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Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 3. Jun 2008, 19:15
von Einbauschrank
Hallo Board!
Ich bin über immerwährende Debatten mit Esoterikern (sprich: gläubigen Menschen) auf die Brights gestoßen. Mir ist aufgefallen, daß die Quantenmechanik, die ich selbst nur ansatzweise (falls überhaupt) verstanden habe, gerne als Beweis für die Fehlbarkeit der Naturwissenschaften herangezogen wird. Gleichzeitig wird eine neue Quantenesoterik aufgezogen, wobei jeder Hinz und jeder Kunz mit der Vorsilbe "Quanten-" alles Mögliche begründet. Da meist weder der Eine noch der Andere Ahnung von QM hat, ist die Debatte an der Stelle gelaufen und man tauscht nur noch Satzbausteine aus.Ich habe hier einige Threads verfolgt, verstehe sie aber ehrlich gesagt nicht, da mir die Grundlagen fehlen.
Meine Fragen dazu:
1. Gibt es verständliche, brightfreundliche *g* Texte, welche einem Nichtnaturwissenschaftler die groben Züge der QM erklären?
2. Könnte mir jemand bitte verständlich machen, an welcher Stellde die QM bzw. Unschärferelation von Esoterikern mißbraucht wird?
Vielen Dank sagt
Einbauschrank
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 3. Jun 2008, 19:18
von Pille
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 3. Jun 2008, 21:47
von Myron
Einbauschrank hat geschrieben:1. Gibt es verständliche, brightfreundliche *g* Texte, welche einem Nichtnaturwissenschaftler die groben Züge der QM erklären?
Da du auch im englischsprachigen Brights-Forum schreibst, gehe ich davon aus, dass du des Englischen mächtig bist:
http://plato.stanford.edu/entries/qm(Siehe auch die Reihe von anderen Artikeln zum Thema Quantenphysik und deren philosophische Interpretation:
http://plato.stanford.edu/contents.html#q)
Zu Unschärferelation gibt es auch einen eigenen Artikel:
http://plato.stanford.edu/entries/qt-uncertainty
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 3. Jun 2008, 21:52
von Myron
Das folgende Buch kenne ich selbst zwar nicht, aber ich erwähne es trotzdem:
Lesch, Harald.
Quantenmechanik für die Westentasche. München: Piper, 2007.
(Der Lesch ist der Physik-Professor aus der nächtlichen Alpha-Centauri-Reihe im Bayerischen Fernsehen.)
Noch zwei Bücher, die laienfreundlich sein dürften:
— Polkinghorne, John.
Quantentheorie: Eine Einführung. Übers. M. Weltecke. Stuttgart: Reclam, 2006. (
Englisches Original)
— Ingold, Gert-Ludwig.
Quantentheorie: Grundlagen der modernen Physik. 4. Aufl. München: Beck, 2008.
Generell höchst empfehlenswert ist:
— Greene, Brian.
Der Stoff, aus dem der Kosmos ist: Raum, Zeit und die Beschaffenheit der Wirklichkeit. Übers. H. Kober. München: Goldmann, 2008.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Mi 4. Jun 2008, 11:18
von Peter Janotta
Lesch neigt leicht zum Kreationismus, auch wenn seine Darstellungen in der Regel sachlich sind. Allerdings war er schon als Redner von Wort und Wissen eingeladen und hat in einem Interview die Feineinstellung der Naturkonstanten als quasi Gottesbeweis dargestellt.
Bei Ingold hatte ich schon ein erfolgreiches Bewerbungsgespräch und dabei auch indirekt über die Brights gesprochen. Der ist echt in Ordnung und hat sich wohl auch schon philosophisch so einige Gedanken zu QM etc. gemacht.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Mi 4. Jun 2008, 11:33
von Myron
Polkinghorne ist sogar Physiker und Theologe; doch das allein sagt noch nichts über die Qualität seines oben erwähnten Buches aus (das ich noch nicht gelesen habe).
