Braucht Religion Freiheit?

Braucht Religion Freiheit?

Beitragvon Max » Mi 6. Dez 2006, 20:50

Braucht Religion Freiheit?
Ich denke ja. Religion braucht Freiheit. Das Individuum muss seine Entscheidung selbst treffen. Wenn jemand nicht aufgrund einer eigenen Entscheidung an Gott oder gewisse Dogmen glaubt, ist es kein ehrlicher Glaube; denkt die Kirche. Zynisch könnte man auch meinen, man wäre nicht gehorsam.

Diese Entscheidung ist aber gar nicht möglich. Glaube ist bis auf wenige Ausnahmen das Produkt der Umwelt. In Deutschland kommen auf knapp vier Millionen Muslime gerade einmal 15.000 konvertierte. Das heißt, dass über 99.7 Prozent der Muslime in Deutschland lediglich den Glauben ihrer Eltern ausüben. Sie halten das für war, was man ihnen eindoktriniert hat. Wären dieselben vier Millionen Muslime von Geburt an bei Christen aufgewachsen wäre heute die deutliche Mehrzahl von ihnen Christen.

Die moderne Hirnforschung zeigt uns klar, dass es erstens keinen freien Willen gibt, und zweitens, wie Glaube im Gehirn entsteht und aussieht. Das relativ junge Wissenschaftsgebiet, das sich damit beschäftigt, bezeichnet man als Neurotheologie. Man weiß heute, wo sich Glaube im Gehirn abspielt und was ihn auszeichnet. Und man weiß auch, dass nichts mysthisches hinter im steckt. Die Wissenschaft hat ihn entzaubert. Manch einer diffamiert freilich die Neurotheologie als respektlos und meint, die Naturwissenschaft solle sich nicht mit solchen Themen beschäftigen.
Das Glaubenszentrum im Gehirn liegt auf der linken Seite, der man eigentlich rationale Fähigkeiten zuschreibt, direkt unter dem Ohr. Nonnen, Priester, buddhistische Mönche und zahlreiche andere Glaubensvertreter hat man bereits in den Scanner geschoben und untersucht, was in ihrem Gehirn abläuft, wenn sie beten, mit Gott reden, spirituelle Erfahrungen haben. Ergebnis war, dass dieses neuronale Zenrum hinter dem linken Ohr besonders aktiv ist. Mehr nicht. Es ist eine neuronale Aktivität, genauso wie bei Rechenkünstlern die Gebiete, die für mathematische und logische Fähigkeiten, welche im primär im präfrontalen Kortex liegen, aktiv sind. Das wirklich Interessante ist nun aber, die äußerliche Stimulation dieser Gebiete. Man aktiviert das Glaubens-Zentrum mithilfe starker Magneten. Wenn man dies macht, schildern die Personen anschließend, sie hätten eine Begegnung mit Gott gehabt...
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Beitragvon Joe » Fr 22. Dez 2006, 20:11

Nun, ich denke nicht, dass Religion zwingend Freiheit braucht. Viele Religionen kennen den Begriff der Freiheit nicht.
Im Koran z.B. gibt es kaum eine Sure, in der nicht darauf hingewiesen wird, dass allein Gott selbst bestimmt, wer Muslim wird und wer nicht, und somit für Himmel oder die Verdammnis bestimmt ist, da er sonst nicht allmächtig sei. Es wird auch immer gleich allen mit schwerer Strafe gedroht, die dies anzweifeln. Auch das Christentum ist sich da nicht einig, ob es eine Freiheit gibt oder nicht. Diese Frage wurde im 16.Jahrhundert das Hauptargument der Reformation, da die Protestanten davon ausgehen, dass der Mensch zu seiner göttlichen Erwählung selbst nichts beitragen kann und Ablässe, Klosterleben usw. sinnlos seien. Die Katholiken sahen und sehen das anders. Da gibt es heute noch Ablässe.
Die Neurotheologie ist eine Wissenschaft, zu untersuchen, wie Glaube im Gehirn ensteht. Sie liefert aber, so meine ich, (leider!) keinerlei Beweise dafür, dass Religion Einbildung ist. So argumentieren viele Gläubige, dass Gott das Gehirn selbstverständlich so geschaffen habe, dass der Mensch religiöse Erfahren machen könne.
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Beitragvon Andreas Müller » So 31. Dez 2006, 02:47

