Harter atheistischer Determinismus

Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Nanna » Mi 29. Jan 2014, 01:04

ujmp hat geschrieben:Vollbreit ist zumindest überfordert, das aufgeblasene Gesülze überhaupt zu verstehen, er versteht ja nicht mal mich. Er spekuliert nur darauf, dass ihm dieses Kasperletheater aus der Verlegenheit hilft.

Woher willst du das wissen?

ujmp hat geschrieben:Ich weigere mich überhaupt, meine Zeit mit so etwas zu verschwenden.

Ich hatte mal eine Deutschlehrerin, die es regelmäßig geschafft hat, eine halbe Stunde (unübertrieben, hab auf die Uhr geschaut) darüber zu lamentieren, dass wir bei der Stofffülle unter Zeitmangel leiden. Da frage ich mich immer: Warum erzählen mir Leute sowas? Wenn du keine Zeit hast, mach doch einfach was anderes und spar dir die Theatralik.

ujmp hat geschrieben:Jeder weiß heut zu tage, dass jemand, der etwas wichtiges zu sagen hat, das auch einfach tun kann und dass so ein Wortnebel meistens dazu gedacht ist, die Trivialität des gesagten zu verschleiern. Schopenhauer hat sich ausführlich genug zu solchen Textganoven ausgelassen.

Ja? Schon mal eine einfache und umfassende Darstellung der Stringtheorie gelesen?

Schopenhauer hat ganz sicher nirgendwo bewiesen, dass man jeden beliebigen Sachverhalt auf einfache Weise darstellen kann, noch, dass es ausschließlich einfache Sachverhalte gibt. Ich bin selbst ein großer Fan einfacher Sprache, aber gerade deshalb weiß ich auch um deren Grenzen.

ujmp hat geschrieben:Es ist ganz klar, dass Tiere Entscheidungen treffen und Urteile fällen, auch ohne Sprache. Ein Hund benötigt keine Worte um sein Herrchen wieder zu erkennen, es ist ein einfaches Urteil, und zwar das Urteil der Gleichheit, zu dem alle höheren Organismen fähig sind.

Du essentialisierst hier Begriffe und so lange du das tust, wirst du bei Brandom und Co. auch nicht dahintersteigen. Natürlich kann man sagen, dass man die Erkenntnisleistung des Hundes "Urteil" nennt, aber mit dem, was Brandom damit meint und was man in der Hermeneutik generell darunter versteht, hat das nichts zu tun. Ich sehe Argumentationen wie die Brandoms, dass es sich hier um qualitativ verschiedene Vorgänge handelt, auch als stringent und gültig. Gründe brauche ich nicht anführen, denn die hat Brandom ja selber bereits aufgeführt und dem kann ich nichts hinzufügen. Wenn du das Argument widerlegen willst, bitte, dann fang an, aber dann nach Möglichkeit bitte auch direkt am Text. Das Zitat steht oben. Und bitte kein assertorisches Gesülze so wie mit dem Hund, da legst du nämlich einfach nur Begrifflichkeiten fest, anstatt zu erklären, warum sie so und nicht anders wohldefiniert sind. Wenn du Behauptungen aufstellst, musst du sie schon auch herleiten können.

ujmp hat geschrieben:Auf diesem vorsprachlichen Urteilsvermögen baut die Sprache dann auf, sie ist darauf angewiesen - und nicht umgedreht.

Behauptungen, Behauptungen... dabei habe ich doch nach einer Begründung gefragt, warum ich dieser Interpretation folgen sollte. Sind eine Gewehrkugel und ein Raumschiff etwa dasselbe, bloß weil ihr Vortrieb auf dem Rückstoßprinzip beruht?

Sprache ist ein game-changer, und du siehst sie ernsthaft nur als schmückendes Beiwerk für Prozesse, die ohne Sprache genauso ablaufen würden? Warum gibt es dann Sprache überhaupt?
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ujmp » Mi 29. Jan 2014, 08:11

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ich bestreite nicht, dass Sprache das Alleinstellungmerkmal des Menschen ist, das uns eigentlich zu Menschen macht. Dennoch können Tiere urteilen. Für mich sieht es sogar so aus, dass sie das genau so gut können, wie wir. Man darf das eben nicht mit Diskurs verwechseln.

Also siehst Du zwischen dem Urteil der Tiere und der Menschen doch einen Unterschied. Worin besteht der für Dich?

Du verwechselst ja doch Diskurs mit Urteilen! Der Mensch urteilt über Diskurse. Er kann diese Urteile auch sprachlich ausdrücken mit "Richtig" oder "Vermutlich" usw., aber das Urteilen selbst ist kein sprachlicher Vorgang.
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Letztlich ist jedes Urteil ein Ja-oder-Nein-Urteil, und da kommt es -prinzipiell zumindest- nicht darauf an, ob es um die Gleichheit von zwei Farben geht oder um die Übereinstimmung von komplexen Hypothesen mit der Wirklichkeit.
In diesem Sinne urteilen auch Topfpflanzen und Lichtschranknen.

Ja, aber sie können nicht symbolisch bzw. hypothetisch urteilen.
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Die Harten Wissenschaften bevorzugen sogar einfache Parameter, sie stellen am liebsten Ja-oder-Nein-Fragen an die Natur. Im Diskurs vergleichst du Gesagtes mit Gesagtem und die Qualität deines Denkens hängt wesentlich von dieser Beurteilung ab, weniger vom Gesagten selbst.
Den Unterschied habe ich nicht verstanden. Wenn die Beurteilung vom Gesagten abhängt, dann hängt es so oder so vom Gesagten ab. Was willst Du jetzt damit sagen?

Ob zwei Farben das Urteil der Gleichheit verdienen hängt nur indirekt davon ab, welche Farben es sind. Es könnten zwei Gelb oder zwei Blau usw. sein. Es hängt aber direkt davon ab, ob du einen Unterschied zwischen ihnen feststellen kannst. Deine Denkkraft hängt daher weniger davon ab, was dir alles so für Sätze einfallen, sondern ob du in der Lage bist, die Muster darin zu erkennen und zu vergleichen. Es nützt also nicht sehr viel, Freud und Wittgenstein zitieren zu können, wenn man nicht in der Lage ist diese Zitate zu verstehen. "Verstehen" kommt von "richtig zusammenstellen".


Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:b) auf freier, willkürlicher Rekombination dieser Symbole zu neuen Symbolen,
Willkürlich eigentlich nicht.
Symbole die niemand versteht, sind ja weitgehend wirkungslos.

