Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Do 23. Mai 2013, 17:09

Vollbreit hat geschrieben:Nun, da die anderen Erklärungen der Wirkung der Homöopathie bei Tieren kassiert wurden (Erwartungshaltung und Konditionierung), wird also wieder das älteste Argument aufgefahren. Die liebevoll Zuwendung ist es, die heilt.
Sicher heilt liebevolle Zuwendung, aber ich frage mich immer und andere dann auch, warum sie glauben, dass Tierbesitzer ihr Tier die ganze Zeit nicht liebevoll behandeln, es aber genau und nur dann tun, wenn sie zum Homöopathen gehen?

Es ist ja nicht so, dass Tierbesitzers erste Adresse in jedem Fall der Homöopath ist. Nehmen wir an Hasso ist krank. Die normale Reaktion ist ja, erst mal abzuwarten, ob man sich nicht irrt. „Findest du nicht auch, dass er einen schlechten Eindruck macht?“ Man macht sich Sorgen und hätschelt Hasso schon dann. Vielleicht frisst Hasso nicht wie sonst und bekommt dann sein Lieblingsfutter, vielleicht will er nicht spazieren, oder fiept oder sonst etwas. Also geht man zum Tierarzt, als durchschnittlicher Tierbesitzer schon halbwegs besorgt. Kriegt Hasso bisher keine Zuneigung und Aufmerksamenkeit? Warum hilft die nicht?

Gesetzt, Hasso hat eine Erkrankung die der Tierarzt nicht in den Griff bekommt, warum auch immer und Tierbesitzer hört: „Geh doch mal zu dem und dem Tierheilpraktiker“.
Und hier erst setzen dann Zuwendung und Aufmerksamkeit ein? Hier erst beginnen sie zu wirken? Ausgerechnet hier gibt es immer Zufallstreffer? Natürlich wirkt hier nichts, kann ja nicht, weiß man ja. Also muss es Wunschdenken sein, Zufall, oder liebevolle Zuwendung.

Der liebevollen Zuwendung will ich mich hier zuwenden, zum Wunschdenken gleich.


Lieber Vollbreit: Wie so oft schreibst Du viel :mg:

Ich mach es kurz: Gib einem von 100 Tierbesitzern jeweils mit dem Brustton der Überzeugung (= doppelblind) einmal ein homöopathisches Wässerchen und einmal ein schlichtes Wässerchen und schaue, ob ein Unterschied in der Wirkung nachweisbar ist. Es wird kein Unterschied nachweisbar sein*, aber beide Tiergruppen profitieren ein wenig von der Zuwendung. Deine Erklärung, wenn nicht Placeboeffekt?

*War es laut Datenlage bislang auf jeden Fall nicht.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Fr 24. Mai 2013, 08:02

@ mat-in:

Danke, für die Begutachtung.
Erneut meine Frage aus dem verlinkten Artikel:
Gibt es eigentlich keine Laborstandards?
Wie schon gesagt, wären derlei Fehler doch sicher Anfängerfehler. Wie kommt es dazu?


@ Zappa:

1) Im Brustton der Überzeugung ein Mittel zu verabreichen, entspricht m.W. nicht den Doppelblindstandards, bei dem Patient und Arzt nicht wissen, was sie geben.

2) „Es wird kein Unterschied nachweisbar sein“, erscheint mir spekulativ.

3) Bei dem was ich geschrieben hatte ging es nicht darum, dass ich der Zuwendung keine heilenden Effekte zutraue (die traue ich der Zuwendung zu), sondern es ging um die Frage, ob und warum Zuwendung immer nur dann einsetzt, wenn man einen Homöopathen besucht. Das klingt unglaubwürdig, in meinen Ohren.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon mat-in » Fr 24. Mai 2013, 09:11

Natürlich gibt es Laborstandards und auch Publikationsstandards. Die Frage ist, wer sich wie und wo dran hällt. Nicht alles was gut zu beachten wäre ist für alle Labors auch verpflichtend.

Wenn man gegen Sicherheits- oder Tierschutzvorschriften verstößt (die sind immer Landessache und international nicht einheitlich), kann schnell mal der Laden dicht sein. Wenn man in einem "ordentlichen" Journal Mist einreicht wird man von den reviewern in der Luft zerpflückt (meistens, auch reviewer sind nur andere Forscher die ihre Freizeit opfern und das kostenlos machen, auch die machen mal Fehler). Aber niemand hällt dich davon ab Mist zu fotographieren, ein par bunte Graphiken zu machen (im o.g. Fall nicht mal bunt) und die in einem Journal zu publizieren, daß davon lebt, allen Mist abzudrucken, der irgend wie interessant klingt und einen Namen zu haben der denen bekannter Journals ähnlich ist.

Das ist jetzt nur ein Sonderfall... unsere Gesellschaft zeichnet sich im Moment dadurch aus, das unglaubliche Mengen an Information zur verfügung stehen:

  • Ich gehe nicht mehr 1x die Woche mit einer stichwortliste in die Bibliothek und durchforste Publikationstitel auf Mikrofilm nach interessantem um dann eine Woche später per Fernleihe die Daten hier zu haben.
  • Ich warte nicht mehr gespannt auf meine Sonntagszeitung in der ich erfahre, was Donnerstag am anderen Ende der Welt los war.
  • Ich kann kein Buch mehr lesen und der Meinung sein, das was da drin steht schon so in Ordnung ist, sonst hätte es der Verleger nicht gedruckt und sich neimand die Mühe gemacht es in Buchform abzufassen.
  • Ich vertraue meinem Arzt nicht mehr 100% wenn er mir irgend ein medikament gibt.

Heute mache ich eine 0,2 Sekunden dauernde onlinesuche. Wenn mir die nicht gefällt mache ich noch eine. Die liefert mit hundertausende von Ergebnissen, sortiert nach Beliebtheit und "relevanz", aber nicht bewertet ob sie richtig, wahr, belegt sind. Wenn ich will bekomme ich täglich updates zur Suche um sofort zu erfahren was sich geändert hat. Ich kann selbst zu wirkstoffen meiner Pillen nachlesen, erfahre per Twitter wie es einzelnen Leuten in Krisengibieten geht oder welches Fürhstücksbrötchen mein Lieblingsautor hatte. Jeder Depp kann was auch immer er will online stellen.

Das muß nicht negativ sein. Wenn wir wissen, wie wir damit umzugehen haben kann das ein Wundervolles Werkzeug für Demokratie, Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit sein.

Das Problem ist aber, das viele Leute damit aufgewachsen sind, das Telefon von der Post kommt und man in der Bücherei in Karteikärtchen sucht. Was die Ausbildung junger Leute angeht hinkt unser Schulsystem den neuen Anforderungen auch noch enorm hinterher. Alles bewegt sich viel langsamer, als die (informationstechnik) sich entwickelt und die Leute haben keine Möglichkeit und/oder keine Motivation, sich damit zu beschäftigen und auf dem laufenden zu halten.

Daher meine ich, das der unkritische Umgang mit Informationen - den wir schon seit Jahrtausenden pflegen - heute zu einem unserer größten Probleme wird.
Ich hoffe einefach mal, das es auf lange Sicht die Evolution richten wird, wenn "Impfskeptiker" an Masern sterben. :gott:
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon stine » Fr 24. Mai 2013, 10:17

mat-in hat geschrieben:Daher meine ich, das der unkritische Umgang mit Informationen - den wir schon seit Jahrtausenden pflegen - heute zu einem unserer größten Probleme wird.
Das könnte sein. Andererseits war es schon immer angebracht aus einer Informationsflut, die sicherlich eine größere geworden ist, die relevanten Informationen genau heraus zu filtern. Und im Gegenteil dazu denke ich, dass wir im gleichen Tempo lernen werden, Informationen krititischer zu betrachten. Es könnte sein, dass wir irgendwann gar nichts mehr glauben, was uns irgendwer irgendwann aufzutischen versucht.
Es wird einen globalen Vertrauensbruch geben.

LG stine
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Fr 24. Mai 2013, 10:37

Komischerweise bin ich in den Details oft Deiner Meinung, in der großen Linie hingegen fast nie.
Aber ich schätze, gerade dadurch, Deine gradlinige Art und dass Du einer „von der Front“ bist.

mat-in hat geschrieben:Natürlich gibt es Laborstandards und auch Publikationsstandards. Die Frage ist, wer sich wie und wo dran hällt. Nicht alles was gut zu beachten wäre ist für alle Labors auch verpflichtend.

Wenn man gegen Sicherheits- oder Tierschutzvorschriften verstößt (die sind immer Landessache und international nicht einheitlich), kann schnell mal der Laden dicht sein. Wenn man in einem "ordentlichen" Journal Mist einreicht wird man von den reviewern in der Luft zerpflückt (meistens, auch reviewer sind nur andere Forscher die ihre Freizeit opfern und das kostenlos machen, auch die machen mal Fehler). Aber niemand hällt dich davon ab Mist zu fotographieren, ein par bunte Graphiken zu machen (im o.g. Fall nicht mal bunt) und die in einem Journal zu publizieren, daß davon lebt, allen Mist abzudrucken, der irgend wie interessant klingt und einen Namen zu haben der denen bekannter Journals ähnlich ist.


Warum kommt es dann immer wieder zu Skandalen und Fälschungen auch in sogenannten angesehenen Journalen?
Ein nicht unberechtigtes Argument ist auch, dass das Gegenlesen zu immer engeren Formen führt, zu einem erstarrenden System, das sich selbst erhält.
Aber die Schwierigkeit die Balance zwischen Qualität und Erstarrung zu finden, ist mir durchaus bewusst.

mat-in hat geschrieben:Das ist jetzt nur ein Sonderfall... unsere Gesellschaft zeichnet sich im Moment dadurch aus, das unglaubliche Mengen an Information zur verfügung stehen:

….Jeder Depp kann was auch immer er will online stellen.

Das muß nicht negativ sein. Wenn wir wissen, wie wir damit umzugehen haben kann das ein Wundervolles Werkzeug für Demokratie, Selbstbestimmung, Meinungsfreiheit sein.


Bin hier ganz Deiner Meinnung.

mat-in hat geschrieben:Das Problem ist aber, das viele Leute damit aufgewachsen sind, das Telefon von der Post kommt und man in der Bücherei in Karteikärtchen sucht. Was die Ausbildung junger Leute angeht hinkt unser Schulsystem den neuen Anforderungen auch noch enorm hinterher. Alles bewegt sich viel langsamer, als die (informationstechnik) sich entwickelt und die Leute haben keine Möglichkeit und/oder keine Motivation, sich damit zu beschäftigen und auf dem laufenden zu halten.

Daher meine ich, das der unkritische Umgang mit Informationen - den wir schon seit Jahrtausenden pflegen - heute zu einem unserer größten Probleme wird.
Ich hoffe einefach mal, das es auf lange Sicht die Evolution richten wird, wenn "Impfskeptiker" an Masern sterben. :gott:


Du macht m.E. den systembedingten Fehler, zu glauben, zu vielen Themen sei das erste und letzte Wort bereits gesprochen. Der Glaube, Naturwissenschaft sei tatsächlich objektiv und wertneutral erscheint mir in der Breite vollkommen naiv. Ziehen wir menschliches Versagen und bewusste Manipulation mal ab, die es tatsächlich wohl häufiger gibt, als man es wahr haben möchte
http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/20 ... panne-cell
(und man weiß auch hier leider nicht wo sie stattfindet), dann ist selbst gut gemeinte und gemachte Naturwissenschaft zwar ein hervorragender Baustein zur Wahrheitsfindung, aber es ist m.E. naiv zu glauben, Naturwissenschaft bilde die Wahrheit ab.
Es ist einfach eine ganz bestimmte Art Welt zu betrachten, für manche Bereiche hervorragend geeignet, für andere weniger.

Heilung ist ein derart komplexes Geschehen, dass ich zwar immer dankbar dafür bin, wenn es Studien gibt, bestimmte Wirkungen bestätigen oder es eben nicht tun, aber die fast religiöse Aufbauschung mancher Themen finde ich gelinde gesagt, anbstrengend.
Wir leben in Zeiten, wo man – Stichwort: Information – schon aktiv wegsehen muss, um nichts von den Skandalen der Pharmaindustrie, der Korruption im Medizinsystem und anderen Missständen („Patient als Kunde“) mitzubekommen. De facto hat der Vertrauensverlust ja inzwischen die Ärzteschaft erreicht. Die Reihe ist lang und schrecklich und da kommt es mir, ebenfalls gelinde gesagt – eigenartig vor, wenn die selbsternannten Speerspitze der Wissenschaft, so was wie die GWUP, die ich eher für eine Sekte halte, dahergeht und meint, das was wir bräuchten, wäre dringend die Welt von der Alternativmedizin zu befreien. Wo leben diese Leute?

Nun, ist es wie immer so, dass ein Unsinn den anderen nicht rechtfertigt und Du kommst ja einigen Bereichen, um wieder zum Thema zu kommen, der Homöopathie entgegen, bspw. der Erstanamnese. M.E. ist dieses Homöopathie = Placebo Argument zwar vollkommen falsch, weil einfach die Homöopathie schon unter den Gesichtspunkten der Placeboforschung so gut wie nichts richtig macht (in Sinne von: um einen guten Placeboeffekt erzielen) und ob dann die Erstanamnese (von der sich auch finde, dass man sie übernehmen sollte, nicht um der „Trickserei“ willen, sondern weil es nicht schaden kann (leichte Ironie) wenn der Arzt seine Patienten kennt) über Jahre alle Last tragen kann, glaube ich nicht. Zu meinen, dies sei nicht nötig, weil Patienten in erster Linien Organ- und Symptomcontainer seien, ist ja quatsch, allerdings hat sich das in der Praxis bereits positiv geändert.

In der Praxis beobachte ich auch einen viel pragmatischeren Umgang miteinander, auch Ärzte müssen sich heute nicht mehr schämen – vor ihren Kollegen – wenn sie zu unkonventionelleren Methoden greifen. Dass die Psyche bei der Heilung eine mitentscheidende Rolle spielt, darüber muss man ja heute nicht mehr ernsthaft streiten.
Schon allein deshalb (aber das ist nicht meine Meinung) wäre es gut so etwas wie Homöopathie oder Akupunktur mit ins Programm zu nehmen, damit diese an sich nebenwirkunsgarmen Verfahren etwas anbieten, worauf Patienten ihre Hoffnung und Zuversicht projizieren können.
Doch die Akupunktur hat zum großen Erstaunen ihre Wirksamkeit in Studien bewiesen, von der Homöopathie darf man das nach der gegenwärtigen Lage der Dinge nicht sagen, hier könnte ich dann nur auf persönliche Erfahrungen verweisen, wobei ich gerade die Wirkung auf Tiere besonders interessant finde, weil ungefähr alles, was den Placeboeffekt ausmacht (der eine Mischung aus Erwartungshaltung und Konditionierung darstellt) wegfällt. Die in der Literatur angebotenen Ansätze der Konditionierung hattest Du ohnehin von der Studienseite her kritisiert, meine Kritik wäre, das kein Mensch in der Praxis so vorgeht. Niemand spritzt einem Tier ein Medikament, was er dann schleichend gegen ein homöopathisches Mittel ersetzt.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon mat-in » Fr 24. Mai 2013, 12:39

Vollbreit hat geschrieben:Komischerweise bin ich in den Details oft Deiner Meinung, in der großen Linie hingegen fast nie.

Danke. Deswegen bin ich ja hier. Mal gut begründete andere Meiungen zu hören um in der eigenen nicht so fest zu stecken :)

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Natürlich gibt es Laborstandards und auch Publikationsstandards. Die Frage ist, wer sich wie und wo dran hällt. Nicht alles was gut zu beachten wäre ist für alle Labors auch verpflichtend.
Warum kommt es dann immer wieder zu Skandalen und Fälschungen auch in sogenannten angesehenen Journalen?

