ganimed hat geschrieben:Bei Wikipedia heißt es zu Wolf Singer, einem Hirnforscher, unter anderem: "Singer argumentiert, das naturwissenschaftliche Kausalmodell, nach dem die Welt als geschlossenes deterministisches Ganzes anzusehen ist, schließe Freiheit aus."
Myron hat geschrieben:Tja, fragt sich, von welchem Freiheitsbegriff Singer ausgeht.
ganimed hat geschrieben:Bei Wikipedia heißt es zu Wolf Singer, einem Hirnforscher, unter anderem: "Singer argumentiert, das naturwissenschaftliche Kausalmodell, nach dem die Welt als geschlossenes deterministisches Ganzes anzusehen ist, schließe Freiheit aus."
Wenn es keinen Nichtdeterminismus, keinen externen übernatürlichen Funken im Kopf gibt, dann muss in einem kausalen Universum der Wille des Menschen und jede seiner Entscheidungen letztendlich das Ergebnis von neuronalen Prozessen sein, die letztendlich wiederum von externen Faktoren angeregt wurden. Der Mensch hat einen Willen, aber keinen unabhängigen, sondern einen, der von ursächlichen Faktoren abhängt.
HFRudolph hat geschrieben:Die Kompatibilisten gehen davon aus, dass freie Wille und kausale Bestimmtheit des Willens vereinbar sind. Es kommr darauf an, was man unter Freiheit versteht.
HFRudolph hat geschrieben:Die Schlussfolgerung, dem Unterbwusstsein Vorrang vor dem Bewisstsein zu geben in dem Sinne, dass man den eigenen Willen plötzlich hintenan stellt, kann ich nun gar nicht mehr nachvollziehen.
HFRudolph hat geschrieben:Wenn Du feststellst, dass der Wille zum Abnehmen durch das Unterbewusstsein, durch den Esstrieb oder mangelnde Selbstdisziplin unterlaufen werden, die vielleicht viel langfristigere Ursachen haben, dann kann man doch daran arbeiten: Wenn man sie ignoriert, weil man meint, es käme nur auf den grundsätzlich gefassten Willen an und alles andere ignoriert, kann man auch nicht daran arbeiten.
Gandalf hat geschrieben:Diese Annahme ist nur zulässig, wenn sie voraussetzt, dass sich der Betrachter bewusst darüber ist, das es niemals auch nur eine theoretische Möglichkeit gibt, die Ereignsikette 'vollständig' erfassen zu können.
Gandalf hat geschrieben:(Wie das Bild oben (unvollkommen) zeigt - hätte es rückwirkend betrachtet gar nicht anders kommen können!) Dieser stellt jedoch eine selbstbezügliche Auswahl aus einer 'viel größeren Wirklichkeit' dar
ganimed hat geschrieben:Vielen Dank für die Erläuterung!
Du bezeichnest den Bezug zur Quantenphysik selbst als Unfug. Ich würde zustimmen. Im makroskopischen Neuronengeflecht spielen Quantenphänomene keine Rolle.
ganimed hat geschrieben:Die Viele-Welten-Theorie, wozu brauche ich die nochmal? Um mir doch ein nicht deterministisches Element zurecht zu schnitzen?
ganimed hat geschrieben:Welcher Ausgangspunkt auf der rechten Seite also letztendlich am linken Ende ankommt, würde demnach durch die Impuls-Potentiale bestimmt. Ich vermute, so etwas ist für einen Netzwerktechniker einfachste Routinearbeit.
ganimed hat geschrieben:Hm, dieses Argument verstehe ich wieder nicht. Wieso soll man denn die viel größere Wirklichkeit betrachten? Willst du behaupten, dass es doch anders hätte kommen können und ein anderer Pfad der größeren Wirklichkeit hätte der auserwählte werden können?
ganimed hat geschrieben:Die Pfadauswahl erfolgt doch deterministisch. Bei gleichen Ausgangsbedingungen also immer gleich.
ganimed hat geschrieben:Unfrei bedeutet nach meinem Verständnis, dass das Ergebnis kausal abhängig ist von Eingangsparametern. Ob man das vorhersagen kann oder nur nachhersagen, spielt dafür überhaupt keine Rolle, oder?
ganimed hat geschrieben:Ist das vielleicht so ähnlich wie mit der Religion? Die liebgewordenen Vorstellungen auf keinen Fall aufgeben wollen, auch wenn die Logik dabei auf der Strecke bleibt?
ganimed hat geschrieben:Mal ist unser Gehirn plötzlich der Quantentheorie unterworfen (was ich nicht erkennen kann, Neuronen sind ja keine Quanten
ganimed hat geschrieben:mal sind da plötzlich viele Welten (was als Idee manchmal im Zusammenhang mit Kosmologie aufkommt
ganimed hat geschrieben:zum Schluss, stellst du noch schnell sämtliche Kausalität in Frage, weil ja die allererste Ursache nicht klar ist.
