Autismus

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Beitragvon stine » Mi 20. Mär 2013, 08:24

Sind wir jetzt auf dem Weg zu einem Volk von Autisten?
http://www.swr.de/blog/wissenschaftaktu ... ediagnose/

Wissen und Begabung ein Indikator für eine tiefer greifende Entwicklungsstörung?
Werden bei stetiger Wissensvermehrung soziale Kontakte immer öfter auf der Strecke bleiben?

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Re: Autismus

Beitragvon ujmp » Mi 20. Mär 2013, 21:08

Nein. Wieso denn auch?
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Re: Autismus

Beitragvon stine » Do 21. Mär 2013, 08:13

Zitat: "Autismus-Spektrum-Störungen – kurz ASS – werden häufig mit etwas Außergewöhnlichem und Besonderem in Verbindung gebracht: Einige Patienten können komplizierte U-Bahn-Fahrpläne auswendig wiedergeben, andere entwickeln erstaunliche mathematische Fähigkeiten – so etwas ist immer eine Nachricht wert. Parallel zur positiven Berichterstattung, klettert die Zahl diagnostizierter Autismus-Störungen von Jahr zu Jahr steil nach oben. Zwischen ein bis drei Prozent aller Menschen leiden demnach an einer Störung des Autismus-Spektrums. Das erstaunt, denn nach dem gängigen Klassifikationsschema der Weltgesundheits-Organisation WHO,…"
Unterstreichung von mir.
Die Frage war: ob einseitige Hochbegabung schon ein Zeichen von Autismus sein kann.

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Re: Autismus

Beitragvon Julia » Do 21. Mär 2013, 11:29

Es kann ein Zeichen sein aber nur in Kombination mit anderen Faktoren, an sich ist man nicht automatisch autistisch, nur weil man (einseitig) begabt oder wissbegierig ist. Der Wissenserweb fuehrt auch nicht zu Autismus, dieser ist angeboren. Zwar nehmen die Autismus-Diagnosen zu, das heisst aber nicht, dass Autismus zunimmt. Die Welt geht heute wohl doch mal wieder nicht unter.
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Re: Autismus

Beitragvon ujmp » Do 21. Mär 2013, 22:00

Man muss mal fragen, warum solche Diagnosen in Mode kommen. "Vielleicht ist das kleine Arschloch im Kinderzimmer ja ein Genie!?" -Irgendsowas wird es sein.
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Re: Autismus

Beitragvon Nanna » Fr 22. Mär 2013, 00:16

Naja, die Frage ist, ob es nicht einfach auch häufiger auffällt. Sicherlich gibt es die egozentrischen Eltern, die ein durchschnittliches Kind als persönliche Beleidigung empfinden und jeden Pups als Ausdruck des Kindes Partikularität verstanden wollen haben, aber ob das wirklich der Grund für die Flut von Autismus-Diagnosen ist, weiß ich nicht. Möglicherweise ist es in den geregelteren Verhältnissen vergangener Jahrzehnte einfach weniger aufgefallen, dass da einer sozial nicht so viel mitkriegt, zumindest was die leichteren Formen wie Asperger angeht. Je mehr äußere Verhaltensregeln es gibt, die man notfalls stur einhalten kann, desto weniger wird ein (leichter) Autist auffallen. Erst der entgrenzte und stark individualisierte Optimierungsdruck der letzten Jahre, der aus jedem Individuum herauskitzeln will, was geht, lässt solche Persönlichkeiten deutlicher auffallen. Was früher als "zurückhaltendes Wesen" umschrieben worden wäre und vielleicht in eine bescheidene Laufbahn bei der Bundespost gemündet hätte, ist heute, gemessen an den sozialen Fähigkeiten, die man haben soll, eben ein korrekturbedürftiges Defizit.