Weil weder Verleger noch Peer-Reviewer frei von Fehlern sind. Es sind alles Menschen. Die können Fehler machen beim zusammenstellen der Bilder (wie wohl aktuell passiert, niemand ist so dumm und packt absichtlich 2x das gleiche Bild nebeneinander in die gleiche Publikation wenn??!), Fehler beim durchlesen des Artikels und - das darf man nicht unterschätzen - es sind alles Menschen mit menschlichen Fehlern. Auch ein Peer-Review ist kein garant für rigorose Korrekturen. In den meisten Journals schlägt man die reviewer selbst vor, manchmal ist es nicht mal anonym und man weiß sogar, wer aus der Vorschlagsliste denn diese bösen Kommentare geschrieben hat und in den allermeisten Fällen ist dem reviewer auch bekannt, wessen manuskript er da liest. Dann wird was von einem 20 jahre etablierten Klonforscher der schon mehrfach in nature publiziert hat weniger kritisch gelesen oder die Leute kennen sich sogar und sitzen beim Mittagessen mit dem Editor am Tisch...
Auch da sind neuerungen auf dem Weg. Einige Journals bemühen sich um doppel-blind reviews, bei denen man eben nicht weiß, was man da bekommt und von wem und publizieren alles wo wissenschaft und mathematik stimmen, egal, wie "in" das Thema gerade ist. Ich denke diesen Journals gehört über kurz oder lang die Zukunft.

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Alles bewegt sich viel langsamer, als die (informationstechnik) sich entwickelt und die Leute haben keine Möglichkeit und/oder keine Motivation, sich damit zu beschäftigen und auf dem laufenden zu halten.
Daher meine ich, das der unkritische Umgang mit Informationen - den wir schon seit Jahrtausenden pflegen - heute zu einem unserer größten Probleme wird.

Du macht m.E. den systembedingten Fehler, zu glauben, zu vielen Themen sei das erste und letzte Wort bereits gesprochen. Der Glaube, Naturwissenschaft sei tatsächlich objektiv und wertneutral erscheint mir in der Breite vollkommen naiv. Ziehen wir menschliches Versagen und bewusste Manipulation mal ab, die es tatsächlich wohl häufiger gibt, als man es wahr haben möchte, dann ist selbst gut gemeinte und gemachte Naturwissenschaft zwar ein hervorragender Baustein zur Wahrheitsfindung, aber es ist m.E. naiv zu glauben, Naturwissenschaft bilde die Wahrheit ab.
Es ist einfach eine ganz bestimmte Art Welt zu betrachten, für manche Bereiche hervorragend geeignet, für andere weniger.
Das steht ganz außer Frage, wenn wir uns auf Erkenntnistheoretischer und Wissenschaftsphilosophischer Ebene bewegen. Selbst innerhalb der Wissenschaft müssen erst die grauen Eminenzen mal wegsterben bis neue Leute mit neuen Theorien alles umkrempeln können und das hat immer Grenzen. Das schöne an der Wissenschaft ist, daß man versucht (zu mindest wenn man das ernsthaft betreibt und weiß was man tut), daß man sich versucht diese Grenzen bewußt zu machen.
Das steht aber alles auf einem ganz anderen Blatt Papier als z.B. "Impfskeptiker". Die Idee, das die 3-fach Impfung MMR Authismus auslöse stammt aus einer schlecht gemachten Publikation, deren Author am Patent für die einfachimpfstoffe beteiligt war und dessen Geldquelle dann wegfällt wenn nur noch der 3-fach Impfstoff verwendet wird. Das Journal hat die Studie komplett zurück genommen, die Wissenschaft hat das geklärt. Allerdings spinnen sich die Leute immer noch allerlei Mist zusammen: verharmlosen eine Krankheit wie Masern (hochansteckend, häufige Komplikationen, häufige Spätfolgen, gelegentlich tötlich), zitieren offensichtlich gefälschte und zurückgezogene Studien, weigern sich aktiv, was aktuelles zu lesen und jammern dann wenn ihr Kind schwer krank wird. Das ist eine Form aktiver Wissensablehnung die körperliche Folgen für die Kinder hat, dafür sollte man Strafrechtlich belangt werden.

Vollbreit hat geschrieben:Heilung ist ein derart komplexes Geschehen, dass ich zwar immer dankbar dafür bin, wenn es Studien gibt, bestimmte Wirkungen bestätigen oder es eben nicht tun, aber die fast religiöse Aufbauschung mancher Themen finde ich gelinde gesagt, anbstrengend.
Wir leben in Zeiten, wo man – Stichwort: Information – schon aktiv wegsehen muss, um nichts von den Skandalen der Pharmaindustrie, der Korruption im Medizinsystem und anderen Missständen („Patient als Kunde“) mitzubekommen.
Zu meinen, dies sei nicht nötig, weil Patienten in erster Linien Organ- und Symptomcontainer seien, ist ja quatsch, allerdings hat sich das in der Praxis bereits positiv geändert.
Es wird auch anders herum ein Schuh draus, wenn du sagst, daß eine Alternative nicht umbedingt gut sein muß, nur weil die andere schlecht ist. Unter "Alternativmedizin" fassen sich nun mal zu 95% Dinge zusammen, die keinerlei Wirkung haben (außer auf den Geldbeutel der Beteiligten). Das wird nicht dadurch besser oder schlechter, das unsere heutige Medizin z.B. Medikamente erstmal an jungen Männern testet, dann an betroffenen Männern und es dann auch Frauen verschrieben bekommen und der Mediziner sich wundert, das es da anders wirken könnte. Es wird auch nicht dadurch besser oder schlechter, das Pharmakonzerne - wo es ihnen der Gesetzgeber erlaubt - ein 20 cent Schlafmittel dessen Patent abgelaufen ist als Krebsmittel neu zu patentieren und es für 3000 euro zu verkaufen. Es sind zwei vollkommen getrennte Baustellen. Und glaub bitte nicht, daß hinter der "Alternativmedizin" nicht auch millairdeninteressen stecken... ohne enorme Lobbyarbeit und medienarbeit kämen sonst wohl kaum Politiker auf die Idee, offen zu fordern, daß rigorose Zulassungsverfahren nicht für "Alternativmedizin" gelten sollen, denn "da sei die wirkung schon bewiesen" und deswegen könnte man "bei den Nachweisen ein Auge zudrücken". WTF? Da wird mir so schlecht von wenn ich sowas lese, da könnte ich von hier wo ich sitze einen Strahl kotzen der Frau Steffens im Büro erwischt... und die ist in NRW und ich in BW.
Natürlich darf man Patienten nicht als geldbringende Symptomsammlungen sehen, aber das liegt dann doch an der Ausbildung (und Auswahl?) der Mediziner? Das ist etwas, das wir ändern können, ohne ins Mittelalter zurück zu verfallen...

Vollbreit hat geschrieben:Doch die Akupunktur hat zum großen Erstaunen ihre Wirksamkeit in Studien bewiesen, von der Homöopathie darf man das nach der gegenwärtigen Lage der Dinge nicht sagen, hier könnte ich dann nur auf persönliche Erfahrungen verweisen, wobei ich gerade die Wirkung auf Tiere besonders interessant finde, weil ungefähr alles, was den Placeboeffekt ausmacht (der eine Mischung aus Erwartungshaltung und Konditionierung darstellt) wegfällt.
Die Wirksamkeit der Akkupunktur beschränkt sich auf zwei Indikationen und ist dort zwar wirksamer als der Placeboeffekt, aber nicht wirksamer als Scheinakkupunktur (so tun als würde man stechen reicht meines Wissens aus, auch stechen an den falschen Stellen bekommt den Job getan. Da würde ich von der Wirksamkeit von Pieksen reden und das weiter erforschen, den gedanklichen und esoterischen meidianüberbau kann man getrost bei Seite legen. Was den Placeboeffekt angeht, gab es doch noch weitere Studien als die Insulingeschichte bei Ratten und diese Konditionierungsidee ist mittlerweile auch am Mensch in Arbeit habe ich gelesen...
Ich bin mir der Tatsache bewußt, daß man bei einer neuen Theorie nicht sagen darf "Das wird nie funktionieren". Den Fehler haben schon viel größere als ich begangen. Aber die Homöopathie ist nicht neu. Es sind jetzt über 200 Jahre ins Land gegangen und jeder Wirkungsbeweis fehlt. Trotz ambitionierter Studien, z.B. vom Reichsgesundheitsam 1937 das nun wirklich Interesse hatte eine wirksame Alternative zur "jüdischen Schulmedizin" zu finden oder der großen Interessenverbände heute mit ihrem milliardenumsatz. Kein einziger positivbeweis. Nicht weil wir da an die Grenzen der Wissenschaft stoßen und etwas noch nicht messen oder erklären können, was da ist. Nein, weil wir da etwas nicht erklären können, was wir auch nicht messen können. Irgend wann muß man dann doch mal einsehen, das es Humbug ist, statt mit Gewalt und Geld das Gesundheitsystem und die Ausbildung unserer Mediziner zu ändern und zu hoffen, das es dann doch irgend wann wirklichkeit wird. :motz: :explodieren: :kopfwand: :irre:
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Fr 24. Mai 2013, 16:38

Vollbreit hat geschrieben:1) Im Brustton der Überzeugung ein Mittel zu verabreichen, entspricht m.W. nicht den Doppelblindstandards, bei dem Patient und Arzt nicht wissen, was sie geben.

2) „Es wird kein Unterschied nachweisbar sein“, erscheint mir spekulativ.

3) Bei dem was ich geschrieben hatte ging es nicht darum, dass ich der Zuwendung keine heilenden Effekte zutraue (die traue ich der Zuwendung zu), sondern es ging um die Frage, ob und warum Zuwendung immer nur dann einsetzt, wenn man einen Homöopathen besucht. Das klingt unglaubwürdig, in meinen Ohren.


Ad 1: Es kommt drauf an, dass beide Mittelchen mit der gleichen Überzeugung gegeben werden. Beim überzeugten Homöopathen halt mit dem Brustton der Überzeugung - beim Skeptiker mit der je gleichen Skepsis (s. auch ad 3).

Ad 2: Das ist der derzeitige Stand der Wissenschaft. Eine Diskussion darüber würde aber diesen Thread sprengen.

Ad 3: Zuwendung kann sicher jeder in die Waagschale werfen, die bekannte Droge Arzt. Die Dosis der Droge ist aber gerne mal grob unterschiedlich. Ein Beispiel: Ein Patient hat eine Tumorerkrankung, die schon so weit fortgeschritten ist, dass eine sichere Heilung nicht mehr möglich ist. Ein gut geschulter, hervorragend belesener Arzt wird im ein Medikament mit einer anzunehmenden Wirksamkeit von 50% (im Sinne einer Verlängerug des tumorfreien Überlebens von ca. 4 Wochen) bei bekannten 30% schweren Nebenwirkungen, mit einer anderen Art der "erfolgsgewissen Zuwendung" rezeptieren, als ein Wunderheiler, der im Begriff ist ihm das von ihm entdeckte, 100% nebenwirkungsfreie Allheilmittel gegen alle Tumorerkrankungen zu verabreichen (gegen gutes cash, versteht sich). Worauf ich hinaus will: Homöopathen gehören im Großen und Ganzen zur zweiten Gruppe. Sie setzen die Droge Arzt relativ unbekümmert ein, da Sie sich um die wirkliche Wirksamkeit ihrer "Therapie" einen feuchten Kehricht scheren, davon aber so was von überzeugt sind. Das ist sicher ein Dilemma der Schulmedizin, was aber nur mit einem gehörig Maß an Verlogenheit zu überwinden wäre.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Nanna » Fr 24. Mai 2013, 16:44

Vollbreit hat geschrieben:Ja und nein. Wenn Dir ein Freund erzählt, er sei gestern im Kino gewesen, glaubst Du ihm?
Wenn jemand sagt, seine Kopfschmerzen seien jetzt besser, glaubst Du ihm?

Ja. Aber schon wenn ich den Freund über den Film ausfrage, werde ich ganz andere Dinge erfahren, als wenn ich den Film selbst gesehen hätte. Gerade wegen dieser Unterschiedlichkeit der Eindrücke spricht man ja nach dem Kinobesuch den Film oft nochmal durch, weil man Interesse an anderen Perspektiven hat, weil man seine eigene soziale Zugehörigkeit justieren will (wozu eine Orientierung an der Meinung des pesönlichen Umfelds gehört), weil man anderen den eigenen Blick nahebringen will. Und manche Person wird felsenfest behaupten, nie in Film XYZ gewesen zu sein, obwohl es fünf Zeugen gibt, die vor fünf Jahren mit der Person dort waren oder umgekehrt kann man auch nicht wenigen Leuten einreden, Dinge gemacht zu haben, wie z.B. einen bestimmten Film oder Club besucht zu haben, ohne dass sie da je waren.

Was die Kopfschmerzen angeht, klar glaube ich der Person, zumal bei Qualia-Erfahrungen eh nichts anderes zählt und relevant ist als die subjektive Wahrnehmung. Es stört mich ja auch keineswegs, wenn jemand sagt, der Heilpraktiker habe ihm so gut geholfen. Ich will nur nicht, dass diese Person dann anfängt, in meiner Gegenwart zu behaupten, dass die homöopathischen Mittel gewirkt hätten. Da frage ich mich, gerade als politischer Mensch, halt sehr schnell "Was lasst ihr euch eigentlich noch so alles einreden?".

Vollbreit hat geschrieben:Bei der Homöopathie heißt es dann: „Stopp, das kann nicht sein, musst du dir einbilden.“ Man sagt es netter, meint es aber.
Und nun kommt es eben zu der Frage, was hat das Biest denn? Ist es irgendeine unspezifische Lurigkeit? Er frisst nicht mehr mit dem gleichen Appetit? Er wirkt so lustlos?
Keine Frage, Menschen können das wahrnehmen, die einen besser, die anderen schlechter, aber hier ist es sicher schwer zu bestimmen, ob das Tier krank ist.

Das Problem ist die Menge der mitspielenden Faktoren und genau DA sind anekdotische Erfahrungen einer Messung nach wissenschaftlichen Standards klar unterlegen. Hat eine Veränderung eingesetzt? Wann hat sie genau eingesetzt? Was genau hat sich verändert, beim Tier im Umfeld, bei einem selbst?

Du weißt doch selbst, wie mächtig Erwartungshaltungen sind. Behaupte als Stewardness an Bord eines Flugzeugs, dass das Essen verdorben war und du kannst schonmal zehn Krankenwagen zum Rollfeld vorbestellen, auch wenn die Speisen in perferktem Zustand waren. Führe jemanden, der von Schulmedizin überzeugt ist, in einen Raum mit modernen medizinischen Geräten und er wird sich schon gesünder fühlen.

Vollbreit hat geschrieben:Wenn aber ein Hund Fell verliert, meinetwegen eine handtellergroße kahle, schuppende Stelle zu sehen ist, kann man sich darüber täuschen?
Wenn ein Hund deutlich sichtbar humpelt, kann man sich darüber täuschen? (Wir sind ja wahrnehmungstechnisch gerade auf Abweichungen von der Norm geeicht, Normalität fällt uns nicht auf, Abweichungen i.d.R.. sofort.)
Wenn ein Tier tatsächlich nichts mehr frisst, kann man sich darüber täuschen?

Nein, aber das belegt doch nicht die Wirksamkeit dieser Methoden. Und sorry, es ist schon höchst auffällig, dass solche Geschichten von unheimlich begabten Heilern durch die Gegend geistern, wobei die Ergebnisse wie von Zauberhand in dem Moment nicht mehr reproduzierbar sind, in dem die Wissenschaft mal ein genaueres Auge darauf wirft.