Religionsfreiheit schön und gut, aber sie hört da auf, wo:

- Kinder indoktriniert werden. Eltern sollten ihre Kinder neutral informieren. Wenn sie alt genug sind, werden sie sich selbst aussuchen, was sie glauben oder nicht glauben. Ich bin wie Dawkins der Meinung, dass man solche Indoktrination verbieten sollte. Das wäre in der Durchsetzung nicht mehr oder weniger schwierig als das Verbot, die eigenen Kinder zu schlagen. Schließlich haben die Kinder so zumindest das Recht, ihre Eltern im Nachhinein zu verklagen, wenn sie sich etwa aus Angst vor der Hölle in Behandlung begeben müssen. In Irland werden Milliarden für die Behandlung solcher Kinder ausgegeben.

- Religion politisch wird. Wenn also aufgrund von Religion Homosexuelle diskriminiert werden, oder etwa Abtreibung oder Sterbehilfe nicht legalisiert wird. Am schlimmsten ist es natürlich in Theokratien wie vielen muslimischen Ländern oder den USA.
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Beitragvon Klaus » So 31. Dez 2006, 10:42

Nicht Religionsfreiheit ist die Frage, sondern Freiheit von der Religion :D
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Beitragvon Buddha666 » So 31. Dez 2006, 11:37

Klaus hat geschrieben:Nicht Religionsfreiheit ist die Frage, sondern Freiheit von der Religion :D


Volle Zustimmung. Vor allem sollten Kinder von Religionen unbelastet bleiben, sondern in einem neutralen Ethikunterricht Religion eher im Stil von Geschichte lernen, damit sie verstehen, wie Menschen früher Moral (oder das, was sie dafür hielten) etabliert und durchgesetzt haben, aber dass sie eben nicht mehr benötigt werden.

LG

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Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 31. Dez 2006, 14:33

Der Autor hat geschrieben:Religionsfreiheit schön und gut, aber sie hört da auf, wo:

- Kinder indoktriniert werden.
Da stimme ich dir zu
Der Autor hat geschrieben:Eltern sollten ihre Kinder neutral informieren.
Neutral? Ich glaube du verlangst da eine Unmöglichkeit, da ja die Existenz Gottes die Nichtexistenz ausschließt - und natürlich umgekehrt - und du einem Kleinkind dies nicht erklären kannst.
Wenn du unter neutral und nicht indoktrinierend verstehst, einem Kleinkind zwar zu erzählen z.B. dass die (Ur)-Oma jetzt im Himmel ist und ähnliches, aber keine stündlichen Gebete, Beichten etc. oder gar schwarze Pädagogik mit Hilfe des Glaubens zu betreiben, dann ist es machbar und die Forderung richtig.
Der Autor hat geschrieben:Ich bin wie Dawkins der Meinung, dass man solche Indoktrination verbieten sollte. Das wäre in der Durchsetzung nicht mehr oder weniger schwierig als das Verbot, die eigenen Kinder zu schlagen.
Nein, es wäre erheblich schwieriger. Dass das Züchtigungsverbot schon nicht durchsetzbar ist, wäre allerdings kein Gegenargument.

Dass (siehe Buddha666) in der Schule neutral informiert werden sollte (also kein Religionsunterricht) , sollte klar sein. Selbst auch außerhalb des Religionsunterichts ist diese Neutralität aber nicht unbedingt der Fall.