Ich weiß auch nicht, ob die Kritik an den besorgten Eltern da nicht schon eher Symptombenennen ist. Die Ursache liegt meines Erachtens tiefer im System, einerseits in einer gutartigen, nämlich achtsameren und interessierteren Betrachtungsweise und andererseits durch erhöhte soziale Anforderungen (Teamfähigkeit, Konstruktivität, gewaltfreie Kommunikation, Flexibilität, Networking) auch in einer Überforderung von Menschen, die ein stabileres und anpassungsfreundlicheres Umfeld bräuchten. Vor dem Hintergrund sind die Diagnosen dann aber auch wieder hilfreich, weil man so diesen Leuten eher ein entsprechendes Umfeld verschaffen kann und weiß, dass sie bestimmte Erwartungen nicht erfüllen können werden. Das eröffnet ja auch neue Möglichkeiten jenseits von "Ich bin ein individuelles und ganz und gar andersartiges Genie, tragt mich auf einer Sänfte herum".
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Re: Autismus

Beitragvon stine » Fr 22. Mär 2013, 10:39

Nanna hat geschrieben:Die Ursache liegt meines Erachtens tiefer im System, einerseits in einer gutartigen, nämlich achtsameren und interessierteren Betrachtungsweise und andererseits durch erhöhte soziale Anforderungen (Teamfähigkeit, Konstruktivität, gewaltfreie Kommunikation, Flexibilität, Networking) auch in einer Überforderung von Menschen, die ein stabileres und anpassungsfreundlicheres Umfeld bräuchten.

An so etwas hatte ich auch gedacht. Eine Nivellerung der sozialen Kompetenzen wird es aber auch langfristig nicht geben können und hat es auch nie gegeben. Der mürrische Almöhi ist wohl genauso wenig "krank", wie der sprichwörtliche Hans Dampf in allen Gassen.
Dass Kinder oft nicht ansprechbar sind, wenn sie sich in ein Spiel vertiefen ist auch nichts Neues.
Was mich an dieser Meldung stört ist die von mir vermutete Folge, dass künftig noch mehr Pillen an Kinder verteilt werden, weil überbesorgte Eltern annehmen, man könne eine Wesensart mit pharmazeutischer Hilfe "richtig" einstellen.

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Re: Autismus

Beitragvon provinzler » Fr 22. Mär 2013, 12:24

Nanna hat geschrieben:Möglicherweise ist es in den geregelteren Verhältnissen vergangener Jahrzehnte einfach weniger aufgefallen, dass da einer sozial nicht so viel mitkriegt, zumindest was die leichteren Formen wie Asperger angeht. Je mehr äußere Verhaltensregeln es gibt, die man notfalls stur einhalten kann, desto weniger wird ein (leichter) Autist auffallen.

Genau das glaube ich nämlich auch.

Nanna hat geschrieben: Erst der entgrenzte und stark individualisierte Optimierungsdruck der letzten Jahre, der aus jedem Individuum herauskitzeln will, was geht, lässt solche Persönlichkeiten deutlicher auffallen. Was früher als "zurückhaltendes Wesen" umschrieben worden wäre und vielleicht in eine bescheidene Laufbahn bei der Bundespost gemündet hätte, ist heute, gemessen an den sozialen Fähigkeiten, die man haben soll, eben ein korrekturbedürftiges Defizit.

Gibt für diese Leute schon heute auch noch Nischen, viele Computernerds fallen IMHO in diese Kategorie. Gerade im technischen Bereich trifft man immer wieder mal auf diesen Typus.
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Re: Autismus

Beitragvon stine » Fr 22. Mär 2013, 18:10

Nanna hat geschrieben:Je mehr äußere Verhaltensregeln es gibt, die man notfalls stur einhalten kann, desto weniger wird ein (leichter) Autist auffallen.
provinzler hat geschrieben:Gerade im technischen Bereich trifft man immer wieder mal auf diesen Typus.
Ja, ich habe mich aber deswegen noch nie krank gefühlt. Ich reiche die Hand zur Begrüßung, weil man das so macht - woher soll ich wissen, dass andere Menschen dabei mehr als ich empfinden?
Ich kenne alle Höflichkeistformen und nutze sie auch - ich dachte nie daran, dass andere die Frage nach dem Empfinden ernst meinen und sich dabei in mich hineinfühlen wollen.
Ab wann ist man denn ein "leichter" Fall?

