HFRudolph hat geschrieben:Nach gegenwärtigem wissenschaftlichen Stand ist das Universum unendlich groß.
Das ist noch nicht gewiß.
Finde leider gerade keinen Link, also muß ich's mit eigenen Worten erklären, mit allen Gefahren, die das birgt.
Folgendes Bild stellt die Multipolmomente in der Hintergrundstrahlung dar.
Man kann es sich so vorstellen: durch das frühe Universum liefen Druckwellen, deshalb gab es in manchen Raumbereichen eine höhere Dichte als in anderen. Diese Dichteunterschiede zeigen sich in Schwankungen in der Hintergrundstrahlung. Winkelabhängig aufgezeichnet ergibt sich obiges Bild.
Nun ist es so, daß sich die Wellenlänge dieser Druckwellen nach der Größe des Raums richtet, in dem sie auftreten. Musiker oder HiFi-Narren kennen das: ein Raum hat Eigenfrequenzen, nahe denen gerne stehende Wellen und Feedback vor allem im Bassbereich auftreten.
Leider sind unsere Meßwerte zu ungenau, um genaueres sagen zu können. Das ist der graue Bereich im Diagramm. Demnächst wird die Hintergrundstrahlung neu ausgemessen. Vielleicht ist man dann ein bißchen schlauer.
Eins habe ich selbst nicht verstanden: in einem unendlich großen Raum zur Zeit des Urknalls sollte es keine Polmomente geben. Sagt das obige Diagramm bereits, daß der Raum, in dem der Urknall stattfand, endlich war?
HFRudolph hat geschrieben:Ein unendlicher Raum ist nicht praktisch vorstellbar.
Ehrlich gesagt, einen unbegrenzten Raum kann ich mir leichter vorstellen, als einen begrenzten.
Myron hat geschrieben:Wenn der Raum erst mit dem Urknall entstanden ist und danach begonnen hat, sich auszudehnen, dann kann er unmöglich unendlich groß sein; denn etwas mit einem endlichen Volumen kann unabhängig von der Ausdehnungsgeschwindigkeit nicht innerhalb eines endlichen Zeitraums, in diesem Fall des Zeitraums vom Urknall bis jetzt, unendlich groß werden.
Überhaupt ist es so, dass es keinen "Sprung" von der Endlichkeit in die Unendlichkeit geben kann!
Sehr schön.
Sowas ähnliches hab' ich mir immer von der anderen Seite aus gedacht:
Wenn die Welt in einem Punkt begann, wie sollte sie dann jemals endliche Ausdehnung erreicht haben?
Myron hat geschrieben:Das würde bedeuten, dass der Raum nicht mit dem Urknall entstanden ist, sondern dass sich der Urknall selbst in einem präexistenten unendlichen Raum ereignet hat.
Diese Ansicht gewinnt seit einigen wenigen Jahrzenten immer mehr an Plausibilität.
Ich frage mich, warum die Ansicht, Raum und Zeit seien mit dem Urknall entstanden, so populär ist? Ich vermute folgendens: Stephen Hawing hat das in einem seiner Bestseller beschrieben. Solche Bücher lesen dann auch Journalisten, und die verbreiten die Ansicht im Spiegel, im Focus, oder in den Wissenschaftsteilen unserer Tageszeitungen.
Myron hat geschrieben:Und es geht um die Frage, ob der Raum an sich ein "vacuum", d.i. etwas Leeres, oder ein "plenum", d.i. etwas Volles, ist.
Kleiner Exkurs zur Wissenschaftsgeschichte der Leere.
Die Griechen haben viel über die Leere nachgedacht. Eine Frage war zum Beispiel, wie sollte sich etwas bewegen können, wenn es keine Leere gäbe?
Aristoteles sieht und verschließt die AugenEine der schönsten Eseleien in der Geschichte des Denkens ist folgende. Aristoteles denkt nach über Leere, Nichts, Vakuum (frei zitiert):
Niemand kann einen Grund angeben, warum die Bewegung eines Körpers im Vakuum jemals aufhören sollte. Warum sollte das eher hier als dort geschehen? Deshalb würde alles auf ewig in Ruhe bleiben oder seine Bewegung vortsetzen. Dies ist eine absurde Vorstellung, deshalb kann es kein Vakuum geben.
Es dauerte lange, bis man etwas genaues über die Leere herausfand. Toricelli, 1600-irgendwas-früh erzeugte das erste Vakuum. Er füllte Quecksilber in ein Glasrohr und stellte dieses aufrecht. Das Gewicht des Quecksilbers erzeugte ein Vakuum am oberen Ende des Glasrohres. Fortan konnte man anhand der Größe der Vakuums den Luftdruck ablesen.
Und man hatte ein "Nichts" erzeugt. Aber halt! Das "Nichts" war durchsichtig. Wenn es wirklich nichts war, wieso ging Licht durch das Nichts hindurch? Es dauerte weitere zwei Jahrhunderte, dann kam man auf den Äther, quasi eine substanzlose Substanz, die Licht transportieren sollte, so wie Luft Schallwellen transportiert. Der Michaelson-Morley-Versuch hat 1800-irgendwas-spät die Äthertheorien auf Altenteil geschickt.
Anfang des zwanzigsten Jahrehunderts kam dann Heisenberg mit seiner Unschärferelation. Man kann Impuls und Ort eines Teilchens nur bis zu einer gewissen Schranke genau messen. Die "Vakuum-Energie" folgt daraus.
Am Ende dieser Entwicklung steht die Vorstellung, der Raum ist erfüllt von einem "See" an virtuellen Teilchen.
Myron hat geschrieben:Der Raum hat beispielsweise die Eigenschaft, als Medium der elektromagnetisches Wellen zu fungieren.
Er mag scheinbar leer sein, doch in jedem Kubikzentimeter des "leeren" Raums steckt eine gewaltige Menge an Energie.
"Gewaltig" erscheint mir ein bißchen viel. (Außer es ließe sich zeigen, daß diese Energie etwas mit "Dunkler Energie" zu tun hat.
Grundsätzlich stimme ich dir zu. Casimir hat einen Effekt vorhergesagt, der nach ihm benannt wurde. Platten eines Kondesators ziehen sich an, weil zwischen ihnen nur Vakuum-Energie passt, deren Wellenlänge sich ganzzahlig zum Abstand der Platten verhält.
Casimirs Vorausage wurde inzwischen bestätigt. Eine wesentliche Sache kann man daraus lernen:
Einen leeren Raum aufrechtzuerhalten, kostet Energie. Ein leerer Raum hat einen negativen Energieinhalt.