Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denkbar?

Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon provinzler » Mo 21. Apr 2014, 14:27

Jounk33 hat geschrieben:Doch es gibt ja mittlerweile Technologien die es ermöglichen eine Region oder eine Kommune vom Markt vollkommen unabhängig zu machen.

Nein. Denn ein Markt ist nichts weiter als ein Austauschort für Güter und Dienstleistungen. Märkte sind voraussetzung für effektive Arbeitsteilung. Und Arbeitsteilung ermöglich aufgrund Kapitalbildung und Spezialisierung höhere Produktivität.
Jounk33 hat geschrieben:Strom kann heute z.B. fast jeder selbst erzeugen,

Nein. Oder kannst du dir selbst eine Solaranlage basteln ohne auf die Arbeitsteilung und die durch Kapitalbildung mögliche weltweite Technologie zurückzugreifen?

Jounk33 hat geschrieben:Werkzeug udn Maschinen für alle möglichen Konsumgüter sind leichter zu erhalten und wesentlich billiger als früher und durch Automatisierung auch wesentlich leichter und sicherer zu bedienen.
So könnten sich Kommunen, Stadtteile oder kleine Regionen quasi fast selbstversorgen, mit eigenem Kreislauf.

Zirkelschluss. Voraussetzung für die billigen Preise sind Arbeitsteilung und Kapitalbildung. Sonst sinkt die Produktivität und die Preise steigen wieder.
Schau dir doch beispielsweise die Kibuzzim an, die ohne permanente Subventionen längst pleite wären, und denen der nachwuchs in Scharen wegläuft.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon provinzler » Mo 21. Apr 2014, 14:39

ujmp hat geschrieben:
Jounk33 hat geschrieben:Die Frage in diesem Thema ist, ob es Alternativen zur Marktwirtschaft gibt. Nicht wie man Marktwirtschaft besser machen könnte.

Marktwirtschaft ist ja kein Selbstzweck. Es kommt darauf an, Marktwirtschaft als System richtig zu verstehen, d.h. wie man es steuern kann oder wodurch es gestört wird. Während die westlichen Gesellschaften so rangehen, dass sie testen, wo man das System einschränken sollte, gehen die Chinesen so ran, dass sie testen, wie frei man das System lassen darf - und so bewegen sich im Idealfall alle auf dasselbe Optimum zu.

Das bezweifle ich aufgrund der Selektionsmechanismen für Politiker. Es ist eine Selektion der machtgierigsten, gewissenlosesten und gleichzeitig mittelmäßigsten Personen der Zeitgeschichte. Politik wird immer dazu neigen ihre Macht ausbauen zu wollen. An Grenzen stößt sie dabei erst, wenn die Kollateralschäden ihres Vorgehens so ausgeprägt sind, dass es einen Umsturz gibt. Die Deutschen haben den Nazis in Scharen den Rücken gekehrt, als der Traum, auf Basis der Ausbeutung fremder Länder einen breiten Wohlstand genießen zu können für jeden sichtbar geplatzt war. Ähnlich in den Ländern des Ostblocks. Nachdem der Kapitalstock durch Umverteilung abgeschmolzen war, und das Defizit auch durch Rohstoffexporte nicht mehr geschlossen werden konnte, mussten die Verantwortlichen ihren Hut nehmen. Die französische Revolution erfolgte, als die Bevölkerung die Steuerlasten nicht mehr tragen konnte. Die amerikanische Unabhängigkeitserklärung erfolgte, als die englische Regierung die Steuern drastisch erhöhte.
Immer wieder das gleiche Spiel. Das ist aber definitiv kein Streben nach dem Optimum, sondern eigentlich nur ein permanentes Ausjustieren, wie viel man dem Volk abpressen kann, ohne Aufstände zu provozieren.

„Die Kunst der Besteuerung besteht ganz einfach darin, die Gans so zu rupfen, daß man möglichst viel Federn bei möglichst wenig Geschrei erhält.“

– Jean Baptiste Colbert, Finanzminister unter Ludwig XIV

Und der Gollum betreibt im Grunde nix andres...
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Zappa » Mo 21. Apr 2014, 15:35

Provinzler hat geschrieben: Und unter Ordnungsrahmen versteht der Libertäre etwas völlig andres, als der regulierungswütige Etatist, der letztlich der Hebel für Korporatismus ist ...