Der Autor hat geschrieben:Schließlich haben die Kinder so zumindest das Recht, ihre Eltern im Nachhinein zu verklagen, wenn sie sich etwa aus Angst vor der Hölle in Behandlung begeben müssen. In Irland werden Milliarden für die Behandlung solcher Kinder ausgegeben.
Nanana. Selbst wenn man da ein paar Nullen streichen würde, würde ich trotzdem noch um ein paar seriöse und aufschlußreiche Quellen bitten.
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Beitragvon Max » So 31. Dez 2006, 16:17

Klaus hat geschrieben:Nicht Religionsfreiheit ist die Frage, sondern Freiheit von der Religion :D


Eigentlich wollte ich hier die Notwendigkeit der Willensfreiheit für die Religion diskutieren.
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Beitragvon Andreas Müller » So 31. Dez 2006, 17:46

Wenn du unter neutral und nicht indoktrinierend verstehst, einem Kleinkind zwar zu erzählen z.B. dass die (Ur)-Oma jetzt im Himmel ist und ähnliches, aber keine stündlichen Gebete, Beichten etc. oder gar schwarze Pädagogik mit Hilfe des Glaubens zu betreiben, dann ist es machbar und die Forderung richtig.


Mit "neutral" meine ich, einfach das Kind darüber informieren, wer was glaubt und warum. Dann kann es im Laufe der Zeit sich selbst eine Meinung bilden.

einem Kleinkind zwar zu erzählen z.B. dass die (Ur)-Oma jetzt im Himmel ist


Ich weiß ja nicht, wie die Leute immer auf die Idee kommen, ihren Kindern Unsinn zu erzählen. Meine Eltern haben mir so etwas auch nicht erzählt, wozu auch?

Nein, es wäre erheblich schwieriger.


Ja, das politisch durchzusetzen wäre klar erheblich schwieriger. Aber wenn es erst mal durch ist, dann hätte es auch einen gewissen Effekt, auch wenn man die Erziehung nicht total überwachen kann und sollte. Es geht eher darum, dass sich die Kinder gegen ihre Eltern wehren können, falls nötig.

Nanana. Selbst wenn man da ein paar Nullen streichen würde, würde ich trotzdem noch um ein paar seriöse und aufschlußreiche Quellen bitten.


Scheinen 5 Millionen Euro zu sein. Ich weiß nicht mehr, wo ich die Milliarden her habe, da hat wohl jemand übertrieben. Hier meine seriöse Quelle: Eine Sekte...

http://www.das-weisse-pferd.com/99_19/katholische_heime.html

Recht haben sie trotzdem.

Eigentlich wollte ich hier die Notwendigkeit der Willensfreiheit für die Religion diskutieren.


Ach, des is grad so interessant.
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Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 2. Jan 2007, 20:06

Der Autor hat geschrieben:
einem Kleinkind zwar zu erzählen z.B. dass die (Ur)-Oma jetzt im Himmel ist
Ich weiß ja nicht, wie die Leute immer auf die Idee kommen, ihren Kindern Unsinn zu erzählen.
Ach, so schlimm finde ich so ein Lüge - die zum Schutz des Kleinkindes ist - auch nicht. (Ich hoffe die Differenz zwischen "Kind allgemein" und "Kleinkind" ist nicht erklärungsbedürftig)
Der Autor hat geschrieben:Meine Eltern haben mir so etwas auch nicht erzählt,
Schön wenn du noch weißt was dir deine Eltern als Kleinkind erzählt haben. Wobei ich nicht bestreiten will, dass es möglich ist, dass sie dir nie was von Engerl u.ä. erzählt haben. Es ist weder unbedingt nötig, noch in meinen Augen unbedingt sträflich (wenn im obigen Sinn einer gelegentlichen Schutzlüge o.ä.)
Der Autor hat geschrieben:Scheinen 5 Millionen Euro zu sein. Ich weiß nicht mehr, wo ich die Milliarden her habe, da hat wohl jemand übertrieben. Hier meine seriöse Quelle: Eine Sekte...http://www.das-weisse-pferd.com/99_19/katholische_heime.html
Also ich differenziere zwischen einer tatsächlichen Hölle auf Erden durch Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Mißbrauch im Gegensatz zur schwarzer Pädagogik durch die Erzählung übers Fegefeuer und der fiktiven Hölle im Jenseits.

