Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Do 18. Feb 2010, 12:50

Dann schau Dir bitte Deine Formulierungen aus dem Anfangspost an:

... dann in Ruhestand zu gehen und nur nachzuwachsen, wenn die Haare abgeschnitten werden.
Aber welchen evolutionären Vorteil könnte es gebracht haben, dass das Haupthaar ein so beständiges Wachstum aufweist?
Oder begannen die Haare erst so zu wachsen, WEIL die Menschen Werkzeuge hatten und daran rumschnippelten?
Deswegen hatte ich Dich in der bewussten Ecke vermutet.
OK, die Sache ist geklärt und nichts für ungut ...
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon Nanna » Do 18. Feb 2010, 20:05

Mal so als Angebot zur eigentlichen Themenfrage:

Über den Kopf gehen meines Wissens ein Viertel bis ein Drittel der Körperwärme verloren. Die Haare sind als Isolation am Kopf also effektiver als an anderen Körperstellen.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Do 18. Feb 2010, 22:29

Also wir haben das als Studenten mal durchgerechnet, mit ein paar Nebenbedingungen wie total blanker Schädel, 80 kg Körpergewicht (6 l Blut), 0°C Außentemperatur und kamen da, wenn ich mich richtig entsinne, auf gut 20% Wärmeverlust. Ist aber evolutionstechnisch nicht relevant, weil die meisten Kahlköpfe (Ausnahmen bestätigen die Regel) jenseits der Reproduktionsphase sind.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon smalonius » Fr 19. Feb 2010, 18:39

platon hat geschrieben:Du stellst schon wieder Ursache und Wirkung auf den Kopf.
[...]
Auch der Eisbär lebt im Schnee, weil er ein weißes Fell hat und er hat nicht etwa ein weißes Fell, weil er im Schnee leben wollte.

Ich lese da eher: Ein Eisbär lebt und überlebt im Schnee dann und nur dann wenn er ein weißes Fell hat. Äquivalenz also. Nicht A ==> B, sondern A <==> B.

Zum allerletzten Mal: ist das so unbegreifbar, dass der Mutationsanteil der Evolution (also der, der wirklich Neues hervorbringt) ungerichtet ist?

Ah, jetzt schränkst du das auf den Mutationsanteil ein. So kommen wir schon eher zusammen. =)

Ich würde noch hinzufügen, daß erstens die Umwelt die sinnvollen Richtungen vorgibt. Zweitens leben Lebewesen nicht für sich alleine leben, sondern in einem komplexen Geflecht eines Biosystems. Mutation bei einer Spezies kann Selektionsdruck für andere bedeuten.

platon hat geschrieben:Nicht alle wasserlebenden Tiere haben die Fischform, aber diese Form ist für die schnelle Fortbewegung aus hydrodynamischen Gründen unerlässlich.

Richtig. Von einer Qualle oder von einem Kopffüßler aus gibt es wohl kaum eine Richtung, die zur Fischform führt. In der adaptiven Landschaft sind manche Pfade unmöglich.

platon hat geschrieben:Dann gib mir mal ein Beispiel für gerichtete Evolution, damit ich es zerlegen kann.

Ich kann nur sagen, daß gewisse Dinge immer wieder erfunden wurden.

Laktoseverträglichkeit. Mehrfach unabhängig voneinander entstanden. Sichelzellen-Anämie als Schutz gegen Malaria. Mehrfach unabhängig von einander entstanden. Und brandneu: Das Echolot-System von Delphinen und Fledermäusen beruht sogar auf Veränderung an der selben Stelle im Genom.

"The natural world is full of examples of species that have evolved similar characteristics independently, such as the tusks of elephants and walruses," said Stephen Rossiter of Queen Mary's School of Biological and Chemical Sciences. "However, it is generally assumed that most of these so-called 'convergent traits' have arisen by different changes in the animal's DNA. Our study shows that this very complex ability - echolocation - has in fact evolved by identical genetic changes in bats and dolphins."

According to Rossiter, the discovery represents an "unprecedented" example of convergence between two very different animals, and suggests that further studies might unearth more genetic similarities between species than scientists would have suspected.
[...]
Rossiter and colleague James Cotton teamed up with Shuyi Zhang from East China Normal University to sequence the Prestin gene, which describes a key protein found in the inner-ear hair cells of all mammals. The researchers discovered that this gene shows the very same changes in bats and dolphins, the results also clearly show how genetic changes have built up over time.

http://www.geneticarchaeology.com/resea ... length.asp
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 19. Feb 2010, 18:53

smalonius hat geschrieben:
platon hat geschrieben:Du stellst schon wieder Ursache und Wirkung auf den Kopf.
[...]
Auch der Eisbär lebt im Schnee, weil er ein weißes Fell hat und er hat nicht etwa ein weißes Fell, weil er im Schnee leben wollte.

