Logisches Problem

Re: Logisches Problem

Beitragvon HF******* » Fr 28. Mär 2008, 14:31

@Stine: Ich weiß zwar nicht, wie jemand an eine Kirche glauben kann - aber wenn der Glaube an die Gottheit nicht wesentliches Element des Religionsunterrichts ist, dann dürfte von Seiten der Kirchen einem philosophischen und religionswissenschaftlichen Unterricht nichts entgegen zu setzen sein.

Es dürfte wohl auch einleuchten, dass sich ein Lehrer allein durch ein wie auch immer geartetes theologisches Studium für ein solches Unterrichtsfach in keinem Falle qualifizieren kann, weil dem Fach schließlich jede wissenschaftlich-kritische Komponente abgeht. Es müsste schon mehr hinzukommen.
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Re: Logisches Problem

Beitragvon stine » Fr 28. Mär 2008, 15:13

Was mich betrifft, so habe ich augenblicklich gar keine Meinung.
Ich sitze gerade zwischen allen Stühlen. Ich bin weder überzeugter Katholik noch sonstwas aber ungläubig bin ich eben auch nicht. Es ist sicher nicht gut, Kindern oder anderen Leichtgläubigen etwas zu erzählen, was nicht der Wahrheit entspricht.
Aber was ist die Wahrheit?

Ist der Naturalismus die Wahrheit?
Oder ist er nur der sichtbare Teil der ganzen Wahrheit?
Das weiß doch niemand hier auf Erden.

Religionsunterricht einer bestimmten Richtung mag zwar zunehmend in Frage gestellt werden dürfen, aber nur die Vermittlung von Wissen allein, macht noch keinen ganzen Menschen. Und da stellt sich mir wieder die Frage, was ist der Ersatz für Religionsunterricht?
Vielleicht kann mir mal jemand den Lehrplan für Ethik linken?

Ich denke, um einen ganzheitlichen Menschen zu bilden, braucht´s noch etwas mehr, als Mathe, Physik und dergleichen.

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Re: Logisches Problem

Beitragvon Robert » Fr 28. Mär 2008, 15:34

Myron hat geschrieben:Dass jenseits der Grenzen der menschlichen Wahrnehmung/Erfahrung die Übernatur beginnen soll, leuchtet mir nicht ein.
Die Natur wird doch nicht durch das begrenzte Erkenntnisvermögen der Spezies homo sapiens bestimmt.
Ich bin gegen eine Gleichsetzung der Begriffe "Natürlichkeit" und "Erfahrbarkeit".
Denn warum sollte es beispielsweise nicht irgendwelche physikalischen Felder oder Extradimensionen der Raumzeit geben können, die für uns zwar unerfahrbar/unwahrnehmbar/unmessbar, aber deswegen noch lange nicht übernatürlich sind?


Könnte gut aus möglich sein, aber auch nicht. Ich kann da keinen Wahrheitswert zu ordnen, weshalb ich es einfach unter den Tisch fallen lasse.

Was empirisch feststellbar ist, ist natürlich. Ob es noch weitere natürliche Dinge gibt, die außerhalb der Empirie liegen, weiß keiner.

Da diese Dinge, die außerhalb unserer Empirie liegen, eh keine Wirkung auf uns haben, sind sie irrelevant.

Myron hat geschrieben:Wenn du die Ansicht, dass die natürliche Welt die gesamte Realität sei, als "starken N." bezeichnen willst, dann würde ich eher die Ansicht, dass die natürliche Welt die gesamte konkrete Realität sei, als "schwachen N." bezeichnen. "Schwach" ist dieser N. insofern, als er das Vorhandensein einer abstrakten Realität nicht verneint.


Wie teilst du den Naturalismus denn ein?


Wir sollten mal für die Erleichterung der Kommunikation, sinnvolle Begriffe festsetzen, auf die sich jeder berufen kann.

Dafür müsste man aber schauen, welche Vorstellungen es bezüglich dem Naturalismus gibt.
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Robert » Fr 28. Mär 2008, 15:37

stine hat geschrieben:Aber was ist die Wahrheit?


Mich würde es mal gerne Interessieren, welche Intention dahinter steckt.

Wieso sollte eine Wahrheit existieren und was verstehst du eigentlich unter einer Wahrheit?
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Fr 28. Mär 2008, 16:16

Robert hat geschrieben:Was empirisch feststellbar ist, ist natürlich.


