Text: Himmel oder Hölle

Alles, was sonst nirgendwo hinpasst, findet hier seinen Platz.
Neue Mitglieder sind herzlich eingeladen, sich hier vorzustellen.

Text: Himmel oder Hölle

Beitragvon Münchhausen » Do 26. Jul 2007, 22:47

Diese Geschichte habe ich vor 2 Jahren geschrieben, sie wurde mehrmals in verschiedenen Schulen im Religionsunterricht vorgelesen und behandelt.
Mich würde interessieren was sie davon halten, und wie sie sich entscheiden würden.


Himmel, oder Hölle?

Es begann harmlos, so harmlos wie jede Nacht zu sein scheint.
Ich, ein jugendlicher von 17 Jahren begebe mich zu Bett, denke über meinen Tag nach, Denke über meine Vorhaben für den nächsten Tag nach, es folgt die Vortraumphase.
Aus These und Antithese des Marxismus im 21 Jahrhundert wird plötzlich Diskussion über den ethnischen Unterschied von Stühlen. Immer näher kommt es, dieses Gefühl, dieser Zustand, den niemand versteht und der doch jedes Mal von neuem kommt.

Wie oft bin ich in meinem Bett gelegen und dachte mir, dass ich genau beobachten würde, wie meine Gedanken sich deaktivieren und mich in eine Welt ziehen, in der ich so geborgen bin, dass mein Körper sich erholen kann. Jedes Mal wachte ich morgens auf, im Wissen mein Ziel erneut verfehlt zu haben.

Doch diesmal passierte alles anders.

Mein Puls begann sich zu verdoppeln, ich spürte wie mein Körper bebte, meine Füße wurden schwer wie Blei. Plötzlich war ich unfähig mir etwas vorzustellen. Es war so als wenn meine Gedanken in einem Hell erleuchteten Raum aufgezeichnet worden wären, und nun war das Licht aus, ich konnte nur noch Gedanken denken die ich gerade im Kopf hatte aber nicht weiter. Es war mir unmöglich etwas zu Denken, etwas zu merken oder etwas zu fühlen.
Ich versuchte meine Körper zu fühlen, doch er war verschwunden. Meine Beine, wo waren sie?

Ich riss die Augen auf. Meine Arme, meine Beine sie waren noch da. Langsam bewegte sich mein Finger zum Lichtschalter der Lampe, um ihn zu deaktivieren. Wieder begann das unheimliche Szenario. Meine Gedanken verschwanden, ebenso wie die Kontrolle über meinen Körper. Ich wollte schreien, ich wollte Leben, was passierte eigentlich.
In einem letzen Versuch versuchte ich meine Oberkörper zu erheben, ich musste doch irgendetwas fühlen, wo waren sie? Wo war ich? Meine Gedanken, sie waren ein schwarzes Loch dass langsam begann sich zu drehen, und das obwohl es doch gar nicht existierte, ich konnte mir es doch nicht vorstellen. Mein Kiefer öffnete sich, ein lauter Schrei zog sich aus ihm heraus als ich meinen Oberkörper aufriss um mich gegen das Vergessen zu wehren.
Mein Körper bewegte sich, beugte sich auf, bewegte sich in Richtung Lichtschalter, doch noch in derselben Sekunde in der mein letzter Wille meinen vergessenden Körper eine Bewegung ausführen ließ, stürzte dieser ab. Es war als wenn ich durch mich selbst fallen Würde. Mein Körper musste noch immer da liegen und sich selbst vergessen, doch ich war durch ihn durchgefallen.

Und dann war ich da.

Es ist seltsam hier, weißer Nebel zog sich über eine Ebene, deren Boden aus roter Erde besteht, der Boden ist eben, nur weiße Federn steckten in ihm. Der weißliche Nebel, oder war es Rauch bewegte sich langsam, er floss um die Federn.
Diese Plattform, oder was auch immer es war, sie war leer.
Wo war ich? Was war geschehen. Ich blickte auf meinen nackten Körper, nur Leinen waren um die Genitalien gezogen. Es war ein leichter bequemer Stoff.
Beim Versuch die Leinen zu lösen begann der Stoff unangenehm zu werden, offensichtlich hatte ich kein Recht meine Genitalien zu begutachten. Wie seltsam dachte ich.
Die Plattform war in einer Art Becken. Dieses Becken, lässt sich als Fünfeck beschreiben, in jeder Richtung sind große rote Wände, die mit ihrem matten Fleischrot düster glänzen.