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Re: Autismus

Beitragvon Nanna » Fr 22. Mär 2013, 19:39

Ich glaube, dass es gerade um das geht, was jenseits des zeremoniellen Standardrepertoires geschieht, also ob man aus dem Gesichtsausdruck, der Gestik und dem generellen Verhalten Anderer etwas über dren Befinden herauslesen kann, ob man bei Gesprächen zwischen den Zeilen lesen kann, ob man schnell erkennt, was für ein Charakter sie sind, ob man ihre Stärken und Schwächen schnell gut einschätzen kann und ob man sich auch selbst situationsangemessen verhalten kann und in der Lage ist, sich da schnell und intuitiv zu ändern. Das alles sind Sachen, mit denen Autisten sich extrem schwer tun.

Ich habe von Autismus keine genauere Ahnung, aber es gibt Aspergertests online zur ersten Selbsteinschätzung, wo man u.a. die Stimmung aus Gesichtern herauslesen muss.
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Re: Autismus

Beitragvon Julia » Sa 23. Mär 2013, 03:16

stine hat geschrieben:Ja, ich habe mich aber deswegen noch nie krank gefühlt. Ich reiche die Hand zur Begrüßung, weil man das so macht - woher soll ich wissen, dass andere Menschen dabei mehr als ich empfinden?
Ich kenne alle Höflichkeistformen und nutze sie auch - ich dachte nie daran, dass andere die Frage nach dem Empfinden ernst meinen und sich dabei in mich hineinfühlen wollen.

Das tun sie wohl auch nicht. Manchmal mag so eine Frage durchaus ernst gemeint sein, in der Regel ist es aber eben doch nur eine Höflichkeitsfloskel.

Die Diagnosekriterien sind relativ wage, so dass sich sehr viele Leute darin wieder finden koennen. Wenn man dann aber mal Autist_innen erlebt, kann man das besser einordnen, denke ich.

Ein wie ich finde typisches Gespraech zwischen mir und einer Autistin lief zum Beispiel so ab:

A.: "Glaubst du, dass das Klaus war?"
Ich.: "Ja, kann schon sein."
5 min. spaeter
A.: "Wie sicher bist du dir, dass das Klaus war?"
Ich.: "Keine Ahnung."
A.: "Denkst du, dass das Klaus war?"
Ich.: "Ja, vielleicht."
A.: "Wie sicher bist du dir?"
Ich.: "Ich weiss es nicht."
5 min. spaeter
A.: "Meinst du das war Klaus?"
Ich.: "Durchaus moeglich."
A.: "Was denkst du, wie Wahrscheinlich ist es, dass das Klaus war, in Prozent?"
Ich.: "Das kann man doch nicht in Prozent ausdruecken."
A.: "Wie viel Prozent?"
Ich.: "63,27%"
A.: "Ah, 63,27%, sehr interessant."

Diese Prozentangabe ernst nehmen oder zu einem DVD Abend bei Freunden einen Fragebogen ueber den Film mitbringen, das koennen nur Autist_innen.
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Re: Autismus

Beitragvon Vollbreit » Sa 23. Mär 2013, 09:48

Im Grunde weiß man nicht so richtig, was Autismus nun genau ist und wie und wann er sich bemerkbar macht.
Die Kriterien, die ein Verhalten zum Autistenverhalten machen, sind breit, so dass, jede Menge Leute leichte Autisten sein könnten, die Frage ist, was so eine fragwürdige Diagnose bringen soll.

Ich habe mal ein Buch gelesen, in dem die These aufgestellt wurde Männer hätten generell Autistenhirne, wären darum auch für technische Zusammenhänge zu begeistern, während Frauen Beziehungshirne hätten.
Dieser Wunsch nach den (m.E. nicht wünschenswerten, da teuer erkauften) skurrillen Meisterleistungen der Autisten, kann durchaus ein Motiv sein, in einem Kind einen Autisten zu sehen.

Was Autisten vor allem nicht können, ist Emotionen anderer zu empfinden, was wohl ihre schweren sozialen Defizite erklärt. Sie können, wenn sie ansonsten intelligent sind, Emotionen lesen lernen, wie Vokabeln, aber sie haben nicht das entsprechende Gefühl dazu. Das führt dazu, dass auch gut entwickelte und sozial lernbegabte Autisten immer „merkwürdig“ wirken, auf ihre „normalen“ Mitmenschen.