Da sind wir uns einig, es kommt wie immer im Leben darauf an sich auf ein vernünftiges Maß zu einigen. Sicher sind wir derzeit heftig überreguliert, aber ohne Regeln geht es halt auch nicht. Da Libertäre sich gerne um diesen Aspekt rumdrücken (Motto: "Lasst den Markt nur machen, dann wird alles gut"), grätsch ich dann immer gerne dazwischen :mg:

Alle externen Effekte (d.h. alles was nicht eingepreist wird/werden kann) gehört durch Regeln vor reinen Marktinteressen respektiert (z.B. Umwelt und Interesse zukünftiger Generationen) und die Gesellschaft muss schon auch noch insgesamt lebenswert sein. Geh doch mal auf mein Beispiel mit dem Wassermonopol ein, da würde mich deine Sicht interessieren. Darf Wasser global nach marktwirtschaftlichen Regeln "verteilt" werden oder gibt es ein Grundrecht auf Wasser, dass ordnungspolitisch bis hin zu planwirtschaftlichen Methoden durchgesetzt werden soll/darf/muss?
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon provinzler » Mo 21. Apr 2014, 18:01

Zappa hat geschrieben:Alle externen Effekte (d.h. alles was nicht eingepreist wird/werden kann) gehört durch Regeln vor reinen Marktinteressen respektiert (z.B. Umwelt und Interesse zukünftiger Generationen) und die Gesellschaft muss schon auch noch insgesamt lebenswert sein. Geh doch mal auf mein Beispiel mit dem Wassermonopol ein, da würde mich deine Sicht interessieren. Darf Wasser global nach marktwirtschaftlichen Regeln "verteilt" werden oder gibt es ein Grundrecht auf Wasser, dass ordnungspolitisch bis hin zu planwirtschaftlichen Methoden durchgesetzt werden soll/darf/muss?

Allmendegüter (und dazu gehört beispielsweise die "Umwelt" in Form von sauberer Luft etc.) sind immer problembehaftet. Planwirtschaft führt immer zu Chaos und ein unbegrenztes Grundrecht auf Wasser gibts nicht. Wer sichs nicht leisten kann, kann halt nicht dreimal am Tag ne halbe Stunde mit warmem Wasser duschen. Trinkwasser ist nochmal etwas, wo ich mit mir reden lasse. Allerdings auch da vorzugsweise mit privater und freiwilliger Organisation.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Jounk33 » Mo 21. Apr 2014, 18:51

Ja, aber provinzler,
Das ist doch genau der Grund für die letzten Kriege der letzten 150 Jahre. Künstliche Resourcenknappheit. Egal ob um Eisen, Kohle, Öl oder wie demnächst Wasser und Ackerland. Vor Napoleon ging es mehr um die Erbrechte einzelner Herrscher und vielleicht um Gold, aber seit der bürgerlichen Machtübernahme geht es nurnoch um Resourcen. Und Krieg kann sich auch in Form von Sanktion und Terror zeigen.

Also mir geht es darum, dass man Resourcen nicht mehr künstlich oder aus wirtschaftlichem Profit heraus verknappen kann und das geschieht gerade mit dem Wasser und teilweise auch mit Ackerland und Saatgut. Wir sollten nach einem Wirtschaftssystem suchen das technologischen Fortschritt nutzt um auch eine gesellschaftliche, kulturelle und politische Weiterentwicklung möglich zu machen. Marktwirtschaft fördert zwar Wissenschaft und technologie, aber eben nicht Kultur und Bewusstsein. Wir treten wirklich seit 200 Jahren auf der Stelle und merken es nicht. Vielleicht erst dann wieder wenn es zu solchen Katastrophen kommt wie die beide Weltkriege oder Faschismus und Militärdiktatur. Die Katastrophe die sich seit der Kolonialzeit in Afrika abspielt bekommen wir sowieso nicht mit und wundern uns höchstens über die viele Flüchtlinge von dort. Das ewige Wachstum das so viele fordern basiert letztlich nur auf Resourcenknappheit, genauso wie Geld nur deshalb was wert ist weil es knapp ist, also nicht jeder genügend davon hat.
Ich finde von einer gesunden Wirtschaft kann man erst reden wenn alle Gesellschaftsbereiche, also auch Kultur, Politik und auch Bewusstsein und Technologie im gleichen Mass sich weiter entwickeln. Die Herausforderung der Zukunft heisst auch, wie man eine Erde mit über 10 Milliarden Menschen gesund halten kann. Bevölkerungswachstum ist ein ernstes Thema, dass man mit dem heutigen Wirtschaftssystem (sowohl markt als auch Planwirtschaft), das auf immer mehr Wachstum ausgerichtet ist und sowohl Resourcen künstlich als auch durch Verschwendung verknappt und teuer macht und somit immer mehr die Lebensgrundlage wegnimmt, wahrscheinlich nur mit Krieg und Dezimierung lösen kann. Alternativen sollten deshalb ernsthaft in Erwägung gezogen werden.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon xander1 » Mo 21. Apr 2014, 19:23