Ich kenne fast alle Folgen der Alpha-Centauri-Reihe, und Leschs physikalische Darstellungen und Erläuterungen sind mir nie tendenziös erschienen. Ob und inwieweit der Mann überhaupt religiös ist, weiß ich nicht. Ich dachte bislang eher, er sei ziemlich unreligiös.
Es wäre ungerecht, einem wie Polkinghorne von vornherein zu unterstellen, dass er nicht fähig oder nicht willens sei, ein rein sachliches Physikbuch ohne irgendeine proreligiöse Tendenz zu verfassen.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Mi 4. Jun 2008, 11:40
von Peter Janotta
Wie gesagt, hab ich Lesch auch fast immer als objektiv erlebt. Allerdings sind mir eben auch Ausnahmen bekannt, über die ich informieren wollte. Sein Buch kann natürlich trotzdem gut sein.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Mi 4. Jun 2008, 11:41
von Klaus
Zu Lesch muss ich Peter rechtgeben. Lesch versucht neutral in den Medien zu erscheinen, was seine Äusserungen zu Religion und Wissenschaft anbelangt. Hier in den Tiefen des Forum gibt es einen Thread über seine religiösen Auffassungen.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Mi 4. Jun 2008, 13:43
von Myron
Also ein Christ ist Lesch schon, was ich bislang nicht wusste:
"Das einzige Verbindende zwischen christlichem Glauben und der Astrophysik ist doch zunächst einmal der Gegenstand, nämlich der Himmel. Wobei der christliche Himmel doch ein ganz anderer Himmel ist, als der Himmel der Astrophysiker. Daher wundere ich mich wirklich, dass Physiker und vor allem auch Astronomen gefragt werden: Wie können Sie denn das eine und das andere machen? Wie können Sie an Christus und an Gott glauben und Naturwissenschaft betreiben?� Ich habe mir die Frage nie gestellt. Ich mache es einfach und ich habe nicht den Eindruck, in meiner Persönlichkeit gespalten zu sein."(
http://www.katholisch.internetseelsorge ... index.html)
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Do 12. Jun 2008, 10:05
von Mark
Der Lesch hat keine Schnittstelle zwischen Verstand und kindlicher/kindischer Gottesliebe. Das ist halt etwas shizo... so sind viele bzw alle religiösen Wissenschaftler.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 17. Jun 2008, 12:21
von Ari
Hmm man darf einfach nicht zu Ende denken dann kann man es wie Lesch (dessen Sendung und auch seine Bücher ich sehr schätze) machen. Toleranz von andersdenkenden und gläubigen ist durchaus in Ordnung, wenn sie niemand belästigen oder sich Rechte herausnehmeh.
Aber für mich selbst kann es nur A oder B geben. Ich kann nicht an die Gundsätze des christlichen Glaubens glauben und genau das Gegenteil dieser Grundsätze für die korrekte wissenschaftliceh Theorie halten. Da spaltet sich mir doch der Kopf. Und Herr LEsch weiss viel viel mehr zur Astrophysik und wahrscheinlich auch zu anderen physikalischen Themen als ich. Da wundet es mich echt, dass er so locker über diesen Wissen von seinem Glauben trennen kann.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 17. Jun 2008, 13:18
von Qubit
Ari hat geschrieben:Da wundet es mich echt, dass er so locker über diesen Wissen von seinem Glauben trennen kann.
Glaube und Wissen müssen kein WIderspruch sein, wenn Glaube da einsetzt, wo Wissen aufhört. Jeder "Gläubige" hat da freilich seine individuellen Grenzen

"Glaube" zur Grundlage aller Existenz zu machen halte ich freilich für "krankhaft".
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 17. Jun 2008, 13:27
von folgsam
Wem's spaß macht und sich nicht daran stört seinen Glauben mit neuen Erkentnissen immer weiter nach hinten zu schieben...