Es gibt ein sehr spannendes Buch von einer amerikanischen Professorin für Biologie (Viehzucht) – Temple Grandin – die selbst Autistin ist und das Autistenerleben mit dem Erleben von Tieren vergleicht. Mithilfe ihrer Krankheit/Begabung hat sie die Möglichkeit auf einen Blick zu erkennen, was Tiere verunsichert, ihr springt alles was ängstigt, z.B. Lichtreflexe aus Pfützen, ein über eine Absperrung gelegtes flatterndes leuchtend gelbes Regencape, ein über den Köpfen der Tiere befindlicher beweglicher Gegenstand, der ihr (und den Tieren) sofort ins Auge springt, andere wären nie darauf gekommen, dass solche Dinge massiven Stress auslösen können.

Was Autisten sehr schlecht tolerieren können, sind Veränderungen. Jede Veränderung löst Angst aus. Warum das so ist, weiß man nicht ganz genau, ich habe mal von Tinbergen die Idee gelesen, Autisten bekämen die Eindrücke der (biologischen Verarbeitung der) Welt (durch die Sinnessysteme) ungefiltert mit. Finde ich intuitiv einleuchtend, was aber nicht heißt, dass es auch stimmen muss.
Wenn wir irgendwo sitzen und einen Beitrag schreiben, dann merken wir wenn wir uns drauf konzentrieren, wie sich der Stuhl anfühlt, auf dem wir sitzen, Geräusche dudeln unbeachtet im Hintergrund, Bewegungen werden ausgeblendet und Autisten bekommen möglicherweise das ganze Programm präsentiert.
Das würde bedeuten, ihre Welt wäre ein vollkommen überforderndes Feuerwerk an Sinneseindrücken.

Das könnte das, dann kompensatorische, Verhalten von Autisten erklären, in schwersten Fällen, entweder komplett in sich zu versinken und kaum wieder aufzutauchen oder aber kleinsten Fragmente von Welt für sich zu erobern. Das berühmt-berüchtigte stereotype Verhalten, wenn Kinder bestimmte Passagen eines Liedes, oft wenige Takte, hundertfach hintereinander abspielen können. Bestimmte Bilder, oft nur kleine Ausschnitte davon, unermüdlich ansehen können und in weitere, oft kleinste Teilausschnitte von Welt immer wieder versinken können. Die Erweiterung/Veränderung dieser Miniwelt ist für einige Autisten schier unerträglich, andere, wohl weniger erkrankte, bauen sich ihre Welt, deren gemeinsames Merkmal zu sein scheint, dass soziale Komponenten eine untergeordnete Bedeutung spielen, weiter und sind von eher emotionsfreien Zusammenhängen der Welt fasziniert, mathematischen Strukturen, technischen Funktionsweisen oder sie merken sich jedes Straßenschild, auf einer 500 km Autofahrt.

Das ist in meinen Augen der Versuch eine kleine, beherrschbare Welt, mit der man umgehen kann, zu erzeugen. Ein Stückchen Vertrautheit, Bekanntheit.
Passen würde das insoweit, dass diese Verhaltensweisen über den Autismus hinaus, viele Krankheiten/Verhaltensweisen erklären. Ich glaube jeder lässt eine so komplexe Welt zu, wie er verarbeiten kann und dass komplizierte soziale Interaktionen ausgeblendet werden, ist nicht allein ein autistisches Phänomen, sondern umfasst den ganzen Bereich der schweren Persönlichkeitsstörungen.
Doch auch psychisch gesunde Menschen errichten unterschiedlich komplexe Welten. Die eigene Welt will man in aller Regel verstehen und so wird alles was stört mehr oder weniger resolut (und fast immer unbewusst) ausgeblendet.
Je entwickelter und differenzierter eine Psyche, umso mehr Verschiedenheit und Komplexität kann sie zulassen und verarbeiten.