Man kann es aber unbegrenzt tun und darauf kommt es an. "Mensch auf dem Mond" scheint sogar heute noch einigen Menschen als eine unpassende Symbolkombination. Ohne solche "Visionen" wäre aber nie ein Mensch dort gelandet.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:c) auf der Fähigkeit aus diesen neuen Symbolen neue Vorstellungen zu entwickeln,
Naja Symbole sind in gewisser Weise verpacke Vorstellungen.

Es kommt halt dazu, dass Symbole durch Rekombination ihre eigene Bedeutung verändern, z.B. "Rot, die Farbe der Liebe"
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:d) auf der Fähigkeit diese neuen Vorstellungen zu beurteilen, d.h. sie mit Beobachtungen zu vergleichen.
Nur bedingt.

Jetzt wirst du wieder obskur. Ich glaube nicht, dass du wirklich etwas darüber weißt.

Vollbreit hat geschrieben: Ist das nicht ebenso pfui, wie das, was Dich an Brandom so erregte? Oder wo ist jetzt der erregungsdämpfende Unterscheid, ich kann ihn nämlich nicht erkennen.

Ich sagte doch, dass ich mich weigere, mich mit dem Inhalt von Texten zu beschäftigen, die reine Angeberei sind und deren Autoren ihre Leser aus purer Eitelkeit bei der nächst besten Gelegenheit verraten.

Es ist ungefähr so, als wenn ein Tischlermeister seinem Lehrling den umständlichsten und schwierigsten Weg zeigt, einen Tisch zu bauen, nur damit der Lehrling nicht merkt, wie durchschnittlich und wie leicht ersetzbar sein Meister eigentlich ist.

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Die Sprache ist allerdings viel flexibler, viel produktiver im Erfinden von Neuem - meistens Unsinn, gelegentlich Lösungen.

Also bleibt, dass Sprache das Alleinstellungsmerkmal des Menschen ist und das zwischen nur intentionalen, aber nicht diskursiven Wesen (Tiere) und intentionalen und diskursiven Wesen (Menschen) ein Unterschied besteht.

Vielleicht kannst du mal Grammatik und Satzzeichen korrigieren, dann denk ich mal drüber nach...
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ujmp » Mi 29. Jan 2014, 08:39

@Nanna - ich antworte heut Abend.

Bloß mal kurz:
"Man soll alles so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher" Einstein
"Du hast etwas erst wirklich verstanden, wenn du es einfach erklären kannst" Feynman (zitiert von L. Susskind)
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Vollbreit » Mi 29. Jan 2014, 09:24

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Also siehst Du zwischen dem Urteil der Tiere und der Menschen doch einen Unterschied. Worin besteht der für Dich?

Du verwechselst ja doch Diskurs mit Urteilen! Der Mensch urteilt über Diskurse. Er kann diese Urteile auch sprachlich ausdrücken mit "Richtig" oder "Vermutlich" usw., aber das Urteilen selbst ist kein sprachlicher Vorgang.
Eigentlich verwechsle ich das nicht, ich will nur über einen Urteilsbegriff reden, den Brandom anhand von Kant darstellt, er ist oben zitiert.
Dieses Urteil ist von Begriffen abhängig und im Begriff „Begriff“ steckt schon das begreifen von etwas drin, das Begreifen nicht im Sinne von anfassen, sondern von kapieren, verstehen. Zu verstehen, was man tut und sagen zu können, warum man es tut, dass ist der Kern des Urteilsbegriffs von Kant, den Brandom aufnimmt.
Dein Urteilsbergiff der Lichtschranken mit Karlsruher Richtern gleichsetzt, ist auf einer viel undifferenzierteren Ebene angesiedelt und ich kann nicht sehen, wo diese Eben hilfreich ist, also müsstest Du es erklären.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:In diesem Sinne urteilen auch Topfpflanzen und Lichtschranken.
Ja, aber sie können nicht symbolisch bzw. hypothetisch urteilen.
Und?
Ist das nun ein Makel? Wenn man eine Lichtschranke ist, nicht, als Mensch schon.
Wenn der Mensch durch das Spiel des Gebens und Verlangens von Gründen richtig charakterisiert ist, was ich glaube, weil Begründungen zu geben, tatsächlich zentral verlangt wird und zwar immer und vor allem dann, wenn wir nicht konventionelles Verhalten an den Tag legen, dann ist es ein Makel, keine Gründe anzugeben.

Du scheinst aber zu meinen, dass Begründungen nur überflüssiges Beiwerk sind und das Wesentliche die Entscheidung, das Urteil sei.
Ich denke, dass das nicht so ist. In Der Moralforschung kennt man das Phänomen, dass es recht häufig so ist, dass bei einem Urteil, was Ja oder Nein lauten kann, die Urteile sich über die Stufen hinweg nicht selten abwechseln, d.h. ein präkonventioneller Mensch könnte zu etwas „Ja“ sagen, der konventionelle Mensch sagt entscheiden „Nein“ und der postkonventionelle Mensch sagt wieder „Ja“.
Nun könnte man meinen, prä- und postkonventionelle Menschen seien im Grunde einer Meinung und genau das ist nicht der Fall, denn ihre Begründung ist fundamental verschieden. Wenn Du denkst, dass sei egal, wichtig sei allein das Ergebnis, kannst Du Dir ja mal in Gedanken durchspielen, ob Du es als Unterschied empfindest ob jemand nur so tut als ob er gerade eine bestimmte Einstellung vertritt, weil er meint, das entspräche dem, was Du gerade hören willst oder ob er diese Einstellung tatsächlich vertritt.

ujmp hat geschrieben:Ob zwei Farben das Urteil der Gleichheit verdienen hängt nur indirekt davon ab, welche Farben es sind.
Ja, darum kommt es in diesen Bereichen im Grunde auch nie zu Streits, ist Dir das wirklich noch nie aufgefallen? Nicht obn man zusammen im Kino war und was für ein Film da lief, ist der kritische Punkt, sondern wiie man ihn findet – und in der Regel erwartet man vom anderen, dass er seine Ansicht begründet. Ein Urteil wie „Dennett sollte man nicht lesen, voll kacke“ ist genauso wenig hilfreich wie „Dennett muss man gelesen haben, voll super.“ Ob Dennett ein Buch geschrieben hat, welche Farbe und wie viel Seiten es hat, darüber streiten wir nicht.
Ob es Folter gibt, ist nicht die Frage, wie sie zu bewerten ist, darüber wird gestritten.
Das was Du jetzt als wichtig darstellen möchtest, die vermeintlichen Fakten, ist das was niemand wichtig findet. Und auch diejenigen, die immer betonen, Meinungen interessierten sie nicht, für sie zählten nur die Fakten, zeichnen sich mehr durch eine Unkenntnis darüber aus, was Meinungen und was Fakten sind, und verkaufen – mehr unwissend, als bösartig, aber fast immer unreflektiert – ihre Meinungen als Fakten.