„Verdammt, wo bin ich hier?“ Dachte ich.
„Willkommen im Fegefeuer“, sagte eine tiefe brachiale Stimme hinter mir.
Ich drehte mich um, hinter mir war ein Abgrund, zwischen ihm und mir knapp zwei Meter.
„Wer, wer bist du?“ fragte ich mit zittriger Stimme.
Der Mann Stand auf der Kante des Abgrundes, sein Körper war in weißen Leinen gebettet und über seinem Kopf stand ein gelber Heiligenschein der so wunderschön leuchtete dass meine Augen zu tränen Anfingen. „Gott“ stammelte ich mit piepsender Stimme.
„Nicht Gott, Petrus“ tönte es mir entgegen.
„Petrus“ murmelte ich. Ich erinnerte mich schlagartig an einen Artikel in der Zeitung den ich gelesen hatte. „Beten hilft, Wissenschaftler vor einem Rätsel, Atheisten beunruhigt.“
„Ich glaube doch nicht an Gott“. Stammelte ich leise, und versuchte mich darauf vorzubereiten irgendetwas entgegen geworfen zu bekommen. Doch Petrus war unbewaffnet, seine Hände waren frei, und seine Augen blickten mit Herablassung auf mich.
„Aber Gott hat dich geschaffen, du wurdest gezeugt um Gott zu verherrlichen, ihn auf Erden und in der Ewigkeit zu vergöttern und so dein Seelenheil zu finden.“
„Ich habe nie gebetet“ stammelte ich schockiert.

„Gott weiß das“, aber er liebt seine Kinder, und darum dürfen sie selbst entscheiden.
Ich hob meinen Kopf. Ich hatte es bisher noch nicht bemerkt, aber aus meinen Augen quollen Tränen. Schlagartig schoss mir eine Erinnerung in den Kopf.
Es war der Priester der mir Religionsunterricht gegeben hatte.
„Und im Fegefeuer, da werdet ihr landen wenn ihr nicht so böse wart dass es keine Hoffnung mehr gibt, ihr werdet über euer ganzes Leben nachdenken, und wenn es soweit ist, dann werde ihr in den Himmel kommen, aber bis dahin werde ihr weinen, und Leiden, denn dies ist die einzige Möglichkeit im Fegefeuer Buße zu tun.“

Ich war also im Fegfeuer, und vor mir stand Petrus höchstpersönlich, einer der Apostel, der Hüter des Tores zum Himmel. Aus Fabeln, Märchen und Sagen wusste ich dass er sehr streng ist, aber ich hatte doch nie an ihn geglaubt, weder an ihn, noch an Gott.
Jesus, ja den hatte es gegeben, aber als Mensch mit guten Ideen, das war alles.
Und nun, nun stand dieser erlogenen Petrus vor mir und offenbarte mir dass ich der Lügner sei, den ich hatte mich mein ganzes Leben lang selbst angelogen.

Petrus winkte mit der Hand. Ich folgte ihm, und stellte mich neben ihm auf die Kante.
Seine Hand zeigte in den Abgrund
Es war eine Schlucht, eng und tief, schier endlos tief, ich fragte mich ob dieses Tiefe je ein Ende haben würde?

Noch bevor ich etwas sagen konnte hob Petrus seine Hand und zeigte in die Höhe.
Dort oben schien eine helle neonfarbene Wolke zu sein, zu schön um wahr zu sein.
Sie strahlte und ihr Anblick schien mir glaubhaft machen zu wollen dass alles gut sei.
Ich versuchte meinen Blick von ihr zu lösen, doch es ging nicht. Meine Augen schmerzten, als das Licht sich in den Tränen brach und mir in die Pupillen stach.

Petrus senkte seinen Arm, und mein Kopf lies sich endlich senken.