Dem widerspreche ich.
Wenn jemand übernatürliche Kräfte hätte, dann könnten diese durchaus empirisch festgestellt werden
Richard Carrier bringt folgendes Beispiel:

"[I]f I suddenly acquired the Force of the Jedi and could predict the future, control minds, move objects and defy the laws of physics, all merely by an act of will, ordinary people everywhere would call this a supernatural power, yet it would be entirely testable. Scientists could record and measure the nature and extent of my powers and confirm them well within the requirements of peer review."
(http://richardcarrier.blogspot.com/2007 ... tural.html)

Ich halte es grundsätzlich für verfehlt, den nicht-epistemischen Begriff <Natürlichkeit> mit epistemischen, d.h. auf Erkenntnis bzw. Erkenntnisvermögen bezogenen Begriffen wie <Erfahrbarkeit>, <Beobachtbarkeit> oder <Messbarkeit> gleichzusetzen.

Robert hat geschrieben:Wie teilst du den Naturalismus denn ein?


Ich unterscheide nicht zwischen einem schwachen und einem starken Naturalismus, sondern zwischen einem ontologischen/metaphysischen N., einem methodologischen N, und einem epistemologischen N.(*
Der ontologische Naturalist stellt eine allgemeine These über die Wirklichkeit auf, nämlich, dass es keine Übernatur gebe; und der methodologische N. fordert, dass sich die Philosophie an den Methoden und Resultaten der (Natur-)Wissenschaften zu orientieren habe; und der epistemologische leugnet nicht das Vorhandensein einer Übernatur, sondern nur deren Erkennbarkeit.
(* Diese Unterscheidungen stammen nicht von mir, sondern ich habe sie von anderen übernommen.)

"Unter dem Stichwort 'Naturalismus' kursieren verschiedene philosophische Lehren. Wir können nützlicherweise zwei weitgefasste und wichtige Kategorien unterscheiden: methodologisch (oder M-Naturalismus) und substantivisch (oder S-Naturalismus). Der philosophische Naturalismus ist meistens ein methodologischer Standpunkt, welcher beinhaltet, dass philosophisches Theoretisieren eng mit der empirischen Forschung in den Wissenschaften verbunden sein sollte. Ein solcher Standpunkt setzt keine Lösung des sogenannten 'Abgrenzungsproblems' voraus—d.h. des Problems, was echte Wissenschaft von Scheinwissenschaft abgrenzt—, solange klare, paradigmatische Fälle von erfolgreichen Wissenschaften bleiben. Einige M-Naturalisten wollen eine 'enge Verbundenheit' nur mit den harten oder physikalischen Wissenschaften (harte M-Naturalisten), während andere eine 'enge Verbundenheit' mit jeglicher erfolgreichen Wissenschaft suchen, gleich ob Natur- oder Sozialwissenschaft (weiche M-Naturalisten). Der weiche M-Naturalismus ist wahrscheinlich die vorherrschende Richtung in der heutigen Philosophie.

Für M-Naturalisten schließt die 'enge Verbundenheit' mit den Wissenschaften zunächst die Quine'sche Zurückweisung einer 'Ersten Philosophie' ein, eines gänzlich apriorischen, d.h. von empirischen Belegen absehenden philosophischen Problemlösungsverfahrens. (Die meisten M-Naturalisten gehen allerdings nicht so weit wie Quine, der apriorischen Begriffsanalysen jegliche Rolle abspricht: ... .) Über die Feindseligkeit gegenüber ausschließlich apriorischen Verfahren hinaus fordern die M-Naturalisten eine enge Verbundenheit mit den Wissenschaften in einem genaueren zweifachen Sinn: Wir können zum einen von 'Ergebnisverbundenheit' und zum anderen von 'Verfahrensverbundenheit' sprechen.