ujmp hat geschrieben:Es könnten zwei Gelb oder zwei Blau usw. sein. Es hängt aber direkt davon ab, ob du einen Unterschied zwischen ihnen feststellen kannst. Deine Denkkraft hängt daher weniger davon ab, was dir alles so für Sätze einfallen, sondern ob du in der Lage bist, die Muster darin zu erkennen und zu vergleichen.
Du meinst wemm man hell/dunkel, warm/kalt und oben/unten unterscheiden kann ist alles in Butter der Rest nur überflüssiges Beiwerk?
Dazu passen Deine regelmäßigen, im übrigen nicht selten beleidigenden, emotionalen Ausbrüche aber schlecht, denn da mischt doch nur jemand dieBUstaben etwas anders als Du, alles weitere ist doch unwichtig, oder … dann doch nicht?

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:b) auf freier, willkürlicher Rekombination dieser Symbole zu neuen Symbolen,
Willkürlich eigentlich nicht.
Symbole die niemand versteht, sind ja weitgehend wirkungslos.
Man kann es aber unbegrenzt tun und darauf kommt es an. "Mensch auf dem Mond" scheint sogar heute noch einigen Menschen als eine unpassende Symbolkombination. Ohne solche "Visionen" wäre aber nie ein Mensch dort gelandet.
Denken Menschen wirklich so? Kombinieren sie Begriffe bis irgendwann „Mensch auf Mond“ herauskommt und halten dass dann für eine originelle Idee? Ich glaube das läuft völlig anders.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:c) auf der Fähigkeit aus diesen neuen Symbolen neue Vorstellungen zu entwickeln,
Naja Symbole sind in gewisser Weise verpacke Vorstellungen.
Es kommt halt dazu, dass Symbole durch Rekombination ihre eigene Bedeutung verändern, z.B. "Rot, die Farbe der Liebe"

Nein, es ist nicht einfach Buchstabensuppe auslöffeln bis irgendwann mal ein flotter Spruch liegen bleibt und einer war eben, dass Rot die Farbe der Liebe ist, es hätte aber genauso gut Gelb treffen können.
Manches mag eine reine Konvention sein, anderes nicht.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:d) auf der Fähigkeit diese neuen Vorstellungen zu beurteilen, d.h. sie mit Beobachtungen zu vergleichen.
Nur bedingt.
Jetzt wirst du wieder obskur. Ich glaube nicht, dass du wirklich etwas darüber weißt.
Dann tausch Dich doch mit jemand anderem darüber aus.
Was Du glaubst ist im Grunde nicht sehrt interssant, da Du ganz gerne mal Begründungen, auch auf Nachfrage, verweigerst.
Ich glaube dann immer, dass dies der Punkt ist, wo Du nicht mehr weiter weißt und auf die Stude Deiner Vorurteile regredierst, aber das ist eben mein Glaube.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben: Ist das nicht ebenso pfui, wie das, was Dich an Brandom so erregte? Oder wo ist jetzt der erregungsdämpfende Unterscheid, ich kann ihn nämlich nicht erkennen.
Ich sagte doch, dass ich mich weigere, mich mit dem Inhalt von Texten zu beschäftigen, die reine Angeberei sind und deren Autoren ihre Leser aus purer Eitelkeit bei der nächst besten Gelegenheit verraten.
Ja, das verrät viel über Dich, ist aber ansonsten nicht der Rede wert, da die Begründung fehlt und Du wieder mal persönlich wirst.

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Die Sprache ist allerdings viel flexibler, viel produktiver im Erfinden von Neuem - meistens Unsinn, gelegentlich Lösungen.
Also bleibt, dass Sprache das Alleinstellungsmerkmal des Menschen ist und das zwischen nur intentionalen, aber nicht diskursiven Wesen (Tiere) und intentionalen und diskursiven Wesen (Menschen) ein Unterschied besteht.
Vielleicht kannst du mal Grammatik und Satzzeichen korrigieren, dann denk ich mal drüber nach...
Ja, ich könnte mir manchmal mehr Mühe geben, tue ich gelegentlich auch, wenn ich meine, dass es sich lohnt präziser zu formulieren. Das Leben ist ein Nehmen und Geben, denk da auch mal drüber nach.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ice » Mi 29. Jan 2014, 10:29

ganimed hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Ich habe mich als harter Determinist weiter oben im Thread in der Diskussion mit AgentProvocateur auf den Begriff bedingte Freiheit geeinigt

Hallo ice!
Vielleicht sollte man diesen Kompromiss als einen Erfolg feiern und sich um Frieden bemühen. Aber ich habe einen schlechten Charakter und bin immer noch nicht so ganz zufrieden mit dem Begriff "bedingte Freiheit". Im Determinismus, wenn wir ihn mal unterstellen, sind unsere Entscheidungen vollständig kausal bedingt. Insofern kann ich das "bedingt" von bedingte Freiheit verstehen. Woher kommt die Freiheit? Freiheit von was?


Als harter Determinist verstehe ich Deine "Unzufriedenheit" mit dem Begriff Freiheit. Für mich ist er im Grunde auch irreführend und letztendlich eine Illusion, wenn man den Determinismus konsequent zu Ende denkt. Das Paradoxe an der Situation ist aber, dass ich mich trotzdem irgendwie als freies Wesen empfinde, das Denk-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit scheinbar besitzt. D.h. ich habe den Eindruck/das "Gefühl" von Freiheit, obwohl mir bewusst ist, dass mich dieser Eindruck/dieses "Gefühl" wahrscheinlich täuscht. Dieses Paradoxon lässt sich nicht einfach auflösen und ist tief in uns verwurzelt.