ganimed hat geschrieben:Vielleicht muss man ja auch irgendeine Macke haben, so wie ich, um die Unfreiheit des Willens, die sich aus der Kausalität ganz logisch ergibt
ganimed hat geschrieben:Was mich viel mehr stört ist der auch im Artikel aufgeführte Hinweis auf die Rechtswissenschaft: "Der deutsche Gesetzgeber setzt den freien Willen des erwachsenen Menschen voraus". Das klingt gar nicht gut. Es wundert fast ein wenig, wieso die Rechtsprechung trotz solch falscher Voraussetzungen noch einigermaßen funktioniert.
ganimed hat geschrieben:Die von mir eingangs angedachten 4 Vorteile des unfreien Willens zum Beispiel, wenn sie denn in dieser Weise wirklich vorlägen, haben insofern also offenbar keine große Nutzungsverbreitung. Schade eigentlich.
AgentProvocateur hat geschrieben:Und mich wundert fast ein wenig, wie Du einfach mal so voraussetzt, dass hierbei [bei der Rechtsprechung] dieselbe Definition des "freien Willens" gemeint sein müsse, die Du hast.
AgentProvocateur hat geschrieben:Deine obigen "Vorteile" laufen darauf hinaus, alles einfach als Kismet, Schicksal anzusehen und sich dann widerstandslos diesem Schicksal zu ergeben.
ganimed hat geschrieben:Denn aus deren [Juristen] "freien Willen" wird ja eine moralische Verantwortung gefolgert, so dass ein falsches Tun bestraft werden kann. Und das geht natürlich nur, wenn man unterstellt, dass der Kriminelle eine echte Wahl hatte, also auch anders hätte entscheiden können.
ganimed hat geschrieben:Nochmal zitiert aus dem Wikipedia Artikel zu Wolf Singer:
"Singer fordert auch, dass die von ihm behauptete Nichtexistenz von Willensfreiheit Konsequenzen für unsere Konzeptionen von Schuld und Strafe haben müsse. Wenn naturwissenschaftlich gesehen niemand frei entscheiden könne, sei es nicht sinnvoll, Personen für ihr Tun verantwortlich zu machen. Gesellschaftlich untragbare Personen müssten einfach 'weggesperrt' und 'bestimmten Erziehungsprogrammen' – so weiter wörtlich – 'unterworfen' werden."
ganimed hat geschrieben:Was ist denn, wenn ich vom Schicksal dazu ausersehen bin, ständig Widerstand zu üben, vielleicht sogar Widerstandskämpfer zu werden? Was ist, wenn meine Hirnstruktur durch Gene, frühkindliche Prägung und Umwelt so angelegt ist, dass ich ständig Widerstand übe? Was bedeutet es dann noch, sich widerstandslos dem Dasein eines Widerstandskämpfers zu ergeben? Ich will darauf hinaus, dass dieses "sich ergeben" absolut nichts mit Passivität zu tun hat. Auch ich stehe jeden Morgen auf. Es ändert sich im Leben zu 99,9% gar nichts.
ganimed hat geschrieben:Nur kann man die Welt mit der richtigen Theorie, nämlich dass es keinen freien Willen gibt, viel besser erklären und sich selbst und andere viel besser verstehen. Erkenntnisgewinn eben, Aufgeklärtheit.
ganimed hat geschrieben:Macht es dich, wenn du noch an die Freiheit des Willens glaubst, gar nicht nervös, dass Wissenschaftler das bestreiten während die katholische Kirche das als Dogma vertritt?
meiner selbst hat geschrieben:Denn aus deren [Juristen] "freien Willen" wird ja eine moralische Verantwortung gefolgert, so dass ein falsches Tun bestraft werden kann. Und das geht natürlich nur, wenn man unterstellt, dass der Kriminelle eine echte Wahl hatte, also auch anders hätte entscheiden können.
AgentProvocateur hat geschrieben:Meine Fragen hier sind a) warum sollte dies und aus was überhaupt folgen und b) wäre solches für Dich erstrebenswert und wenn ja, warum?
Bedenke dabei, dass hier gefordert wird, Menschen nicht als Subjekte, sondern als Objekte zu behandeln.
AgentProvocateur hat geschrieben:Es gibt mE gar keine Alternative dazu, dass man annimmt, es könne einen fruchtbaren Diskurs geben, man könne also Argumente verwenden und diese Argumente könnten etwas bewirken. Anders gesagt: wir sehen die anderen als autonome Agenten an, als Subjekte.
AgentProvocateur hat geschrieben:Du meinst, ich müsse meine Meinung von der katholischen Kirche abhängig machen?
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