Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Ist die Vorstellung, die den Determinismus für wahr hält, mit dem Naturalismus vereinbar?

Umfrage endete am Do 9. Okt 2008, 17:01

Ja
8
89%
Nein
1
11%
 
Abstimmungen insgesamt : 9

Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon HF******* » Do 2. Okt 2008, 17:01

Die Fragestellung bezieht sich auf folgendes Verständnis:
Determinismus (lat.),
im weiteren Sinne die philosophische Lehre, nach der die gesamte Natur einschließlich des Menschen und seiner Handlungen dem ausnahmslos geltenden Kausalgesetz (siehe dort) unterworfen ist; …
(Determinismus, Meyers Lexikon, 3. Band, 1925)

und
Kausalgesetz,
der allen Realwissenschaften als Voraussetzung (Axiom) zugrundeliegende Satz, dass jede Veränderung eine Ursache habe, dass jedes Ereignis an eine Summe von Umständen geknüpft sei. bei deren Abwesenheit (oder unvollständiger Anwesenheit) es nicht eintreten kann und bei deren Vorhandensein es mit Notwendigkeit eintritt.
(Kausalgesetze, Meyers Lexikon, 6. Band, 1927)


Die Frage bezieht sich auf die Positionierung, die den Determinismus für wahr hält. Der Einfachheit halber sind Positionen einzubeziehen, die unter dem wissenschaftlichen Vorbehalt der Irrtumsmöglichkeit stehen.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon sapere aude » Do 2. Okt 2008, 17:48

Der entscheidende vermittelnde Ansatz wäre hier der sogenannte Kompatibilismus.

Man kann das Ganze so sehen: Der Mensch ist subjektiv frei. Da er nicht in der Lage ist, alle Bedingungen und alle Konsequenzen abzuschätzen unter denen er handelt. Er muß sich also nach gewissen probabilistischen Heuristiken richten. Allerdings ist der Mensch trotzdem objektiv unfrei. D.h. alle Bedingungen, die zu einem bestimmten Handeln führten sind kausal nachvollziehbar.

Das dadurch entstehende Verantwortungsproblem kann man so lösen: Der Mensch ist zwar für seine Taten objektiv nicht verantwortlich aber intersubjektiv durchaus verantwortbar, durch andere, die ebenso unfrei sind.

Wenn Du also mit Determinismus objektiven Determinismus meinst, stimme ich voll und ganz zu. =)
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon Myron » Do 2. Okt 2008, 18:31

"Causal determinism is, roughly speaking, the idea that every event is necessitated by antecedent events and conditions together with the laws of nature.
(...)
Determinism: The world is governed by (or is under the sway of) determinism if and only if, given a specified way things are at a time t, the way things go thereafter is fixed as a matter of natural law."


"Der kausale Determinismus besteht, grob gesagt, in der Idee, dass jedes Ereignis von vorangehenden Ereignissen und Bedingungen samt den Naturgesetzen erzwungen wird.
(...)
Determinismus: Die Welt wird genau dann vom Determinismus gelenkt (oder beherrscht), wenn bei einem gegebenen Weltzustand zum Zeitpunkt t der Verlauf des Weltgeschehens danach naturgesetzlich festgelegt ist."

[© meine Übers.]

(http://plato.stanford.edu/entries/determinism-causal)
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon ganimed » Do 2. Okt 2008, 20:10

@sapere aude: sehr schön formuliert. Ich unterschreibe jede Silbe zu den Begriffen "objektiv unfrei", "subjektiv frei", "objektiv nicht verantwortlich" und "intersubjektiv verantwortbar". Diese Definitionen helfen mir glaube ich, meinen Standpunkt nochmal klarer zu gliedern. Vielen Dank!
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon LinuxBug » Sa 4. Okt 2008, 20:51

Also ich finde nicht, dass das deterministische Kausalgesetz überall zutrifft.
Beim radioaktiven Zerfall z.B. kann man nur probabilistische Aussagen machen. Es gibt keine Möglichkeit für uns, festzustellen wann ein bestimmtes Ereignis ("Wenn ich 1kg Uran auf einen Haufen tu, wird Atomkern a in den nächsten 5 Jahren zerfallen") stattfindet, aber wir können mit ziemlicher Sicherheit sagen, wann nur noch 500g da sein werden (in ca. 703,8 Mio. Jahren - wenn ich mich jetzt nicht irre).