Außerdem habe ich im Laufe der Diskussion gelernt, dass der Begriff Freiheit sehr an den Begriff Verantwortung gekoppelt ist, ohne den wir im gesellschaftlichen Zusammenleben nur schwer auskommen können. Nur wer (bedingt) frei denken, entscheiden und handeln kann, ist auch (bedingt) verantwortlich für seine Entscheidungen/Handlungen. Ohne Freiheit kann es keine Verantwortung geben. Ich fühle mich aber verantwortlich für mein Denken/Entscheiden/Handeln. Deshalb habe ich für mich persönlich beschlossen, mit den Kompatibilisten hier Frieden zu schließen und mich auf den Begriff bedingte Freiheit zu einigen.

ganimed hat geschrieben:
ice hat geschrieben:D.h. Unabhängigkeit kann es in einer kausal determinierten Welt mE nicht geben. Aber - soweit ich es verstanden habe - verlangen Kompatibilisten diese Art von Unabhängigkeit auch gar nicht.

Ich fürchte auch. Sie verlangen genau das nicht, was nicht da ist. Denn sie machen den ganzen Zinnober, das unterstelle ich zumindest immer, ja nur deshalb, um ihr Ergebnis herauszubekommen. Biege die Argumente und Begriffe solange zurecht, bis man sagen kann: der Mensch hat einen freien Willen. Das bedeutet in diesem Fall, dass Abhängigkeit plötzlich zu Freiheit umgemodelt wird. Ganz erstaunlich.


Mein Wille ist abhängig von unzählbaren inneren und äußeren Einflussfaktoren. Meine bedingte Freiheit liegt mE jetzt darin, dass mein Wille sich ohne inneren oder äußeren Zwang ausleben kann. Dieses "Ausleben" empfinde ich dann als frei, wenn meinem Willen nichts entgegengesetzt wird. Ich kann dann also denken/entscheiden/handeln wie ich will. Der Wille ist also an sich nicht frei, sondern "Ich" bin es, wenn ich meinen Willen durchsetzen kann. Deshalb ist die Rede von "freiem Willen" etwas irreführend, denn der kann in einer determinierten Welt ganz offensichtlich nicht frei sein. Für mich ist die ganze Diskussion "Kompatibilismus <-> Inkompatibilismus" auch deshalb unbefriedigend, weil sich, wie Du richtig sagst, jeder seine Argumente und Begriffe so hinbiegt, bis sie irgendwie passen. Dass es da oft zu Missverständnissen kommt, ist meiner Ansicht nach klar und unvermeidlich.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Nanna » Mi 29. Jan 2014, 12:14

ice hat geschrieben:[Für mich ist die ganze Diskussion "Kompatibilismus <-> Inkompatibilismus" auch deshalb unbefriedigend, weil sich, wie Du richtig sagst, jeder seine Argumente und Begriffe so hinbiegt, bis sie irgendwie passen. Dass es da oft zu Missverständnissen kommt, ist meiner Ansicht nach klar und unvermeidlich.

Kurze Anmerkung dazu: Begriffe sind, das ist Forschungsstand der Linguistik seit rund hundert Jahren und seit der linguistischen Wende ein Allgemeinplatz in Philosophie und Geisteswissenschaften (und in den Naturwissenschaften nur deshalb nicht, weil Sprache nicht deren Untersuchungsgegenstand ist), keine feststehenden Dinge, die irgendeine bestimmte Essenz haben. Anders gesagt, es gibt für das Wort "Freiheit" keine Bedeutung, die mehr oder weniger wahr ist, es gibt erst mal nur unterschiedliche Definitionen dieses Begriffes und wenn man mit ihm operiert, muss man (notfalls jedes Mal) genau erläutern, was man damit meint. Man kann dann anschließend das Netz der Begriffe auf logische Konsistenz prüfen und überprüfen, ob in der Realität das herauskommt, was man projiziert hat. Manche Modelle kann man allerdings nur auf interne Konsistenz prüfen, wofür übrigens die Mathematik ein gutes Beispiel ist, die komplett selbstreferenziell ist und wo man auch jedes Mal genau definieren muss "Sei x...". Es ist nicht ohne Grund, dass Vollbreit, Agent und ich daher immer wieder fragen "Was meinst du, wenn du 'Freiheit' [ersetze durch beliebigen Begriff] sagst?".

Ich habe den Eindruck, dass mit der Erkenntnis, dass man nicht einfach eine statische Wirklichkeit "ansehen" und mit Begriffs-Zettelchen bekleben kann, bei vielen erst mal eine gewisse Enttäuschung einhergeht. Es ist aber wichtig, dass man das versteht und dass man realisiert, dass das "Hinbiegen" von Begriffen (ich würde eher von etwas wie z.B. einem "plausiblen Definieren" sprechen) kein Zeichen schlechter Diskussionsqualität ist, sondern schlichtweg der unabänderliche Normalzustand. Entscheidend ist, dass man seine Herleitungen und Definitionen offen legt und komplett transparent macht, damit die anderen Diskussionsteilnehmer die Zusammenhänge prüfen und Fehler finden können, denn das alles heißt ja nicht, dass man einfach irgendwas beliebiges behaupten kann.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ice » Mi 29. Jan 2014, 14:58

Nanna hat geschrieben:Kurze Anmerkung dazu: Begriffe sind, das ist Forschungsstand der Linguistik seit rund hundert Jahren und seit der linguistischen Wende ein Allgemeinplatz in Philosophie und Geisteswissenschaften (und in den Naturwissenschaften nur deshalb nicht, weil Sprache nicht deren Untersuchungsgegenstand ist), keine feststehenden Dinge, die irgendeine bestimmte Essenz haben. Anders gesagt, es gibt für das Wort "Freiheit" keine Bedeutung, die mehr oder weniger wahr ist, es gibt erst mal nur unterschiedliche Definitionen dieses Begriffes und wenn man mit ihm operiert, muss man (notfalls jedes Mal) genau erläutern, was man damit meint. Man kann dann anschließend das Netz der Begriffe auf logische Konsistenz prüfen und überprüfen, ob in der Realität das herauskommt, was man projiziert hat. Manche Modelle kann man allerdings nur auf interne Konsistenz prüfen, wofür übrigens die Mathematik ein gutes Beispiel ist, die komplett selbstreferenziell ist und wo man auch jedes Mal genau definieren muss "Sei x...". Es ist nicht ohne Grund, dass Vollbreit, Agent und ich daher immer wieder fragen "Was meinst du, wenn du 'Freiheit' [ersetze durch beliebigen Begriff] sagst?".
Ich habe den Eindruck, dass mit der Erkenntnis, dass man nicht einfach eine statische Wirklichkeit "ansehen" und mit Begriffs-Zettelchen bekleben kann, bei vielen erst mal eine gewisse Enttäuschung einhergeht. Es ist aber wichtig, dass man das versteht und dass man realisiert, dass das "Hinbiegen" von Begriffen (ich würde eher von etwas wie z.B. einem "plausiblen Definieren" sprechen) kein Zeichen schlechter Diskussionsqualität ist, sondern schlichtweg der unabänderliche Normalzustand. Entscheidend ist, dass man seine Herleitungen und Definitionen offen legt und komplett transparent macht, damit die anderen Diskussionsteilnehmer die Zusammenhänge prüfen und Fehler finden können, denn das alles heißt ja nicht, dass man einfach irgendwas beliebiges behaupten kann.