Also mir gehts bei einem Wirtschaftssystem vor allem darum, dass es vernünftig ist. Während bei der Marktwirtschaft alles darum geht, um Wachstum zu generieren, setze ich das Ziel einfach als etwas anderes. Ich hinterfrage den Nutzen von Wachstum und bin damit nicht der einzige. Wir wissen heute alle, dass ein Auto, dass einfach nur immer mehr PS hat und sonst nix, ggf. schlechte Lenker, in einen Baum fahren kann oder so (Vielleicht kann man das Beispiel noch optimieren). Ein Auto muss auch halbwegs vernünftig gebaut sein.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon provinzler » Di 22. Apr 2014, 11:35

Jounk33 hat geschrieben:Ja, aber provinzler,
Das ist doch genau der Grund für die letzten Kriege der letzten 150 Jahre. Künstliche Resourcenknappheit. Egal ob um Eisen, Kohle, Öl oder wie demnächst Wasser und Ackerland. Vor Napoleon ging es mehr um die Erbrechte einzelner Herrscher und vielleicht um Gold, aber seit der bürgerlichen Machtübernahme geht es nurnoch um Resourcen. Und Krieg kann sich auch in Form von Sanktion und Terror zeigen.

Nein. Kriege werden und wurden immer geführt, um den eigenen Machtbereich auszudehnen. Die Veränderung besteht nur darin, was einem diese Macht verschafft. Vor der industriellen Revolution war Macht hauptsächlich ein Derivat des beherrschten Populationsbestands, es kam also hauptsächlich drauf an, möglichst viel Territorium und Bevölkerung unter eigene Herrschaft zu bringen.
Heute ist es im Wesentlichen ein Derivat der Kontrolle von Waren- und Ressourcenbewegungen.

Jounk33 hat geschrieben:Also mir geht es darum, dass man Resourcen nicht mehr künstlich oder aus wirtschaftlichem Profit heraus verknappen kann und das geschieht gerade mit dem Wasser und teilweise auch mit Ackerland und Saatgut.

Schau dir doch einfach mal an, auf welche Weise Ressourcen genau künstlich verknappt werden. Beim Saatgut spielt die Regulierung eine große Rolle. Wie viele Leute wissen denn schon, dass man die Tomaten von dem Saatgut, das als Zierpflanzensaatgut verkauft wird auch essen kann? Aber du darfst es nicht als essen verkaufen, sondern wirst durch staatliche Regulierung auf bestimmtes Saatgut eingeschränkt.
Das Problem mit dem Ackerland ist in erheblichem Maße die staatliche Subvention von Biosprit und Biogas, die über den Crowding Out Effekt dann Anbauflächen zur Nahrungsmittelerzeugung verknappt. Und natürlich v.a. in Afrika die ständigen Kriege, wodurch große Flächen unterbewirtschaftet bleiben, weil den Bauern das Risiko zu groß ist.


Jounk33 hat geschrieben: Alternativen sollten deshalb ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

Aber es ist aber grober Unfug, den Bock zum Gärtner zu machen, und zu versuchen ein Feuer mit Benzin zu löschen.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Kurt » Di 22. Apr 2014, 20:35

xander1 hat geschrieben:Doch, die Werbung macht das. Das ist allgemein bekannt.

Die Chinesen haben das gleiche Problem, sie leben in einer Werbegesellschaft und wer sichs leisten kann, der konsumiert was er kann. Hat mit Marktwirtschaft nix zu tun.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Kurt » Di 22. Apr 2014, 20:42

ujmp hat geschrieben:Tja, in westlichen Konzernen gibt es aber auch keine Demokratie und nur Planwirtschaft. Irgendwie klappt's da ja auch! ;-)

Guter Punkt. Tatsächlich ist es so, dass in vielen Unternehmen Wettbewerb und Vielfalt solange ignoriert (wegrationalisiert) werden, bis der ganze Laden den Bach runtergeht. GM war ja ein gutes Beispiel, auch wenn die mit politischen Mitteln wieder auf die Beine gestellt wurden. In gut geführten Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Diktatoren, die gleichberechtigt nebeneinander werkeln. Innovation entsteht nicht planwirtschaftlich. Aber Produktentwicklung geht auch nicht rein demokratisch.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Kurt » Di 22. Apr 2014, 20:44

stine hat geschrieben:Die Pläne der westlichen Industriekonzerne, allen voran den DAX-Unternehmen, sind nur noch auf drei Monate ausgelegt. Vierteljährlich wird über den Sinn oder Unsinn der Pläne von gestern nachgedacht.