Um die Eingangsfrage zu beantworten, ja, es wäre möglich, dass wir irgendwann wieder ein vollständig deterministisches Weltbild als Naturalisten haben können, aber der derzeitige Wissensstand verlangt meines Wissens etwas anderes. :^^:
Ich weiß nicht, welche Schlüsse man daraus ziehen soll, da ich es für uns für völlig irrelevant halte, ob die Welt nun objektiv deterministisch ist, oder nicht... (bin mir nicht mal sicher ob solche Ereignisse überhaupt Einfluss auf unser Handeln haben...)
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon HF******* » Mo 13. Okt 2008, 10:36

Habe hier schon länger nicht mehr nachgesehen und wollte mich für die Teilnahmen an der Abstimmung bedanken.

@sapere aude: Schön formuliert!
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon xander1 » Sa 18. Okt 2008, 18:51

Wegen der Quantenmechanik hat sich angeblich auch das deterministische Weltbild erledigt. Das habe ich mir von einem Physikstudenten erklären lassen. Ganz verstanden habe ich es nicht. Ich weiß ja nicht ob ein Blick hier rein hilft http://de.wikipedia.org/wiki/Quantenmec ... ntwicklung ?

Mir wurde erklärt, dass Determinismus im physikalischen Sinn bedeutet, dass man für jede Zeit die genaue Information bekommen kann. Angeblich sei Herr Planck um 1900 daran schuld, dass der Determinismus nicht mehr als Vorstellung für die gesamte Welt vollständig erklärend ist.

Aber was gehen mich im realen Leben solche Zusammenhänge an? Im Großen und Ganzen kann man schon unsere Welt als deterministisch auffassen, auch wenn sie es vielleicht nicht vollständig ist.

Ich bin Anhänger des deterministischen Weltbildes für private Zecke und Anwendung. Das ist für mich eine Bereicherung meines Lebens.

Hier noch ein Zitat:
In der Quantenphysik lassen sich keine deterministischen, genauen Voraussagen treffen, es sind nur Wahrscheinlichkeitsaussagen möglich. Dies ist nicht durch die Unkenntnis verborgener Variablen bedingt, sondern spiegelt einen auf Quantenebene existierenden absoluten Zufall wider. Daher ist also nicht nur der Laplacesche Dämon unmöglich (wie nach den beiden vorgenannten Einwänden), sondern der Determinismus ist an sich falsch.

Ich denke schon dass er recht hat. Na und?
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon ganimed » Sa 18. Okt 2008, 23:16

Genau. Na und!

Die angebliche Einschränkung des Determinismus seitens der Quantenmechanik bezieht sich, wie in deinem Zitat deutlich wird, eigentlich nur auf die Vorhersagefähigkeit. Und dem stimme ich zu: spätestens in einer quantenmechanischen Welt mit Unschärferelation (aber eigentlich auch schon in einer komplexen Welt vorher) ist es unmöglich, exakte Vorhersagen über alles zu treffen.

Na und?

Determinismus hat mit Vorhersagbarkeit auch erstmal nichts zu tun. Ich zitiere aus Wikipedia "Er [der Determinismus] geht davon aus, dass alle Ereignisse nach feststehenden Gesetzen ablaufen und sie durch diese vollständig bestimmt bzw. determiniert seien."

Da steht nichts davon, dass wir von den Ergebnissen dieser Abläufe im Vorhinein benachrichtigt werden müssen. Wenn die Natur also vergessen sollte, uns vorher Bescheid zu sagen, ist das als Mensch noch lange kein Grund, die ganze Idee eines kausalen Weltbildes beleidigt über Bord zu werfen.

Und solange die Quantentheorie zur Kausalität nur vage experimentelle Verständnisprobleme aufwirft und keinerlei Hinweise für andere Erklärungen liefert, bleibt es doch wohl eindeutig beim Determinismus. Von halbseidenen Theologen und wissenschaftsfeindlichen Esoterikern werden vage Verständnislücken natürlich gierig angeführt. Aber das sollte uns Naturalisten nicht irre machen.

Oder wie es in der lustigen Fernsehserie "Frasier" manchmal heißt: "I am pro Opera and I vote!"
Wählen also auch sie pro Determinismus und wir können alle zum Abendessen wieder zu Hause sein.
Ansonsten will ich natürlich das Abstimmungsergebnis hier in keinster Weise beeinflussen :^^:
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon LinuxBug » So 19. Okt 2008, 05:17

ganimed hat geschrieben:Die angebliche Einschränkung des Determinismus seitens der Quantenmechanik bezieht sich, wie in deinem Zitat deutlich wird, eigentlich nur auf die Vorhersagefähigkeit.