@ Max: sorry
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@Max

Beitragvon Klaus » Di 2. Jan 2007, 20:20

Wie soll sich denn Freiheit der Willensbildung in religiösen Rahmen manifestieren.
Kinder können nicht entscheiden, diese Entscheidungen werden von deren Eltern getroffen. Die Religionen selbst verbieten eine solche freiheitliche Ausgestaltung, wie Dawkins und du hier hinterfragen. Schon die Taufe ist alles andere als freiheitlich.
Die Frage ist doch Religion und Freiheit und da gibt es erhebliche Einschränkungen von seiten der Religionen. Meine ich.
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Beitragvon Andreas Müller » Di 2. Jan 2007, 20:22

Ach, so schlimm finde ich so ein Lüge - die zum Schutz des Kleinkindes ist - auch nicht.


Inwiefern schützt diese Lüge das Kleinkind? Schutz vor was?

Schön wenn du noch weißt was dir deine Eltern als Kleinkind erzählt haben.


Ich weiß es noch und auch meine Eltern wissen es noch.

Wobei ich nicht bestreiten will, dass es möglich ist, dass sie dir nie was von Engerl u.ä. erzählt haben.


Natürlich haben sie mir Märchen erzählt, aber auch gesagt, dass es Märchen sind und nicht wahr. Sie haben mich nie dazu verleitet, an den
Weihnachtsmann oder den Osterhasen zu glauben.

Also ich differenziere zwischen einer tatsächlichen Hölle auf Erden durch Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Mißbrauch im Gegensatz zur schwarzer Pädagogik durch die Erzählung übers Fegefeuer und der fiktiven Hölle im Jenseits.


Ja, schwarze Pädagogik ist noch viel schlimmer. Dazu gibt es eine Passage in The God Delusion. Ein Mädchen, das in einem katholischen Waisenhaus aufgewachsen ist, wurde von einem Priester missbraucht. Sie sagte, sie fand das als Kind zwar eklig, hatte aber keine Alpträume davon. Die bekam sie allerdings, als sich ein Junge umbrachte, den sie kannte. Sie glaubte schließlich, der käme als Selbstmörder in die Hölle und würde dort für alle Zeiten leiden, nur weil er es bei den Priestern und Schwestern nicht mehr ausgehalten hat. Lieber sexueller Missbrauch als religiöse Indoktrination.
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Beitragvon Max » Fr 19. Jan 2007, 15:14

Ach, so schlimm finde ich so ein Lüge - die zum Schutz des Kleinkindes ist - auch nicht.

Wieso sollte man die Kinder nicht aufklären und ihnen sagen, dass die Oma einfach weg ist?

An dieser Wahrheit ist weder etwas mysthisches, noch etwas trauriges. Man ist einfach nicht mehr da. Mit dem Tod eines Menschen hat sein Leben ein Ende. Der Tod ist das Absterben einer biologischen Einheit. Danach kommt nichts.

schwarze Pädagogik

Man sollte meiner Erachtens den Begriff Schwarze Pädagogik nicht zu sehr aufweichen und nur in seiner ursprünglichen Bedeutung verwenden. Der Begriff wurde von Rutschky in ihrem gleichnamigen Buch geprägt. Darin beschreibt sie die Erziehungsmethoden des 19. Jahrhunderts. Wesentlich stärker wurde der Begriff allerdings von Alice Miller geprägt. Die Kinderforscherin schrieb zahlreiche Bücher über Kindesmisshandlung und ihre Auswirkungen.

Alice Millers Bücher sind jedoch stark pseudowissenschaftilch geprägt. Nicht nur, dass sie jegliche Kritik als Auswuchs einer unverarbeiteten Kindheit bezeichnet, sie hat auch äußerst fragwürdige "Erziehungsmethoden" und schlägt dann schließlich nach langer Erläuterung das Konzept der Antipädagogik vor...
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