Ich lese da eher: Ein Eisbär lebt und überlebt im Schnee dann und nur dann wenn er ein weißes Fell hat. Äquivalenz also. Nicht A ==> B, sondern A <==> B.

Man mag hierzu auch die Farbänderung des Birkenspanners in UK im Verlauf der Luftverschmutzung betrachten.

Edit: Falsche Zitatebenen korrigiert
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Fr 19. Feb 2010, 19:28

smalonius hat geschrieben:Ah, jetzt schränkst du das auf den Mutationsanteil ein. So kommen wir schon eher zusammen.

Na, das ist aber jetzt trivial! Selektion entsteht durch die Umgebungseinflüsse, die kann gar nicht ungerichtet sein! Es geht immer nur um die ungerichtete Mutation, aber die wird von Kreationisten (und leider auch anderen) ständig bestritten.

smalonius hat geschrieben:Ich kann nur sagen, daß gewisse Dinge immer wieder erfunden wurden.

Genauso, wie es vorkommt, dass beim Lotto ein Hamburger und ein Bayer, die sich in ihrem Leben noch nie gesehen haben, beide 6 Richtige tippen. Man nennt das Zufall.

Die Laktoseverträglichkeit ist eine einfache Punktmutation in einem Regulatorgen. Die ist vermutlich x-mal aufgetreten, bietet aber nur in Gesellschaften einen Selektionsvorteil, die unvergorene Milch als Lebensmittel für Erwachsene nutzen wollen. Deswegen hat sie sich wirklich breit nur in der nordeuropäischen Bevölkerung durchgesetzt, die ab der Jungsteinzeit Milchwirtschaft betrieb. Übrigens gibt es auch in asiatischen und afrikanischen Populationen einige Prozent Erwachsene, die keine Laktoseintoleranz aufweisen.
Sichelzellen-Anämie ist eine Punktmutation, tritt bei uns garantiert auch von Zeit zu Zeit auf. Produziert aber ohne Malaria in der Bevölkerung auch keinen Selektionsdruck.

smalonius hat geschrieben:Und brandneu: Das Echolot-System von Delphinen und Fledermäusen beruht sogar auf Veränderung an der selben Stelle im Genom.

Das klingt hochinteressant, da muss ich mich mal schlau machen...
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon apfelsine » Di 2. Mär 2010, 23:58

Wie wäre es mit dem Argument der sexuellen Zuchtwahl? Das andere Geschlecht findet die Langhaarigen attraktiver. Damit erhöht sich die Reproduktionswahrscheinlichkeit der Langhaarigen. Die Vorliebe für Langhaarige wird ebenfalls mitvererbt. Das funktioniert allerdings nur, wenn Langhaarigkeit kein gravierender Nachteil bezüglich der Überlebenswahrscheinlichkeit darstellt. Mit diesem Argument wird zum Beispiel der lange Schwanz von Pfauen, die auffällige Farbgebung von meist männlichen Vögeln usw. erklärt.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Mi 3. Mär 2010, 00:18

apfelsine hat geschrieben:Wie wäre es mit dem Argument der sexuellen Zuchtwahl? Das andere Geschlecht findet die Langhaarigen attraktiver.

Alle Kopfhaare wachsen bis sie ausfallen, d.h. alle Menschen können lange Haare kriegen - wenn sie auf den Friseurbesuch verzichten. Die Haarlänge ist genetisch nicht determiniert. Nur die Haardichte. Aber auch dieses Merkmal wird typischerweise erst nach der Reproduktionsphase dominant.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon stine » Mi 3. Mär 2010, 08:15

Wenn man den Grafikern die wissenschaftliche Ergebnisse in Bilder umsetzen Glauben schenken darf, dann steht das Wachstum des Kopfhaars im direkten Zusammenhang mit zurückgehener Körperbehaarung.
Bild
Oder muss der Affe zum Frisör?

LG stine
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon ujmp » Mi 3. Mär 2010, 09:38

stine hat geschrieben:Wenn man den Grafikern die wissenschaftliche Ergebnisse in Bilder umsetzen Glauben schenken darf, dann steht das Wachstum des Kopfhaars im direkten Zusammenhang mit zurückgehener Körperbehaarung.

Nein, das Wachstum des Kopfhaars hat sich ja überhaupt nicht verändert!