„Dort oben, ist der Himmel. Die Residenz Gottes und seiner Kinder.
Der Garten Eden als Heimat der menschlichen Heerscharen ist ein Garten der christlichen Freuden und Harmonie, in seinem ewigen schönen Himmel residieren die Engel, die himmlischen Heerscharen. Sie sind nur noch eine Himmelstufe unter der obersten goldenen Wolke, auf der ein Thron aus Kristall steht. Auf diesem Kristall sitzt Gott und blickt über seine Kinder, während diese ihn Anbeten.

„Was für ein Leben“ kroch aus meinem zusammengepressten Mund.
Petrus blickte bösartig zu mir und verzog das Gesicht.
Dort unten hingegen, ist die Hölle, der ewige Abgrund in den Gott Luzifer stieß als dieser sich über die fromme göttliche Regelung erhob. Dort unten residieren die Dämonen in den Spalten, während die verlorenen Seelen Luzifer in die ewige Tiefe fallen. Ich blickte in die ewige Tiefe und konzentrierte mich. Ich sah jemanden fallen. Seine Schreie zogen sich in meine Ohren. Gleichzeitig bemerkte ich ein funkeln in einer der Höhlen. Plötzlich schoss ein Wurm aus Feuer aus der Höhle in dem fleischfarbenen Felsen und zerfetze die verlorene Seele in tausend Stücke. „Was ist mit ihm passiert?“ fragte ich entsetzt.
„Die verlorenen Seelen sind die Nahrung der Dämonen, einmal von ihnen gefressen landen sie einer anderen Ebene der Hölle, je nachdem welcher Dämon sie fraß und welche Sünden auf ihnen lasten. „Das ist doch grausam“ kroch es wieder aus meinem Mund.
Petrus blickte Stumm in mein Gesicht. „Es liegt an dir, wanderst du in die Richtung der Felswand auf der anderen Seite der Schlucht, so wirst du am Ende des Weges eine Leiter in den Himmel finden. Wählst du jedoch die Hölle so stürze dich hinab in die ewige Verdammnis. Entscheide gut. Ich konnte meinen Augen nicht trauen als Petrus sich in Rauch auflöste.

So stand ich da. Mitten im Fegefeuer, vor dem Schlund der Hölle.
Unwissend, ob ich mich dem Patriarch des Himmels, oder der Zerstörung der Hölle ergeben sollte. Ich beschloss in Richtung Himmel zu wandern bis ich die Leiter erreichen würde, müsste soviel Zeit vergangen sein dass ich eine Entscheidung parat hätte. In die Hölle konnte ich mich ja noch immer stürtzen. Auf meinen Weg zur anderen Seite bemerkte ich dass die Wand matt leuchtete, in der selben Farbe wie der Himmel über mir, obgleich hier im Fegefeuer alles in einem matten Rot glänzte und mir das Gefühl gab in mir selbst zu sein.
Immer wieder zuckte es in mir. Ich erlebte alle meine Lebenssituationen erneut.
Oftmals schlug ich mir selbst vor Wut auf den Kopf. Versuchte meine Beine zu erschlagen oder meine Arme aufzureißen, sosehr setze mir meine Vergangenheit zu.
Ich sah Menschen die mir nett entgegenkam, und die ich blind und voller Hass zurückwarf.
Ich sah Menschen die mit Neid und Scheinheilig auf mich zukamen, und die ich einladend akzeptierte und zusah, wie sie mich und meinesgleichen zerstörten.
Hier im Fegefeuer gab es keine Zeit. Weshalb es unmöglich zu sagen war, wann ich an der Leiter ankam. Doch bis ich die Leiter erreichte musste eine Ewigkeit vergangen sein, ein Jahrtausend? Ein Jahrzehnt oder doch nur eine Minute? Wie lang auch immer, vom ersten Moment an wollte ich nur eines, mich selbst für meine Dummheit zu töten um diesen Horrorszenario zu entfliehen. Wo war sie, die Leiter, die ich besteigen musste um Vergebung zu finden. Wo war er, der Ort der mir vergeben sollte. Noch im Marsch zur Leiter bemerkte ich einen Gedanken, der sich scheinbar ohne Einwirkung des Fegefeuers gebildet hatte.
Wenn Gott dir verzeiht, dann heißt dass nicht dass du dir selbst verzeihst.
Einmal traf ich einen anderen. Seine halblangen schwarzen Haare lagen über seinem Gesicht und er lachte höhnisch. Ich blickte auf ihn. Er lag gebeugt am Boden und klopfte auf den matten fleischfarbenen Boden aus toten Federn und Rauch.
Er kroch. Wie schlimm musste sein Leben gewesen sein als dass er sich so zugerichtet hatte dass er nur noch kriechen konnte? Ich blickte auf meinen eigenen Körper. Ich hatte mir in Trance versunken etliche Zähne ausgerissen, oder ausgeschlagen, deren Hohlräume im Gebiss ich mit meiner Zunge umfuhr, die zerbissen und vermutlich stark blutend war.