Das ist falsch. Es bezieht sich auf die prinzipielle Unmöglichkeit Ursachen zu bestimmen.

Und wenn du Wikipedia zitierst, zitiere doch bitte auch folgendes:
"Da die Heisenbergsche Unschärferelation eine vollständige Kenntnis des Zustands eines Systems unmöglich macht und die Quantenmechanik Gleichungen nutzt, die einen Zufall verwenden, ist der Indeterminismus heute in den Naturwissenschaften dominierend, auch wenn die Quantenmechanik keinesfalls die Existenz eines absoluten Zufalls beweist bzw. diesen in letzter Konsequenz voraussetzt. Des Weiteren ist es in der Quantenmechanik nicht erlaubt, Ereignisse in der Vergangenheit zu verändern, sodass in jedem Fall das Kausalprinzip vorherrscht. In diesem Zusammenhang spielen die so genannten Deutungen oder Interpretationen der Quantenmechanik wie die Kopenhagener Interpretation und die Viele-Welten-Interpretation (siehe auch Dekohärenz, Paralleluniversum, Multiversum, Quantenschaum) eine große Rolle. Die Kopenhagener Interpretation stellt hierbei den Charakter einer Standardinterpretation der Quantenmechanik dar und benötigt einen echten Zufall, ist also indeterministisch."

ganimed hat geschrieben:Wenn die Natur also vergessen sollte, uns vorher Bescheid zu sagen, ist das als Mensch noch lange kein Grund, die ganze Idee eines kausalen Weltbildes beleidigt über Bord zu werfen.

Sondern? Wenn es uns prinzipiell nicht möglich ist, vorherzusagen, was die Ursache für ein Ereignis ist, dann ist der "Kausalismus" gescheitert.

ganimed hat geschrieben:Und solange die Quantentheorie zur Kausalität nur vage experimentelle Verständnisprobleme aufwirft und keinerlei Hinweise für andere Erklärungen liefert, bleibt es doch wohl eindeutig beim Determinismus.

Nein. Es bleibt - solange keine deterministische Erklärung für "eindeutig" angesehen wird - bei einer nicht-deterministischen Erklärung. :^^:

ganimed hat geschrieben:Von halbseidenen Theologen und wissenschaftsfeindlichen Esoterikern werden vage Verständnislücken natürlich gierig angeführt. Aber das sollte uns Naturalisten nicht irre machen.

Zu schade, dass wir Naturalisten jetzt an ein zentrales Glaubensbekenntnis festhalten müssen... :/

Natürlich wird sich für unser Leben im Makrokosmos (wo nebenbei noch die Newtonsche Mechanik ihre Berechtigung hat) nicht viel ändern, aber deswegen wird es nicht richtiger einen vollständigen Determinismus zu predigen.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon xander1 » So 19. Okt 2008, 12:29

Auch wenn ich weiß, dass es diesen vollständigen Determinismus nicht gibt, plediere ich dafür den Determinismus zu predigen.

Man könnte damit viele Probleme oder auch Scheinprobleme des Lebens indirekt lösen. Ohne einen Glauben an den Determinismus könnte man sagen, dass etwas Zufall war oder man könnte leichte Schuldzuweisungen vergeben.

Durch den Glauben an eine deterministische Welt akzeptiert man weniger in seinem Leben als Zufall. Das bedeutet, dass dieser Glaube zu einem bewussterem Leben führt, in dem man mehr den Wunsch verspürt aktiv in den Determinismus einzugreifen, also weniger dem Pseudozufall zu überlassen. Die deterministische Weltsicht führt zu einem höheren Bewusstsein über Fehler, weil nichts Zufall ist. Es kann eigentlich nichts mehr abgetan werden bis zu dem Punkt an dem man die Grenze seines Verstandes erkennt. Das Denken in den Bahnen des Determinismuses schärft das eigene Denken, weil zusammenhänge weniger "egal" werden, weil jeder Zusammenhang im Leben kausale Wirkungen hat. Man kann in einer gewöhnlichen Formel nämlich nicht einfach mal etwas weglassen wenn man Lust drauf hat.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon ganimed » So 19. Okt 2008, 19:42

LinuxBug hat geschrieben:Es bezieht sich auf die prinzipielle Unmöglichkeit Ursachen zu bestimmen.

