"Kein freier Wille" also neues Selbstbild

Bei Wikipedia heißt es zu Wolf Singer, einem Hirnforscher, unter anderem: "Singer argumentiert, das naturwissenschaftliche Kausalmodell, nach dem die Welt als geschlossenes deterministisches Ganzes anzusehen ist, schließe Freiheit aus."
Ich neige dazu, zuzustimmen. Und müsste das nicht laut Definition jeder Bright? Oder enge ich da den Begriff zu sehr ein?
Wenn es keinen Nichtdeterminismus, keinen externen übernatürlichen Funken im Kopf gibt, dann muss in einem kausalen Universum der Wille des Menschen und jede seiner Entscheidungen letztendlich das Ergebnis von neuronalen Prozessen sein, die letztendlich wiederum von externen Faktoren angeregt wurden. Der Mensch hat einen Willen, aber keinen unabhängigen, sondern einen, der von ursächlichen Faktoren abhängt.
Wenn ich also meiner Frau erzähle, dass ich unbedingt das rote Hemd anziehen will, und sie mich fragt: "wieso das denn?", dann ist für einen Bright "weil ich es will" einfach keine adäquate Antwort mehr. Es gibt zweifelsfrei bestimmte Ursachen für jedes Wollen, für jede Entscheidung, die wir treffen. Sie müssen uns aber nicht bewusst sein und sind es meistens auch nicht.
Aaaaalso, wenn das mit der Nichtexistenz eines freien Willen so stimmt, was, so frage ich mich und euch dann sofort, sind daraus die Konsequenzen für mein Selbstbild?
Ein paar Ergebnisse meiner persönlichen Überlegungen:
1) "Kein freier Wille" macht frei. Man kann direkt befreit aufatmen. Wenn ich an mir selber beobachte, dass ich seit Jahr und Tag immer nur rote Hemden anziehe, dann wird das wohl seinen Grund haben. Verständnislose Fragen meiner Frau nach dem "Warum" kann ich zwar immer noch nicht beantworten, aber wenigstens kann ich ihr mitteilen, dass es einen oder mehrere Gründe gibt. Damit bin ich erstmal raus aus der Rechtfertigungsnot. Verantwortung trage ich nur noch für die Handlung, nicht mehr für die Entscheidungsfindung. Ich muss also nicht länger so tun, als wüsste ich immer, wieso ich etwas tue. Sehr befreiend.
2) "Kein freier Wille" macht schlau. Wenn ich an mir selber beobachte, dass ich seit Jahr und Tag immer nur rote Hemden anziehe, dann hat das offenbar seine Gründe, vermutlich irgendwo im Unterbewusstsein zu suchen. Da ich per Definition aber nicht so genau weiß, was im Unterbewusstsein vor sich geht, ist eine indirekte Informationsquelle natürlich sehr willkommen. Durch Rückschlüsse kann ich also vielleicht doch herausfinden, wie ich ticke und wer ich eigentlich bin. Rote Hemden verraten vielleicht eine ganze Menge über den Menschen darin. Und beim Mitmenschen funktioniert das natürlich auch. Wenn ich nicht mehr davon ausgehen muss, dass dessen Entscheidung vielleicht einfach nur mal so aus heiterem Himmel fiel, sondern immer Gründe hat, werde ich sicher eine etwas bessere Grundlage haben, ihn anhand seiner Entscheidungen zu beurteilen.
3) "Kein freier Wille" macht friedlich. Endlich wird einem klarer, wieso man eigentlich nie wieder rote Hemden anziehen wollte aber es doch immer wieder tut. Wenn man den Selbstanspruch aufgegeben hat, zu rein rationalen Entscheidungen fähig zu sein, bei denen man Herr im Hause wäre, dann wird man auch angesichts täglicher Widersprüche nicht mehr verzweifeln. Es wird mit der Hirnfoschung endlich verständlich, wieso ich das eine will und das andere tue. Wieso mein Bewusstsein so oft gegen unterbewusste Regungen verliert, ohne es so richtig zu merken.
4) "Kein freier Wille" schützt gegen falsche Schuldzuweisungen. Wie in einem anderen Thread schon mal angedeutet, wollte ich eigentlich längst abgenommen haben, bin aber immer noch dick. Nun muss ich mir dank der Hirnforschung nicht mehr so lächerliche Beurteilungen wie "selbst schuld" oder "wenn du nur richtig wolltest, wärst du längst dünn" anhören. Ok, anhören muss man sie sich hin und wieder schon noch, aber glauben muss ich es nicht mehr.