Vierteljährlich gibts nur die Zwischenberichte. Du glaubst doch nicht, dass man mit Dreimonatsplänen ein Unternehmen Jahrzehnte lang führen kann? Piech als Extrembeispiel denkt in Jahrzehnten und höher. Und VW gehts bestens.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Kurt » Di 22. Apr 2014, 20:59

Jounk33 hat geschrieben:Man könnte ja auch mal schauen wie sich die Technologie die letzten 100 oder 200 Jahre verändert hat. Da hat sich ja die Welt durch vollkommen geändert. Aber irgendwie wirtschaftlich hat sich gar nichts getan.

In der Evolution ändert sich langsamer, was schon nahe an einem Optimum ist. Unsere liberale Weltwirtschaft hat definitiv wesentlich dazu beigetragen, dass der technologische Fortschritt möglich wurde. Wozu ändern?
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon xander1 » Di 22. Apr 2014, 23:06

Kurt hat geschrieben: Hat mit Marktwirtschaft nix zu tun.

Werbung gabs aber in der DDR fast garnicht. Werbung ist in einer Planwirtschaft nicht nötig. Im Gegenteil, es war fast eher gewünscht, dass weniger Luxus konsumiert wird. Der wurde indirekt stark besteuert, aus Ideologischen Gründen. Nahrung wurde subventioniert.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon xander1 » Di 22. Apr 2014, 23:08

Kurt hat geschrieben:Unsere liberale Weltwirtschaft hat definitiv wesentlich dazu beigetragen, dass der technologische Fortschritt möglich wurde. Wozu ändern?


Weil technologischer Fortschritt nicht das einzige Kriterium sein sollte und weil wir hier in dem Thema mehrere Gründe aufgeschrieben haben. Außerdem sollte man nicht technologischen Fortschritt um jeden Preis haben, sondern zu einem angemessenen. Und mit Preis meine ich nicht nur Geld, sondern nur mal ein Beispiel: Umweltangelegenheiten etc. usw.

Der entfesselte Markt wäre am Ende für niemanden gut auf Dauer.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Kurt » Di 22. Apr 2014, 23:11

Einen entfesselten Markt haben wir auch nicht, will auch keiner. Beim Maß der Regulierung kann man streiten. Ich finde, in Deutschland klappt es ganz gut.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon ujmp » Mi 23. Apr 2014, 07:34

Kurt hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Tja, in westlichen Konzernen gibt es aber auch keine Demokratie und nur Planwirtschaft. Irgendwie klappt's da ja auch! ;-)

Guter Punkt. Tatsächlich ist es so, dass in vielen Unternehmen Wettbewerb und Vielfalt solange ignoriert (wegrationalisiert) werden, bis der ganze Laden den Bach runtergeht. GM war ja ein gutes Beispiel, auch wenn die mit politischen Mitteln wieder auf die Beine gestellt wurden. In gut geführten Unternehmen gibt es eine Vielzahl von Diktatoren, die gleichberechtigt nebeneinander werkeln. Innovation entsteht nicht planwirtschaftlich. Aber Produktentwicklung geht auch nicht rein demokratisch.

Ich tippe, das Problem ist nicht Planwirtschaft an sich, sondern Zentralisierung, im Extremfall Totalität. Was nur in wenige Köpfe oder sogar in nur einen reinpasst, ist der Vielfalt immer unterlegen.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon xander1 » Mi 23. Apr 2014, 08:51

Kurt hat geschrieben:Einen entfesselten Markt haben wir auch nicht, will auch keiner. Beim Maß der Regulierung kann man streiten. Ich finde, in Deutschland klappt es ganz gut.


@Provinzler schien mir so, als wolle er diesen.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon provinzler » Mi 23. Apr 2014, 10:38

xander1 hat geschrieben:
Kurt hat geschrieben: Hat mit Marktwirtschaft nix zu tun.

Werbung gabs aber in der DDR fast garnicht. Werbung ist in einer Planwirtschaft nicht nötig. Im Gegenteil, es war fast eher gewünscht, dass weniger Luxus konsumiert wird. Der wurde indirekt stark besteuert, aus Ideologischen Gründen. Nahrung wurde subventioniert.