OH GOTT. Schrie ich und krachte zusammen. Ich beschloss mich weiter zu bewegen, und wenn ich kriechen musste, ich musste einfach weiter. Der Mann kroch noch immer, und trotz dass er sich flink und schnell bewegte holte ich ihn mühselig ein. Neben etlichen Blitzen in meinem Gehirn die ich schon gar nicht mehr aktiv registrierte bemerkte ich wie ich mir den kleinen Finger mit den noch vorhandenen Schneidezähnen abbiss und dabei den rechten oberen Schneidezahn verlor.

Inzwischen war ich ein Stück vor dem Mann und blickte auf sein Gesicht das traurig innehielt und auf mich blickte. Ahaha.. scholl es leise aus seinem Mund. Der Mund war Zahnlos, die Hände des Mannes ohne Finger. Ich formte den Mund zu einer Frage , doch noch bevor ich meinen selbst verstümmelten Mund öffnen konnte donnerte der Mann seine Anklage.
„Der Schöpfer, er muss sterben, nur wenn der Schöpfer stirbt können auch wir sterben.“
Stumm blickte ich in seine Augen. Sie waren leer. Dieser Mann hatte all seine Menschlichkeit verstümmelt, er hatte nicht nur seinen Körper zerstört sondern in erster Linie vor allem sich selbst. Ich konnte ihn verstehen, ein derartiger Krüppel würde es niemals schaffen die Leiter zu erreichen, und somit das Paradies zu betreten. Andererseits war er hier sicher.
Die Dämonen schienen nicht in das Fegefeuer zu kommen, solange er also hier mit schier endlosen schnellen Bewegungen immer auf dem gleichen Fleck blieb schien ihm keine Gefahr zu drohen, auser ihm selbst.

