Tagespost verbreitet Propaganda

Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon stine » Sa 13. Okt 2007, 09:32

Pip hat geschrieben:kann ich gar nicht soviel fressen wie ich kotzen möchte.


Schade, dass auch die Brights am Ende ihrer Argumentationen immer ausfallend werden müssen.
Das unterstützt meine Theorie, dass ihr auch nicht besser seid als andere.

LG stine
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon LinuxBug » Sa 13. Okt 2007, 10:26

stine hat geschrieben:Das unterstützt meine Theorie, dass ihr auch nicht besser seid als andere.

Hat doch hoffentlich keiner behauptet :^^:

Atheismus alleine macht noch lange keinen besseren Menschen =)
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Max » Sa 13. Okt 2007, 11:18

stine hat geschrieben:
Pip hat geschrieben:"Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebhat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters."

1. Joh 2,15

Heißt: Die Schöpfung ist für uns gemacht, aber wir sollen sie nicht höher werten als den Schöpfer.
Beispiel: Wenn ein Vater seinem Sohn ein Spielzeugauto schenkt, soll der Sohn dann das Auto mehr lieben als den Vater? Im Auto ist keine Gegenliebe.

LG stine
Ja, und ich bin der Osterhase.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Max » Sa 13. Okt 2007, 11:27

stine hat geschrieben:
Pip hat geschrieben:Na klar, red dir das nur schön. :lachtot:
Wer hat dir eigentlich die Deutungshoheit über die Bibel verliehen? Solltest du vor deinen Göttern nicht mehr Demut zeigen? Für wen hälst du dich, dass du dir anmaßt das Wort Gottes zu interpretieren?


Was ärgert dich?
Dass letztlich doch alles einen Sinn ergibt?

LG stine
Welchen Sinn hat denn Auschwitz und das Verhungern von 30.000 Kleinkindern täglich?
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Max » Sa 13. Okt 2007, 11:45

sheherazade hat geschrieben:Dass ich des öfteren auf dem Terminus "bright" herumreite, hängt mit meiner, vorsichtig ausgedrückt, Überraschung über diese Selbstbezeichnung zusammen. Natürlich hatte ich schon von dem Zusammenschluss gehört, zufällig auf dieses Forum gestossen bin ich erst gestern, als ich nach einer völlig anderen Information googelte. Und es hat mich neugierig gemacht, wie wohl Leute diskutieren, die sich selbst als "bright" von allen anderen absetzen wollen. Stell dir mal vor, eine Gruppe würde sich "die Schönen" nennen, da würde man auch automatisch die Realität am Anspruch messen und vielleicht mal leicht sarkastisch reagieren, wenn selbstgewählter Anspruch und Realität auseinanderklaffen
Da du offensichtlich nicht weißt, was der Begriff bedeutet und worauf er sich bezieht und man dir daher nur ein völlig fehlendes Verständnis für die zu behandelnde Problemsituation attestieren kann, erstaunt mich die arrogante Art, in der deine Beiträge verfasst wurden, nun noch mehr.