Das habe ich alles verstanden und finde es auch wichtig, gewisse Begriffe möglichst klar zu definieren, damit jeder weiß wovon die Rede ist. Gerade aber Freiheit ist im Zusammenhang mit hartem Determinismus mE ein schwieriger Begriff, der es nicht gerade einfach macht, ihn wirklich zu verstehen und zu definieren.

Ich habe es ja weiter vorne im Thread schon versucht: Freiheit bedeutet für mich, ohne inneren und äußeren Zwang denken, entscheiden und handeln zu können. Nun müssten wir auch noch Zwang definieren. Zwang könnte für Beeinflussung oder Druck stehen. Wenn wir jetzt diese Definition(en) hernehmen, dann kann es die so definierte Freiheit in einer determinierten Welt nicht geben, weil wir ständig von inneren (Gehirnaktivitäten) und äußeren (komplexe dynamische Umwelt) Faktoren in unserem Denken, Entscheiden und Handeln beeinflusst werden. Also habe ich den Begriff bedingte Freiheit als Kompromiss vorgeschlagen, um auszudrücken, dass es eben immer Bedingtheiten in unserem Denken/Entscheiden/Handeln gibt. Ganimed ist aber scheinbar noch immer unzufrieden mit diesem Kompromiss, weil das Wort Freiheit noch immer drin steckt. Du siehst also, dass wir trotz Definitionsversuche nicht auf einen grünen Zweig kommen.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Dissidenkt » Mi 29. Jan 2014, 18:56

ice hat geschrieben: Gerade aber Freiheit ist im Zusammenhang mit hartem Determinismus mE ein schwieriger Begriff, der es nicht gerade einfach macht, ihn wirklich zu verstehen und zu definieren.


Das Problem mit dem Freiheitsbegriff hab ich vor ca.100 Beiträgen (und zuvor in mehreren anderen Threads) vollkommen erschöpfend erklärt.

Freiheit in einem absoluten Sinne ist ein Unwort. Sowas gibt es nicht und kann es aus logischen Gründen auch nicht geben.
Freiheit gibt es immer nur relativ und in einem konkreten Kontext.

Du kannst also sagen WOVON du in welchem AUSMAß frei bist. Das ergibt Sinn.

Zu sagen: "Ich bin frei", ohne das in einen Kontext einzuordnen ist totaler Unsinn.
Ja wovon denn frei? Von Intelligenz offensichtlich.

Hier klammern sich Leute an ihre vermeindliche "Freiheit", wie Gläubige an einen Gott.
Mit rationaler Argumentation kommt man da ganz offensichtlich nicht gegen an.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ujmp » Mi 29. Jan 2014, 20:33

Nanna hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Auf diesem vorsprachlichen Urteilsvermögen baut die Sprache dann auf, sie ist darauf angewiesen - und nicht umgedreht.

Behauptungen, Behauptungen... dabei habe ich doch nach einer Begründung gefragt, warum ich dieser Interpretation folgen sollte. Sind eine Gewehrkugel und ein Raumschiff etwa dasselbe, bloß weil ihr Vortrieb auf dem Rückstoßprinzip beruht?

Sprache ist ein game-changer, und du siehst sie ernsthaft nur als schmückendes Beiwerk für Prozesse, die ohne Sprache genauso ablaufen würden? Warum gibt es dann Sprache überhaupt?

Lassen wir mal diesen Brandom oder wie er heißt, gut sein. Ich glaube, Vollbreit hat in als Antwort auf etwas gepostet, was ich gar nicht gesagt habe und ich hab mir deshalb unnötig den Kopf zerbrochen, was das ganze soll.

Ich habe nie die besondere Stellung der Sprachfähigkeit bestritten und ich könnte auch eine Menge dazu sagen. Es geht hier aber um Determinismus und speziell darum, ihn mit dem Begriff der Freiheit in Einklang zu bringen. Ich bin dabei Schritt für Schritt vom Allgemeinem zu Speziellen vorgedrungen, aber Vollbreit konnte dem nicht folgen und hat dann einen riesen Sprung in eine ganz andere Thematik gemacht, wie es überhaupt seine Art ist, Diskussionen weitschweifig zu überfrachten. Ich habe deutlich gemacht, dass die Prozesse in unserem Gehirn eine relative Autonomie genießen und in einem allgemeinen Sinn ist die Sprache natürlich nur einer dieser Prozesse.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ujmp » Mi 29. Jan 2014, 20:42

Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es könnten zwei Gelb oder zwei Blau usw. sein. Es hängt aber direkt davon ab, ob du einen Unterschied zwischen ihnen feststellen kannst. Deine Denkkraft hängt daher weniger davon ab, was dir alles so für Sätze einfallen, sondern ob du in der Lage bist, die Muster darin zu erkennen und zu vergleichen.
Du meinst wemm man hell/dunkel, warm/kalt und oben/unten unterscheiden kann ist alles in Butter der Rest nur überflüssiges Beiwerk?

Du kommst du auf diese überaus dumme Idee?
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 29. Jan 2014, 20:48

ice hat geschrieben:Als harter Determinist verstehe ich Deine "Unzufriedenheit" mit dem Begriff Freiheit. Für mich ist er im Grunde auch irreführend und letztendlich eine Illusion, wenn man den Determinismus konsequent zu Ende denkt. Das Paradoxe an der Situation ist aber, dass ich mich trotzdem irgendwie als freies Wesen empfinde, das Denk-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit scheinbar besitzt. D.h. ich habe den Eindruck/das "Gefühl" von Freiheit, obwohl mir bewusst ist, dass mich dieser Eindruck/dieses "Gefühl" wahrscheinlich täuscht.