Wäre für mich nicht sehr befriedigend.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Di 17. Jun 2008, 14:27
von Ari
qubit hat geschrieben:Glaube und Wissen müssen kein WIderspruch sein, wenn Glaube da einsetzt, wo Wissen aufhört.
Folgesame aht es schongeau richtig gesagt, das doch ein Verschiebebahnhofglaube.
Menschen haben mal geglaubt das Gott das Wetter macht (vielleicht glauben das manche evangelikale immernoch) und noch viele andere Dinge die in der breiten Mehrheit mittlerweile als "natürliche" Handlungen angesehen werden. So ein Glaube der das restliche Unwissen einem Gott zuschustert ist doch immer davon betroffen, dass jede neue wissenschaftliche Erkenntnis das bisherige Weltbild erschüttert. Sowas kann doch nicht funktionieren?!
Genau deshalb gibt es ja die Dogmen in den Religionen. Unveränderliches, althergebrachtes angebliches Wissen, dass bei strenggläubigen jeder wissenschaftliche Beweisführung standhält. Wäre ja noch schöner, wenn man zugeben müsste das Noahs Arche nicht für alle Insekten platz haben konnte und Eisbär und Kamel nur schwer das selbe Klima ertragen.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Fr 20. Jun 2008, 16:42
von Kurtilein3
der Threadersteller hat das problem eigentlich sehr genau beschrieben:
``Gleichzeitig wird eine neue Quantenesoterik aufgezogen, wobei jeder Hinz und jeder Kunz mit der Vorsilbe "Quanten-" alles Mögliche begründet.´´ das trifft den kern des problems.
die obengenannten hinze und kunze benutzen es als vorsilbe, um allen möglichen unfug wissenschaftlich wirken zu lassen.
dagegen gibt es eine supereinfache methode: jedesmal wenn einer ``quant´´ sagt, ersetzt ihr es im geiste einfach mit ``kleinster zählbarer einheit´´, beziehungsweise ``partikel´´. wissenschaftliche texte in denen ``quanten´´ und ``quant´´ vorkommen machen dann immernoch sinn, hier sind die begriffe ziemlich synonym, aber fehlerhafte verwendung des wortes im bereich esoterik wird ziemlich offensichtlich.
auch gerne benutzt wird das wort ``energie´´. das kann man ersetzen durch ``messbares arbeits-potential´´. also, in der wissenschaft kann man es ersetzen, weil in echten wissenschaftlichen texten ``energie´´ immer für ``messbares arbeits-potential´´ steht.
was ist dann bitte spirituelle energie? existiert offensichtlich nicht, denn bisher hat es noch keiner geschafft kraft seiner gedanken arbeit zu verrichten, und man kann den esoteriker dann fragen ob er mit seiner ``spirituellen energie´´ bitte mal arbeit verrichten könnte (was hochheben, nen generator drehen lassen, was aufheizen) um die existenz selbiger zu belegen.
in anderem zusammenhang funktioniert die ersetz-technik auch super: in religiösen texten ``gott´´ durch ``wotan´´ oder ``zeus´´ ersetzen ist echt super wenn man religiösen leuten vor augen führen will wie sinnfrei die meissten texte zum thema eigentlich sind, und wie es auf atheisten wirkt.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Fr 20. Jun 2008, 22:05
von Gandalf
Kurtilein3 hat geschrieben:``Gleichzeitig wird eine neue Quantenesoterik aufgezogen, wobei jeder Hinz und jeder Kunz mit der Vorsilbe "Quanten-" alles Mögliche begründet.´´ das trifft den kern des problems.
die obengenannten hinze und kunze benutzen es als vorsilbe, um allen möglichen unfug wissenschaftlich wirken zu lassen.
dagegen gibt es eine supereinfache methode: jedesmal wenn einer ``quant´´ sagt, ersetzt ihr es im geiste einfach mit ``kleinster zählbarer einheit´´, beziehungsweise ``partikel´´. wissenschaftliche texte in denen ``quanten´´ und ``quant´´ vorkommen machen dann immernoch sinn, hier sind die begriffe ziemlich synonym, aber fehlerhafte verwendung des wortes im bereich esoterik wird ziemlich offensichtlich.