Das schreit doch fürmlich danach, sich die Wahrnehmung der Betroffenen mal genauer anzusehen. Und wenn eine tatsächliche Besserung bemerkt wird, es aber - wie in der Homöopathie - keinen Wirkstoff gibt, dann ist es doch nicht nur legitim, sondern die unabdingbare Pflicht eines Wissenschaftlers, den Wirkmechanismus zu ergründen. Und da landen wir seit Jahren immer und immer wieder beim Placebo-/Nocebo-Effekt.

Vollbreit hat geschrieben:Ich wüsste nicht, mit welchen Recht man jemandem diese Fähigkeit hierzu absprechen sollte, wenn er nicht den ganzen Tag merkwürdige Dinge erzählt.

Die meisten Menschen in meinem Umfeld erzählen den ganzen Tag merkwürdige Dinge. Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich vielen Leuten Dinge vorkommen, über die ich - und andere die ich kenne - ein vollkommen verschiedene Meinung habe/n. Manchen scheint nicht mal klar zu sein, dass man zu einem bestimmten Thema überhaupt auch nur theoretisch anders denken könnte, weil die Dinge ja so offensichtlich genau SO sind, wie diejenige Person sie wahrnimmt.
Wir sind schon sehr subjektive Wesen und die Zahl der Menschen, die ihre eigene Subjektivität wirklich wirkungsvoll hinterfragen können (ohne daran zu zerbrechen und verrückt zu werden), ist arg begrenzt. Deshalb, nein, ich habe wenig Vertrauen in Tatsachenberichte von Personen. Erzählt mir eine andere Person etwas über denselben Sachverhalt, kriege ich nie dieselbe Geschichte. Und dann soll ich Leuten, die ich nicht kenne, bei hochemotionalen Themen Vertrauen schenken, wenn diese Dinge behaupten, die dem allgemeinen wissenschaftlichen Verständnis widersprechen?
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Fr 24. Mai 2013, 16:48

Vollbreit hat geschrieben: Warum kommt es dann immer wieder zu Skandalen und Fälschungen auch in sogenannten angesehenen Journalen?


Die Frage ist falsch gestellt. Sie müsste lauten: Warum können Fälschungen und Betrug in (natur)wissenschaftlichen Veröffentlichungen leichter enttarnt werden, als z.B. in philosophischen oder religiösen Texten oder politischen Stellungnahmen? Weil es eine relativ klare Methodik und anerkannte Standards gibt!

Das es Anreizsysteme für Betrug in den Naturwissenschaften gibt ist bekannt und ein Problem, das tangiert die Wissenschaftlichkeit aber nur am Rande der menschlichen Fehlbarkeit.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Sa 25. Mai 2013, 05:46

mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Komischerweise bin ich in den Details oft Deiner Meinung, in der großen Linie hingegen fast nie.

Danke. Deswegen bin ich ja hier. Mal gut begründete andere Meiungen zu hören um in der eigenen nicht so fest zu stecken :)

Ja, ein gutes Motiv.

mat-in hat geschrieben:Auch da sind neuerungen auf dem Weg. Einige Journals bemühen sich um doppel-blind reviews, bei denen man eben nicht weiß, was man da bekommt und von wem und publizieren alles wo wissenschaft und mathematik stimmen, egal, wie "in" das Thema gerade ist. Ich denke diesen Journals gehört über kurz oder lang die Zukunft.

Fände ich dann unterm Strich auch die bessere Lösung.

mat-in hat geschrieben:Das steht ganz außer Frage, wenn wir uns auf Erkenntnistheoretischer und Wissenschaftsphilosophischer Ebene bewegen. Selbst innerhalb der Wissenschaft müssen erst die grauen Eminenzen mal wegsterben bis neue Leute mit neuen Theorien alles umkrempeln können und das hat immer Grenzen. Das schöne an der Wissenschaft ist, daß man versucht (zu mindest wenn man das ernsthaft betreibt und weiß was man tut), daß man sich versucht diese Grenzen bewußt zu machen.
Ich finde es immer angenehm, wenn diese Grenzen auch mal gesehen werden. Alle Disziplinen haben ja welche.

mat-in hat geschrieben:Das steht aber alles auf einem ganz anderen Blatt Papier als z.B. "Impfskeptiker". Die Idee, das die 3-fach Impfung MMR Authismus auslöse stammt aus einer schlecht gemachten Publikation, deren Author am Patent für die einfachimpfstoffe beteiligt war und dessen Geldquelle dann wegfällt wenn nur noch der 3-fach Impfstoff verwendet wird.
Ich habe immer Probleme mit diesen Pauschalierungen, auch wenn ich weiß, dass es Leute gibt, die hier jedes Klischee erfüllen. Es wird einfach schwierig zusammen zu finden, wenn es Begriffe wie „Esoteriker“, „Impfskeptiker“ oder „Klimaskeptiker“ gibt.

mat-in hat geschrieben:Das Journal hat die Studie komplett zurück genommen, die Wissenschaft hat das geklärt. Allerdings spinnen sich die Leute immer noch allerlei Mist zusammen: verharmlosen eine Krankheit wie Masern (hochansteckend, häufige Komplikationen, häufige Spätfolgen, gelegentlich tötlich), zitieren offensichtlich gefälschte und zurückgezogene Studien, weigern sich aktiv, was aktuelles zu lesen und jammern dann wenn ihr Kind schwer krank wird. Das ist eine Form aktiver Wissensablehnung die körperliche Folgen für die Kinder hat, dafür sollte man Strafrechtlich belangt werden.
Ja, ich weiß, das tut zuweilen weh. Ich kann das verstehen, als Reaktion auf zweifelhafte Verhaltensweisen der Vergangenheit, aber da haben sich die Zeiten geändert und manche kommen einfach über den eigenen Schatten und alte Feindbilder nicht hinweg.,

mat-in hat geschrieben:Es wird auch anders herum ein Schuh draus, wenn du sagst, daß eine Alternative nicht umbedingt gut sein muß, nur weil die andere schlecht ist. Unter "Alternativmedizin" fassen sich nun mal zu 95% Dinge zusammen, die keinerlei Wirkung haben (außer auf den Geldbeutel der Beteiligten).
Darüber streiten wir ja gerade. ;-)

mat-in hat geschrieben:Das wird nicht dadurch besser oder schlechter, das unsere heutige Medizin z.B. Medikamente erstmal an jungen Männern testet, dann an betroffenen Männern und es dann auch Frauen verschrieben bekommen und der Mediziner sich wundert, das es da anders wirken könnte. Es wird auch nicht dadurch besser oder schlechter, das Pharmakonzerne - wo es ihnen der Gesetzgeber erlaubt - ein 20 cent Schlafmittel dessen Patent abgelaufen ist als Krebsmittel neu zu patentieren und es für 3000 euro zu verkaufen. Es sind zwei vollkommen getrennte Baustellen.
Das sehe ich auch so, ich wundere mich nur (nicht an Deine Adresse gerichtet), wie man das eine kritisieren und das andere so grandios übersehen kann.

mat-in hat geschrieben:Und glaub bitte nicht, daß hinter der "Alternativmedizin" nicht auch millairdeninteressen stecken... ohne enorme Lobbyarbeit und medienarbeit kämen sonst wohl kaum Politiker auf die Idee, offen zu fordern, daß rigorose Zulassungsverfahren nicht für "Alternativmedizin" gelten sollen, denn "da sei die wirkung schon bewiesen" und deswegen könnte man "bei den Nachweisen ein Auge zudrücken". WTF? Da wird mir so schlecht von wenn ich sowas lese, da könnte ich von hier wo ich sitze einen Strahl kotzen der Frau Steffens im Büro erwischt... und die ist in NRW und ich in BW.
Natürlich darf man Patienten nicht als geldbringende Symptomsammlungen sehen, aber das liegt dann doch an der Ausbildung (und Auswahl?) der Mediziner? Das ist etwas, das wir ändern können, ohne ins Mittelalter zurück zu verfallen...
Ich glaube auch, dass es auch eine Öko- und Alternativmedizin-Lobby gibt, aber ich glaube das ist so wie Bayern München mit Wacker Burghausen zu vergleichen.

mat-in hat geschrieben:Die Wirksamkeit der Akkupunktur beschränkt sich auf zwei Indikationen und ist dort zwar wirksamer als der Placeboeffekt, aber nicht wirksamer als Scheinakkupunktur (so tun als würde man stechen reicht meines Wissens aus, auch stechen an den falschen Stellen bekommt den Job getan. Da würde ich von der Wirksamkeit von Pieksen reden und das weiter erforschen, den gedanklichen und esoterischen meidianüberbau kann man getrost bei Seite legen.
Interssant and der Studie war, dass die Akupunktur (auch die Scheinakupunktur) bei weitem erfolgreicher war, als der medizinische Goldstandard. Dass dies niemanden wundert, wundert mich, kann man in der gerac-Studie nachlesen.
Darüber hinaus, schau Dir mal an, wer da gestochen hat. Irgendwelche Ärzte, die von der Sachen zu über 90% keinen Plan haben, da fällt der Untrschiedn zur Schienakupunktur schon aus den Gründen gering aus. Die bekommen am Wochenende im Crashkurs die Akupunktur beigebracht, ob die bei allen Terminen anwesend sind, etwas verstanden haben oder mehr davon halten, als, dass die Kosten/Verdienst-Relation gut ist, interessiert niemanden.

mat-in hat geschrieben:Was den Placeboeffekt angeht, gab es doch noch weitere Studien als die Insulingeschichte bei Ratten und diese Konditionierungsidee ist mittlerweile auch am Mensch in Arbeit habe ich gelesen...
Es ist gut, wenn da geforscht wird und man den Placeboeffekt aktiv einbbezieht, statt schamhaft verbirgt.

mat-in hat geschrieben:Ich bin mir der Tatsache bewußt, daß man bei einer neuen Theorie nicht sagen darf "Das wird nie funktionieren". Den Fehler haben schon viel größere als ich begangen. Aber die Homöopathie ist nicht neu. Es sind jetzt über 200 Jahre ins Land gegangen und jeder Wirkungsbeweis fehlt.
Nein, frag die Praktiker und Nutzer.

mat-in hat geschrieben:Trotz ambitionierter Studien, z.B. vom Reichsgesundheitsam 1937 das nun wirklich Interesse hatte eine wirksame Alternative zur "jüdischen Schulmedizin" zu finden oder der großen interessenverbände heute mit ihrem milliardenumsatz. Kein einziger positivbeweis.
Nach meine Kenntnisstand gibt es etwa 240 Studien, die meisten sind positiv, ihnen werden aber methodische Mängel nachgesagt. In letzter Zeit ist die Studienlage, bis wiederum auf die allerjüngsten Studien, miserabel, selbst aus der Ecke, der ideologischen Befürworter.

mat-in hat geschrieben:Nicht weil wir da an die Grenzen der Wissenschaft stoßen und etwas noch nicht messen oder erklären können, was da ist. Nein, weil wir da etwas nicht erklären können, was wir auch nicht messen können. Irgend wann muß man dann doch mal einsehen, das es Humbug ist, statt mit Gewalt und Geld das Gesundheitsystem und die Ausbildung unserer Mediziner zu ändern und zu hoffen, das es dann doch irgend wann wirklichkeit wird. :motz: :explodieren: :kopfwand: :irre:

Ein gutes Argument ist, dass die Homöopathie eine Individualtherapie ist, d.h. es gibt nicht das homöopathische Kopfschmerzmittel und das wird in über 90% der Studien überhaupt nicht berücksichtigt, insofern testen die streng genommen keine Homöopathie.
In einigen Studien wird es berücksichtigt, d.h., hier treffen Homöopathen eine Vorauswahl, allerdings sind die Ergebnisse dieser Studien nicht unbedingt besser. Sie waren mal teilweise auf der Website von Eggert einsehbar, der die letzte Metastudie zur Homöopathie geliefert hat.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Sa 25. Mai 2013, 06:36

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:1) Im Brustton der Überzeugung ein Mittel zu verabreichen, entspricht m.W. nicht den Doppelblindstandards, bei dem Patient und Arzt nicht wissen, was sie geben.

2) „Es wird kein Unterschied nachweisbar sein“, erscheint mir spekulativ.

3) Bei dem was ich geschrieben hatte ging es nicht darum, dass ich der Zuwendung keine heilenden Effekte zutraue (die traue ich der Zuwendung zu), sondern es ging um die Frage, ob und warum Zuwendung immer nur dann einsetzt, wenn man einen Homöopathen besucht. Das klingt unglaubwürdig, in meinen Ohren.


Ad 1: Es kommt drauf an, dass beide Mittelchen mit der gleichen Überzeugung gegeben werden. Beim überzeugten Homöopathen halt mit dem Brustton der Überzeugung - beim Skeptiker mit der je gleichen Skepsis (s. auch ad 3).


Ich glaube, Homöopathen verabreichen ihre Mittel auch nicht anders, als ein anderer Arzt seine Blutdrucksenker. Tusch, Fanfaren und Bekundungen, dass das ganz ganz sicher helfen wird, habe ich noch nicht kennengelernt.

Zappa hat geschrieben:Ad 2: Das ist der derzeitige Stand der Wissenschaft. Eine Diskussion darüber würde aber diesen Thread sprengen.

Inwiefern? Einfach zu sagen, „so ist das“, ist doch langweilig.

Zappa hat geschrieben:Ad 3: Zuwendung kann sicher jeder in die Waagschale werfen, die bekannte Droge Arzt.
Ja, auch Homöopathen haben keien Probleme das zuzugeben. Ein mir bekannter guter Homöopath sagte, man dürfe „den Arzt im Fläschchen nicht vergessen.“

Zappa hat geschrieben:Die Dosis der Droge ist aber gerne mal grob unterschiedlich. Ein Beispiel: Ein Patient hat eine Tumorerkrankung, die schon so weit fortgeschritten ist, dass eine sichere Heilung nicht mehr möglich ist. Ein gut geschulter, hervorragend belesener Arzt wird im ein Medikament mit einer anzunehmenden Wirksamkeit von 50% (im Sinne einer Verlängerug des tumorfreien Überlebens von ca. 4 Wochen) bei bekannten 30% schweren Nebenwirkungen, mit einer anderen Art der "erfolgsgewissen Zuwendung" rezeptieren, als ein Wunderheiler, der im Begriff ist ihm das von ihm entdeckte, 100% nebenwirkungsfreie Allheilmittel gegen alle Tumorerkrankungen zu verabreichen (gegen gutes cash, versteht sich). Worauf ich hinaus will: Homöopathen gehören im Großen und Ganzen zur zweiten Gruppe.
Was hat das jetzt mit der Dosis zu tun?
Außer der Polemik lese ich, dass Chemotherapie und Homöopathie nicht dasselbe sind. Ja. Aber worauf willst Du hinaus?

Zappa hat geschrieben:Sie setzen die Droge Arzt relativ unbekümmert ein, da Sie sich um die wirkliche Wirksamkeit ihrer "Therapie" einen feuchten Kehricht scheren, davon aber so was von überzeugt sind. Das ist sicher ein Dilemma der Schulmedizin, was aber nur mit einem gehörig Maß an Verlogenheit zu überwinden wäre.

Der Punkt ist interessant, weil es zu ihm ja Untersuchungen gibt. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass es einen gewissen Prozentsatz an sogenannten Superheilern gibt, Menschen, die andere gesund bekommen, warum weiß im Grunde kein Mensch. Vermutlich sind das natürlich psychologischen Effekte, aber die gehören erforscht und genutzt.
Der weitere interessante Punkt ist die Placeboforschung. Man hat über Jahre den Fehler gemacht, Placeboeffekte als irgendwie unrühmlich anzusehen und diese, sozusagen (faktisch grob falsch) für die „Alternativmedizin“ zu reservieren. Man sollte den Effekt aktiv nutzen und in diesem Sinne intelligente Rituale der Heilung kreieren.
Ferner ist die Medikamentenforschung natürlich gut und richtig. Ist natürlich ein großer Markt, könnte man noch viel zu sagen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Frage, was denn der Patient selbst tun kann. Der Patient war eben über Jahre mehr oder minder zur Passivität verurteilt. Auch hier kann man noch reichlich dran arbeiten, m.E. gerade bei schwersten oder chronischen Erkrankungen.