Inwiefern eine Illusion, inwiefern täuscht Dich Dein Eindruck? Wie ist Dein Eindruck, Dein Gefühl genau, wenn Du Dich als freies Wesen empfindest? Hast Du das Gefühl, dass Du selber denken, abwägen und entscheiden kannst, es oft zu großen Teilen an Dir liegt, für was Du Dich entscheidest und tust? Was soweit aber noch nichts mit Determinismus zu tun hätte.

Worin liegt nun die Illusion, die Täuschung, was empfindest Du, was mit Determinismus nicht vereinbar ist?

ice hat geschrieben:Meine bedingte Freiheit liegt mE jetzt darin, dass mein Wille sich ohne inneren oder äußeren Zwang ausleben kann. Dieses "Ausleben" empfinde ich dann als frei, wenn meinem Willen nichts entgegengesetzt wird. Ich kann dann also denken/entscheiden/handeln wie ich will. Der Wille ist also an sich nicht frei, sondern "Ich" bin es, wenn ich meinen Willen durchsetzen kann.

So ist es. (Genauer gesagt: Du hast dann Handlungsfreiheit. Willensfreiheit wäre, wenn Du Deine Entscheidungen hinreichend selber erzeugen kannst.)

ice hat geschrieben:Deshalb ist die Rede von "freiem Willen" etwas irreführend, denn der kann in einer determinierten Welt ganz offensichtlich nicht frei sein.

Es wäre jedoch auch von Vorneherein völlig verfehlt, zu fragen, ob ein Wille für sich frei sein könne. Ebenso sinnlos, wie zu fragen, ob eine Entscheidung für sich und/oder Handlung für sich frei sein könne. Weder ein Wille, noch eine Entscheidung, noch eine Handlung sind eigenständige Entitäten, die sind alle Substantivierungen von Verben. Daher sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass jeweils gemeint ist, ob jemand in seinem Willen, seiner Entscheidung, seiner Handlung frei ist. Niemand würde wohl fragen: "ist eine Handlung frei?" und damit meinen, es gäbe ein eigenständiges Ding namens "Handlung", das genau dann frei sei, wenn es von allem abgekoppelt wäre. Merkwürdigerweise aber meinen das wohl einige Leute bezüglich Willensfreiheit, ich habe noch nie verstanden, wie sie darauf kommen und das aber bei Handlungsfreiheit nicht ebenso tun.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ujmp » Mi 29. Jan 2014, 21:04

ganimed hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Fragen wir mal anders herum: Wozu fühlst du dich den gezwungen?

Ich werde zu allen Entscheidungsvorgängen in meinem Kopf gezwungen. Oder weißt du einen Weg, die Arbeit deiner Neuronen zu unterbinden oder die Arbeitsmechanismen zu verändern? Das rattert da oben nach immer den gleichen, festen Regeln. Und ich mache dann genau das, wozu ich mich nach diesen kausalen Regeln entschieden habe.

Die Arbeit der Neuronen in deinem Gehirn - zumindest diejenigen die deinen Willen ausmachen- machen doch, was du willst - das ist dein Wille - willst du etwa deinen Willen unterbinden? Ich finde es regelrecht verblendet, wenn jemand nicht einsieht, dass ein Mensch ganz andere Freiheitsgrade geniest, als ein Stein.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon AgentProvocateur » Mi 29. Jan 2014, 21:11

ice hat geschrieben:Gerade aber Freiheit ist im Zusammenhang mit hartem Determinismus mE ein schwieriger Begriff, der es nicht gerade einfach macht, ihn wirklich zu verstehen und zu definieren.

Ich habe es ja weiter vorne im Thread schon versucht: Freiheit bedeutet für mich, ohne inneren und äußeren Zwang denken, entscheiden und handeln zu können.

Ja, der kompatibilistische Freiheitsbegriff. Was macht den schwierig zu verstehen im Zusammenhang mit Determinismus?

(Übrigens: "Harter Determinismus" ist ein philosophischer Fachbegriff, der die Position bezeichnet, dass 1. unsere Welt determiniert ist, 2. Determinismus und Willensfreiheit sich ausschließende Gegensätze seien und 3. dass es daher in unserer Welt keine Willensfreiheit gäbe. Es reicht, wenn Du einfach von "Determinismus" redest, das wäre dann nur der erste Punkt der 3 Punkte des Harten Determinismus).

ice hat geschrieben:Nun müssten wir auch noch Zwang definieren. Zwang könnte für Beeinflussung oder Druck stehen. Wenn wir jetzt diese Definition(en) hernehmen, dann kann es die so definierte Freiheit in einer determinierten Welt nicht geben, weil wir ständig von inneren (Gehirnaktivitäten) und äußeren (komplexe dynamische Umwelt) Faktoren in unserem Denken, Entscheiden und Handeln beeinflusst werden.

Der Kompatibilist meint aber mit "Zwang" nicht jede Beeinflussung, sondern das, was normalerweise unter "Zwang" verstanden wird. Ungefähr so, aus dem hohlen Bauch: "Zwang" sind für P sind diejenigen Sachverhalte, die P's Entscheidungen und/oder Handlungen wesentlich beeinflussen, die P jedoch unter Kenntnis der relevanten Umstände ablehnen würde.

"Zwang" wird wohl allgemein als etwas Negatives angesehen, daher können im landläufigen Sinne nicht alle Beeinflussungen Zwang sein, denn nicht alle solche werden als negativ angesehen.

ice hat geschrieben:Also habe ich den Begriff bedingte Freiheit als Kompromiss vorgeschlagen, um auszudrücken, dass es eben immer Bedingtheiten in unserem Denken/Entscheiden/Handeln gibt.