Sorry für das viele Gefasel. Ist nunmal mein Lieblingsthema. Bin gespannt auf neue Anregungen!
Ich neige dazu, zuzustimmen. Und müsste das nicht laut Definition jeder Bright? Oder enge ich da den Begriff zu sehr ein?
Wenn es keinen Nichtdeterminismus, keinen externen übernatürlichen Funken im Kopf gibt, dann muss in einem kausalen Universum der Wille des Menschen und jede seiner Entscheidungen letztendlich das Ergebnis von neuronalen Prozessen sein, die letztendlich wiederum von externen Faktoren angeregt wurden. Der Mensch hat einen Willen, aber keinen unabhängigen, sondern einen, der von ursächlichen Faktoren abhängt.
Wenn ich also meiner Frau erzähle, dass ich unbedingt das rote Hemd anziehen will, und sie mich fragt: "wieso das denn?", dann ist für einen Bright "weil ich es will" einfach keine adäquate Antwort mehr. Es gibt zweifelsfrei bestimmte Ursachen für jedes Wollen, für jede Entscheidung, die wir treffen. Sie müssen uns aber nicht bewusst sein und sind es meistens auch nicht.
Aaaaalso, wenn das mit der Nichtexistenz eines freien Willen so stimmt, was, so frage ich mich und euch dann sofort, sind daraus die Konsequenzen für mein Selbstbild?
Ein paar Ergebnisse meiner persönlichen Überlegungen:
1) "Kein freier Wille" macht frei. Man kann direkt befreit aufatmen. Wenn ich an mir selber beobachte, dass ich seit Jahr und Tag immer nur rote Hemden anziehe, dann wird das wohl seinen Grund haben. Verständnislose Fragen meiner Frau nach dem "Warum" kann ich zwar immer noch nicht beantworten, aber wenigstens kann ich ihr mitteilen, dass es einen oder mehrere Gründe gibt. Damit bin ich erstmal raus aus der Rechtfertigungsnot. Verantwortung trage ich nur noch für die Handlung, nicht mehr für die Entscheidungsfindung. Ich muss also nicht länger so tun, als wüsste ich immer, wieso ich etwas tue. Sehr befreiend.
2) "Kein freier Wille" macht schlau. Wenn ich an mir selber beobachte, dass ich seit Jahr und Tag immer nur rote Hemden anziehe, dann hat das offenbar seine Gründe, vermutlich irgendwo im Unterbewusstsein zu suchen. Da ich per Definition aber nicht so genau weiß, was im Unterbewusstsein vor sich geht, ist eine indirekte Informationsquelle natürlich sehr willkommen. Durch Rückschlüsse kann ich also vielleicht doch herausfinden, wie ich ticke und wer ich eigentlich bin. Rote Hemden verraten vielleicht eine ganze Menge über den Menschen darin. Und beim Mitmenschen funktioniert das natürlich auch. Wenn ich nicht mehr davon ausgehen muss, dass dessen Entscheidung vielleicht einfach nur mal so aus heiterem Himmel fiel, sondern immer Gründe hat, werde ich sicher eine etwas bessere Grundlage haben, ihn anhand seiner Entscheidungen zu beurteilen.
3) "Kein freier Wille" macht friedlich. Endlich wird einem klarer, wieso man eigentlich nie wieder rote Hemden anziehen wollte aber es doch immer wieder tut. Wenn man den Selbstanspruch aufgegeben hat, zu rein rationalen Entscheidungen fähig zu sein, bei denen man Herr im Hause wäre, dann wird man auch angesichts täglicher Widersprüche nicht mehr verzweifeln. Es wird mit der Hirnfoschung endlich verständlich, wieso ich das eine will und das andere tue. Wieso mein Bewusstsein so oft gegen unterbewusste Regungen verliert, ohne es so richtig zu merken.
4) "Kein freier Wille" schützt gegen falsche Schuldzuweisungen. Wie in einem anderen Thread schon mal angedeutet, wollte ich eigentlich längst abgenommen haben, bin aber immer noch dick. Nun muss ich mir dank der Hirnforschung nicht mehr so lächerliche Beurteilungen wie "selbst schuld" oder "wenn du nur richtig wolltest, wärst du längst dünn" anhören. Ok, anhören muss man sie sich hin und wieder schon noch, aber glauben muss ich es nicht mehr.
Sorry für das viele Gefasel. Ist nunmal mein Lieblingsthema. Bin gespannt auf neue Anregungen!