Ich stimme zu. Von einem bestimmten, konkreten Vorgang auf Quantenebene kann man weder im Vorhinein noch im Nachhinein die genauen Ursachen bestimmen. So jedenfalls würde ich das mit der Quantenmechanik auch verstehen.

Während wir uns hier also noch einig sind, gehen kurz danach unsere Meinungen auseinander.

LinuxBug hat geschrieben:Wenn es uns prinzipiell nicht möglich ist, vorherzusagen, was die Ursache für ein Ereignis ist, dann ist der "Kausalismus" gescheitert.

Ich verstehe Kausalismus ganz anders. In meinem Kausalismus genügt es, wenn es Ursachen gibt. Ich brauche sie nicht vorhersagen und nicht hinterher bestimmen zu können. Es reicht, wenn ich Ursachen überall und immer im Makrobereich entdecke und ich auf Quantenebene keinen Gegenbeweis finde, also keine Stelle, wo gezeigt oder auch nur behauptet würde: "aha, dies und das hat keine Ursache".

Also: die Quantentheorie behauptet Akausalität meines Wissens gar nicht und zeigt es auch nirgendwo. Wenn also nie jemand auch nur eine einzige Stelle gefunden hat, an der keine Ursachen am Werk waren, wie um alles in der Welt kommst du dann dazu, den "Kausalismus" als gescheitert anzusehen?

LinuxBug hat geschrieben:Es bleibt - solange keine deterministische Erklärung für "eindeutig" angesehen wird - bei einer nicht-deterministischen Erklärung.

Ich habe eine eindeutige deterministische Erklärung: "das Verhalten der Quanten hat immer irgendwelche Gründe, die wir nur noch nicht entdeckt haben". Jetzt die Gegenprobe aufs Exempel: was meinst du mit "nicht-deterministischen Erklärung"? Welche soll das sein? Ich habe noch nie eine gelesen oder von einer gehört. Wenn man nämlich behaupten würde, dass ein Vorgang keine Ursachen hat (das behaupten die Quantenmechaniker meines Wisssens aber gar nicht), dann müsste man doch erklären, wie es sonst zu diesem Vorgang kam (auch das haben die Quantenmechaniker, soweit ich verstehe, noch nie gemacht).

Meiner Meinung nach ist der Kausalismus also nicht gescheitert und von der Quantenmechanik noch nicht einmal in Frage gestellt worden. Und das was du Kausalismus nennst, nenne ich übrigens Determinismus (= keine Vorhersagefähigkeit, sondern nur ursächliche Bestimmtheit).
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon LinuxBug » Mo 20. Okt 2008, 00:01

ganimed hat geschrieben:Ich verstehe Kausalismus ganz anders. In meinem Kausalismus genügt es, wenn es Ursachen gibt. Ich brauche sie nicht vorhersagen und nicht hinterher bestimmen zu können. Es reicht, wenn ich Ursachen überall und immer im Makrobereich entdecke und ich auf Quantenebene keinen Gegenbeweis finde, also keine Stelle, wo gezeigt oder auch nur behauptet würde: "aha, dies und das hat keine Ursache".

Was ist die Ursache dafür, dass ein Elektron von einem höheren auf ein niedrigeres Energieniveau fällt? Was ist die Ursache, dass ein Atomkern zerfällt? Mit Wahrscheinlichkeitsaussagen (die wir auch zu 100% berechnen können) sind damit nicht die Ursachen bestimmbar. Und das sind Probleme prinzipieller Natur. Klar durch "verborgene Variablen" (die man bisher weder feststellen, noch theoretisch plausibel machen konnte) wäre das Problem allen Anschein nach gelöst. Aber wieso sollte das eine Lösung sein?

ganimed hat geschrieben:Jetzt die Gegenprobe aufs Exempel: was meinst du mit "nicht-deterministischen Erklärung"? Welche soll das sein? Ich habe noch nie eine gelesen oder von einer gehört.