Hm, ist ein unbedingtes Denken, Entscheiden und Handeln überhaupt denkbar, ergibt das überhaupt einen Sinn? Ich denke nicht. Wenn z.B. jemand mit Tourette-Syndrom zufällig irgendwelche Zuckungen hat, dann wären das definitionsgemäß (Handlung -> zielgerichtete Aktivität) keine Handlungen, sondern man würde das "Verhalten" nennen. (Wobei es übrigens völlig irrelevant wäre, ob diese Zuckungen determiniert oder inderminiert erfolgten.)
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ujmp » Mi 29. Jan 2014, 22:37

ujmp hat geschrieben:Ob zwei Farben das Urteil der Gleichheit verdienen hängt nur indirekt davon ab, welche Farben es sind. Es könnten zwei Gelb oder zwei Blau usw. sein. Es hängt aber direkt davon ab, ob du einen Unterschied zwischen ihnen feststellen kannst. Deine Denkkraft hängt daher weniger davon ab, was dir alles so für Sätze einfallen, sondern ob du in der Lage bist, die Muster darin zu erkennen und zu vergleichen. Es nützt also nicht sehr viel, Freud und Wittgenstein zitieren zu können, wenn man nicht in der Lage ist diese Zitate zu verstehen. "Verstehen" kommt von "richtig zusammenstellen"

Hier ein kleines Beispiel:

1. Alle Brights sind Deppen.
2. Einige Deppen sind Philosophen.

Welche Aussage lässt sich daraus ableiten?:
A. Kein einziger Bright ist ein Philosoph.
B. Einige Brights sind Philosophen.
C. Alle Brights sind Philosophen.
D. Keiner der Aussagen stimmt


Intelligentes Verhalten ist hauptsächlich dadurch determiniert, das gemeinsame Muster z.B. in solchen Syllogismen zu erkennen. Es hat nichts mit dem Inhalt dieser Sätze zu tun. Es gibt auch einfachere und auch komplexere Strukturen. Die Qualität eines "Diskurses" hängt von dieser Fähigkeit ab. Es ist die Fähigkeit, den Diskurs zu beurteilen. Es ist ein außersprachliches Urteilsvermögen. Es beruht letztlich auf einem Mustervergleich von einer Hand voll Strukturen, die wir als folgerichtig (Logik) oder verhältnismäßig (Mathematik) empfinden.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Vollbreit » Mi 29. Jan 2014, 22:47

ujmp hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es könnten zwei Gelb oder zwei Blau usw. sein. Es hängt aber direkt davon ab, ob du einen Unterschied zwischen ihnen feststellen kannst. Deine Denkkraft hängt daher weniger davon ab, was dir alles so für Sätze einfallen, sondern ob du in der Lage bist, die Muster darin zu erkennen und zu vergleichen.
Du meinst wemm man hell/dunkel, warm/kalt und oben/unten unterscheiden kann ist alles in Butter der Rest nur überflüssiges Beiwerk?

Du kommst du auf diese überaus dumme Idee?

Nun, ich hatte Dich so verstanden, dass Du sagst, dass Tiere auch urteilen.
Nicht klar ist mir, ob Du nun meinst, dass zwischen den Urteilen von Tieren und Menschen ein relevanter Unterschied liegt, oder nicht.
Als Freund der klaren und einfachen Sprache: Wie wär's mit einer klaren und einfachen Antwort?
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ujmp » Do 30. Jan 2014, 06:40

ujmp hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ob zwei Farben das Urteil der Gleichheit verdienen hängt nur indirekt davon ab, welche Farben es sind. Es könnten zwei Gelb oder zwei Blau usw. sein. Es hängt aber direkt davon ab, ob du einen Unterschied zwischen ihnen feststellen kannst. Deine Denkkraft hängt daher weniger davon ab, was dir alles so für Sätze einfallen, sondern ob du in der Lage bist, die Muster darin zu erkennen und zu vergleichen. Es nützt also nicht sehr viel, Freud und Wittgenstein zitieren zu können, wenn man nicht in der Lage ist diese Zitate zu verstehen. "Verstehen" kommt von "richtig zusammenstellen"

Hier ein kleines Beispiel:

1. Alle Brights sind Deppen.
2. Einige Deppen sind Philosophen.

Welche Aussage lässt sich daraus ableiten?:
A. Kein einziger Bright ist ein Philosoph.
B. Einige Brights sind Philosophen.
C. Alle Brights sind Philosophen.
D. Keiner der Aussagen stimmt


Intelligentes Verhalten ist hauptsächlich dadurch determiniert, das gemeinsame Muster z.B. in solchen Syllogismen zu erkennen. Es hat nichts mit dem Inhalt dieser Sätze zu tun. Es gibt auch einfachere und auch komplexere Strukturen. Die Qualität eines "Diskurses" hängt von dieser Fähigkeit ab. Es ist die Fähigkeit, den Diskurs zu beurteilen. Es ist ein außersprachliches Urteilsvermögen. Es beruht letztlich auf einem Mustervergleich von einer Hand voll Strukturen, die wir als folgerichtig (Logik) oder verhältnismäßig (Mathematik) empfinden.


Bevor der die Anfrage kommt, ob ich denke dass man nur Bright sein kann, wenn man Philosoph ist: NEIN, DAS DENKE ICH NICHT!!! Es geht nur um die Form, in der diese Inhalte gegossen sind:

1. Alle X sind Y.
2. Einige Y sind Z.

Welche Aussage lässt sich daraus ableiten?:
A. Kein einziges X ist ein Z.
B. Einige X sind Z.
C. Alle X sind Z.
D. Keiner der Aussagen stimmt


...und: NEIN, ich bin auch kein Fan von "Aktenzeichen XY-ungelöst"! ;-)
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Vollbreit » Do 30. Jan 2014, 09:18

D ist richtig.

Beantwortest Du denn nun auch die Frage nach dem möglicherweise relevanten Unterschied des Urteilens von Tieren und Menschen?
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ice » Do 30. Jan 2014, 10:23

AgentProvocateur hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Als harter Determinist verstehe ich Deine "Unzufriedenheit" mit dem Begriff Freiheit. Für mich ist er im Grunde auch irreführend und letztendlich eine Illusion, wenn man den Determinismus konsequent zu Ende denkt. Das Paradoxe an der Situation ist aber, dass ich mich trotzdem irgendwie als freies Wesen empfinde, das Denk-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit scheinbar besitzt. D.h. ich habe den Eindruck/das "Gefühl" von Freiheit, obwohl mir bewusst ist, dass mich dieser Eindruck/dieses "Gefühl" wahrscheinlich täuscht.

Inwiefern eine Illusion, inwiefern täuscht Dich Dein Eindruck? Wie ist Dein Eindruck, Dein Gefühl genau, wenn Du Dich als freies Wesen empfindest? Hast Du das Gefühl, dass Du selber denken, abwägen und entscheiden kannst, es oft zu großen Teilen an Dir liegt, für was Du Dich entscheidest und tust? Was soweit aber noch nichts mit Determinismus zu tun hätte.

Worin liegt nun die Illusion, die Täuschung, was empfindest Du, was mit Determinismus nicht vereinbar ist?