Ein leichter Fall von Autismus, ist, bis man genau weiß, was Autismus nun eigentlich ist und was nicht, eine wenig glaubhafte und wenig hilfreiche Aussage. Man müsste diese leichten Fälle abgrenzen von sozialen Phobien, narzisstischer oder schizoider Persönlichkeit (und verwandten Formen), bestimmten Hemmungen, Angststörungen und dergleichen.
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Re: Autismus

Beitragvon Zappa » Sa 23. Mär 2013, 15:33

Julia hat geschrieben: Diese Prozentangabe ernst nehmen oder zu einem DVD Abend bei Freunden einen Fragebogen ueber den Film mitbringen, das koennen nur Autist_innen.

Ich glaube wir alle haben solche Kriterien ( -> Fuzzy Logic) oder Threashholds, der gesunde Menschenverstand nimmt sie nur nicht so ernst. Ich denke man muss eine sicheres soziales Netz haben und zu einem solchen fähig sein, um nicht so zu sein.
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Re: Autismus

Beitragvon ujmp » Sa 23. Mär 2013, 16:38

provinzler hat geschrieben:Gibt für diese Leute schon heute auch noch Nischen, viele Computernerds fallen IMHO in diese Kategorie. Gerade im technischen Bereich trifft man immer wieder mal auf diesen Typus.

Es kann auch umgedreht sein, dass die intensive Beschäftigung mit bestimmten Themen bestimmte Verhaltensweisen hervorruft. Computertechnik, speziell Programmierung ist ein Feld, wo man sehr schematisch, algorithmisch denkt. Man stellt sein Denken auf die Maschine ein. Wenn man das den ganzen Tag macht, prägt das natürlich anders, als wenn man Kinder im Krankenhaus pflegt. Man eignet sich doch soziale Kompetenzen an, wo man sie braucht! Von ihrer Anlage her unterscheiden sich da die Menschen m.E. viel weniger als man denkt.
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Re: Autismus

Beitragvon stine » Sa 23. Mär 2013, 17:09

Julia hat geschrieben:Ich.: "Ja, kann schon sein."
.
.
A.: "Wie viel Prozent?"
Ich.: "63,27%"
A.: "Ah, 63,27%, sehr interessant."

Also ich könnte mit der Prozentangabe auch mehr anfangen, als mit der gefühlten Aussage "Kann schon sein!"
Was kann sein? War er es jetzt oder nicht? Wie sicher bist du dir? Mit fast 64 prozentiger Sicherheit könnte man annehhmen, dass es Klaus tatsächlich war. Mit 30 % Sicherheit würde man die Aussage eher als ein Nein werten, vermutlich war er es dann eben doch nicht.
Es ist dann doch eher das "Nicht-locker-lassen", das auffällt. Aber wenn sich zwei Autisten (leichte Form, wie es unter Mathematikern schon mal vorkommen kann :mg: ) unterhalten, würde die Frage sowieso gleich mit einer Prozentangabe beantwortet werden, dann wäre schon viel eher Ruhe. Ob die Prozentzahl dann noch in Komma angegeben werden muss, weiß ich nicht. Wichtig ist in dem Zusammenhang wohl eher, ob die Wahrscheinlichkeit unter oder über 50% liegt.

ujmp hat geschrieben:Man eignet sich doch soziale Kompetenzen an, wo man sie braucht! Von ihrer Anlage her unterscheiden sich da die Menschen m.E. viel weniger als man denkt.
Das kann auch sein. Für wahrscheinlicher halte ich es aber, dass unterschiedliche Veranlagungen die Berufswahl steuern.

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Re: Autismus

Beitragvon ujmp » Sa 23. Mär 2013, 18:49

stine hat geschrieben: Mit fast 64 prozentiger Sicherheit könnte man annehhmen, dass es Klaus tatsächlich war.

"64 Prozent" - wovon?


stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Man eignet sich doch soziale Kompetenzen an, wo man sie braucht! Von ihrer Anlage her unterscheiden sich da die Menschen m.E. viel weniger als man denkt.
Das kann auch sein. Für wahrscheinlicher halte ich es aber, dass unterschiedliche Veranlagungen die Berufswahl steuern.