Der Begrif bezieht sich auf das Licht der Aufklärung (Enlightenment).
sheherazade hat geschrieben:Wenn du nun erwartest, dass alle Naturalisten dieselben Philosophen klasse finden müssen, dann kann ich nur sagen: Für mich wäre das nichts, gerade weil ich Dogmatismus ausdrücklich ablehne. Da bleibe ich lieber "Einzelkämpfer".
Dass man das intellektuelle Werk von jemandem schätzt oder eine Persönlichkeit gutheißt, hat nichts mit Dogmatismus zu tun.
sheherazade hat geschrieben:Abgrenzungen dienen immer nur einer Konfrontation.
Tatsächlich?
sheherazade hat geschrieben:Da habe ich genau dasselbe Problem wie jeder Religiöse, der mit seinen eigenen rationalen Unvereinbarkeiten leben muß. Und das schafft ein Gefühl von Solidarität zwischen allen Menschen, unabhängig von ihrer Weltsicht, welches mir bei den "Brights" eben bisher abgeht.
Es gibt hier kein gemeinsames ethisches Fundament; insofern ist es nur selbstverständlich und beabsichtigt, dass es hier keinen Wertekanon gibt. Außerdem handelt es sich hierbei um ein Internetforum. Wo soll es da überhaupt Solidarität geben?
sheherazade hat geschrieben:In dieser Hinsicht bin ich Humanist - und ich halte einen gelebten Humanismus häufig für schwer vereinbar mit einem überzeugten Naturalismus.
Das ist eine empirische Aussage, die sich prüfen lässt. Gestern - bei der Verleihung des Deschner-Preises - habe ich weit über 100 Leute gesehen, die konsequente Naturalisten und auch überzeugte Humanisten sind. Zu sagen, dass Humanismus und Naturalismus schwer miteinander vereinbar sind, ist also falsch.

Humanismus und Naturalismus gehen vielmehr häufig miteinander einher, nicht weil eines der beiden aus dem anderen folgen würde, sondern weil das kritisch-rationale Denken zu beiden führt.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Sisyphos » Sa 13. Okt 2007, 13:03

sheherazade hat geschrieben:Dass ich des öfteren auf dem Terminus "bright" herumreite, hängt mit meiner, vorsichtig ausgedrückt, Überraschung über diese Selbstbezeichnung zusammen.


Der Terminus ist auch unter uns umstritten. Ich selbst habe nach negativer Erfahrung mit dem Begriff beschlossen, ihn in persönlichen Gesprächen nicht mehr als Selbstbezeichnung zu verwenden. Die meisten von uns sind aber dafür, den Begriff beizubehalten.

sheherazade hat geschrieben:Abgrenzungen dienen immer nur einer Konfrontation. Und davon gibt es auf der Welt schon genug. Und da stimme ich Richard Dawkins voll zu: Das ist zu großen Teilen auf dem Mist der Religionen gewachsen. Genau deshalb plädiere ich aber für einen anderen Weg als er, für einen Weg, der jede Abgrenzung , jeden Hass und jede Dogmatik ausschließt.


Abgrenzungen dienen zunächst einmal der Herausbildung einer gemeinsamen Identität in relativ überschaubaren Gruppen Gleichgesinnter. Um gemeinsame Interessen durchzusetzen, muss man sich zusammenschließen. Einzelkämpfertum mag zwar heroisch sein und dem Ego schmeicheln, führt aber in der Regel kaum zum Ziel. Außerdem sind Gruppenbildungen und Kooperationen, die dem gegenseitigen Eigennutz, also dem gemeinsamen Nutzen dienen, etwas in der Natur oft zu beobachtendes - gerade bei Primaten wie uns. Ich würde das Prinzip der Kooperation auch als Menschlichkeit bezeichnen - vielleicht das wesentliche Element des Humanismus.

Natürlich können Abgrenzungen auch zur Konfrontation führen. Aber es hängt von den Mechanismen der Konfliktregelung einer Gesellschaft ab, inwieweit solche Konfrontationen und Gegensätze zwischen Partikularinteressen ausgehandelt werden. Wir haben uns in einem lange währenden historischen Prozess kultureller Evolution entschieden, nicht mehr mit der Keule aufeinander loszugehen. Konfrontation als solche ist aber erst einmal nichts Schlechtes. Konflikte gibt es überall. Ich würde sie sogar als Kern der Demokratie bezeichnen. Natürlich werden Konsense und Kompromisse angestrebt - auf Zeit oder auch auf Dauer. Aber immerwährende Harmonie ist ein naives Ideal. Ich halte sie nicht einmal für wünschenswert.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Kurt » Sa 13. Okt 2007, 13:40

Max hat geschrieben:
Stine hat geschrieben:Was ärgert dich?
Dass letztlich doch alles einen Sinn ergibt?

