provinzler hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Zappa hat geschrieben:Weisheiten sind meiner Erfahrung nach immer Grautöne.
Das könnte man sich schon fast rahmen und an die Wand hängen.
Schon klar, bloß keine klare Position beziehen.
Warum soll ich denn unbedingt eine Position beziehen? Ich diskutiere gerne Konzepte, und ich meine, dass man mir schon ein-, zweimal bestätigt hat, dass ich das in ganz passabler Klarheit hinbekomme, aber warum erwartest du von mir, dass ich Seiten wähle?
Nichts gegen ein bisschen Adrenalin zwischendurch, aber wenn es zu einem eigenständigen Kriterium für eine gute Diskussion wird, dass ein bisschen Pulverdampf in der Luft liegt, ist der Sache nicht gedient.
provinzler hat geschrieben:Man könnte ja mal auf Gesagtes wieder hingewiesen wären. Wenns darum geht möglichst ungeschoren zu bleiben, vielleicht wirklich die "weisere" Entscheidung. Also entweder gar nix sagen, oder sich in schwer durchsichtige Orakeleien a la Greenspan hüllen.
Kurt Tucholsky sagte übrigens mal weise, dass in jedem Zyniker ein enttäuschter Idealist stecke; vielleicht etwas, was dich nicht schlecht charakterisiert. Weisheit entsteht meines Erachtens ganz wesentlich aus überwundenen Enttäuschungen. Die Frage an dich wäre in dem Zusammenhang, warum es dich enttäuscht und wütend macht, wenn Menschen sich einem Frontendenken verschließen; warum du dann lieber Zyniker als weise bist.
provinzler hat geschrieben:Wer Kritik aushalten kann, kann auch eine klare Ansicht äußern.
Wer hat denn unklare Ansichten geäußert? Weder Zappa noch ich haben das. soweit ich das überblicken kann, getan, wir haben nur lediglich nicht unsere Ansichten mit unserer Person verbunden, was keine Immunisierungstaktik ist, sondern etwas mit Distanz zum Gegenstand zu tun hat.
Kritik aushalten ist meines Erachtens die Fähigkeit, eigene Positionen revidieren zu können und darunter nicht emotional zu leiden. Paradoxerweise können das aber gerade die Bezieher "klarer Positionen" meist am schlechtesten, weil sie emotional viel zu sehr mit ihrer Position verwachsen sind. Kritik aushalten zu können, und zwar nicht nur die Anwesenheit von Kritik, sondern im emphatischen Sinne das An-sich-heranlassen von Kritik und das ehrliche, ergebnisoffene, kritische Prüfen der eigenen Ansichten erfordert ein gerüttelt Maß an emotionaler Distanz zu eigenen Ansichten, die nur derjenige haben kann, der nicht besonders an ihnen hängt. Und wer nicht besonders an einer Position hängt wird auch offener für andere Positionen, was zu einer starken Graufärbung und inneren Pluralität der eigenen Weltsicht führt. Wer einmal so weit gekommen ist, ist über primitive Immunisierungen schon lange drüber.