Man müsste also eigentlich fragen, welcher evolutionärer Vorteil mit der Nacktheit des restlichen Körpers verbunden ist. Ich tippe auf sexuelle Selektion, da zieht der Kopf nicht soviel Aufmersamkeit auf sich - und ein Fell kann man so schlecht ausziehen...
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon Arathas » Mi 3. Mär 2010, 09:43

Diesbezüglich gibt's ja die Wasseraffen-Theorie, die ich für ganz interessant halte. Ist jedenfalls nicht unplausibel:

http://de.wikipedia.org/wiki/Wasseraffen-Theorie
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Mi 3. Mär 2010, 10:02

stine hat geschrieben:Wenn man den Grafikern die wissenschaftliche Ergebnisse in Bilder umsetzen Glauben schenken darf

Wenn Du gläubig bist, glaube. Es gibt keinerlei Beweis,dafür dass die Behaarung in der gezeigten Art und Weise zurückgegangen ist. Der Affe ganz rechts, war aber eindeutig beim Friseur, der ganz links wahrscheinlich noch nie.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Mi 3. Mär 2010, 10:08

ujmp hat geschrieben:Man müsste also eigentlich fragen, welcher evolutionärer Vorteil mit der Nacktheit des restlichen Körpers verbunden ist..

Fangen wir schon wieder mit dem Scheiß an? :kopfwand:
Wofür braucht die Selektion einen evolutionären Vorteil?
Es reicht völlig, dass kein Nachteil da ist, der wegselektiert wird.
So lange sich die Behaarung nicht auf den Reproduktionserfolg auswirkt, wird sie von der Selektion einfach nicht wahrgenommen - positiv wie negativ. Ob sie das tut, darüber kann man jahrelang philosophisch diskutieren. Evidenzen gibt es dafür keine, aber beliebig viele wilde Theorien.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon ujmp » Mi 3. Mär 2010, 10:44

Es muss natürlich "Selektionsvorteil" heißen.

Also ich find Nacktheit attraktiv. Stell dir mal eine Frau vor, die ihr Fell nicht ausziehen kann... :mg:
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Mi 3. Mär 2010, 10:48

ujmp hat geschrieben:Stell dir mal eine Frau vor, die ihr Fell nicht ausziehen kann...

Dann würdest Du sie auch attraktiv finden. Hottentotten finden den Fettsteiß ihrer Frauen sehr erotisch.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon stine » Mi 3. Mär 2010, 11:25

platon hat geschrieben:Es reicht völlig, dass kein Nachteil da ist, der wegselektiert wird.
Bei der Nacktheit gibt es aber einen eklatanten Nachteil, nämlich gesteigerte Temperaturempfindlichkeit und größere Verletzungsgefahr der feineren Haut.
Somit mussten die Menschen die Kleidung erfinden, damit dieser Nachteil nicht ins Gewicht fiel.
Da stimmt was nicht mit deiner These.

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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Mi 3. Mär 2010, 12:08

stine hat geschrieben:Bei der Nacktheit gibt es aber einen eklatanten Nachteil, nämlich gesteigerte Temperaturempfindlichkeit und größere Verletzungsgefahr der feineren Haut.
Somit mussten die Menschen die Kleidung erfinden, damit dieser Nachteil nicht ins Gewicht fiel.
Da stimmt was nicht mit deiner These.

So? Wann haben die Menschen denn ihre Haare verloren?
Und wo haben sie gelebt, als sie ihre Haare verloren haben?
Und woher weißt Du, dass die Menschen Kleidung erfinden mussten?
So lange Du diese Fragen nicht beantworten kannst, kannst Du nicht behaupten, mit der These stimme etwas nicht. Es ist übrigens nicht "meine".
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon stine » Mi 3. Mär 2010, 12:29

DU kannst die Frage nicht beantworten, warum Nacktheit KEIN Nachteil gewesen sein sollte. Nach deiner Meinung pflanzt sich fort, was in der Evolution keinen Nachteil hat.
Nacktheit ist aber ein Nachteil und so musste sich beim nackten Menschen im Gegenzug irgendein Vorteil ergeben haben, der den Nachteil ausgeglichen hat. Wäre Nacktheit kein Nachteil gewesen, wieso hätten sich Menschen bekleiden müssen?

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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon platon » Mi 3. Mär 2010, 13:25

stine hat geschrieben:DU kannst die Frage nicht beantworten, warum Nacktheit KEIN Nachteil gewesen sein sollte.

Das fällt Dir schon gar nicht mehr auf, aber Du stellst Behauptungen auf und lässt sie von anderen widerlegen. Belege doch erst mal Deine Behauptungen. Das ist mit Deinem Gott genau das Gleiche.
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Re: Evolutionärer Vorteil vom Kopfhaarwachstum?

Beitragvon stine » Mi 3. Mär 2010, 14:13

platon hat geschrieben:Das fällt Dir schon gar nicht mehr auf, aber Du stellst Behauptungen auf und lässt sie von anderen widerlegen. Belege doch erst mal Deine Behauptungen.
Habe ich doch hier:
stine hat geschrieben:Bei der Nacktheit gibt es aber einen eklatanten Nachteil, nämlich gesteigerte Temperaturempfindlichkeit und größere Verletzungsgefahr der feineren Haut.
platon hat geschrieben:Das ist mit Deinem Gott genau das Gleiche.
Lenk jetzt nicht wieder ab!

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