Kopenhagener Interpretation: Gemäß der Kopenhagener Interpretation ist der Wahrscheinlichkeitscharakter quantentheoretischer Vorhersagen nicht Ausdruck der Unvollkommenheit der Theorie, sondern des prinzipiell nicht-deterministischen Charakters von Naturvorgängen. Ferner wird in dieser Interpretation darauf verzichtet, den Objekten des quantentheoretischen Formalismus, wie beispielsweise der Wellenfunktion, eine Realität in unmittelbarem Sinne zuzusprechen, sondern sie werden lediglich als Mittel zur Vorhersage von Messergebnissen interpretiert, die als die einzigen Elemente der Realität angesehen werden. (Wikipedia)

ganimed hat geschrieben:Meiner Meinung nach ist der Kausalismus also nicht gescheitert und von der Quantenmechanik noch nicht einmal in Frage gestellt worden.

Jo von mir aus. Mir ist das ja vollkommen gleich, da ich nicht wirklich den Unterschied zwischen einer deterministischen Welt und einer, die es nicht ist, nachvollziehen kann. Ob ich in einer deterministischen Welt subjektiv nicht alles nachvollziehen kann oder in einer auf atomarer Ebene indeterministischen Welt lebe, was möglicherweise keinen objektiven Einfluss auf die deterministische "Makrowelt" hat... :ka: )
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mo 20. Okt 2008, 00:27

Warum kann man nicht einfach eine Frage, die man (zurzeit) nicht beantworten kann, explizit als offene Frage bezeichnen? Warum muss man sich da wider besseres Wissen festlegen? Das verstehe ich wirklich nicht. Mir erscheint ein solches Vorgehen wissenschaftsfeindlich, dogmatisch und erkenntnishemmend.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon xander1 » Mo 20. Okt 2008, 06:15

Es sind keine verborgenen Variablen, es sind sie definitiv nicht. Das ist auch für mich sehr schwer zu glauben. Es ist also erwiesen, dass das Prinzip von Ursache und Wirkung in der Quantenmechanik nicht realisiert ist. Ich frage mich zwar auch wie man so etwas beweisen will. Ich glaube das ist sogar mathematisch erwiesen, aber da bin ich mir unsicher.

Es ist nicht einmal eine Frage, die man bisher nicht beantworten kann habe ich mir erklären lassen - auch das ist für mich schwer akzeptierbar.

Wenn man nicht gerade Physik studiert hat bleibt einem da wohl nichts übrig als blind den Physikern zu vertrauen oder einfach das zu glauben was man gerne will.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon HF******* » Mo 20. Okt 2008, 10:17

xander1 hat geschrieben:Es sind keine verborgenen Variablen, es sind sie definitiv nicht. Das ist auch für mich sehr schwer zu glauben. Es ist also erwiesen, dass das Prinzip von Ursache und Wirkung in der Quantenmechanik nicht realisiert ist. Ich frage mich zwar auch wie man so etwas beweisen will. Ich glaube das ist sogar mathematisch erwiesen, aber da bin ich mir unsicher.

Wo hast Du das her, von Wikipedia?

Die Wikipediadefinition der kopenhagener Interpretation ist eindeutig falsch, mit Argumenten oder Logik ist denen nicht beizukommen - Begründung: Ist ja kein Diskussionsforum…

Was soll das heißen, „nicht realisiert“ und „prinzipiell“ nicht feststellbar? Richtig müsste es heißen, praktisch nicht feststellbar.

xander1 hat geschrieben:Wenn man nicht gerade Physik studiert hat bleibt einem da wohl nichts übrig als blind den Physikern zu vertrauen oder einfach das zu glauben was man gerne will.

Das ist in der Tat ein Problem, dass die Leute Wissenschaftlern glauben. Wem glaubst Du nun, Max Planck, Albert Einstein, Erwin Schrödinger oder Werner Heisenberg, der später ausdrücklich gesagt hat, dass er mit seiner Aussage der kopenhagener Interpretation, dass es in bestimmten Bereichen der Quantenmechanik keine Ursachen gibt, gemeint hat, dass ihm keine Ursachen bekannt sind?