.
Mit verlaub - diese "Methode" geht voll in die Hose. Und ist zumindest nicht besser. als das, was an Aussagen aus der EsoSzene zu kritisieren ist. "Quanten(Systeme)" sind keine "Teilchen" - Sie können manchmal als Teilchen in Erscheinung treten (wie z.B als Photon oder Elektron, die aus ein und dem selben Quantensystem "erzeugt" werden können), sind aber selbst keine "Partikel" (im klassischen Sinne) . Wären sie es, hätte man sich 100 Jahre Quantenphysik ersparen können.und das sogen. Doppelspaltexperiment müsste wohl ein Pseudoexpoeriment von "Verwschwörungstheoretikern sein. Quanten durchweg mit "Teilchen" zu übersetzen ist daher Schwachfug und zeigt nur, das wesentliches nicht verstanden wurde. (Was ja in diesem Bereich kein Fehler sein muss, - aber dann sollte man es auch nicht als "Wissen" propagieren und "andere Hinze und Kunze" noch mehr verunsichern)
Da die Aussagen der Quantentheorie bezüglich "der Realität" nach 100 Jahren immer noch nicht einheitlich interpretiert werden (können), bleibt natürlich viel Raum für Spekulationen darüber, wie die "Realität entsteht". (Und wenn selbst die Koryphäen in diesem Bereich darüber philosophieren ob der Mond überhaupt "da ist", wenn wir nicht hinschauen, hängt dann doch hier vieles vom "Glauben" ab.)
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Sa 21. Jun 2008, 13:45
von Kurtilein3
hmm, ok, das hätte ich präziser ausdrücken müssen. ``teilchen/partikel´´ passt nur manchmal. also je nach kontext wohl doch eher ``kleinste zählbare einheit´´.
die idee für die antwort hatte ich auch eher weil bei anderen wörtern die ersetz-technik so gut funktioniert.
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
Sa 21. Jun 2008, 14:56
von Myron
"Quantum mechanics is, at least at first glance and at least in part, a mathematical machine for predicting the behaviors of microscopic particles — or, at least, of the measuring instruments we use to explore those behaviors (...)"(
http://plato.stanford.edu/entries/qm)
"It should be emphasised, first of all, that quantal particles are indistinguishable in a much stronger sense than classical particles. It is not just that two or more electrons, say, possess all intrinsic properties in common but that — on the standard understanding — no measurement whatsoever could in principle determine which one is which. If the non-intrinsic, state-dependent properties are identified with all the monadic or relational properties which can be expressed in terms of physical magnitudes associated with self-adjoint operators that can be defined for the particles, then it can be shown that two bosons or two fermions in a joint symmetric or anti-symmetric state respectively have the same monadic properties and the same relational properties one to another. This has immediate implications for Leibniz's Principle of the Identity of Indiscernibles which, expressed crudely, insists that two things which are indiscernible, must be, in fact, identical."(
http://plato.stanford.edu/entries/qt-idind)
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
So 22. Jun 2008, 08:40
von Gandalf
@Myron
Kannst Du uns evtl. auch auf Deutsch mitteilen, was Du uns damit sagen willst?
Re: Die Quantenmechanik als Zufluchtsort des Gläubigen

Verfasst:
So 22. Jun 2008, 09:10
von emporda
Gandalf hat geschrieben:@Myron
Kannst Du uns evtl. auch auf Deutsch mitteilen, was Du uns damit sagen willst?
Wieso, ist doch klar ausgedrückt und verständlich ?
Es ist nun einmal so, Bildungsniveau und und Sprachkenntnisse gehen Hand in Hand. Wer nur Ostfriesisch oder oberbayrischen Dialekt kann, der hat auch Probleme Texte der Bildzeitung zu verstehen. (nicht persönlich gemeint)