[Übersetzung] Daniel Dennett - The Bright Stuff

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[Übersetzung] Daniel Dennett - The Bright Stuff

Beitragvon Falk » Mo 11. Sep 2006, 17:10

The Bright Stuff
Daniel C. Dennett

Die Zeit ist reif für uns Brights, uns zu bekennen. Was ist ein Bright? Ein Bright ist eine Person mit einem naturalistischen Weltbild, frei von Übernatürlichem. Wir Brights glauben nicht an Geister, Elfen oder den Osterhasen - oder an Gott. Wir sind uns nicht in allem einig und haben die verschiedensten Ansichten über Moral, Politik und den Sinn des Lebens, aber wir teilen den Zweifel an schwarzer Magie - und an ein Leben nach dem Tod.
Der Ausdruck "Bright" wurde vor kurzem durch zwei Brights aus Sacramento, Kalifornien geprägt, die der Meinung waren, daß unserer Gesellschaftsgruppe - deren Geschichte bis mindestens in die Aufklärung reicht - eine Imageverbesserung gut täte und ein neuer Name dabei hilfreich sein könnte. Das Substantiv sollte nicht mit dem Adjektiv [engl. 'bright': hell, klar, intelligent'] verwechselt werden: "Ich bin ein Bright" ist keine Prahlerei, sondern ein Ausdruck des Stolzes über ein hinterfragendes Weltbild.
Vielleicht sind Sie ein Bright. Selbst wenn nicht, haben Sie sicher jeden Tag mit Brights zu tun. Weil wir überall sind: Wir sind Ärzte, Krankenschwestern, Polizisten, Lehrer, Schülerlotsen und SoldatInnen. Wir sind Ihre Söhne und Töchter, Brüder und Schwestern. An unseren Hochschulen und Universitäten wimmelt es von Brights. Unter Wissenschaftlern stellen wir die Mehrheit. Da es uns daran gelegen ist, Kultur zu bewahren und zu vermitteln, unterrichten wir sogar in der Sonntagsschule und in Hebräischklassen. Ich vermute, daß viele Geistliche geheime Brights sind. Tatsächlich sind wir das moralische Rückgrat der Nation: Brights nehmen ihre bürgerlichen Pflichten gerade deshalb ernst, weil wir nicht glauben, daß Gott die Menschheit vor ihren Torheiten beschützen kann.
Als erwachsener, weißer, verheirateter Mann mit finanzieller Sicherheit, sehe ich mich nicht als Mitglied einer Minderheit, die Schutz bräuchte. Ich dachte, wenn irgendjemand das Sagen hat, dann wohl Leute wie ich. Aber inzwischen spüre ich einigen Druck, und obwohl es noch nicht ungemütlich ist, habe ich realisiert, daß es Zeit ist, Alarm zu schlagen.
Ob wir Brights nun eine Minderheit sind oder - wie ich glaube - eine schweigende Mehrheit, unsere tiefsten Überzeugungen werden immer häufiger abgelehnt, herabgesetzt oder verurteilt - durch Politiker, die sich große Mühe geben, sich stets auf Gott zu berufen und sich selbstgerecht brüstend "auf die Seite der Engel" zu stellen.
Eine 2002 durch das 'Pew Forum on Religion and Public Life' durchgeführte Umfrage legt nahe, daß 27 Millionen Amerikaner Atheisten oder Agnostiker sind oder keinerlei religiöse Präferenz haben. Gut möglich, daß diese Zahl zu gering ist, da viele Nichtgläubige zögern, zuzugeben, daß ihre religiöse Haltung eher eine bürgerliche oder gesellschaftliche Pflicht ist als eine religiöse - mehr eine schützende Färbung denn Überzeugung.
Die meisten Brights verzichten auf die Rolle des "aggressiven Atheisten". Wir wollen nicht jede Unterhaltung zu einer Debatte über Religion machen, und wir haben kein Interesse daran, unseren Freunde und Nachbarn auf die Füße zu treten, und entscheiden uns daher für diplomatisches Schweigen.
Aber der Preis ist politische Impotenz. Politiker halten es noch nicht einmal für nötig, uns Lippenbekenntnisse zu geben, und selbst solche, die niemals Religion oder Ethnie verunglimpfen würden, zögern nicht, die "Gottlosen" unter uns herabzuwürdigen.