Werner Heisenberg hat geschrieben:„Aber was geschieht denn wirklich in einem Atomvorgang? … Was man aus der Beobachtung entnimmt, ist aber eine Wahrscheinlichkeitsfunktion, also ein mathematischer Ausdruck, der Aussagen vereinigt über „Möglichkeiten“ oder „Tendenzen“ mit Aussagen über unsere Kenntnis von Tatsachen. Daher können wir das Ergebnis einer Beobachtung nicht vollständig objektivieren. Wir können nicht beschreiben, was zwischen dieser Beobachtung und der nächsten „passiert“.“ (Werner Heisenberg, Quantentheorie und Philosophie, Reclam 1979, S. 50)


LinuxBug hat geschrieben:… nicht-deterministischen Erklärung. …

Was soll das sein, eine nicht-deterministische „Erklärung“? (Und was soll der Smily, nimmst Du Dich selbst nicht ernst?) Kann man etwas etwa auch dann schon vollständig verstehen, benennen und erklären, wenn man noch nicht alle seine Eigenschaften kennt?

Ich halte das für eine unzureichende Differenzierung zwischen dem, was ist, und dem, was nicht ist. Erst wenn man das, was ist, vollständig benennen kann, kann man auch von einer Erklärung im eigentlichen Sinne sprechen. Ist gibt mittlerweile allerhand „Wissenschaftler“, die sogar meinen, dass sich Aussagen wie „ist“ und „ist nicht“ nicht grundsätzlich ausschließen. Ich halte das für keine wissenschaftliche Herangehensweise.

Wenn wir aber nicht einmal beschreiben können, was zwischen zwei Messungen passiert, dann können wir auch nicht erklären, was dort passiert - abegesehen von dem Umstand, dass man stets nur ganz bestimmte Daten misst, also jedenfalls nicht einmal alle denkbaren.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon LinuxBug » Mo 20. Okt 2008, 12:15

HFRudolph hat geschrieben:Und was soll der Smily, nimmst Du Dich selbst nicht ernst?

Wie soll ich mich ernst nehmen können, wenn wir hier Aussagen treffen, die weit außerhalb unseres Kompetenzbereiches liegen?
Ich habe kein spezielles Interesse an der Quantenmechanik, mein "Wissen" besteht fast ausschließlich aus Wikipedia-Artikeln, ein paar populärwissenschaftlichen Büchern (Zeilinger, Stengler, ...) und dem Physikunterricht meiner Schule. Nirgends hieß es, dass die Quantenmechanik ein durch und durch deterministisches Weltbild zuließe.
Ich kann nochmal fragen: Wenn man nur Wahrscheinlichkeitsaussagen machen kann, was heißt das dann für den Determinismus?

HFRudolph hat geschrieben:Ich halte das für eine unzureichende Differenzierung zwischen dem, was ist, und dem, was nicht ist. Erst wenn man das, was ist, vollständig benennen kann, kann man auch von einer Erklärung im eigentlichen Sinne sprechen. Ist gibt mittlerweile allerhand „Wissenschaftler“, die sogar meinen, dass sich Aussagen wie „ist“ und „ist nicht“ nicht grundsätzlich ausschließen. Ich halte das für keine wissenschaftliche Herangehensweise.

Wie gesagt, ich habe keine Ahnung. Wenn ein Quark nicht real ist, sondern nur zum Funktionieren einer Theorie gebraucht wird, warum sollte es dann überhaupt sinnvoll sein, zu sagen, dass es "ist"? :ka:
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon xander1 » Mo 20. Okt 2008, 18:28

Ich glaube Max Planck.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon ganimed » Mo 20. Okt 2008, 22:21

Mir fällt da folgende Analogie ein: eine Sanduhr mit durchnummerierten Sandkörnern. Die obere Hälfte ist aber verklebt und nicht einsehbar, also prinzipiell verborgen.

Nun messen die Sandquantenmechaniker, dass nach genau 10 Minuten immer alle Sandkörner unten angekommen sind, nachdem man die Uhr umdrehte. Aber man kann nicht vorhersagen, welche Körner mit welcher Nummer zu welchem Zeitpunkt herunterfallen. Und da man in den oberen Bereich der Uhr auch nicht hinein sehen kann, prinzipiell nicht, ist es bis heute auch noch nicht gelungen, die Ursachen für die jeweils gemessenen Reihenfolgen und Zeitpunkte zu benennen.

Man berichtige mich, falls diese Analogie irgendwie keine Analogie sein sollte.
Falls sie es doch ist, sieht man vielleicht, wieso es so merkwürdig wäre, als Sandquantenmechaniker die Kausalität in Frage zu stellen.

LinuxBug hat geschrieben:Was ist die Ursache dafür, dass ein Elektron von einem höheren auf ein niedrigeres Energieniveau fällt? Was ist die Ursache, dass ein Atomkern zerfällt? Mit Wahrscheinlichkeitsaussagen (die wir auch zu 100% berechnen können) sind damit nicht die Ursachen bestimmbar. Und das sind Probleme prinzipieller Natur.