LG stine
Welchen Sinn hat denn Auschwitz und das Verhungern von 30.000 Kleinkindern täglich?


Können wir das absichtliche Falschverstehen hier nicht lassen? Stine redet doch von den Inhalten der Bibel.
Zuletzt geändert von Kurt am Sa 13. Okt 2007, 15:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Sisyphos » Sa 13. Okt 2007, 14:58

Kurt hat geschrieben:Können wir das absichtliche Falschverstehen hier nicht lassen? Stine redet doch von den Inhalten der Bibel.


Da die Bibel den Anspruch hat, alles zu erklären und allem einen Sinn zu verleihen, ist diese Detailfrage durchaus berechtigt, meine ich.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Sisyphos » Sa 13. Okt 2007, 15:04

Max hat geschrieben:Welchen Sinn hat denn Auschwitz und das Verhungern von 30.000 Kleinkindern täglich?


Oder, um näher am "Werk Gottes" zu bleiben: Welche ethische Begründung wird zur Auslöschung von Sodom und Gomorra angeführt? Oder zum weltweiten Genozid an Mensch und Tier im Zuge der so genannten Sintflut? Ergibt das einen Sinn?
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Kurt » Sa 13. Okt 2007, 15:07

Sisyphos hat geschrieben:Da die Bibel den Anspruch hat, alles zu erklären und allem einen Sinn zu verleihen, ist diese Detailfrage durchaus berechtigt, meine ich.


Das Argument der Theisten ist doch, wir würden den tieferen Sinn hinter scheinbaren Katastrophen nur nicht sehen, das sei Sache Gottes. Dass die Bibel alles erklärt, hab ich noch nicht gehört, aber mit ein bisschen (mehr) Phantasie ist sicherlich auch das möglich. :mg: Trotzdem denke ich, dass Stine sich mit ihrer Aussage auf die Inhalte der Bibel bezog. Vielleicht hab ich das ja auch falsch verstanden.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Sisyphos » Sa 13. Okt 2007, 15:16

Ich kann natürlich auch etwas missverstanden haben. Aber ich erkenne den Anspruch eines "Buches der Bücher", allem im Leben einen Sinn zu verleihen (durchaus mit Hilfe priviligierter Interpreten) auch im Alleinvertretungsanspruch der Religion, die alle anderen Thesen für falsch hält. Man muss das heute sicher relativieren.

Dennoch müssen Theisten eine schlüssige Antwort auf die Frage nach dem Sinn dessen geben, was nach modernen Maßstäben unethisch ist: Warum lässt der allmächtige und gütige Gott zu, dass täglich 30.000 Kinder an den Folgen von Unterernährung, verschmutzten Trinkwasser und Durchfall sterben? Da Theisten vermutlich weder die Allmacht noch die Güte ihres Gottes relativieren wollen, müssen sie sein Handeln oder Nichthandeln in so einem Fall begründen. Ich erwarte das im ethischen Diskurs - ohne Ausflüchte und scholastische Spitzfindigkeiten.
Zuletzt geändert von Sisyphos am Sa 13. Okt 2007, 15:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Kurt » Sa 13. Okt 2007, 15:20

Sisyphos hat geschrieben:Dennoch müssen Theisten eine schlüssige Antwort auf die Frage nach dem Sinn dessen geben, was nach modernen Maßstäben unethisch ist: Warum lässt der allmächtige und gütige Gott zu, dass täglich 30.000 Kinder an den Folgen von Unterernährung, verschmutzten Trinkwasser und Durchfall sterben?


Stimmt. In logischer Konsequenz sind da nur zwei Möglichkeiten offen:
* Es gibt keinen allmächtigen allgütigen Gott
* Gott hat die beste aller (logisch) möglichen Welten geschaffen.