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Warum kommt es dann immer wieder zu Skandalen und Fälschungen auch in sogenannten angesehenen Journalen?


Die Frage ist falsch gestellt. Sie müsste lauten: Warum können Fälschungen und Betrug in (natur)wissenschaftlichen Veröffentlichungen leichter enttarnt werden, als z.B. in philosophischen oder religiösen Texten oder politischen Stellungnahmen? Weil es eine relativ klare Methodik und anerkannte Standards gibt!


Können sie? Das gehört doch zur Legendenbildung. Ich bin sogar der Überzeugung, dass es in der Naturwissenschaft besonders einfach ist, sich aus der Verantwortung zu stehlen.
Jemand der in der Wissenschaft betrügt oder sich politisch schwer verirrt, wird kurzerhand als unwissenschaftlich oder pseudowissenschalftlich deklariert und damit ist das System Naturwissenschaftt nie gefährdet, denn was nicht passt wird nachträglich herausoperiert, auch wenn er zu der Zeit, Stand der Dinge war.
Was ist denn Betrug im Rahmen einer politischen oder religiösen Stellungnahme?
Wenn der Pfarrer nicht an Gott glaubt, oder Gysi nicht an die Revolution des Proletariats, oder was soll das heißen?
Und wieso gibt es in der Philosophie keine Standards oder keine klare Methodik? Klärung der Begriff, formale Schlussregeln und so weiter, alles sehr klar. Wenn viele schon am einfachen Selbstwiderspruch scheitern, kann man nicht mehr tun, als darauf aufmerksam machen, philosophisches Lackmuspapier oder Warnlampen gibt es nicht.
Auch gehört die Lösung von Problemen im Sinne einer naturwissenschaftlich-technischen Herangehensweise nicht zur Vorgehensweise der Philosophie. Fragen müssen hier immer wieder neu gestellt werden, aus immer wieder neuen Blickwinkeln beleuchtet werden. Allein die Erkenntnis, dass es überhaupt mehr als eine Sicht auf die Dinge geben kann, ist ja schon horizonterweiternd.

Zappa hat geschrieben:Das es Anreizsysteme für Betrug in den Naturwissenschaften gibt ist bekannt und ein Problem, das tangiert die Wissenschaftlichkeit aber nur am Rande der menschlichen Fehlbarkeit.
Solange man den Glauben hat, es gäbe ein anonymes System Wissenschaft, was von den Forschern abgekoppelt ist. Ist aber auch nur ein Glaube.
Wo viel Geld zu verdienen ist oder es um politische Ideologie geht, glaubst Du wirklich, dass die Wissenschaft da nicht unterwandert ist? Man kann hoffen, dass es immer wieder redliche Menschen in zentralen Positionen gibt und genügend, die ein Ethos der Wissenschaft verbindet, die den Laden einfach sauber halten und die im besten Sinne einfach nur forschen wollen.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » Sa 25. Mai 2013, 08:13

Nanna hat geschrieben:Und manche Person wird felsenfest behaupten, nie in Film XYZ gewesen zu sein, obwohl es fünf Zeugen gibt, die vor fünf Jahren mit der Person dort waren oder umgekehrt kann man auch nicht wenigen Leuten einreden, Dinge gemacht zu haben, wie z.B. einen bestimmten Film oder Club besucht zu haben, ohne dass sie da je waren.

Was die Interpretation angeht, was z.B. die Botschaft des Films war, oder so, keine Frage, da gehen die Meinungen auseinander. Aber man wird sich handfeste Symptome nicht einfach wegwünschen können und so simple Tatsachen wie die, dass der Straßenverkehr, trotz der großen Zahl sehr unterschiedlicher Teilnehmer gut funktioniert, dass Leuten eigenständig in den Supermarkt, zur Arbeit und in den Urlaub finden und wissen, was sie da tun, zeigt doch, dass wir sehr wohl auch verlässliche Wesen sind.
Wie gesagt, wenn einer sagt: „Findest du nicht, dass Fido irgendwie komisch ist?“ und der andere sagt: „Nö, eigentlich nicht“, ist das ein anderer Fall, als wenn ein Hund nur noch auf drei Beinen läuft oder komplett das Fressen einstellt oder der Katze büschelweise Haare ausfallen. Darüber kann man sich im Normalfall nicht täuschen.

Nanna hat geschrieben:Was die Kopfschmerzen angeht, klar glaube ich der Person, zumal bei Qualia-Erfahrungen eh nichts anderes zählt und relevant ist als die subjektive Wahrnehmung.
Ja, das ist ja inzwischen in der Medizin angekommen. Schmerz ist subjektiv, Stress ist subjektiv und so weiter.

Nanna hat geschrieben:Es stört mich ja auch keineswegs, wenn jemand sagt, der Heilpraktiker habe ihm so gut geholfen. Ich will nur nicht, dass diese Person dann anfängt, in meiner Gegenwart zu behaupten, dass die homöopathischen Mittel gewirkt hätten. Da frage ich mich, gerade als politischer Mensch, halt sehr schnell "Was lasst ihr euch eigentlich noch so alles einreden?".
Ich würde hier auch zwischen Befindlichkeitstörungen (bei Mensch und Tier) unterscheiden und mehr oder minder handfesten Symptomen. Wem so'n bisschen kodderig ist oder wer eine leichte Erkältung hat oder leichte Verspannungskopfschmerzen, okay, nicht der Rede wert.
Aber es gibt eben Fälle die nicht einfach so von selbst verschwinden und zwischen leichtem Magengrummeln und Krebs im Endstadium, gibt es noch die eine oder andere Erkrankung. Ich bin auch sofort bereit einzugestehen, dass es ein Dutzend Möglichkeiten gibt, in denen das Zusammentreffen einer homöopathishen Behandlung und dem Verschwinden von Symptomen alles mögliche war: Zufälliges Zusammentreffen von Einnahme und Spontanheilung oder Heilung aus anderen Gründen, Placeboeffekt und so weiter.
Aber hier macht es die Summe. Es wäre komisch, wenn Zufallsheilungen immer mit der Einnahme hom. Mittel einhergehen. Zudem kann man Wirkung die placebotypisch sind von anderen unterscheiden. Die Placebowirkung ist meist flüchtig. Auch die reale Praxis spricht eine andere Sprache. Es ist ja keinesfalls so, dass der Homöopath immer mit dem ersten Mittel „trifft“. Nach zwei, drei Fehlversuchen ist der Vertrauensvorschuss dann auch mal aufgebraucht, aber in der Praxis bringt dann manchmal das dritte oder sechste Mittel die Wende.
Ich finde, das und mehr, kann und muss man differenzieren.

Nanna hat geschrieben:Das Problem ist die Menge der mitspielenden Faktoren und genau DA sind anekdotische Erfahrungen einer Messung nach wissenschaftlichen Standards klar unterlegen. Hat eine Veränderung eingesetzt? Wann hat sie genau eingesetzt? Was genau hat sich verändert, beim Tier im Umfeld, bei einem selbst?
Nein, das glaube ich nicht. Der Mensch ist doch oft noch das feinste Messinstrument. Vielleicht nicht jeder, aber für ein generelles Misstrauen besteht m.E. kein Grund, zumal es ja oft nicht um Nuancen geht. Es gibt da recht aufschlussreiche Experimente aus der Psychologie, in dem man „ganz normale“ Menschen mit psychotisch erkrankten Menschen zusammenbrachten, die sich über eine völlig unbelastetes Thema austauschen sollten (die Normalos, wussten nicht, was der Test sollte, oder dass die anderen psychotisch sind). Nachher wurden beide Gruppen befragt und durch die Bank sagten die „Normalen“, ihre Gesprächspartner seien irgendwie seltsam gewesen. Sie konnten nicht genau benennen, was seltsam war, aber alle merkten, dass etwas seltsam war. Und diese Menschen sollen nicht erkennen, oder der Hund einen vereiterten Fuß hat?

Nanna hat geschrieben:Du weißt doch selbst, wie mächtig Erwartungshaltungen sind. Behaupte als Stewardness an Bord eines Flugzeugs, dass das Essen verdorben war und du kannst schonmal zehn Krankenwagen zum Rollfeld vorbestellen, auch wenn die Speisen in perferktem Zustand waren. Führe jemanden, der von Schulmedizin überzeugt ist, in einen Raum mit modernen medizinischen Geräten und er wird sich schon gesünder fühlen.
Ja, aber die Tatsache, dass man Menschen täuschen kann, heißt ja nicht, dass sie sich immer täuschen. Und natürlich spielen Erwartungen und Placeboeffekt immer eine Rolle, aber beim Tier schon weniger.

Nanna hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn aber ein Hund Fell verliert, meinetwegen eine handtellergroße kahle, schuppende Stelle zu sehen ist, kann man sich darüber täuschen?
Wenn ein Hund deutlich sichtbar humpelt, kann man sich darüber täuschen? (Wir sind ja wahrnehmungstechnisch gerade auf Abweichungen von der Norm geeicht, Normalität fällt uns nicht auf, Abweichungen i.d.R.. sofort.)
Wenn ein Tier tatsächlich nichts mehr frisst, kann man sich darüber täuschen?

Nein, aber das belegt doch nicht die Wirksamkeit dieser Methoden. Und sorry, es ist schon höchst auffällig, dass solche Geschichten von unheimlich begabten Heilern durch die Gegend geistern, wobei die Ergebnisse wie von Zauberhand in dem Moment nicht mehr reproduzierbar sind, in dem die Wissenschaft mal ein genaueres Auge darauf wirft.

Ich finde gar nicht so sehr die Geschichten von unheimlich begabten Heilern interessant – auch, aber nicht in dem Kontext – sondern einfach die praktische tägliche Arbeit. Wenn der Homöopath einfach der Arzt um die Ecke ist und viele von den Patienten nicht aus tiefster Ehrfurcht vor der Homöopathie kommen, sondern oft gar nicht oder nicht genau wissen, was Homöopathie ist. Das gibt es durchaus.
Einige Tierärzte sind da recht praxisorientiert. Die geben, ohne überzeugte Homöopathen zu sein, einfach das eine oder andere Mittel, weil es sich in der Praxis bewährt hat. Es gibt auch Tierheilpraktiker mit tollen Erfolgen, ich kenne welche, zu denen die Tierärzte mit ihren Tieren hingehen.

Nanna hat geschrieben:Das schreit doch fürmlich danach, sich die Wahrnehmung der Betroffenen mal genauer anzusehen. Und wenn eine tatsächliche Besserung bemerkt wird, es aber - wie in der Homöopathie - keinen Wirkstoff gibt, dann ist es doch nicht nur legitim, sondern die unabdingbare Pflicht eines Wissenschaftlers, den Wirkmechanismus zu ergründen. Und da landen wir seit Jahren immer und immer wieder beim Placebo-/Nocebo-Effekt.

Würde ich für Tiere erst mal weitgehend zurückweisen. Zumal, wenn man jahrelang den Homöopathen nutzt, die positive Erregung, die sich dann aufs Tier übertragen soll, auch mal schwindet, zumal, wenn man vielleicht nur mal per Telefon kommuniziert.

Nanna hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich wüsste nicht, mit welchen Recht man jemandem diese Fähigkeit hierzu absprechen sollte, wenn er nicht den ganzen Tag merkwürdige Dinge erzählt.

Die meisten Menschen in meinem Umfeld erzählen den ganzen Tag merkwürdige Dinge.
Klar, wenn man sich mit Brights umgibt. ;-)

Nanna hat geschrieben:Es ist erstaunlich, wie selbstverständlich vielen Leuten Dinge vorkommen, über die ich - und andere die ich kenne - ein vollkommen verschiedene Meinung habe/n. Manchen scheint nicht mal klar zu sein, dass man zu einem bestimmten Thema überhaupt auch nur theoretisch anders denken könnte, weil die Dinge ja so offensichtlich genau SO sind, wie diejenige Person sie wahrnimmt.
Ja, aber Du bist m.E. schon einen Schritt zu weit, bei der Interpretation. Ich bin noch bei der Wahrnehmung. Ist da Eiter oder nicht? Humpelt Fido oder nicht? Ist da Durchfall oder nicht. Ist da Haarausfall oder nicht. Ist das eine blutende Wunde oder nicht? Jault das Tier, wenn man es berührt oder nicht? Das meine ich.
Das erkennen zu können, würde ich ohne guten Grund niemandem absprechen.
Ich glaube, dass man ferner wissen kann, welche Krankheiten potentiell von selbst verschwinden und welche nicht.
Ein Akutgeschehen ist einfach anders, als eine seit Jahren bestehende Allergie oder eine Pilzerkrankung oder eine degenerative Erkrankung.

Nanna hat geschrieben:Wir sind schon sehr subjektive Wesen und die Zahl der Menschen, die ihre eigene Subjektivität wirklich wirkungsvoll hinterfragen können (ohne daran zu zerbrechen und verrückt zu werden), ist arg begrenzt. Deshalb, nein, ich habe wenig Vertrauen in Tatsachenberichte von Personen. Erzählt mir eine andere Person etwas über denselben Sachverhalt, kriege ich nie dieselbe Geschichte. Und dann soll ich Leuten, die ich nicht kenne, bei hochemotionalen Themen Vertrauen schenken, wenn diese Dinge behaupten, die dem allgemeinen wissenschaftlichen Verständnis widersprechen?
So hoch emotional ist das Thema bei den meisten Leuten gar nicht besetzt. Manche halten nichts von Alternativmedizin, würden nie auf die Idee kommen dort hinzugehen und damit ist das Thema für sie auch durch.
Manche gehen mit der gleichen Selbstverständlichkeit einfach hin und das ist für sie auch nicht sonderlich emotional besetzt.
Emotional wird die Debatte mit denen die für oder gegen die Sache kämpfen oder, wenn die bewährte Strategie versagt. Ich kenne da beide Varianten, Menschen, die voll auf Alternativmedizin gesetzt haben, bis ihnen nicht mehr zu helfen war, das gibt es. Es gibt aber auch die anderen Fälle, bei denen Menschen auf de Schulmedizin vertrauten und hier Schiffbruch erlitten oder, dann wechselten, mal mit, mal ohne Erfolg. Da ist es dann natürlich sehr emotional.

Ich finde übrigens, dass gerade beim Hinterfragen die Geschichte interessant wird. Ich finde es bspw. Geradezu paradox, dass aus den Skeptikerkreisen, gerade auf die Erklärungen zurückgegriffen wird, die man sonst zurückweisen würde. Wie genau übertragt sich denn meine Euphorie auf meinen Hund? Warum wächst dann von „guter Laune“ das Fell wieder? Riecht der Hund das (und der Sittich?), ist das Körpersprache oder Reiki?
Auf den Menschen bezogen würde mich das durchaus auch interessieren. Was einfach m.M.n. nicht passt, ist, dass längst nicht immer dar erste Mittel wirkt (also man dann keine subjektive Besserung verspürt). Was mich, wie schon erwähnt auch nicht überzeugt, ist Behauptung, dass die Homöopathie einen gewaltigen Placeboeffekt erzeugt. Wie und warum denn? Erstanamnese in Ehren, aber die Homoöpathen geben höchst selten Spritzen, die haben aber den besten Placeboeffekt. Den nächstbesten Effekt haben Tabletten, aber die müssen (je nach Beschwerdebild) klein und gemein aussehen oder riesige Granaten sein. Das langweilige Weiß der immer gleichen Größe oder die „Zuckerkügelchen“ oder die Tropfen, haben einen lausigen Placeboeffekt. Die exotischen Namen sollen eine Rolle spielen, aber was ist an Sulfur exotischer als an Tavor? An Mercurius solubilis als an Beloc zoc mite? An Allium cepa als an Allopurinol? Finde ich auch kein gutes Argument. Dass man nun beim Homöopathen ständig größte Aufmerksamkeit bekommt, kann ich nun auch nicht bestätigen. Wenn der Laden voll ist, muss es schnell gehen, wie bei anderen auch. Viele Homöopathen verzichten übrigens auch auf die umfassende Erstanamnse, die kommt eher ins Spiel, wenn man sein sog. Konstitutionsmittel sucht.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » Sa 25. Mai 2013, 15:13

Vollbreit hat geschrieben:Ich glaube, Homöopathen verabreichen ihre Mittel auch nicht anders, als ein anderer Arzt seine Blutdrucksenker. Tusch, Fanfaren und Bekundungen, dass das ganz ganz sicher helfen wird, habe ich noch nicht kennengelernt.