Ok, es gibt erbliche und angebordene Anlagen. Es gibt aber auch anerzogene Anlagen, und ich behaupte mal, auch regelrecht suggerierte Anlagen. Gerade Kinder sind hoch suggestibel. Wenn Eltern (oder Lehrer) ihren Schützling behandeln, als ob er was besonderes wäre, wird er sich wohl auch so benehmen, im Positiven wie im Negativen. Und auch als Erwachsener lebt man noch ziemlich oft die Konzepte, die "kulturell" gerade inn sind, dagegen kann man sich fast nicht wehren. Und bei Eheleuten wird oft beobachtet, dass sie, je länger sie zusammen leben, um so besser zusammen zu passen scheinen, was wohl daran liegt, dass sie sich aneinander anpassen. Ich bin da mit den sogenannten "Persönlichkeitsmerkmalen" etwas vorsichtig geworden. Man steckt sich selbst und andere zu leicht in eine Schublade.

Oder z.B. das hier: Amy Cuddy: Ihre Körpersprache beeinflusst, wer Sie sind (soll als Beleg daür sein, wie formbar ein Mensch u.U. ist)
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Re: Autismus

Beitragvon Julia » Sa 23. Mär 2013, 20:13

stine hat geschrieben:Also ich könnte mit der Prozentangabe auch mehr anfangen, als mit der gefühlten Aussage "Kann schon sein!"
Was kann sein? War er es jetzt oder nicht? Wie sicher bist du dir? Mit fast 64 prozentiger Sicherheit könnte man annehhmen, dass es Klaus tatsächlich war.

Was auffaellt ist, dass sie die Antwort ernst genommen hat und die ironische Ueberzeichnung nicht wahrgenommen hat, obwohl andere anwesende Personen das sofort registriert haben (unter anderem ein Mathematiker ;), zum einen wegen der uebertriebenen Genauigkeit, die nur untermauern sollte, dass ich der Meinung bin, dass man das nicht wirklich in Prozent angeben kann und zum anderen auch an meinem Tonfall, meinem Gesichtsausdruck. Wie viel Kommunikation nicht verbal ist, merkt man erst, wenn man mit einer Person spricht, die nur Ausgesprochenes wahrnimmt und dieses dann auch noch woertlich nimmt.
Einmal habe ich sie gefragt, ob sie nach den Ferien wieder zurueck kommt und sie meinte sie weiss es nicht. Ich bin dann davon ausgegangen, dass sie noch unentschieden ist ob sie zurueck kommen will, bis sich herausstellte, dass sie nicht weiss ob sie zurueck kommt, weil sie ja eventuell von einem Zug ueberfahren wird und dann nicht mehr zurueck kommt, obwohl sie es geplant hat.
Erfolgreiche Kommunikation erfordert da viel Nachdenken ueber Sprache.
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Re: Autismus

Beitragvon Vollbreit » Sa 23. Mär 2013, 21:34

@ Julia:

Mal so als Einwurf von der Seite: Ich fand Dein Beispiel hervorragend und ich finde es ist eigentlich auch klar erkennbar, worin die Problematik bei der Kommunikation mit Autisten liegt (falls diese stattfindet).
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Re: Autismus

Beitragvon Darth Nefarius » Do 11. Apr 2013, 21:18

Man erinnere sich an die "guten alten" Zeiten, in denen sich die beiden noch grün waren. Vielleicht hilft es ja, mal auf einen damaligen Konsens hinzuweisen, um den Streit an anderer Stelle beizulegen.
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Re: Autismus

Beitragvon Vollbreit » Do 11. Apr 2013, 21:37

Irrtum.
Erstens bin ich mit Julia nicht sonderlich verkracht (ich war ihr ja auch vorher nicht sonderlich nahe), ich finde nur das, was sie an bekannter Stelle geschrieben hat, grauenhaft.
Das hier habe ich inmitten der Kontroverse mit Julia geschrieben, sie ist ja kein Unmensch für mich, nur weil sie an manchen Stellen meiner Meinung nach nicht alle Tassen um Schrank hat. Sie ist bestimmte eine sehr intelligente, vermutlich recht sensible Frau, aber hier ist ja nun mal ein Forum zum Diskutieren und das tun wir ja dann.
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