Nein, nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus praktischer Notwendigkeit. Denn aufgrund der weit niedrigeren Effizienz des Systems gegenüber dem Westen (niedrigere Kapitalrentabilität) musste man künstlich die Sparquote erhöhen um den Kapitalstock überhaupt aufrecht zu erhalten, bzw. leicht zu vergrößern.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon provinzler » Mi 23. Apr 2014, 10:43

ujmp hat geschrieben:Ich tippe, das Problem ist nicht Planwirtschaft an sich, sondern Zentralisierung, im Extremfall Totalität. Was nur in wenige Köpfe oder sogar in nur einen reinpasst, ist der Vielfalt immer unterlegen.

Es sind eine ganze Reihe von Problemen, die die Planwirtschaft im Vergleich hat, deins ist eins davon.
Andere wären beispielsweise:

-fehlende Anreizstrukturen: Warum soll ich investieren, sparen, mich anstrengen, wenn ich die Erträge nicht behalten darf? (Ich nenn das mal den Bill-Gates-Nachahmer-Effekt)
- fehlende Referenzgrößen: Planwirtschaft hängt ohne die in Form von Marktpreisen zur Verfügung gestellten Knappheitsinformationen, völlig in der Luft. (das von Mises entdeckte "Kalkulationsproblem"). Planwirtschaft ist letztlich wie Autofahren mit zugeklebter Windschutzscheibe. Deswegen nennt man das ja auch Wirtschaftssteuerung*.
Verantwortungslosigkeit. Mit dem eigenen Eigentum geht man sorgsamer um, als mit dem andrer Leute


*Für die Nichttechniker: Die Besonderheit einer Steuerung gegenüber einer Regelung besteht darin, dass es keinen Rückkoppel(=Feedback)kreis gibt, auf dessen Basis Fehler korrigiert werden sondern mit einer fixen Einstellung immer weitergemacht wird. Wenn Politiker von Wirtschaftssteuerung sprechen sind sie also unfreiwillig ehrlich. Sie haben die Windschutzscheibe gründlich abgeklebt, das Lenkrad mit Seilen in einer festen Position festgezurrt und fahren dann mit Vollgas den Karren gegen die Wand.
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon Zappa » Mi 23. Apr 2014, 18:24

Provinzler hat geschrieben: *Für die Nichttechniker: Die Besonderheit einer Steuerung gegenüber einer Regelung besteht darin, dass es keinen Rückkoppel(=Feedback)kreis gibt, auf dessen Basis Fehler korrigiert werden sondern mit einer fixen Einstellung immer weitergemacht wird. Wenn Politiker von Wirtschaftssteuerung sprechen sind sie also unfreiwillig ehrlich. Sie haben die Windschutzscheibe gründlich abgeklebt, das Lenkrad mit Seilen in einer festen Position festgezurrt und fahren dann mit Vollgas den Karren gegen die Wand.

Der ist gut, den merk ich mir :lachtot:
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Re: Vernünftigere Wirtschaftsformen als Marktwirtschaft denk

Beitragvon xander1 » Do 24. Apr 2014, 09:20

provinzler hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben: Im Gegenteil, es war fast eher gewünscht, dass weniger Luxus konsumiert wird. Der wurde indirekt stark besteuert, aus Ideologischen Gründen. Nahrung wurde subventioniert.

Nein, nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus praktischer Notwendigkeit. Denn aufgrund der weit niedrigeren Effizienz des Systems gegenüber dem Westen (niedrigere Kapitalrentabilität) musste man künstlich die Sparquote erhöhen um den Kapitalstock überhaupt aufrecht zu erhalten, bzw. leicht zu vergrößern.


Doch: Dein Grund schließt meinen Grund nicht aus, sondern ergänzt ihn höchtens. Luxus war aus sozialistischer Sicht verpönt, weil das etwas für die bösen reichen ist. Nahrung sollte sogar kostenlos sein - so wollte es der Kommunismus. Nur hat das nicht funktioniert. Man hat das vor vielen Jahrzehnten mal ausprobiert... Ich brauche sicher nicht erklären, wieso das nicht funktioniert hat. Und wenn man Güter wie Nahrung und Miete subventioniert muss man andere Sachen eben mehr besteuern - ist doch logo! Übrigens auch wegen dem Grund den du nennst, nur drückst du dich komplizierter aus, als es sein muss. Du beschreibst einen extrem simplen Zusammenhang mit viel Fremdwortgedöhns. Wenn das eine Ideologisch bedingt ist (günstige Nahrung), und das andere (Luxus) deshalb preislich beeinflusst ist, ist der direkte Grund für die Sache mit der Nahrung Ideologie und der direkte Grund für die Sache mit dem Luxus Geld, aber weil das ne kausale Kette ist, bleibt der indirekte Grund der Sache mit Luxus Ideologie. Da besteht eine Transitivität in der Kausalität.
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