Ergebnisverbundenheit erfordert, dass die gehaltvollen Thesen philosophischer Theorien durch die Ergebnisse der Wissenschaften bekräftigt oder gerechtfertigt werden. Erkenntnistheoretiker wie Goldman betrachten die Ergebnisse der Psychologie und der Kognitionswissenschaft, um herauszufinden, wie der menschliche Verstand wirklich funktioniert. Nur wenn er über jene Informationen verfügt, kann der Erkenntnistheoretiker Normen darüber aufstellen, wie Menschen ihre Meinungen bilden sollen. Moralphilosophen wie Gibbard und Railton denken ungeachtet tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten in der Sache beide, dass eine befriedigende Theorie des Wesens und der Funktion der Moral von den Ergebnissen der Evolutionsbiologie untermauert werden muss, unserer derzeit besten Theorie darüber, wie wir geworden sind, was wir sind. Eine philosophische Theorie der Moral, die deren Wesen und Funktion in einer Weise erklärt, die mit der Evolutionstheorie unmöglich zu vereinbaren ist, wäre nach naturalistischem Ermessen keine akzeptable philosophische Theorie.

Im Gegensatz dazu erfordert Verfahrensverbundenheit nur, dass philosophische Theorien den Forschungsmethoden erfolgreicher Wissenschaften nacheifern. 'Methoden' sollte hier in einem weiten Sinn aufgefasst werden, damit nicht nur, sagen wir, die experimentelle Methode gemeint ist, sondern auch die in den Wissenschaften verwendeten Erklärungsstile (z.B. Feststellung von Ursachen, die, ceteris paribus, ihre Wirkungen bestimmen). Ein solcher Standpunkt setzt nicht die methodologische Einheitlichkeit der verschiedenen Wissenschaften voraus, sondern nur, dass erfolgreichen Wissenschaften eine gewisse methodologische Einzigartigkeit zukommt, auch wenn diese nicht in allen Wissenschaften genau die gleiche ist.
(...)

Viele Naturalisten gehen jedoch über den methodologischen Naturalismus hinaus und machen sich eine substantivische Lehre zu eigen. Der philosophische S-Naturalismus besteht entweder in der (ontologischen) Auffassung, dass die einzigen existierenden Dinge natürliche oder physische Dinge sind, oder der (semantischen) Auffassung, dass eine geeignete philosophische Analyse eines Begriffs den Nachweis zu erbringen hat, dass er sich im Rahmen empirischer Forschung behandeln lässt. Im ontologischen Sinn wird oft angenommen, dass der S-Naturalismus den Physikalismus mit sich bringt, d.i. die Lehre, dass nur diejenigen Eigenschaften real sind, die von den Gesetzen der physikalischen Wissenschaften herausgegriffen werden. Im semantischen Sinn besteht der S-Naturalismus bloß in der Ansicht, dass Prädikate dergestalt analysierbar sein müssen, dass sie empirische Forschung ermöglichen: also ein semantischer S-Naturalist könnte beispielsweise behaupten, dass 'moralisch gut' anhand von Merkmalen wie 'maximiert das menschliche Wohlergehen' analysiert werden kann, welche empirische Forschung seitens der Psychologie und der Physiologie zulassen (angenommen, dass Wohlergehen ein komplexer psychophysischer Zustand ist)." (meine Übers.)

Anmerkung meinerseits: Leiters Darstellung des physikalischen S-Naturalismus ist zu verkürzt. Er hätte Folgendes schreiben sollen:
"Der philosophische S-Naturalismus besteht [entweder] in der (ontologischen) Auffassung, dass die einzigen existierenden Dinge natürliche oder physische Dinge beziehungsweise Dinge sind, die auf physischen Dingen supervenieren."


(Leiter, Brian. "Naturalism in Legal Philosophy." In Stanford Encycopedia of Philosopy. http://plato.stanford.edu/entries/lawphil-naturalism.)

Robert hat geschrieben:Wir sollten mal für die Erleichterung der Kommunikation, sinnvolle Begriffe festsetzen, auf die sich jeder berufen kann.


Meine Rede. (Allerdings wollen die Gründer der Brights, Futrell & Geisert, dies genau nicht. Jeder soll sich seinen eigenen Reim auf die Begrifflichkeiten machen dürfen.)

Robert hat geschrieben:Dafür müsste man aber schauen, welche Vorstellungen es bezüglich dem Naturalismus gibt.


Gewiss.
Zuletzt geändert von Myron am Fr 28. Mär 2008, 16:42, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Robert » Fr 28. Mär 2008, 16:30

Hmm... was wäre an den Fähigkeiten der Jediritter denn übernatürlich, wenn sowohl der Vorgang als auch das Ergebnis nach wissenschaftlicher Methodik erklärt werden können?