Und ich behaupte das Gegenteil. Mein Beispiel zielte in die Richtung, dass der wissenschaftliche Arzt sich rational mit Vor- und Nachteilen der Medikation auseinandersetzt, sehr genau weiß, dass statistische Aussagen aus Kollektiven nicht unbedingt auf jede Einzelperson bezogen werden können etc. pp. Er hat eine distanziert kritische Beziehung zu seiner Therapie und das wird sich in seiner Haltung ausdrücken.

Ein Homöopath glaubt an Vodoo, Nano, Quantenquatsch und Wassergedächtnis und schert sich einen feuchten Kehricht ob es wirkt oder nicht, er glaubt einfach daran. Diesen Glauben wird er weitergeben. Abgesehen davon ist der Einfluss der persönlichen Überzeugung ja gut bekannt, deswegen gibt es ja das doppelblinde Studiendesign.

Vollbreit hat geschrieben: Einfach zu sagen, „so ist das“, ist doch langweilig.

Ja, aber jeden repetetiv behaupteten Dünnpfiff widerlegen zu müssen noch viel mehr :/

In Kürze: Die H. beruht auf einem unsinnigen Therapiekonzept, phantasievollen, aber vollkommen an den Haaren herbeigezogenen, Behauptungen über den Wirkmechanismus, hat bislang niemals eine Wirkung nachweisen können, die über Placeboeffekte hinausgeht (Metaanalyse gibt es hier: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?ter ... +author%5D), und ist in doppelblind-randomisierten Studien nahezu ausnahmslos gescheitert (der erste fand im Übrigen schon 1835 statt (-> http://kurzlink.de/xUwNhaWxR )* - die H. kann sich also mit Recht als die "Therapieform" bezeichnen, die am frühesten sorgfältig widerlegt wurde :mg: ).

Vollbreit hat geschrieben:Man hat über Jahre den Fehler gemacht, Placeboeffekte als irgendwie unrühmlich anzusehen und diese, sozusagen (faktisch grob falsch) für die „Alternativmedizin“ zu reservieren.

Sagt wer?

* Ich habe mal den Kurzlink erstellt, weil der Originallink nicht funktioniert hat. Ich hoffe das ist OK.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » So 26. Mai 2013, 06:56

Zappa hat geschrieben:Mein Beispiel zielte in die Richtung, dass der wissenschaftliche Arzt sich rational mit Vor- und Nachteilen der Medikation auseinandersetzt, sehr genau weiß, dass statistische Aussagen aus Kollektiven nicht unbedingt auf jede Einzelperson bezogen werden können etc. pp. Er hat eine distanziert kritische Beziehung zu seiner Therapie und das wird sich in seiner Haltung ausdrücken.
Woher weißt Du das? Wie ein Arzt seine Therapie vorschlägt, hängt eher von seiner Persönlichkeit ab.
Mir ist ehrlich gesagt auch ein selbstsicherer Arzt lieber, der genau von seinem Verfahren überzeugt ist, auch wenn er z.B. alles was Alternativmedizin ist vollkommen lächerlich findet.

Zappa hat geschrieben:Ein Homöopath glaubt an Vodoo, Nano, Quantenquatsch und Wassergedächtnis und schert sich einen feuchten Kehricht ob es wirkt oder nicht, er glaubt einfach daran.
Die, die ich kenne, glauben vor allem an das, was sie im Umgang mit ihren Patienten erleben. Es hat sich zwar durch die Hintertür die Überzeugung eingeschlichen, dass der Patient bei seiner eigenen Erkrankung der aller unwichtigste Teil ist und man den eigenen Augen nicht trauen sollte, inzwischen ist man da in einigen Bereichen auch schon wieder korrigiert.

Zappa hat geschrieben:Diesen Glauben wird er weitergeben. Abgesehen davon ist der Einfluss der persönlichen Überzeugung ja gut bekannt, deswegen gibt es ja das doppelblinde Studiendesign.
Ich hoffe, dass er diesen Glauben weitergibt. Wer von seinem Verfahren nicht überzeugt ist, soll ein anderes machen, oder den Beruf wechseln.
Mit einer „bringt vermutlich nichts, aber wir versuchen es mal“ Einstellung kannst Du es gleich lassen, auch hier gibt es Studien zu.

Zappa hat geschrieben:In Kürze: Die H. beruht auf einem unsinnigen Therapiekonzept, phantasievollen, aber vollkommen an den Haaren herbeigezogenen, Behauptungen über den Wirkmechanismus, hat bislang niemals eine Wirkung nachweisen können, die über Placeboeffekte hinausgeht (Metaanalyse gibt es hier: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?ter ... +author%5D), und ist in doppelblind-randomisierten Studien nahezu ausnahmslos gescheitert (der erste fand im Übrigen schon 1835 statt (-> http://kurzlink.de/xUwNhaWxR )* - die H. kann sich also mit Recht als die "Therapieform" bezeichnen, die am frühesten sorgfältig widerlegt wurde :mg: ).
Wenn Du Studien ernst nimmst, erklär mir, warum die unwirksame Akupunktur dem Goldstandard der Schulmedizin überlegen ist.
Die Rechnung geht doch so: Akupunktur = Placeboeffekt. Schuldmedizin = Placeboeffekt + echte Wirkung. Resultat: Schuldmedizin schneidet deutlich schlechter ab. Erklärung?
Quelle: http://www.gerac.de/de_index_publikationen.htm
Was draus gemacht wird, ist, dass die echte Akupunktur der Scheinakupunktur nur gering überlegen ist, aber den eigentlich interessanten Punkt, dass die sogar die Scheinakupunktur den schulmedizinischen Standardverfahren bei weitem überlegen ist, wird unter den Tisch fallen gelassen.

Bei der Homöopathie muss man sich zunächst noch auf seine eigenen Erfahrungen verlassen, vielleicht sind die auch der Grund, warum die Leute weiterhin zum Homöopathen gehen.

Zappa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Man hat über Jahre den Fehler gemacht, Placeboeffekte als irgendwie unrühmlich anzusehen und diese, sozusagen (faktisch grob falsch) für die „Alternativmedizin“ zu reservieren.

Sagt wer?
Ich habe die Diskussion über längere Zeit verfolgt, Du nicht? Dass der Wind bei der Bewertung der Placebos dreht, ist eine eher junge Entwicklung. Ist jetzt so, ist auch gut, deshalb Schwamm drüber, aber das war keineswegs immer der Fall.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » So 26. Mai 2013, 07:32

Moin Vollbreit :mg:

Da ich diesen Zitatehack nicht mag, mal der Versuch einer zusammenhängenden Antwort:

Ich finde es höchst bedenklich zu fordern, dass Ärzte idealerweise von Ihren Therapien überzeugt sein sollen. Ich weiß, dass Du als mystisch angehauchter Mensch damit weniger Probleme hast, aber für mich ist das die Forderung nach Irrationalität in der Medizin. Dass das besser funktioniert, weil der Therapeut aufgrund seiner Überzeugung einen besseren Einfluss auf den Patienten hat, ist dabei ein zweischneidiges Argument. Auf der anderen Seite verhindert eine solchen Einstellung nämlich den wissenschaftlichen Fortschritt, was man an der Homöopathie sehr gut sehen kann. Natürlich sollte der Arzt eine reife Persönlichkeit sein, der von seinem Handwerk was versteht, das auch weiß und deswegen ein gutes Selbstbewusstsein ausstrahlt. Ich persönlich bin aber der festen Überzeugung, dass man sich eher zu einer reifen Persönlichkeit entwickelt, wenn man rational an die Dinge rangeht. Viele "Alternativmediziner" sind da rechte Kindsköpfe.

Persönliche Erfahrung ist ein weiterer Baustein deiner Rede für den Irrationalismus in der Medizin. Der Fortschritt der modernen Medizin beruht auf der Übernahme wissenschaftlicher Methoden, die eben über die persönliche Erfahrung hinaus gehen und diese sogar - mit Recht - massiv in Frage stellen. Persönliche Erfahrung ist ausgesprochen fehleranfällig, vor allem wenn man von einem Verfahren überzeugt ist. Neben dem Hang seiner Erfolge gut wahrzunehmen und Misserfolge zu vergessen, bzw. den vorbehandelnden Schulmedizinern in die Schuhe zu schieben, gibt es auch einfach statistische Gründe dafür, warum man sich nicht auf eigen Erfahrung verlassen sollte (-> http://rationalwiki.org/wiki/Regression_to_the_mean ). Schau Dir noch mal in Ruhe die "Errungenschaften" der vorwissenschaftlichen Erfahrungsmedizin an, dann weist Du wovon ich rede. Ironischerweise ist ja der Erfolg der Homöopathie auf ihre Wirkungslosigkeit und damit auch Nebenwirkungslosigkeit zurück zu führen, denn die Nebenwirkungen der Erfahrungsmedizin, mit all Ihren Aderlässen, Schröpfungen und Verabreichung toxischer Gebräue, hat den Patienten mehr geschadet als genützt, die H. wenigstens nicht geschadet. Willst Du da wieder hin?

Mit der Akupunktur machst Du ein weiteres Fass auf. Hier wurde das wesentliche schon gesagt (Lumen war es glaub ich): A. funktioniert eben nicht! Das ganze Gedankengebäude dahinter gilt als widerlegt. Es gibt keine Meridiane und es ist wurscht, wohin man seine Nadeln sticht. Es scheint aber in der Tat eine Wirkung zu geben, auch wenn die eher schwach ist. Aber auch hier kann man schön den Unterschied zwischen tradierter Erfahrungsmedizin und wissenschaftlicher Medizin sehen: Während erstere seit Jahrtausend Mumpitz erzählt und sich nicht fortentwickelt, objektiviert die wissenschaftliche Medizin die Wirkstärke und versucht die Wirkweise zu ergründen. Für mich gibt es auch keine Schulmedizin auf der anderen Seite und eine Alternativmedizin auf der anderen. Es gibt eine Medizin, die wissenschaftliche Methoden entwickelt hat um Therapien zu überprüfen. Das ist der Stand der Wissenschaft, dem sich gefälligst jeder zu stellen hat. Eine irrationale "Alternative" dazu brauchen wir nun wirklich wie ein Fisch ein Fahrrad!

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wirklich, warum man ersterem Vorgehen der Vorrang geben sollt. Meist bleibt da nur das Argument der Tradition, gepaart mit Denkfaulheit und einem Markt der funktioniert, weil es Abnehmer für so einen Mist gibt. Sorry, aber ich habe dazu eine dedizierte Meinung :^^:
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » So 26. Mai 2013, 08:45

Zappa hat geschrieben:Moin Vollbreit :mg:

Da ich diesen Zitatehack nicht mag, mal der Versuch einer zusammenhängenden Antwort:

Ich finde es höchst bedenklich zu fordern, dass Ärzte idealerweise von Ihren Therapien überzeugt sein sollen. Ich weiß, dass Du als mystisch angehauchter Mensch damit weniger Probleme hast, aber für mich ist das die Forderung nach Irrationalität in der Medizin.


Moin moin. Ich hack' dennoch mal weiter, weil Du ja belastbar bist (außerdem schreibe ich dann weniger).
Nein, ich empfinde das nicht als irrational, ganz im Gegenteil. Vielleicht habe ich da mehr die medizinischen Extremsituationen im Hinterkopf, als die normalen Kopfschmerzen.
Ich würde ganz rationalerweise auch das nehmen, was erwiesen hilft, immer auf der minimalen Eskalationsstufe.
In Ausnahmesituationen tödlicher oder schwerer chronischer Erkrankungen, weiß jeder, dass es nicht so toll aussieht, das braucht mein Arzt mir dann nicht auf noch zu sagen.
Spätestens da will ich dann einen „Irren“ oder einen Querdenker der zu wissen meint, was geht. Der darf mich auch ruhig überzeugen und meinetwegen kann das auch ein Schulmediziner sein, ich bin da nicht sonderlich ideologisch. Gut muss er sein, besser sehr gut, das reicht mir.

Zappa hat geschrieben:Dass das besser funktioniert, weil der Therapeut aufgrund seiner Überzeugung einen besseren Einfluss auf den Patienten hat, ist dabei ein zweischneidiges Argument. Auf der anderen Seite verhindert eine solchen Einstellung nämlich den wissenschaftlichen Fortschritt, was man an der Homöopathie sehr gut sehen kann. Natürlich sollte der Arzt eine reife Persönlichkeit sein, der von seinem Handwerk was versteht, das auch weiß und deswegen ein gutes Selbstbewusstsein ausstrahlt. Ich persönlich bin aber der festen Überzeugung, dass man sich eher zu einer reifen Persönlichkeit entwickelt, wenn man rational an die Dinge rangeht. Viele "Alternativmediziner" sind da rechte Kindsköpfe.
Du möchtest primär der Methode vertrauen, ich dem Menschen, wobei sich beides vermutlich überschneidet.
Ich habe auch schon Menschen getroffen, die grenzenlos von sich überzeugt waren, vor denen würde ich schreiend weglaufen.

Zappa hat geschrieben:Persönliche Erfahrung ist ein weiterer Baustein deiner Rede für den Irrationalismus in der Medizin. Der Fortschritt der modernen Medizin beruht auf der Übernahme wissenschaftlicher Methoden, die eben über die persönliche Erfahrung hinaus gehen und diese sogar - mit Recht - massiv in Frage stellen. Persönliche Erfahrung ist ausgesprochen fehleranfällig, vor allem wenn man von einem Verfahren überzeugt ist.
Man braucht immer auch Querdenker, gerne auch im Lager der Wissenschaft. Semmelweis hat man für bekloppt erklärt, aber auch heute gibt es genügend Menschen die innerhalb der Schulmedizin begründet quer stehen. Nicht alles was Standard ist, ist gut.

Zappa hat geschrieben:Neben dem Hang seiner Erfolge gut wahrzunehmen und Misserfolge zu vergessen, bzw. den vorbehandelnden Schulmedizinern in die Schuhe zu schieben, gibt es auch einfach statistische Gründe dafür, warum man sich nicht auf eigen Erfahrung verlassen sollte (-> http://rationalwiki.org/wiki/Regression_to_the_mean ).

Da bin ich mehr Buddhist (vertraue zuerst dem, was du selbst gesehen/erlebt hast) als Dennetianer (dem Subjekt kann man nicht vertrauen).

Zappa hat geschrieben:Schau Dir noch mal in Ruhe die "Errungenschaften" der vorwissenschaftlichen Erfahrungsmedizin an, dann weist Du wovon ich rede.

Warum soll es denn immer allein um Regression in die Vorzeit gehen? Wer redet denn davon? Letztens war ich beim Zahnarzt und habe innerlich den Helden, die uns die Lokalanästhesie gebracht haben, mehrere Denkmäler errichtet. Ich habe da kein Problem mit, kann aber andere Praktiken fragwürdig finden.