Nach einiger Zeit beschloss ich mich weiterzubewegen. Irgendwann, ich weis nicht mehr wann, erreichte ich die Leiter. Meine Zähne waren verschwunden, meine Haare ausgerissen, meine Finger hatte ich mir mit den Füßen abgetreten und diese selbst so lange gegen den Boden geschlagen bis sich gebrochen waren. Es war eine sehr primitive Form von kriechen die mich noch fortbewegte. Doch sie reichte, um die Leiter zu erreichen.
Es war eine sehr unspektakuläre Leiter. Um sie herum war eine Zone von schönem blauem Licht. Als ich in dieses Kroch begann noch mehr schmerz meinen Körper zu durchkriechen.
Trotz allerhand gebrochener Gliedmaßen verzog ich meinen Körper, versuchte mit meinem selbst gebrochen Kiefer zu Schreien, als mein Körper sich regenerierte indem die zerstörten Körperteile langsam nachwuchsen. Ich weiß nicht mehr wie lang es dauerte, ich glaube ein jahrhundert, vielleicht auch ein jahrtausend? Irgendwann hatte ich mich an den Schmerz gewöhnt und zählte mit. Ich weis nicht wie viel Zeit vergangen ist bis ich zum Zählen begann, noch ob ich im Takt zählte, doch als ich eine siebenstellige Zahl erreichte war der Schmerz verschwunden. Ich öffnete meine Augen die ich bis dahin verkrampft hatte.
Die Leiter war noch immer da, ebenso der blaue Schein, und meine Körper war wieder Heil.
Freudig griff ich auf die Leiter. Ja dies war die Erlösung, dort oben wartete ein ewiges Leben auf mich, eine ewige Zeit der Freude der Glückseligkeit. Noch während ich kletterte kamen mir auch noch andere Gedanken. Ein Leben nach den 10 Geboten, ein Gott der ewig angebetet werden wollte. Eine Welt in der die Freiheit des Menschen daran liegt zu beten und sich an die strengen Regeln des Schöpfers zu halten. „ Der Schöpfer, er muss sterben, nur wen der Schöpfer stirbt können wir sterben“ hallte es in meinem Kopf.
Zweifel kam in mir auf. Wollte ich ein ewiges Leben das mit Zensur und Beschneidung meiner Privatsphäre mich zu einem betenden Diener degradierte. Und sollte es noch so schön sein, war der Sinn der Ewigkeit die ewige Anbetung eines scheinbaren Aufmerksamkeitsgeilen Gottes? War dies alles? Was war mit meinem vorigen Leben?
„Mir wird also vergeben, alles ist gut, und ich kann Beten“ schoss mir in den Sinn.
Die Leiter mündete in einen Schacht, es ist unmöglich zu sagen wie lange ich kletterte und wie viele Gedanken in dieser Art in mir Auftauchten, ich könnte sie zählen, doch dazu fehlen mir die Nerven, und die Gesundheit. Doch als ich endlich das Ende der Leiter erreichte war der Ausgang verschlossen. Kaum klopfte ich gegen diesen hell leuchtenden Deckel, da begann eine kreisende Bewegung in den Deckel, und er öffnete sich wie der Schacht eines Unterseebootes. Vor mir Stand Petrus, und ein großer Engel, dessen feminines Gesicht auf mich blicke. Es war ein strenges Gesicht. „Das ist der Erzengel Gabriel, er sorgt dafür dass niemand im Himmel verweilt der sich den Regeln des Schöpfers widersetzt.“
Gabriel nickte und bleckte die Zähne. An seinem Gurt hing ein großes Schwert aus Flammen.
In meinen Gedanken erschien das Bild meines Nachbarn dem diese Engel die Hände abgeschnitten hatte. Der Engel stand stumm vor dem Mann der sich am Boden räkelte und schrie, die Hände waren abgeschnitten, die Arme zum Stummeln verbrannt.
Nach schier endloser Zeit beruhigte sich der Nachbar und der Engel nahm ihn in seine starken Hände, um ihn zur Mitte des Garten Edens zu tragen. Dort war ein großes Loch, dass direkt in den ewigen Abgrund mündete.

Ich weis noch wie der Nachbar mich in meinen Gedanken anblickte.
Seine Augen waren nass von Schmerzenstränen, so wie meine.
Seine Angstrufen, das Wackeln mit den Armstummeln, in mir wuchs das Gefühl mich übergeben zu wollen. Petrus blickte noch immer in mein Gesicht. Wie lange stand ich schon auf der Leiter?

Petrus hatte seine Hand ausgestreckt. „Nimm diese Hand, und du akzeptierst die Regeln des Schöpfers und darfst dich ewig an ihm im Gebet ergötzen.

Langsam hob ich meine Hand zu Petrus. Meine Fingerspitze hatte schon fast die seine erreicht, als ich noch einmal kurz in die Augen von Gabriel blickte. Ich erkannte mich selbst wieder, verloren betend. „Ist es dies was du willst?“ rief eine Stimme in mir.

NEEEEEIN, rief ich und ließ die Leiter los. Mit höllischer Geschwindigkeit entfernte ich mich von diesem Ort, denn wir Menschen naiv den Himmel, die Erlösung nannten.
Unter mir tauchte wieder die matte fleischige Umgebung des Fegefeuers auf.
Mein Körper klatschte auf den Harten Boden, wie ein Spielball prellte ich ab und landete erneut unsanft auf dem Boden. Meine Arme waren Gebrochen, die Beine seltsamerweise nicht. Meine Zähne waren wieder Großteil verloren, und ich konnte nur mehr auf einem
Auge sehen, in dem anderen steckte eine Feder.