Stine? Kann Gott nicht besser, will er nicht, oder ist die Welt so wie sie ist perfekt?
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Max » Sa 13. Okt 2007, 15:38

Das Theodiezee-Problem ist nicht lösbar, sondern nur umgehbar. Der Theist kann es umgehen, indem er sich dogmatisch-apologetische Abschirmungsprinzipien zur Hilfe nimmt. Solche Prinzipien sind nichts weiter als Ad-Hoc-Annahmen, Annahmen, für die es keine Belege gibt, auf deren Wahrheit nichts hindeutet, aber dazu dienen, eine Lieblingshypothese vor ihrem Fall zu schützen. Mögliche Ad-Hoc-Annahmen, um das Theodizee-Problem zu umgehen, die auch im Diskurs sehr häufig verwendet sind zum Beispiel: die Menschen sind für all ihr Unheil selbst verantwortlich, auch für natürliches Uneheil; das Leid dient dazu, den Menschen zu testen; es ist notwendig, bei einer guten Welt dabei; uvm.

Der Umgehungsversuch, den du ansprichst, Kurt, geht zurück auf Leibniz und ist sehr einfach zu widerlegen. Die Welt ist ganz offensichtlich nicht die beste aller möglichen. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass sich die Welt in den letzten hundert Jahren deutlich gebessert hat. Außerdem ist die überwältigende Mehrheit des Unheils, das uns Menschen betrifft, nicht notwendig: Tsunamis, Terroranschläge, Kriege, Religion, Menschenrechtsverletzungen. Es ist in keiner Weise einsehbar, warum solche Ereignisse zu einer perfekten oder auch nur zu unserer Welt gehören müssen.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Kurt » Sa 13. Okt 2007, 15:51

Max hat geschrieben:Der Umgehungsversuch, den du ansprichst, Kurt, geht zurück auf Leibniz und ist sehr einfach zu widerlegen. Die Welt ist ganz offensichtlich nicht die beste aller möglichen. Dies zeigt sich unter anderem daran, dass sich die Welt in den letzten hundert Jahren deutlich gebessert hat. Außerdem ist die überwältigende Mehrheit des Unheils, das uns Menschen betrifft, nicht notwendig: Tsunamis, Terroranschläge, Kriege, Religion, Menschenrechtsverletzungen. Es ist in keiner Weise einsehbar, warum solche Ereignisse zu einer perfekten oder auch nur zu unserer Welt gehören müssen.


Sehe ich genauso, es ist nicht einsehbar, wieso eine Welt ohne diese Übel nicht möglich wäre. Trotzdem ist diese Ausrede die einzig logische vertretbare, wir wissen ja nicht, welche anderen Welten Gott noch zur Auswahl hatte bzw. welchen Einschränkungen er bei der Erschaffung unterlag. ;-) Ich will mich aber hier keineswegs zu einem Verfechter dieser Lösung aufschwingen.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Sisyphos » Sa 13. Okt 2007, 15:59

Max hat geschrieben:[...] Mögliche Ad-Hoc-Annahmen, um das Theodizee-Problem zu umgehen, die auch im Diskurs sehr häufig verwendet sind zum Beispiel: die Menschen sind für all ihr Unheil selbst verantwortlich, auch für natürliches Uneheil; das Leid dient dazu, den Menschen zu testen; es ist notwendig, [...]


Diesen Umgehungsweg kenne ich natürlich. Im Diskurs wären wir dann an einem Punkt angelangt, wo der Theist eigentlich aufgeben müsste, hielte er sich an die Regel, dass die Macht des besseren Arguments zählt. Denn weder können die 30.000 Kinder etwas für ihr Unheil (denn sie sind als Kleinkinder nicht in der Lage, die sozioökonomischen Umstände ihrer häufig desolaten Umwelt zu beeinflussen), noch ist überzeugend klar geworden, welches Ziel ein Gott mit derartigen hohe Ofper erfordernden Tests erreichen will. Gott ist als jemand, der uns "Menschen auf die Probe stellt", ein Pädagoge. Aber welches Erziehungsziel rechtfertigt diese Opfer? Meiner Erfahrung mit dem Theodizee-Problem nach, bleiben die Theisten an dieser Stelle stehen, brechen das Gespräch ab und vermeiden damit vermutlich kognitive Dissonanzen. Denn dass kleine Kinder nicht sterben sollten, ist auch Theisten ein wichtiges Anliegen. Sie empfinden Mitleid wie alle anderen Menschen auch.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Sisyphos » Sa 13. Okt 2007, 16:06