Zappa hat geschrieben:Ironischerweise ist ja der Erfolg der Homöopathie auf ihre Wirkungslosigkeit und damit auch Nebenwirkungslosigkeit zurück zu führen, denn die Nebenwirkungen der Erfahrungsmedizin, mit all Ihren Aderlässen, Schröpfungen und Verabreichung toxischer Gebräue, hat den Patienten mehr geschadet als genützt, die H. wenigstens nicht geschadet. Willst Du da wieder hin?
Nebenwirkungsarmut ist schon ein guter Ansatz im Zeitalter von Antibiotikaresistenzen, Schmerz-, Schlaf- und Beruhigungsmittelmissbrauch, Doping in der Normalbevölkerung, idiotischen CT-Untersuchungen und so weiter. Wenn es nur danach ginge, täte mehr Homöopathie Not, aber das ist ja nur Deine Deutung der Wirkung der Homlöopathie.

Zappa hat geschrieben:Mit der Akupunktur machst Du ein weiteres Fass auf. Hier wurde das wesentliche schon gesagt (Lumen war es glaub ich): A. funktioniert eben nicht!

Ach du lieber Himmel.

Zappa hat geschrieben:Das ganze Gedankengebäude dahinter gilt als widerlegt. Es gibt keine Meridiane und es ist wurscht, wohin man seine Nadeln sticht. Es scheint aber in der Tat eine Wirkung zu geben, auch wenn die eher schwach ist.
Keinesfalls. Die Akupunktur hat sich als wirksamer als die Schulmedizin erwiesen, bei Rücken und Knie und ich man muss schauen, wer da die Nadel gestochen hat. Die Leute haben doch fast alle nur eine Schmalspurausbildung, die können die richtigen Punkte auch dann nicht treffen, wenn sie wollen.

Zappa hat geschrieben:Aber auch hier kann man schön den Unterschied zwischen tradierter Erfahrungsmedizin und wissenschaftlicher Medizin sehen: Während erstere seit Jahrtausend Mumpitz erzählt und sich nicht fortentwickelt, objektiviert die wissenschaftliche Medizin die Wirkstärke und versucht die Wirkweise zu ergründen.
Nix dagegen.

Zappa hat geschrieben:Für mich gibt es auch keine Schulmedizin auf der anderen Seite und eine Alternativmedizin auf der anderen. Es gibt eine Medizin, die wissenschaftliche Methoden entwickelt hat um Therapien zu überprüfen. Das ist der Stand der Wissenschaft, dem sich gefälligst jeder zu stellen hat. Eine irrationale "Alternative" dazu brauchen wir nun wirklich wie ein Fisch ein Fahrrad!
Vielleicht solltest Du nicht alternativ immer sofort mit irrational gleichsetzen.

Zappa hat geschrieben:Ich verstehe ehrlich gesagt nicht wirklich, warum man ersterem Vorgehen der Vorrang geben sollt. Meist bleibt da nur das Argument der Tradition, gepaart mit Denkfaulheit und einem Markt der funktioniert, weil es Abnehmer für so einen Mist gibt. Sorry, aber ich habe dazu eine dedizierte Meinung :^^:
Ist ja nicht schlimm. Ich kann, je länger ich mich mit dem Thema beschäftige noch nicht einmal mehr die Irrationalität erkennen. Es geht ja nun gerade nicht darum, das was wirkt rauszuschmeißen und möglichst dubiose Verfahren zu etablieren, sondern einfach auch drauf zu achten, was den Leuten hilft. Ein Faktor ist ganz sicher die Wirksamkeit der Medikamente, aber erstens wirken Verfahren wir die Akupunktur auch im Rahmen von Studien (die gerac-Studie ist zufällig die größte je durchgeführte) und wer was anderes behauptet, hat schlicht keine Ahnung.
Bei der Homöopathie sieht es anders aus, aber es darf ja jeder selbst entscheiden, was er tut.
Zudem vertraue ich ehrlich gesagt, Studien nicht sonderlich. Zu einem großen Teil wird da gefälscht und beschissen, es wäre irrational das zu leugnen, zudem ist das oft ideologisch unterfüttert. In den 1990ern gab es eine Studie nach der anderen (auch im Rahmen evidenzbasierter Studien), die nachwiesen, dass die Verhaltenstherapie das non plus ultra ist und analytische/aufdeckende Verfahren ein Aberglaube, ohne jede Wirkung. Man kann auch übers Wetter reden, irgendwann sind die Symptome dann auch weg, so hieß es.
Hier hat sich der Wind inzwischen völlig gedreht, natürlich alles im Rahmen wissenschaftlicher Studien.
Und übrigens, Trend ist derzeit, ein Revival alter, vorwissenschaftlicher Verfahren – nicht nur, aber auch –, jetzt natürlich hübsch verpackt, in zeitgemäße Begriffe und Konzepte.
Ich bin ja ein bekennender Kernberg-Fan (der Gott der schweren Persönlichkeitsstörungen) dessen Verdienst es war, als Psychiater, als bekennender Mann der Wissenschaft, die Analyse salonfähig gemacht zu haben. Soweit ich ihn kenne, ist er da maximal pragmatisch und unbestechlich, dennoch bleibt natürlich sehr vieles von Freud, dem man schon attestiert hat nicht mehr als gute Geschichten erfunden zu haben, erhalten.

Letzten Endes finde ich es aber auch hier okay, die Menschen nicht sonderlich zu verunsichern. Meine Idee würde beinhalten, im direkten Kontakt mit dem Patienten, jemanden, der fest von der Schulmedizin überzeugt ist, nicht zu verunsichern. Der soll das glauben, weil es ihm hilft. Wer seinem Arzt vertraut, super. Wer's asymmetrisch braucht, okay. Nur ist eine gewisse Skepsis gegenüber der Medizin heute auch Fakt, die Werbung für Ärzte kommt ja nicht von ungefähr. („Ich arbeite für Ihr Leben gern“.) Auch die Medizinskepsis treibt zuweilen irre Blüten, weshalb ich die Rolle gar nicht für mich reklamieren möchte. Aber diese lässige Mischung aus, hier alles Quatsch, da alles gut, nein, der kann ich nicht zustimmen.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon mat-in » So 26. Mai 2013, 09:34

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Das steht ganz außer Frage, wenn wir uns auf Erkenntnistheoretischer und Wissenschaftsphilosophischer Ebene bewegen. Das schöne an der Wissenschaft ist, daß man versucht (zu mindest wenn man das ernsthaft betreibt und weiß was man tut), daß man sich versucht diese Grenzen bewußt zu machen.
Ich finde es immer angenehm, wenn diese Grenzen auch mal gesehen werden. Alle Disziplinen haben ja welche.
Das Problem ist ein wenig, daß diejenigen, welche keine Grenzen (offiziell) eingestehen und "dick auftragen" auch die "erfolgreichen, geförderten, ins Fernsehen eingeladenen" sind. Wer "dick auf den Putz haut" und sagt, er könne dadurch, daß er versteht, wie ein Polyp seinen Kopf regeneriert (der übrigends das Hinterteil ist, genetisch) auch verstehen, wie wir Menschen Köpfe nachwachsen lassen kommt eher in die Zeitung (und auf Förderlisten) als jemand der sagt "da sind wir noch 20 Jahre von einer Anwendung weg, wir müssen es erst mal verstehen". Das fördert eine Tendenz "dick aufzutragen", mehr Geld zu bekommen (mit dem man dann ja auch mehr machen kann!) und erfolgreicher zu sein.

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Das steht aber alles auf einem ganz anderen Blatt Papier als z.B. "Impfskeptiker"...
Ich habe immer Probleme mit diesen Pauschalierungen, auch wenn ich weiß, dass es Leute gibt, die hier jedes Klischee erfüllen. Es wird einfach schwierig zusammen zu finden, wenn es Begriffe wie „Esoteriker“, „Impfskeptiker“ oder „Klimaskeptiker“ gibt.
Die Impfskeptiker sollten ja nur als Beispiel dienen. Die können sogar als dreierlei Beispiel dienen:
Zum einen, aus "gesundem Skeptizismus" hervorgehender Impfskeptizismus. Ich z.B. habe mich - trotz eines Schweinegrippefalls im Bekanntenkreis - nicht gegen Schweinegrippe impfen lassen, obwohl ich die Epidemiologischen Argumente durchaus verstanden habe. Allerdings war mir bewußt, das die Grippewelle schon da ist, ich erst nach zwei Wochen vollen Schutz habe, das mir dieser Schutz nichts hilft gegen einen "neuen Supervirus", sondern nur verhindern soll, daß sich Grippestämme mischen. Dazu kam dann noch, daß unser verlogenes Politikerpack gesagt hat "die Zusatzstoffe in der Impfung sind sicher", sich selbst aber Impfstoff ohne Zusatzstoffe geordert hat. Nein, keine Panik vor den Zusatzstoffen, wohl eher eine Trotzreaktion. Daher: Keine Schweinegrippeimpfung, obwohl ich die jährliche Influenzaimpfung mitmache.
Zum zweiten aus "esoterischen Motiven" und "Verschwörungstheorien". Das ist jetzt ein sehr weites Feld, von Leuten die meinen man würde geimpft, weil die Regierung damit Drogen verabreicht die unsere Bevölkerung ruhig halten bis hin zu Leuten die "nicht an Viren glauben", sondern an böse Energien glauben. Wie gesagt ein sehr breites Feld, allen gemein ein Aberglaube rund um die Impfung, Wissenschaft, Medizin.
Und als drittes, ein tolles Beispiel sowohl für das (seit dem Tabak und Ozonloch) mit großen PR-Kampagnen zerstörte Vertrauen in die Wissenschaft per se und ein Beispiel für die unmöglichkeit alle Informationen zu erhalten und abzuwägen (Die authismusstudie kennen, nicht wissen das sie zurück gezogen ist).

Aber ich stimme dir da zu, je mehr wir in einen Topf tun, desto weniger präzise die Antworten. Je weniger wir jedoch zusammenschmeißen, desto langsamer kommen wir vorwärts mit einem Verständniss und - wo es nötig ist - einer Lösung.

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Das wird nicht dadurch besser oder schlechter, das unsere heutige Medizin z.B. Medikamente erstmal an jungen Männern testet, dann an betroffenen Männern und es dann auch Frauen verschrieben bekommen und der Mediziner sich wundert, das es da anders wirken könnte. Es wird auch nicht dadurch besser oder schlechter, das Pharmakonzerne ... Krebsmittel neu zu patentieren und es für 3000 euro zu verkaufen. Es sind zwei vollkommen getrennte Baustellen.
Das sehe ich auch so, ich wundere mich nur (nicht an Deine Adresse gerichtet), wie man das eine kritisieren und das andere so grandios übersehen kann.
Ich vermute (hoffe), daß es nicht zwei getrennte Baustellen sind. Natürlich gibt es "Skeptiker" in allen Formen, Farben und politischen Ausrichtungen, aber zu mindest diejenigen, welche nicht radikal Marktliberal und Humanismusfern sind, müssen da zugeben das die Baustelle dazugehört. Ich denke, eine schlecht gemachte, mit Lobbyarbeit durchgepreßte, Kundenschröpfende Medikamentenzulassung würde dort genauso auf Skepsis und Ablehnung stoßen. Es ist nur nicht "die Haupt Baustelle", für die man gesehen wird. Ich kenne etwas besser aus der GBS. Die ist immer für scharfe Religionskritik bekannt, hat Leute die sogar zu Talkshows eingeladen werden (Möller, Schmidt-Salomon, ...), aber es geht um mehr als das. Es geht nicht drum, den Leuten "ihren Glauben weg zu nehmen", es geht darum, das Kinder geschützt werden, das Forschung forschen darf, das Menschen ein selbstbestimmtes Sterben nicht verweigert wird, das unsere Gesellschaft zusammenwächst, satt sich zu teilen, ... die Regionalgruppe hier hat 2-4x im Jahr Vorträge. Darunter sind Vorträge zur Evolution, von pro-Israel sprechern, von pro-Ultraliberalismus Sprechern (beide nicht weil es da eine homogene Meinung gibt, sondern um die Leute mit neuen Ideen zu konfrontieren und zur Diskussion anzuregen), Vorträge zum kirchlichen Arbeitsrecht, zum Dilemma zwischen Ethik und Machbarkeit in der Modernen Medizin, zur Homöopathie, aber auch Comiclesungen (Ralf König), etc. Und wofür wird die GBS gesehen? Für ihre Religionskritik. Mag ja auch eine Hauptbaustelle sein, da hängt einiges schief, in Deutschland, wie international, aber das ist nicht alles, bei weitem nicht.
Gut, da kann man jetzt sagen: Selbst schuld, wenn man es nicht schafft, dieses Verständniss auch zu transportieren, so daß es ankommt.

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Und glaub bitte nicht, daß hinter der "Alternativmedizin" nicht auch millairdeninteressen stecken... ohne enorme Lobbyarbeit und medienarbeit kämen sonst wohl kaum Politiker auf die Idee, offen zu fordern, daß rigorose Zulassungsverfahren nicht für "Alternativmedizin" gelten sollen, denn "da sei die wirkung schon bewiesen" und deswegen könnte man "bei den Nachweisen ein Auge zudrücken". ...
Ich glaube auch, dass es auch eine Öko- und Alternativmedizin-Lobby gibt, aber ich glaube das ist so wie Bayern München mit Wacker Burghausen zu vergleichen.
Natürlich sind 2 milliarden Umsatz an homöopathischen Medikamenten ein klacks gegen die Top100 Medikamente, welche jedes für sich 1 milliarden umsetzen. Nichts desto trotz bedenklich, wenn ganze Lehrstühle gestiftet werden und man an Zulassungsverfahren rütteln möchte, nur um diese Medikamente saloonfähig zu machen. Allein schon der "Wissenschaftsschaden" den Einrichtungen wie "Hogwarts an der Oder" anrichten ist enorm.

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Die Wirksamkeit der Akkupunktur ... zwar wirksamer als der Placeboeffekt, aber nicht wirksamer als Scheinakkupunktur (so tun als würde man stechen reicht meines Wissens aus, auch stechen an den falschen Stellen bekommt den Job getan. Da würde ich von der Wirksamkeit von Pieksen reden und das weiter erforschen, den gedanklichen und esoterischen meidianüberbau kann man getrost bei Seite legen.
Interssant and der Studie war, dass die Akupunktur (auch die Scheinakupunktur) bei weitem erfolgreicher war, als der medizinische Goldstandard. Dass dies niemanden wundert, wundert mich, kann man in der gerac-Studie nachlesen.
Darüber hinaus, schau Dir mal an, wer da gestochen hat. ... Die bekommen am Wochenende im Crashkurs die Akupunktur beigebracht, ob die bei allen Terminen anwesend sind, etwas verstanden haben oder mehr davon halten, als, dass die Kosten/Verdienst-Relation gut ist, interessiert niemanden.
Um es mal ganz bitter zu sagen: Das sind auch die Leute, die dich dann später in der Praxis behandeln, mit dieser Wochenendausbildung. Was das über den Goldstandard zur Behandlung sagt spricht Bände, das stimmt schon... schade finde ich, daß in der "westlichen medizin" Dinge wie Akkupunktur der Meridiane Tief im Körper, Zungenakkupunktur, etc. übersehen werden. Müßte man das nicht mit einbeziehen? Und was ich mich immer frage: Wenn etwas wirkt, belegt das doch noch nicht den Gedanklichen Überbau. Wie kann ich an einer Universität unreflektiert und unkritisch zusammen mit der Methode einen Mist von wegen Kraftlinien lehren???

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Ich bin mir der Tatsache bewußt, daß man bei einer neuen Theorie nicht sagen darf "Das wird nie funktionieren". Den Fehler haben schon viel größere als ich begangen. Aber die Homöopathie ist nicht neu. Es sind jetzt über 200 Jahre ins Land gegangen und jeder Wirkungsbeweis fehlt.
Nein, frag die Praktiker und Nutzer.
Aber es funktioniert doch nicht. Fakten sollten mein Weltbild beeinflussen, denn mein Weltbild wird sicher nicht durch intensiv dran glauben die Fakten gerade biegen. Welche Fehler die Leute machen um zu diesen Ideen zu kommen kann man ebenfalls lang und breit nachlesen. Das wollen die nur nicht. So ähnlich wie Christen nicht den Ihnalt der Bibel mit der Realität vergleichen möchten...