Ich war wieder dort, wo ich am Anfang war, hinter mir stand die Leiter, leicht gebeugt, so dass es mir möglich gewesen wäre auf ihr nach oben zu gehen, obgleich dies weitaus anstrengender wäre als zu klettern.

Vor mir hingegen stand die Hölle, die noch immer tief und endlos sich der Verderbnis entgegenstreckte. Dort unten war er, Luzifer, der erste von uns verlorenen, der sich
Gegen das Patriarch des Himmels gestellt hatte.
Ich blickte in die Hölle, dann hinauf zum Himmel.
Es war nur ein kleiner Sprung, oder auch nur ein zarter Schritt, selbst einfach nur hinzufallen hätte gereicht. Zum Himmel hingegen war es ein steiler langer Weg, der Heilung garantierte während die Hölle nichts als den ohnehin erlebten Tod zu bieten hatte. Die Leiter war nur mehr knapp 2 Meter von dem Abgrund entfernt. Der Mann am Boden war noch immer da, er kniete in der Mitte und schien noch immer nicht das Ende der Strecke erreicht zu haben.
So stand ich da, und überlegte inmitten ewig wiederkehrender Gedanken der Demütigung und Aggression. Ich erlebte die Zerstörung meiner Hoffnungen und die Blüte meiner Illusionen, wieder und wieder. Meine Begleiter bis zu meiner Entscheidung.
Wie oft bin ich die Leiter hinaufgegangen, und habe es abgebrochen, da ich den Regeln des Schöpfers nicht gehorchen will. Wie oft stand ich vor der ewigen Tiefe und beschloss nicht dem Beispiel Luzifers zu folgen. Wie oft lauschte ich dem Mann der zwischen der tristen Erlösung und der ewigen Zerstörung gefangen war.

„Der Schöpfer, er muss sterben, nur wenn der Schöpfer stirbt können auch wir sterben.“

Mehr sagte er nie. Ich habe mich nie entschieden, so stehe ich noch immer hier, zwischen ewigem Verderben und ewiger frommer Sklaverei. Der Wunsch nach Freiheit, den ich immer auf den Tod geschoben hatte, hat mich verraten. Freiheit, war mir einzig und allein als Mensch möglich, doch diese habe ich nie genutzt. Ich werde noch lange hier stehen, bis zum Ende allem Seins, oder länger, vielleicht werde ich mich eines Tages dort hinabstürtzen, oder dort hinaufklettern. Und sollten eines Tages meine gebrochenen Hände wieder einsatzfähig sein, so werde ich den Worten des eingesperrten Mannes folgen, und den Erlöser vernichten, denn nur der Tod alles Seins, scheint die wahre Erlösung zu sein.
Doch bis dahin, stehe ich hier, und blicke zum schönen Himmel, der die fromme Schönheit der Naivität verkörpert, und in die tiefe endlose Hölle, die alle Angst und Furcht verkörpert, während sie gleichzeitig nur die einzig richtige Entscheidung für mich sein kann, es sei denn jemand kommt mir zuvor, und rettet uns alle, aus diesem ewigen Alptraum.

Doch bis dahin wird noch jedem einzelnen, ob Mann ob Frau, ob Kind ob Greis, die Grausame Wahl angeboten.
Himmel oder Hölle?
Benutzeravatar
Münchhausen
 
Beiträge: 244
Registriert: Sa 6. Jan 2007, 00:03

Beitragvon Andreas Müller » Do 26. Jul 2007, 23:28

Jesus, ja den hatte es gegeben, aber als Mensch mit guten Ideen


Ich denke weder, dass es Jesus gegeben hat, noch, dass er gute Ideen hatte. Überhaupt ist die Geschichte religionswissenschaftlich nicht ganz koscher, passt insofern umso besser in den Religionsunterricht. :^^:

Ist aber gut erzählt, trägt sicher zur Verwirrung von Gläubigen bei. :up:

Schon interessant: Atheisten scheinen gerne Geschichten zu schreiben, die im Religionsuntericht behandelt werden, diese von mir hat sich auch in ein paar Klassen eingeschlichen: http://andreas.naturalismus.net/Die_Stunde_des_Herrn.htm :lachtot:
Andreas Müller
 
Beiträge: 2671
Registriert: So 10. Sep 2006, 23:17

Beitragvon [C]Arrowman » Fr 27. Jul 2007, 00:13

oh ja der Text hat es in sich, hat mich stellenweise an meine Lieblingsbücher, speziell das dritte Buch, erinnert, die His Dark Materials Trilogie von Philip Pullman.