Sehr schön hat es auch Albert Camus (Mythos des Sisyphos, S. 75) ausgedrückt:

Camus hat geschrieben:Wir kennen die Alternative: entweder sind wir nicht frei, und der allmächtige Gott ist für das Böse verantwortlich. Oder wir sind frei und verantwortlich, aber Gott ist nicht allmächtig. Alle scholastischen Spitzfindigkeiten haben der Schärfe dieses Paradoxons nichts hinzugefügt und nichts genommen.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon stine » Sa 13. Okt 2007, 16:33

Wir können gerne mal ein theologisches Experiment machen:

Hier ein paar Sätze, die auch von Atheisten fertiggestellt werden können:

1. Wenn ich das Böse beschreiben sollte...
2. Wir brauchen das Böse weil...
3. Man stelle sich vor, es gäbe ein gutes und ein böses Prinzip...
4. In den verschiedenen Weltreligionen wird das Böse so dargestellt...
5. Gott sollte das Böse...


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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Max » Sa 13. Okt 2007, 16:42

Böse und Gut im supranaturalistischen Sinne existieren nicht. Man kann die Wörter auch naturalistisch verwenden, jedoch ist dies äußerst irreführend; daher sollte man es sinnvoller Weise unterlassen.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Sisyphos » Sa 13. Okt 2007, 16:57

Was "gut" ist und was "böse", ist immer abhängig vom Standpunkt. In der Regel gelten immer die anderen als "böse", während man sich selbst als "gut" hinstellt. Man kann das in allen kriegerischen Auseinandersetzungen beobachten. Es gibt also nicht "das Gute" und "das Böse", sondern nur Menschen und Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Lernerfahrungen in unterschiedlichen historischen und sozialen Kontexten.

Freilich kann man sich intersubjektiv darüber einigen, was als wertvoll zu erachten ist (z.B. die Einhaltung der Menschenrechte) oder was es unter allen Umständen zu vermeiden gilt (z.B. die Folter). Aber selbst dabei wird keine gemeinsame, von allen Menschen getragene Definition dessen entstehen, was als "gut" oder als "böse" gelten kann. Die globalen Kontroversen um die genannten Beispiele verdeutlichen das sehr schön.
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Re: Tagespost verbreitet Propaganda

Beitragvon Max » Sa 13. Okt 2007, 17:30

Sisyphos hat geschrieben:Was "gut" ist und was "böse", ist immer abhängig vom Standpunkt. In der Regel gelten immer die anderen als "böse", während man sich selbst als "gut" hinstellt. Man kann das in allen kriegerischen Auseinandersetzungen beobachten. Es gibt also nicht "das Gute" und "das Böse", sondern nur Menschen und Gruppen von Menschen mit unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Lernerfahrungen in unterschiedlichen historischen und sozialen Kontexten.

Freilich kann man sich intersubjektiv darüber einigen, was als wertvoll zu erachten ist (z.B. die Einhaltung der Menschenrechte) oder was es unter allen Umständen zu vermeiden gilt (z.B. die Folter). Aber selbst dabei wird keine gemeinsame, von allen Menschen getragene Definition dessen entstehen, was als "gut" oder als "böse" gelten kann. Die globalen Kontroversen um die genannten Beispiele verdeutlichen das sehr schön.
Das klingt sehr subjetktivistisch. So kenne ich dich gar nicht.

