipp zum Thema Evolutionsgeschichte des Bewusstseins:

* Humphrey, Nicholas. Die Naturgeschichte des Ich. Übers. U. Enderwitz. München: Knaur, 1997.
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Beitragvon Joe » Mo 30. Jul 2007, 16:41

Danke für den Literaturtipp. Werd ich mit vielleicht mal besorgen.
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Beitragvon emporda » Fr 10. Aug 2007, 10:44

Klaus hat geschrieben:Insbesondere diese halbzahmen, freiheitsliebenden "Katzenbiester", die einem manchmal den Eindruck vermitteln, dass man in seiner eigenen Wohnung Untermieter ist. :^^:


Liebeserklärung an meinen Hund

Bild
Gestatten Susi, ich bin aber unschuldig

Bei vielen Texten merkt man deutlich der Verfasser hat selber kein Tier, lebt nicht einem abhängigegen Wesen zusammen. Sicher kann man die Tiere einteilen in bestimmte Intelligenzstufen, ganz oben Tiere mit Selbsterkenntnis die eitel vorm Spiegel ihr Bild betrachten bis hin zum Wurm, der blind einem Reiz- und Instinktschema folgt .

Ich bin aus Erfahrung der Überzeugung Hunde haben Gefühle wie Treue, Liebe, Ekel, Scham usw. , kennen Gemütszustände, empfinden differenziert Schmerzen, haben eine hohe Intelligenz und somit eine Seele gemäß Ratzingers Definitionen.

Unsere Hündin ist sehr verschmust, sitzt/liegt gern auf meinem Schoß, sucht den Körperkontakt und zeigt ihre Empfindugen durch verschiedene Lautäußerungen – es ist ihre Sprache denn die wenigen Gesichtsmuskeln geben nicht viel her. Wenn ihr nach spielen zu mute ist, dann holt sie sich diverse Spielzeuge auf ihrem Korb und wir beschäftigen uns damit mit verstecken, ziehen usw.

Früh morgens klettert sie im Bett auf mich drauf und wenn ich nicht auspasse leckt sie mich quer übers Gesicht, das heißt dann – los Alter steh endlich auf. Sag die Frau jedoch „mach Pappa aufstehen“ , dann fängt sie an mit den Füssen zu buddeln bis meine Bettdecke weg ist.

Sie darf nichts vom Tisch nehmen, liebt es aber Papiertaschentücher in Fetzen zu reißen, die dann überall rumliegen. Wenn ein gebrauchtes Papiertaschentuch auf dem Tisch liegt hat sie ihre eigene Strategie entwickelt das an sich zu nehmen ohne dafür ausgeschimpft zu werden. Sie kommt auf die Couch, legt den Kopf auf die Schenkel und brummt ganz lieb. Nach einigen Minuten meint sie er wäre genug der Besänftigung, springt auf, schnappt sich das Taschentuch und reduziert es zu Fetzen.

Sie beobachtet in der Küche genau was auf der Arbeitsplatte vor sich geht, auch wenn sie von unten nicht viel sieht. Es sind offensichtlich die Geräusche und Gerüche die sie genau kennt. Wenn ich gebraucht werde ein Sieb zu halten oder wenn die Mahlzeit fertig ist reingetragen zu werden, dann stürmt sie los und bellt alle zu Tisch oder nur denjenigen den es betrifft. Dazu braucht es nicht einmal einen Befehl. Wenn die Frau aber sagt „Hol den Pappi“, dann holt sie mich – ganz gleich wo ich bin und was ich gerade mache. Sie ist dann so penetrant, man muß mitkommen.

Der Hund wird aus hygenieschen Gründen jede Woche geduscht, sie schläft im Bett am Fußende. Obwohl sie sich gerne Duschen läßt, ist der Einstieg in die Dusche ein Ritual. Es müssen einige Hundekekse drinliegen, sonst macht sie kehrt und legt sich beleidigt in eine Ecke als wolle sie sage – ich bin doch keine dummer Hund. Ist sie geduscht und abgetrocknet, dann tobt sie wie wild durchs Haus. Oft geht sie rauf zu Schwiegermutter, stellt sich vor sie hin und dreht sich – so als wolle sie sagen schau mal wie toll ich aussehe.

Nachts muss der Hund gelegentlich raus, sie weiss genau wenn einer von uns eine leichte Schlafphase hat, sitzt geduldig vorm Bett und starrt einen an. Man wird automatisch wach, steht auf und macht die Haustür auf. Zu ihrem Toilettenplatz muss sie hinters Haus durch einen 17 m langen Gang von 70 cm Breite. Bei totaler Dunkelheit mag sie nicht vorrausgehen, 2 m vor dem Gangende bleibt sie stehen - basta. Versuch man zu schieben, dann geht sie rückwärts. Also gehe ich voraus und sie läuft ohne Probleme um die Ecke. Sie ist halt ein Feigling, bellt aber von der sicheren Terrasse aus jeden auf der Strasse in Stücke.

Wir machen fast täglich einen Rundgang zwischen 2 bis 5 km, sie zu Fuß und ich auf dem Roller, eine Routine die sie über alles liebt, da sie zu 90% Weg und Geschwindigkeit bestimmt. Sitz ein großer Hund auf der Straße, dann bleibt sie 20 m vorher stehen. Stelle ich mich daneben, dann klettert sie auf den Fußplatz des Rollers, ich fahre sie am bösen Hund vorbei und sie steigt wieder ab. Bleibe ich stehen um mit jemanden zu schwatzen, schaut sie sich erst den Platz ringsum an. Nach etwas 5 Minuten kommt sie und bellt mich an – das heißt dann es ist langsam Zeit weiter zu gehen.
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emporda
 
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