Well done :up:
Benutzeravatar
[C]Arrowman
 
Beiträge: 961
Registriert: Mo 1. Jan 2007, 16:18
Wohnort: Fuldabrück

Beitragvon Münchhausen » Fr 27. Jul 2007, 11:45

Schon interessant: Atheisten scheinen gerne Geschichten zu schreiben, die im Religionsuntericht behandelt werden, diese von mir hat sich auch in ein paar Klassen eingeschlichen: http://andreas.naturalismus.net/Die_Stu ... _Herrn.htm lachtot

:lachtot:

Zum Thema Religon und Nationalsozialismus habe ich auch eine Geschichte geschrieben
http://sternefan.myblog.de/sternefan/art/102994976/Fleischwald_Beta_#comm

Und dann ist da noch ein Theaterstück das ich ebenfalls vor ein paar Jahren geschrieben habem es erzählt die Geschichte von Jesus aus einer anderen Perspektive, Aufführung it noch keine geplant obwohl ich schon ein Angebot von einer kleinen Theatergruppe bekommen hätte.
http://sternefan.myblog.de/sternefan/art/3046376/Theaterstuck#comm
Benutzeravatar
Münchhausen
 
Beiträge: 244
Registriert: Sa 6. Jan 2007, 00:03

Beitragvon Klaus » Fr 27. Jul 2007, 11:48

@Münchhausen, kann ich die Story auf dem Blog bringen? :^^:
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Beitragvon Münchhausen » Fr 27. Jul 2007, 11:55

Ja natürlich ich würde nur empfehlen davor noch mal schnell wegen der Rechtschreibfehler zu schauen ich bin eine wandelnde Katasrophe was diesen Bereich angeht.
Benutzeravatar
Münchhausen
 
Beiträge: 244
Registriert: Sa 6. Jan 2007, 00:03

Beitragvon Klaus » Fr 27. Jul 2007, 11:56

Danke, mache ich, mit den Fehlern, erscheint morgen auf dem Blog. :^^:
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Beitragvon Joe » Fr 27. Jul 2007, 18:30

@ Münchhausen

Nette Geschichte, gefällt mir. :respekt:
Joe
 
Beiträge: 168
Registriert: Do 21. Dez 2006, 17:08
Wohnort: Stuttgart

Beitragvon enbey » Sa 28. Jul 2007, 08:28

Andreas Müller hat geschrieben:
Ich denke weder, dass es Jesus gegeben hat,


die existenz oder fiktion gottes ist unabhängig davon es einen jesus gab oder nicht.
enbey
 

Beitragvon Andreas Müller » Sa 28. Jul 2007, 10:28

die existenz oder fiktion gottes ist unabhängig davon es einen jesus gab oder nicht.


Na und?
Andreas Müller
 
Beiträge: 2671
Registriert: So 10. Sep 2006, 23:17

Beitragvon enbey » Sa 28. Jul 2007, 11:10

gläubige kommen öfters mit dem argument her, wenn es einen jesus, mohammed etc. gab, dann muss es auch einen gott geben.
enbey
 

Beitragvon spacetime » Sa 28. Jul 2007, 12:53

@ Münchhausen
Du scheinst ja echt ein Talent fürs Geschichten schreiben zu haben. Klasse! :up:
Benutzeravatar
spacetime
 
Beiträge: 288
Registriert: Di 29. Mai 2007, 20:11
Wohnort: Frankfurt


Zurück zu Das Leben, das Universum und der ganze Rest

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 13 Gäste

cron