Gewöhnlich werden die Worte "gut" und "böse" in einem absoluten, transzendentalen, metaphysiscen Sinn verwendet. Man glaubt an irgendwelche kosmischen, göttlichen Prinzipien. Wichtig hierbei ist, dass diese Prinzipien nicht Fiktion oder subjektiv oder intersubjektiv sind, sondern einen ontischen Status haben. Daher kann man behaupten, dass all das, was von dem Prinzip des Guten abweicht böse ist; man hat es nicht mehr nötig zu diskutieren. Ethische Regeln sind nach dieser Auffassung nicht hypothetisch, sondern kognitiv. Sie sind lediglich Darstellungen etwas Absoluten, unbzweifelbar wahren.

Im Gegenatz zu den meisten übrigen ethischen Auffassungen wie beispielsweise dem Utilitarismus ist dieses System widerlegbar es kann wahr oder falsch sein. Denn es beschreibt Existenzen oder Vorgänge in der Wirklichkeit. Entspricht das, was dieses absolutistische System aussagt, der Wirklichkeit, ist das System mitsamt allen inhärenten Normen und Werten wahr. Entspricht es allerdings nicht der Wirklichkeit, ist es falsch. Die Normen und Werte dieses Systems sind zwingend an ontologische Vorraussetzungen gebunden. Man kann daher das System als Ganzes falsifizieren, indem man aufzeigt, dass die Ontologie unwahr ist. Dies entspricht dem Kongruenz-Postulat von Hans Albert.

Diese Prinzipien muss man nicht notwendigerweise widerlegen; es genügt, die mangelnde Begründung aufzuzeigen. Derjenige, der die Existenz von etwas behauptet, steht in der Beweispflicht. Er muss stichthaltige Gründe liefern, warum seine kognitiven Hypothesen wahr sind; gelingt ihm dies nicht, hat man allen Grund, sie zu verneinen. Daher erübrigt es sich eigentlich, aufzuzeigen, dass nirgends in diesem Universum irgendein numinoses Reich der Werte existert. Aber man kann ein solches Werterech auch widerlegen. Will man einen ernsthaften und überzeugenden Standpunkt beziehen und vertreten, ist es daher sinnvoll, sich mit solchen Gegenargumenten zu beschäftigen und sie in den Diskurs einzubringen.

Gegen Werteontologien gibt es meiner Erachtens drei Hauptargumente:
Es ist nicht möglich, dass sich solch ein reich der Werte entiwckelt haben könnte. Wie soll so ein Wertereich bitte entstanden sein? Auch wirft die Einführung eines solchen Reiches schwere Fragen auf. Wie sollchen wir dieses Reich wahrnehmen können? Wie soll irgendeine Wechselwirkung standfinden?

Die moderne Hirnforschung zeigt uns, wie wir Moral in unserem Kopf erfinden. Es handelt sich bei Normen und Werten um Verdrahtungen und Zustände in unserem Gehirn. Mehr steckt nicht dahinter. Es ist ein vollkommen natürlicher Vorgang, wenn wir moralisch Urteilen oder über ethische Werte nachdenken. Dieser natürliche Vorgang lässt sich auch vollständig auf die neurobiologischen Grundlagen zurückführen. In ferner Zukunft werden wir anhand eines bestimmten Gehirnzustandes, auf eine moralische Empfindung schließen können. Genauso werden wir dazu in der Lage sein, unsere Attitüden und unser Verhalten anhand unseres Gehirns zu erklären.

Das dritte Argument ist wohl ein vituoser Zirkel. Wir leben in einem einheitlich-zusammenhängenden Universum. Alles in der Natur besteht aus einem einzigen Stoff: Materie. Jede hohe Seiensform ist nichts weiter als eine emergentische Eigenschaft des Stoffes, der auf der ontologischen Entwicklungshirarchie darunter liegt. Alles in diesem Universum hat sich in einer einzigen kosmischen Evolution entwickelt. Außerhalb dieser Natur ist nichts.
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