Genau wie bei der Sandquantenuhr. Wenn wir die Ursachen nicht bestimmen können, sind sie möglicherweise aber dennoch da. Erst wenn wir mit der Quantentheorie zeigen, dass sie nicht nur nicht bestimmbar sind sondern wirklich nicht da sind, dann steckt die Kausalität in der Krise.

LinuxBug hat geschrieben:Kopenhagener Interpretation: Gemäß der Kopenhagener Interpretation ist der Wahrscheinlichkeitscharakter quantentheoretischer Vorhersagen nicht Ausdruck der Unvollkommenheit der Theorie, sondern des prinzipiell nicht-deterministischen Charakters von Naturvorgängen.

Mit dem "nicht-deterministischen Charakter" ist aber nicht gemeint, dass Indeterminismus nachgewiesen wurde. Es ist, so verstehe ich das zumindest, nur gemeint, dass man die Ursachen prinzipiell nicht angeben kann und daher die Vorgänge so scheinen, als WÄREN sie indeterministisch.
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon LinuxBug » Di 21. Okt 2008, 02:59

ganimed hat geschrieben:Man berichtige mich, falls diese Analogie irgendwie keine Analogie sein sollte.

Sie ist keine Analogie. Die Sandkörner sind ja in einer bestimmten Reihenfolge drinnen und die unteren werden zuerst durch die Gitter fliegen, zusätzlich kann man die Körner "markieren", so dass man immer weiß, wo welches Sandkorn ist. Dass sie für unsere Augen bzw. unseren Verstand nicht erkennbar sind, heißt nicht dass es mit sensibleren Instrumenten nicht doch fassbar wären...

ganimed hat geschrieben:Die obere Hälfte ist aber verklebt und nicht einsehbar, also prinzipiell verborgen.

Eben nicht. Sie ist praktisch verborgen, aber prinzipiell wäre sie einsehbar. Es gibt keine Analogie zur Quantenmechanik, sie stößt an die Grenzen unseres jetzigen Wissensstand und widerspricht unserer intuitiven Erfahrung.

Ich imitiere mal einfach Myron: The Einstein-Podolsky-Rosen Argument in Quantum Theory

ganimed hat geschrieben:Mit dem "nicht-deterministischen Charakter" ist aber nicht gemeint, dass Indeterminismus nachgewiesen wurde.

Ich weiß ja nicht, was du unter "Indeterminismus" verstehst. Wenn du damit meinst, dass alles zufällig wäre und nichts eine Ursache hätte, dann sage ich dir, dass ich nichts davon halte, soweit ich erkennen kann hat alles (ab einer bestimmten Größe) eine Ursache, nur muss das eben nicht auf allen Größen zutreffen. Was genau wäre so schlimm daran, im subatomaren Bereich einen "echten" Zufall zuzulassen?
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Re: Umfrage: Vereinbarkeit von Determinismus und Naturalismus

Beitragvon HF******* » Di 21. Okt 2008, 09:46

@LinuxBug: Im Rahmen dieser Diskussion ergibt sich die Definition von Indeterminismus aus der Ausgangsposition, jede Position, die nicht den Determinismus vertritt, ist eine indeterministische Position (mit Ausnahme vielleicht einer agnostischen Position).

LinuxBug hat geschrieben:Ich kann nochmal fragen: Wenn man nur Wahrscheinlichkeitsaussagen machen kann, was heißt das dann für den Determinismus?

Gar nichts, siehe Ausgangsdefinition.
Und noch mal: Man kann nicht behaupten, dass sich aus der Quantenphysik ergibt, dass grundsätzlich keine Ursachen da wären. Man kann eine solche Aussage nur treffen, wenn man wie oben Heisenberg die Begriffe umdefiniert. In diesem Fall trifft die Quantenphysik aber keine Aussage hinsichtlich der Frage des Determinismus.

EPR-Paradoxon, Doppelspaltexperiment, Quantensprung, Unschärferelation: Die Fragestellung ist überall die selbe, und zwar die selbe, wie in jedem Bereich der Wissenschaft, in dem wir keine vollständige Kenntnis vom Sachverhalt haben oder ihn nicht vollständig erklären können. Die Fragestellung ist beim Wetter nicht anders.
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