Wenn der Determinismus vermutlich wahr ist, dann vermute ich auch folgendes: Es gibt für jede bewusste Entscheidung/Handlung bestimmte Beweggründe, also Motive, Wünsche, Überzeugungen, Neigungen und Umstände, die alle natürlichen Gesetzen gehorchen - auch wenn wir inne halten, wohl überlegt beurteilen, reflektieren und abwägen vor einer Entscheidung/Handlung. Denn auch bewusste Gedanken, Überlegungen und Reflexionen spielen sich nicht irgendwo im luftleeren Raum ab, sondern sind im Gehirn neurobiologisch kodiert und festgelegt durch unzählige Einflussfaktoren. Aus dieser Vermutung folgt für mich, dass es keine absolute/bedingungslose Freiheit geben kann, weil jeder Mensch untrennbarer Teil der determinierten Welt ist und nicht außerhalb stehen kann.

Diesen Gedanken habe ich ständig im Hinterkopf - und darin liegt für mich vielleicht auch die Illusion/die Täuschung/das Paradoxon, wenn ich mir dann sage, dass ich trotzdem ein bedingt freies Wesen bin, das relativ frei denken, entscheiden und handeln kann. Ja, mein Eindruck ist, dass ich selber denken, abwägen und entscheiden kann, aber könnte ich mir das auch nur einbilden? Spüre ich diese inneren Einflüsse und Abhängigkeiten nur nicht als Zwang? Wie sollte ich das feststellen? Ich vermute, dass ich es eben nicht feststellen/überprüfen kann, ob ich einer Täuschung/Illusion unterliege oder nicht.

Im Alltag spielen solche Überlegungen natürlich kaum eine Rolle, weil ich da meist eingebunden bin in gut trainierten Ablaufroutinen und meine Entscheidungen schnell treffe. Nur bei schwierigen Entscheidungen und beim Nachdenken über philosophische Themen kommt mir öfters der Gedanke, dass auch überlegtes Beurteilen, Reflektieren und Abwägen determiniert sein könnte - wir es aber gar nicht merken (können).

Wie gesagt, das sind nur Vermutungen. Und ich will mich da auch nicht auf etwas versteifen. Wenn Du das anders siehst, dann respektiere ich das. Wir haben uns ja schon auf den Begriff bedingte Freiheit geeinigt. Vielleicht ist das schon der Kompromiss, mit dem jeder gut leben kann.

AgentProvocateur hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Meine bedingte Freiheit liegt mE jetzt darin, dass mein Wille sich ohne inneren oder äußeren Zwang ausleben kann. Dieses "Ausleben" empfinde ich dann als frei, wenn meinem Willen nichts entgegengesetzt wird. Ich kann dann also denken/entscheiden/handeln wie ich will. Der Wille ist also an sich nicht frei, sondern "Ich" bin es, wenn ich meinen Willen durchsetzen kann.

So ist es. (Genauer gesagt: Du hast dann Handlungsfreiheit. Willensfreiheit wäre, wenn Du Deine Entscheidungen hinreichend selber erzeugen kannst.)


Okay, dann sind wir uns da ja einig.
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon ice » Do 30. Jan 2014, 10:38

AgentProvocateur hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Gerade aber Freiheit ist im Zusammenhang mit hartem Determinismus mE ein schwieriger Begriff, der es nicht gerade einfach macht, ihn wirklich zu verstehen und zu definieren.

Ich habe es ja weiter vorne im Thread schon versucht: Freiheit bedeutet für mich, ohne inneren und äußeren Zwang denken, entscheiden und handeln zu können.

Ja, der kompatibilistische Freiheitsbegriff. Was macht den schwierig zu verstehen im Zusammenhang mit Determinismus?


Meine Schwierigkeiten damit habe ich im vorigen Beitrag versucht zu beschreiben.

AgentProvocateur hat geschrieben:
ice hat geschrieben:Nun müssten wir auch noch Zwang definieren. Zwang könnte für Beeinflussung oder Druck stehen. Wenn wir jetzt diese Definition(en) hernehmen, dann kann es die so definierte Freiheit in einer determinierten Welt nicht geben, weil wir ständig von inneren (Gehirnaktivitäten) und äußeren (komplexe dynamische Umwelt) Faktoren in unserem Denken, Entscheiden und Handeln beeinflusst werden.

Der Kompatibilist meint aber mit "Zwang" nicht jede Beeinflussung, sondern das, was normalerweise unter "Zwang" verstanden wird. Ungefähr so, aus dem hohlen Bauch: "Zwang" sind für P sind diejenigen Sachverhalte, die P's Entscheidungen und/oder Handlungen wesentlich beeinflussen, die P jedoch unter Kenntnis der relevanten Umstände ablehnen würde.

"Zwang" wird wohl allgemein als etwas Negatives angesehen, daher können im landläufigen Sinne nicht alle Beeinflussungen Zwang sein, denn nicht alle solche werden als negativ angesehen.


Ja, da gebe ich Dir Recht. Zwang wird als etwas Negatives angesehen. Wenn innerer und äußerer Zwang wegfällt, dann fühlen wir uns frei. Was ist aber mit den anderen inneren und äußeren Einflussfaktoren, die unser Denken/Entscheiden/Handeln beeinflussen und die wir nicht als Zwang erleben? Wie geht ein Kompatibilist damit um?
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Re: Harter atheistischer Determinismus

Beitragvon Vollbreit » Do 30. Jan 2014, 10:54

ice hat geschrieben:Ja, da gebe ich Dir Recht. Zwang wird als etwas Negatives angesehen. Wenn innerer und äußerer Zwang wegfällt, dann fühlen wir uns frei. Was ist aber mit den anderen inneren und äußeren Einflussfaktoren, die unser Denken/Entscheiden/Handeln beeinflussen und die wir nicht als Zwang erleben? Wie geht ein Kompatibilist damit um?
Entspannt.
Irgendwelchen Einflussfaktoren unterliegen wir ja immer, bei allen Entscheidungen, sie determinieren unsere Entscheidungen. Und Freiheit und Determinismus schließen einader nicht aus.

Aber konkret: Nehmen wir an, ein geschickter Verkäufer hat das Ziel Dich zu etwas zu überreden, durch das er Geld verdient.
Nun ist das, wozu er Dich „überreden“ will aber tatsächlich etwas, was Dich brennend interessiert und Du kaufst es ihm gerne ab.
Warst Du nun einem Zwang durch geschickte Manipulation ausgesetzt oder hast Du freiwillig entschieden?
Was meinst Du?
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