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Trotz ambitionierter Studien, z.B. vom Reichsgesundheitsam 1937 das nun wirklich Interesse hatte eine wirksame Alternative zur "jüdischen Schulmedizin" zu finden oder der großen interessenverbände heute mit ihrem milliardenumsatz. Kein einziger positivbeweis.
Nach meine Kenntnisstand gibt es etwa 240 Studien, die meisten sind positiv, ihnen werden aber methodische Mängel nachgesagt.
Methodische Mängel? Also die Studie über die wir hier zu letzt geredet haben, würde ich nicht mal Studie nennen, das gehört zusammen mit den Hausaufgaben dem Hund gefüttert und noch mal gemacht.
Wikipedia.de hat geschrieben:Bis heute existiert weder ein formaler, reproduzierbarer Nachweis noch eine akzeptable naturwissenschaftliche Begründung für eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, die über den Placebo-Effekt hinausgeht.
Und danach gesucht wird nun wirklich fieberhaft...

mat-in hat geschrieben:Nicht weil wir da an die Grenzen der Wissenschaft stoßen und etwas noch nicht messen oder erklären können, was da ist. Nein, weil wir da etwas nicht erklären können, was wir auch nicht messen können.
Ein gutes Argument ist, dass die Homöopathie eine Individualtherapie ist, d.h. es gibt nicht das homöopathische Kopfschmerzmittel und das wird in über 90% der Studien überhaupt nicht berücksichtigt, insofern testen die streng genommen keine Homöopathie. In einigen Studien wird es berücksichtigt, d.h., hier treffen Homöopathen eine Vorauswahl, allerdings sind die Ergebnisse dieser Studien nicht unbedingt besser.[/quote]Aber es gibt eine Handvoll Homöopathischer Mittel, die z.B. als Schlafmittelersatz dienen. Ich bin mir sicher, daß man alle davon in enormen Mengen und gleichzeitig einnehmen kann, ohne Müde zu werden (es sei denn es sind sehr viele Flaschen und die sind schwer aufzuschrauben). Das ganze, also der Fehlende Wirkungsbeweis ebenso wie die un-erklärung des Hintergrundes (die Wasser-Gedächtniss Idee an sich ist schon lächerlich) erinnern mich jetzt an Täubchen die sich in der Skinner-Box im Kreis drehen für Futter und wenn man ihnen die Uhr zeigt, die alle 10 Minuten unabhängig vom kreisdrehen ein Stück Futter auswirft fangen sie einfach an, sich schneller zu drehen... denn es gibt ja ab und an Futter, das muß einfach mit Kreisdrehen zu tun haben, da sollte man sich nicht die Zeit nehmen, sich von so einer blöden Zeitschaltuhr ablenken zu lassen...
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Vollbreit » So 26. Mai 2013, 10:46

mat-in hat geschrieben:Das Problem ist ein wenig, daß diejenigen, welche keine Grenzen (offiziell) eingestehen und "dick auftragen" auch die "erfolgreichen, geförderten, ins Fernsehen eingeladenen" sind. Wer "dick auf den Putz haut" und sagt, er könne dadurch, daß er versteht, wie ein Polyp seinen Kopf regeneriert (der übrigends das Hinterteil ist, genetisch) auch verstehen, wie wir Menschen Köpfe nachwachsen lassen kommt eher in die Zeitung (und auf Förderlisten) als jemand der sagt "da sind wir noch 20 Jahre von einer Anwendung weg, wir müssen es erst mal verstehen". Das fördert eine Tendenz "dick aufzutragen", mehr Geld zu bekommen (mit dem man dann ja auch mehr machen kann!) und erfolgreicher zu sein.
Ja, vieles ist dem Kampf um Forschungsgelder geschuldet, weiß ich.

mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich habe immer Probleme mit diesen Pauschalierungen, auch wenn ich weiß, dass es Leute gibt, die hier jedes Klischee erfüllen. Es wird einfach schwierig zusammen zu finden, wenn es Begriffe wie „Esoteriker“, „Impfskeptiker“ oder „Klimaskeptiker“ gibt.
Die Impfskeptiker sollten ja nur als Beispiel dienen. Die können sogar als dreierlei Beispiel dienen:
Zum einen, aus "gesundem Skeptizismus" hervorgehender Impfskeptizismus. Ich z.B. habe mich - trotz eines Schweinegrippefalls im Bekanntenkreis - nicht gegen Schweinegrippe impfen lassen, obwohl ich die Epidemiologischen Argumente durchaus verstanden habe. Allerdings war mir bewußt, das die Grippewelle schon da ist, ich erst nach zwei Wochen vollen Schutz habe, das mir dieser Schutz nichts hilft gegen einen "neuen Supervirus", sondern nur verhindern soll, daß sich Grippestämme mischen. Dazu kam dann noch, daß unser verlogenes Politikerpack gesagt hat "die Zusatzstoffe in der Impfung sind sicher", sich selbst aber Impfstoff ohne Zusatzstoffe geordert hat.
Ja, sowas weckt Vertrauen. ;-)
Die Zusatzstoffe sind wohl häufiger das Problem, als die Impfstoffe selbst, wie man aus Kreisen seriöser Impfskeptiker durchaus hören kann. Da hat sich inzwischen aber wohl zum Teil schon was geändert.

mat-in hat geschrieben:Nein, keine Panik vor den Zusatzstoffen, wohl eher eine Trotzreaktion. Daher: Keine Schweinegrippeimpfung, obwohl ich die jährliche Influenzaimpfung mitmache.
Jeder, wie er will.

mat-in hat geschrieben:Zum zweiten aus "esoterischen Motiven" und "Verschwörungstheorien". Das ist jetzt ein sehr weites Feld, von Leuten die meinen man würde geimpft, weil die Regierung damit Drogen verabreicht die unsere Bevölkerung ruhig halten bis hin zu Leuten die "nicht an Viren glauben", sondern an böse Energien glauben. Wie gesagt ein sehr breites Feld, allen gemein ein Aberglaube rund um die Impfung, Wissenschaft, Medizin.

Ja, aber nicht jeder, der „Imskeptiker ist“ muss Verschwörungstheoretiker sein.

mat-in hat geschrieben:Und als drittes, ein tolles Beispiel sowohl für das (seit dem Tabak und Ozonloch) mit großen PR-Kampagnen zerstörte Vertrauen in die Wissenschaft per se und ein Beispiel für die unmöglichkeit alle Informationen zu erhalten und abzuwägen (Die authismusstudie kennen, nicht wissen das sie zurück gezogen ist).
Man tut sich da selbst keine Gefallen. Teil des neuen Glaubenskrieges waren ja auch die „Klimaskeptiker“. In der öffentlichen Darstellung irgendeine Mischung aus Irren, Fanatikern und Extremisten. Dieselbe Bande hat ja vor 40 Jahren erzählt, das seien alles irrationale Hysteriker, vor ein paar Tagen konnte man lesen:
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2013-0 ... e-prognose

mat-in hat geschrieben:Aber ich stimme dir da zu, je mehr wir in einen Topf tun, desto weniger präzise die Antworten. Je weniger wir jedoch zusammenschmeißen, desto langsamer kommen wir vorwärts mit einem Verständniss und - wo es nötig ist - einer Lösung.
Finde ich auch. Es ist ja schwer – für mich ist sogar nachvollziehbar, warum – mit Leuten aus dem Naturwissenschaftsbetrieb ins Gespräch zu kommen, weil denen (die ja keine dummen Leute sind) oft schlicht nicht bekannt, ist, dass man überhaupt anders denken kann. Dass die überhaupt ein Weltbild besitzen. Dass nicht alles, was man nicht messen kann, auch nicht existiert. Ist dann eine persönliche Frage, ob man sich das antut, oder es lässt.
Da muss man erst mal durch ein Sperrfeuer von Unterstellungen und sich mitunter von Milchbubis erklären lassen, dass die Erde rund ist.
Mir hat mal jemand erzählt, dass die Wissenschaftswelt bevor es diese interdisziplinären Kongresse gab, viel interdsiziplinärer war.

mat-in hat geschrieben:Ich vermute (hoffe), daß es nicht zwei getrennte Baustellen sind. Natürlich gibt es "Skeptiker" in allen Formen, Farben und politischen Ausrichtungen, aber zu mindest diejenigen, welche nicht radikal Marktliberal und Humanismusfern sind, müssen da zugeben das die Baustelle dazugehört. Ich denke, eine schlecht gemachte, mit Lobbyarbeit durchgepreßte, Kundenschröpfende Medikamentenzulassung würde dort genauso auf Skepsis und Ablehnung stoßen.
Ja, sicher, tut es auch. Kann man immer wieder lesen. Nur, dann liest man es und der Irrsinn geht dennoch weiter. Die Frage ist, wie kann sich Wissenschaft vor zu viele unkritischer Wirtschaftsnähe schützen. Wenn die neue Genration à la Darth denkt, dann Gnade uns Gott. Ich kann mit vorstellen, dass man denen das schon früh in die Hirnwindungen einmassiert hat und wer zirkuläres Denken nicht weiter problematisch findet, wird locker abnicken, dass ohnehin nur Naturwissenschaftler die einzig wahren Skeptiker sind und skeptisches Denken und naturwissenschaftliches Denken zusammenfallen und jeder der nicht naturwissenschaftlich argumentiert, dazu einfach zu blöd ist und daher nicht ernst genommen werden muss. Das verliert sich ein wenig in der Praxis, aber gerade im Studium springen ja viele auf dieses Elitengesäusel an. So funktioniert jede Sekte.

mat-in hat geschrieben:Es ist nur nicht "die Haupt Baustelle", für die man gesehen wird. Ich kenne etwas besser aus der GBS. Die ist immer für scharfe Religionskritik bekannt, hat Leute die sogar zu Talkshows eingeladen werden (Möller, Schmidt-Salomon, ...), aber es geht um mehr als das. Es geht nicht drum, den Leuten "ihren Glauben weg zu nehmen", es geht darum, das Kinder geschützt werden, das Forschung forschen darf, das Menschen ein selbstbestimmtes Sterben nicht verweigert wird, das unsere Gesellschaft zusammenwächst, satt sich zu teilen, ... die Regionalgruppe hier hat 2-4x im Jahr Vorträge.
Natürlich sollen Forscher forschen dürfen, nur nicht losgetrennt vom allgemeinen Diskurs. Selbstbestimmtes Sterben finde ich okay, wenn es selbstbestimmt ist, nicht wenn diesbezüglich Druck ausgeübt wird – viele alte Menschen fühlen sich ja heute schon überflüssig, ein Skandal, wie wir mit unseren wirtschaftlich „nutzlosen“ Alten umgehen.

mat-in hat geschrieben:Darunter sind Vorträge zur Evolution, von pro-Israel sprechern, von pro-Ultraliberalismus Sprechern (beide nicht weil es da eine homogene Meinung gibt, sondern um die Leute mit neuen Ideen zu konfrontieren und zur Diskussion anzuregen), Vorträge zum kirchlichen Arbeitsrecht, zum Dilemma zwischen Ethik und Machbarkeit in der Modernen Medizin, zur Homöopathie, aber auch Comiclesungen (Ralf König), etc. Und wofür wird die GBS gesehen? Für ihre Religionskritik. Mag ja auch eine Hauptbaustelle sein, da hängt einiges schief, in Deutschland, wie international, aber das ist nicht alles, bei weitem nicht.

Selbst Schuld, da ist mein Mitleid begrenzt. Da tänzelt ja auch fast alles um Religionskritik (hat nicht schon Brecht gesagt, Atheisten möge er nicht, die redeten ihm zu viel über Religion?) Wer sich als Chef-Atheist gefällt und immer wieder den großen Esoterik-Topf aufmacht, der hat's nicht besser verdient, das Karma ist gerecht. ;-)

mat-in hat geschrieben:Gut, da kann man jetzt sagen: Selbst schuld, wenn man es nicht schafft, dieses Verständniss auch zu transportieren, so daß es ankommt.

Ah, hätte ich nur weiter lesen müssen.

mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ich glaube auch, dass es auch eine Öko- und Alternativmedizin-Lobby gibt, aber ich glaube das ist so wie Bayern München mit Wacker Burghausen zu vergleichen.
Natürlich sind 2 milliarden Umsatz an homöopathischen Medikamenten ein klacks gegen die Top100 Medikamente, welche jedes für sich 1 milliarden umsetzen. Nichts desto trotz bedenklich, wenn ganze Lehrstühle gestiftet werden und man an Zulassungsverfahren rütteln möchte, nur um diese Medikamente saloonfähig zu machen. Allein schon der "Wissenschaftsschaden" den Einrichtungen wie "Hogwarts an der Oder" anrichten ist enorm.

Die kenne ich nicht, muss ich mich erst zu informieren. Der größte Wissenschaftsschaden ist m.E. die unkritische Kooperation mit der Wirtschaft (in einigen Bereichen) und der Politik (in einigen Ländern). Meinst Du denn die Lobbyisten der Pharmariesen sind untätig. Die unterwandern gleich Selbsthilfegruppen, Politik, Ärzteschaft und Presse in einem ach die Medizinjournale.
http://www.zeit.de/2006/15/Pharma_2fUSA

mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Darüber hinaus, schau Dir mal an, wer da gestochen hat. ... Die bekommen am Wochenende im Crashkurs die Akupunktur beigebracht, ob die bei allen Terminen anwesend sind, etwas verstanden haben oder mehr davon halten, als, dass die Kosten/Verdienst-Relation gut ist, interessiert niemanden.
Um es mal ganz bitter zu sagen: Das sind auch die Leute, die dich dann später in der Praxis behandeln, mit dieser Wochenendausbildung. Was das über den Goldstandard zur Behandlung sagt spricht Bände, das stimmt schon... schade finde ich, daß in der "westlichen medizin" Dinge wie Akkupunktur der Meridiane Tief im Körper, Zungenakkupunktur, etc. übersehen werden. Müßte man das nicht mit einbeziehen? Und was ich mich immer frage: Wenn etwas wirkt, belegt das doch noch nicht den Gedanklichen Überbau. Wie kann ich an einer Universität unreflektiert und unkritisch zusammen mit der Methode einen Mist von wegen Kraftlinien lehren???
Das Bessere ist der Feind des Guten. Einfach zu behaupten, Akupunktur ist Mist, kann man machen, ist aber kontrafaktisch und damit auch nicht mehr interessant. Niemand hindert einen daran, neue Theorien zu entwerfen.

mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nein, frag die Praktiker und Nutzer.
Aber es funktioniert doch nicht. Fakten sollten mein Weltbild beeinflussen, denn mein Weltbild wird sicher nicht durch intensiv dran glauben die Fakten gerade biegen. Welche Fehler die Leute machen um zu diesen Ideen zu kommen kann man ebenfalls lang und breit nachlesen. Das wollen die nur nicht. So ähnlich wie Christen nicht den Ihnalt der Bibel mit der Realität vergleichen möchten...
Okay, hier unterscheiden wir uns. Mich interessiert weniger, was irgendwelche Leute in irgendwelchen Studien für Fehler machen, sondern ob mir oder meinem Umfeld mit etwas geholfen werden kann. Ich habe da nun mal eigene Erfahrungen gesammelt und mir ist durchaus auch das eine oder andere Konzept vom guten Glauben, Selbstsuggestion und so weiter bekannt.
M.E. muss man sich mit einem kritischen Bewusstsein durchaus fragen, was es für Erklärungen jenseits z.B. der Homöopathie geben kann, aber wenn man dann überhäufig Heilungen/Linderungen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Mittelgabe beobachtet, kann man zwar prinzipiell in jedem Einzelfall eine andere Erklärung finden, aber ist das wirklich noch rational? Kannst Du sicher ausschließen, dass, wenn Du ASS nimmst nicht zufällig Deine Kopfschmerzen spontan, durch den Placeboeffekt, durch Koinditionierung, durch plötzlichen Wetterwechsel weggegangen sind? Nein, aber nach 20 Versuchen würdest Du vermutlich sagen, dass es doch naheliegend ist, dass es ASS war. So geht es mir, mit der Homöopathie, anderen nicht, das ist okay.

mat-in hat geschrieben:Methodische Mängel? Also die Studie über die wir hier zu letzt geredet haben, würde ich nicht mal Studie nennen, das gehört zusammen mit den Hausaufgaben dem Hund gefüttert und noch mal gemacht.
Wikipedia.de hat geschrieben:Bis heute existiert weder ein formaler, reproduzierbarer Nachweis noch eine akzeptable naturwissenschaftliche Begründung für eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, die über den Placebo-Effekt hinausgeht.
Und danach gesucht wird nun wirklich fieberhaft...