Auf allen politischen Ebenen wird 'Bright-Bashing' als risikoarmer Stimmenfänger gesehen. Und dieser Angriff bleibt nicht auf rhetorischer Ebene: Die Bush-Administration tritt für die Änderung von Regeln und Richtlinien ein, die es religiösen Organisationen erlaubt, im täglichen Leben eine immer größere Rolle zu spielen - eine ernste Gefährdung der amerikanischen Verfassung. Es ist Zeit, diese Entwicklung zu stoppen und klar Stellung zu beziehen: die USA sind kein religiöser, sondern ein sekulärer Staat, der alle Religionen toleriert und ebenso alle Arten nichtreligiöser ethischer Überzeugungen.
Vor kurzem nahm ich an einer Konferenz in Seattle teil, die viele führende Wissenschaftler, Künstler und Autoren zusammenbrachte, die vor einer Gruppe aufgeweckter Highschool-Schüler offen und ungezwungen über ihr Leben sprachen. Gegen Ende meiner 15 Minuten wagte ich ein kleines Experiment. Ich bekannte mich als ein Bright.
Das kann natürlich kaum überraschend sein für jeden, der meine Arbeit auch nur im entferntesten kennt. Nichtsdestotrotz war das Ergebnis elektrisierend.
Viele Schüler kamen nach meinem Vortrag zu mir, um mir mit bemerkenswerter Leidenschaft dafür zu danken, daß ich sie "befreit" hatte. Mir war gar nicht bewußt gewesen, wie einsam und unsicher sich diese nachdenklichen Teenager gefühlt haben mußten. Nie hatten sie einen geachteten Erwachsenen ganz sachlich sagen hören, daß er nicht an Gott glaube. Ich hatte ganz ruhig ein Tabu gebrochen und damit gezeigt, wie einfach das ist.
Außerdem inspirierte es viele andere Sprecher, unter ihnen einige Nobelpreisgewinner, auch selbst zu bekennen, daß sie Brights sind. Jedesmal bekam diese Bemerkung Applaus. Noch erfreulicher waren die Erwachsenen und Schüler, die mir sagten, daß sie zwar keine Brights seien, aber dennoch deren Rechte unterstützten. Und genau darum geht es uns: mit demselben Respekt behandelt zu werden wie Baptisten, Hindus und Katholiken - nicht mehr und nicht weniger.
Wenn Sie ein Bright sind, was können Sie tun? Erstens können wir eine mächtige Kraft im politischen Leben Amerikas sein, allein dadurch, daß wir uns selbst zu erkennen geben. (Die ersten Brights haben eine Homepage, auf der Sie sich als Bright bekennen können.) Ich sehe ein, daß ein solches Bekenntnis für Akademiker wie mich - oder meinen Kollegen Richard Dawkins, der in England einen ähnlichen Aufruf gestartet hat - sehr viel leichter ist als für manch anderen, für den es negative Folgen haben könnte. Daher bitte: Kein "Outing".
Aber es gibt keinen Grund, warum nicht alle Amerikaner Bright-Rechte unterstützen könnten. Weder bin ich schwul noch ein Afro-Amerikaner, aber niemand kann in meiner Gegenwart Schwarze oder Homosexuelle verunglimpfen und damit ungestraft davonkommen. Welche Glaubenslehre auch immer die Ihre ist, sie können widersprechen, wenn in Ihrer Familie oder unter Ihren Freunden Atheisten, Agostiker oder andere "gottlose Leute" verspottet werden.
Und Sie können ihre politischen Kandidaten fragen: Würden sie für einen qualifizierten Kandidaten stimmen, der ein Bright ist? Würden sie einen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof unterstützen, der ein Bright ist? Sind sie der Meinung, daß Brights Lehrer werden dürfen? Oder Polizeichefs?
Laßt unsere Politiker darüber nachdenken, wie sie auf einen lauter werdenden Chor von Brights reagieren sollen. Mit ein wenig Glück werden wir bald hören, wie sich Politiker mit dem kläglichen Kommentar "einige meiner besten Freunde sind Brights" herauszureden versuchen.
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Beitragvon Falk » Mo 11. Sep 2006, 17:16

Daher bitte: Kein "Outing".


Meint Dennett damit, daß der Begriff des "Outings" vermieden werden sollte? Oder nur, daß diejenigen, denen ein "Outing" negative Folgen bereiten könnte, sich nicht "outen" sollten?
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