Ja? Wer denn?

mat-in hat geschrieben:Aber es gibt eine Handvoll Homöopathischer Mittel, die z.B. als Schlafmittelersatz dienen.
Nein, das eher nicht.

mat-in hat geschrieben:Ich bin mir sicher, daß man alle davon in enormen Mengen und gleichzeitig einnehmen kann, ohne Müde zu werden (es sei denn es sind sehr viele Flaschen und die sind schwer aufzuschrauben).
Das stimmt, oder wenn Du die Kügelchen zählen musst. :-)

mat-in hat geschrieben:Das ganze, also der Fehlende Wirkungsbeweis ebenso wie die un-erklärung des Hintergrundes (die Wasser-Gedächtniss Idee an sich ist schon lächerlich) erinnern mich jetzt an Täubchen die sich in der Skinner-Box im Kreis drehen für Futter und wenn man ihnen die Uhr zeigt, die alle 10 Minuten unabhängig vom kreisdrehen ein Stück Futter auswirft fangen sie einfach an, sich schneller zu drehen... denn es gibt ja ab und an Futter, das muß einfach mit Kreisdrehen zu tun haben, da sollte man sich nicht die Zeit nehmen, sich von so einer blöden Zeitschaltuhr ablenken zu lassen...
Aber wo ist die Belohnung bei dem Vergleich. Dass die Leute von den Kügelchen gesund werden, kann ja angeblich nicht sein. Und dass die Homöopathen einen Mörderplaceboeffekt auslösen können, würde ich ganz ernsthaftt bestreiten, Argumente dazu findest Du in der Antwort an Nanna.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon Zappa » So 26. Mai 2013, 11:33

Vollbreit hat geschrieben:Keinesfalls. Die Akupunktur hat sich als wirksamer als die Schulmedizin erwiesen, bei Rücken und Knie und ich man muss schauen, wer da die Nadel gestochen hat.

Hast Du Belege für diese Behauptung, ich halte Sie nämlich für schlich falsch.

Die Effekte des Pieksens sind recht gering, gegenüber Placebo nachweisbar, aber meines Wissens nach nicht besser als etablierte medizinische Maßnahmen (deinen wissenschaftfeindlichen Kampfbegriff Schulmedizin verwende ich bewusst nicht).

Wir reden auch ein wenig aneinander vorbei: Das Setzen von Nadeln scheint einen leichten Effekt, z.B. auf die Schmerzwahrnehmung zu haben, dafür gibt es - dank der wissenschaftlichen Medizin! - Belege. Für das gesamte Theoriegebäude hinter der Akupunktur (Qi und Meridiane) gibt es keinerlei Belege, aber reichlich Daten die das Gegenteil zeigen. Deshalb formulierte ich "Die Akupunktur funktioniert nicht", die A. nehme ich hier als ein Theorem. Da wesentliche Grundannahmen als widerlegt gelten können, kann sie nicht funktionieren. Was funktioniert ist das pieksen mit Nadeln irgendwo hin, das hat aber mit A. im eigentlichen Sinn nichts mehr zu tun.

Vollbreit hat geschrieben: Zudem vertraue ich ehrlich gesagt, Studien nicht sonderlich.

Ist schon klar, das wäre ja ein rationales Element :mg:

Ich denke wir können das als Dissenz festhalten: Du vertraust eher dem Menschen, ich eher wissenschaftlichen Daten (so fehlbar die auch sein mögen). Kann ich mit leben.
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Re: Neue Bücher über/gegen "Alternativmedizin"

Beitragvon mat-in » So 26. Mai 2013, 11:35

Ich versuche das gehackte kurz zu fassen, ich mag es ja eigentlich auch nicht:
Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Und als drittes, ein tolles Beispiel sowohl für das (seit dem Tabak und Ozonloch) mit großen PR-Kampagnen zerstörte Vertrauen in die Wissenschaft per se...
Man tut sich da selbst keine Gefallen. Teil des neuen Glaubenskrieges waren ja auch die „Klimaskeptiker“. In der öffentlichen Darstellung irgendeine Mischung aus Irren, Fanatikern und Extremisten. Dieselbe Bande hat ja vor 40 Jahren erzählt, das seien alles irrationale Hysteriker, vor ein paar Tagen konnte man lesen:
http://www.zeit.de/wissen/umwelt/2013-0 ... e-prognose
...und bekommt in solchen Meldungen nie gesagt, daß z.B. der im Vergleich zur vorherigen version des IPCC Berichts erheblich niedriger ausfallende Meeresspiegelanstieg ganz gewichtige Gründe hat: Man hat abtauendes Eis nicht in die Meeresspiegelerhöhung einbezogen im Report. Nicht, weil kein Eis abtaut, das ist unstrittig, sondern weil sich eine neue Datenlage ergeben hat, alles viel schneller und auch anders abzutauen scheint wie bisher und man daher "um auf der gesicherten Seite zu sein" diese Tatsache außen vor gelassen hat. So hat man jetzt 30cm Meeresspiegelerhöhung im Bericht, weil man sich nicht wissensachaftlich fundiert drauf einigen konnte ob es 2m oder 9m werden. Es ist ganz klar, daß wir nicht alles wissen. Der Wissenschaft ist das auch bewußt. Aber man kann "mit 95% wahrscheinlichkeit" eben nicht politisch verkaufen. Hier ist jetzt der Spagat zu machen zwischen "für berufskritiker Angreifbar sein" und "sich nicht deutlich genug auszudrücken". Denn selbst wenn es nur halb so schlimm kommt wie aktuell vorhergesehen sind die Kosten an Menschenleben und Geld die wir uns sparen können mit Vorbeugen enorm und die uneinigkeit ob es jetzt 0,5 oder 1 Grad werden dafür unerheblich... es sei denn die gesamte Theorie bräche in sich zusammen - was aber angesichts der Tatsache was CO2 mit Wärmestrahlung tut und wie es mit der CO2 Konzentration steht - eher unwahrscheinlich ist.

Vollbreit hat geschrieben:Finde ich auch. Es ist ja schwer – für mich ist sogar nachvollziehbar, warum – mit Leuten aus dem Naturwissenschaftsbetrieb ins Gespräch zu kommen, weil denen (die ja keine dummen Leute sind) oft schlicht nicht bekannt, ist, dass man überhaupt anders denken kann. Dass die überhaupt ein Weltbild besitzen.
Das Problem ist auch eines der Zeit (eine 80 Stunden Woche ist irgend wann zu Ende) und eines des Geldes (ich habe nicht das Gefühl, das mich jemand dafür bezahlen würde schön verständlich Wissenschaft zu erklären) - auch wenn das ohne Zweifel der Wissenschaft an sich nutzen würde.

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben: Ich denke, eine schlecht gemachte, mit Lobbyarbeit durchgepreßte, Kundenschröpfende Medikamentenzulassung würde dort genauso auf Skepsis und Ablehnung stoßen.
Ja, sicher, tut es auch. ... Die Frage ist, wie kann sich Wissenschaft vor zu viele unkritischer Wirtschaftsnähe schützen.
Ich finde es problematisch, sobald "ein Name drauf steht". Positivbeispiel: Hörsaal grundrenoviert von milliardemschweren Gönner aqus der Industrie, Hörsall weder nach ihm noch nach seiner Firma benannt, sondern nach einem Biologen seiner Wahl. Negativbeispiel: "...und dann erhalten sie 40% Rabatt auf unser Gerät, weil es die Studenten ja auch im Praktikum kennen lernen und die sonst ja nicht mal unseren Namen kennen.". Das finde ich die gerade noch vertretbare Grenze. Alles was darüber hinaus geht Stiftungsprofessuren (bei denen die Kirche, die Firma, etc. ein Mitspracherecht bei der besetzung hat) beispielsweise sind da sehr kritisch zu sehen. Aber sag deiner Unileitung mal, sie soll "nein zu dem Geld sagen". :lachtot:

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Nichts desto trotz bedenklich, wenn ganze Lehrstühle gestiftet werden und man an Zulassungsverfahren rütteln möchte, nur um diese Medikamente saloonfähig zu machen. Allein schon der "Wissenschaftsschaden" den Einrichtungen wie "Hogwarts an der Oder" anrichten ist enorm.
Die kenne ich nicht, muss ich mich erst zu informieren.

Danke für den Link!

Ich bezog mich u.A. hierauf:
http://www.sz-online.de/nachrichten/wis ... 34205.html
Und darauf:
http://www.lhg-nrw.de/2013/04/pressemit ... chschulen/

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Darüber hinaus, schau Dir mal an, wer da gestochen hat. ... Die bekommen am Wochenende im Crashkurs die Akupunktur beigebracht, ob die bei allen Terminen anwesend sind, etwas verstanden haben oder mehr davon halten, als, dass die Kosten/Verdienst-Relation gut ist, interessiert niemanden.
Wie kann ich an einer Universität unreflektiert und unkritisch zusammen mit der Methode einen Mist von wegen Kraftlinien lehren???
Niemand hindert einen daran, neue Theorien zu entwerfen.
Genau das meinte ich. Das ganze rational angehen und nachschauen was dahinter steckt ist der richtige Weg. Unreflektiert und ohne ein Wort der Wahnung TCM als Wahlfach im Medizinstudium anzubieten ist falsch...

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Nein, frag die Praktiker und Nutzer.
Aber es funktioniert doch nicht. Fakten sollten mein Weltbild beeinflussen, denn mein Weltbild wird sicher nicht durch intensiv dran glauben die Fakten gerade biegen.
Okay, hier unterscheiden wir uns. Mich interessiert weniger, was irgendwelche Leute in irgendwelchen Studien für Fehler machen, sondern ob mir oder meinem Umfeld mit etwas geholfen werden kann. Ich habe da nun mal eigene Erfahrungen gesammelt und mir ist durchaus auch das eine oder andere Konzept vom guten Glauben, Selbstsuggestion und so weiter bekannt.
So sehr unterscheiden wir uns hier nicht. Placebo und "positive Einstellung" als Behandlungsergänzung? Liebend gerne, es funktioniert ja. Es funktioniert auch "in der Schulmedizin", also können wir Steiner, Hahnemann und Co vor der Tür lassen. Der eso-überbau des ganzen richtet enormen Schaden in anderen bereichen an, wenn z.B. die Frau in der Apotheke vor mir für ihren Enkel mit hoch Fieber und Eitriger Halsentzündung entgegen des Rates des Apothekers sofort zum Arzt zu gehen "erst mal was Homöopathisches" verlangt.

Vollbreit hat geschrieben:M.E. muss man sich mit einem kritischen Bewusstsein durchaus fragen, was es für Erklärungen jenseits z.B. der Homöopathie geben kann, aber wenn man dann überhäufig Heilungen/Linderungen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Mittelgabe beobachtet, kann man zwar prinzipiell in jedem Einzelfall eine andere Erklärung finden, aber ist das wirklich noch rational?
Diese Sichtweise finde ich prinzipiell Problematisch. Statistisch beginnen 30% aller (mechanischen) Uhren die ohne Funktion in der Schublade liegen beim in die Hand nehmen für kurze Zeit wieder zu laufen. Wenn jetzt der Energieheiler im Fernsehen dazu aufruft, Uhren in die Hand zu nehmen und seine Energie durch den Fernseher in die Uhr zu leiten und dann anzurufen, wenn die wieder losläuft... dann muß ich bei 10 Anrufern nicht alle 10 Fälle bis in die feinste Thermodynamik der Metalle in der Uhr erklären um ihn zu widerlegen, sondern ich muß mich Fragen, ob die Einschaltquote wirklich bei 33 Zuschauern liegt, oder warum der sonst hinter der Erwartung zurück bleibt...
Ich muß eine Statistik führen, rigoros, auch über jeden stattgefundenen Fehlschlag. Wenn ich das sauber mache ist die Wirkung null. Wenn ich das nicht mache, unterliege ich der Täuschung, das es hilft.

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Aber es gibt eine Handvoll Homöopathischer Mittel, die z.B. als Schlafmittelersatz dienen.
Nein, das eher nicht.
O.K. du hast Recht, es ist sogar mehr als 2 Hand voll ;)
homoeopathie-liste.de/anwendungs-gebiete/schlafstoerungen.htm hat geschrieben:Folgende homöopathische Mittel werden gegen Schlafstörungen angewendet:
Acidum picrinicum, Aconitum napellus, Adonis vernalis, Ambra, Aranin, Avena sativa, Belladonna, Camphora, Convallaria, Crataegus, Cypripedium pubescens, Digitalis, Kalium bromatum, Lupulus, Magnesium carbonicum, Marum verum, Mephitis putorius, Plantago major, Silicea terra


Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Ich bin mir sicher, daß man alle davon in enormen Mengen und gleichzeitig einnehmen kann, ohne Müde zu werden (es sei denn es sind sehr viele Flaschen und die sind schwer aufzuschrauben).
Das stimmt, oder wenn Du die Kügelchen zählen musst. :-)
oh weia... das hatte ich übersehen ;)

Vollbreit hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:...erinnern mich jetzt an Täubchen die sich in der Skinner-Box im Kreis drehen für Futter und wenn man ihnen die Uhr zeigt, die alle 10 Minuten unabhängig vom kreisdrehen ein Stück Futter auswirft fangen sie einfach an, sich schneller zu drehen... denn es gibt ja ab und an Futter, das muß einfach mit Kreisdrehen zu tun haben, da sollte man sich nicht die Zeit nehmen, sich von so einer blöden Zeitschaltuhr ablenken zu lassen...
Aber wo ist die Belohnung bei dem Vergleich. Dass die Leute von den Kügelchen gesund werden, kann ja angeblich nicht sein.
Es handelt sich - über den Placeboeffekt hinaus - um eine ganz klassische Scheinkorrelation. Das im Kreis drehen sind die Kügelchen, das gesund werden die Belohnung.

Bei Metastasen von schwarzem Hautkrebs liegt die Spontanremission (auch ohne Behandlung) etwa bei 1:400. Wenn du 1200 Patienten in einen Konzertsaal bringst, bin ich zuversichtlich, so eine Heilung bei 1-3 Patienten durch Besingen mit Euklidschen Geometrieformeln und abschließendem abrasseln der Metastasen durch die Betroffenen selbst zu heilen. Wer heilt hat Recht? Singen und Rasseln gegen Krebs? Können wir es - nur weil wir es nicht erklären können - verantworten den Leuten das singen und rasseln vor zu enthalten?

Bei anderen Krankheiten wird das noch viel häufiger Auftreten, Erkältungen beispielsweise. Die Leute haben positive Erlebnisse bei der Behandlung und führen die auf die Homöopatische Behandlung zurück. Dann macht man eine Klinische Studie und stellt fest, das Homöopathie die Abheilung einer typischen Erkältung von 14 Tagen auf nur zwei Wochen reduziert. Damit konfrontiert ignorieren die Leute den Befund, denn "beim letzten Mal hat es doch auch geholfen" und drehen sich munter weiter im Kreis für Futter ... äh... Heilung.
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