Oder reduziere ich den Willen zu arg?

Myron hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:Wir sollten mal für die Erleichterung der Kommunikation, sinnvolle Begriffe festsetzen, auf die sich jeder berufen kann.


Meine Rede. (Allerdings wollen die Gründer der Brights, Futrell & Geisert, dies genau nicht. Jeder soll sich seinen eigenen Reim auf die Begrifflichkeiten machen dürfen.)


Naja, der Stein, der alles ins Rollen gebracht hat, muss noch lange nicht der Führer der Lawine sein.

Jetzt, wo der Verein auf den richtigen Weg ist, müssen wir uns primär eh um die deutsche Problematik befassen. Auf der internationalen Bühne kann weiterhin der Stein kontrollieren.

Ich sehe diesbezüglich also keine Probleme.


Wenn wir also irgendwann einen Abriss der verbreitetsten Naturalismusanschauungen erarbeitet haben sollten, können wir darauf stolz sein. :2thumbs:
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Re: Logisches Problem

Beitragvon stine » Fr 28. Mär 2008, 16:44

Robert hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Aber was ist die Wahrheit?


Mich würde es mal gerne Interessieren, welche Intention dahinter steckt.
Wieso sollte eine Wahrheit existieren und was verstehst du eigentlich unter einer Wahrheit?

Wahrheit wäre, nur Dinge zu behaupten, die beweisbar sind.
Und genau das ist ja nun mal im Bereich der Religionen schwer möglich.
Was macht man denn nun, wenn man ein Glaubender ist?

Übrigens habe ich hier keinerlei Intentionen mehr, ich bin nur noch hier, weil ich euch alle so sympathisch finde. Bild

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Re: Logisches Problem

Beitragvon Robert » Fr 28. Mär 2008, 16:49

stine hat geschrieben:Wahrheit wäre, nur Dinge zu behaupten, die beweisbar sind.
Und genau das ist ja nun mal im Bereich der Religionen schwer möglich.
Was macht man denn nun, wenn man ein Glaubender ist?


Hmm... beweisbar nach welchen Kriterien?

Die Christen beweisen auch viel mit ihrer Bibel.

stine hat geschrieben:Übrigens habe ich hier keinerlei Intentionen mehr, ich bin nur noch hier, weil ich euch alle so sympathisch finde.


Ich meinte eher, die Intention hinter Fragestellungen.

Wenn jemand nach dem Sinn des Lebens fragt, dann scheint er irgendwie das Gefühl zu haben, einen zu brauchen.

Aus diesem Grund versuche ich eher, dass Gefühl des gegenüber zu erfahren, damit ich seine Frage verstehe, als sogleich seine Frage zu beantworten.
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Fr 28. Mär 2008, 17:05

Robert hat geschrieben:Wenn wir also irgendwann einen Abriss der verbreitetsten Naturalismusanschauungen erarbeitet haben sollten, können wir darauf stolz sein.


Die Mühe hat sich schon jemand gemacht.
Siehe die Tabellen auf den Seiten 18-21 in folgendem Buch:

http://books.google.de/books?id=AoC0NI8 ... pIYlbCGNZE
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Fr 28. Mär 2008, 17:19

Robert hat geschrieben:Hmm... was wäre an den Fähigkeiten der Jediritter denn übernatürlich, wenn sowohl der Vorgang als auch das Ergebnis nach wissenschaftlicher Methodik erklärt werden können?


Ich denke, empirische Feststellbarkeit ist nicht dasselbe wie naturalistische bzw. naturwissenschaftliche/physikalische Erklärbarkeit. Wenn z.B. jemand durch reine Geisteskraft tonnenschwere Steine zum Schweben bringen kann, dann handelt es sich dabei durchaus um erfahrbare/wahrnehmbare Ereignisse, auch wenn es dafür keine normale physikalische Erklärung gibt.
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Robert » Fr 28. Mär 2008, 17:32

Myron hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:Hmm... was wäre an den Fähigkeiten der Jediritter denn übernatürlich, wenn sowohl der Vorgang als auch das Ergebnis nach wissenschaftlicher Methodik erklärt werden können?


Ich denke, empirische Feststellbarkeit ist nicht dasselbe wie naturalistische bzw. naturwissenschaftliche/physikalische Erklärbarkeit. Wenn z.B. jemand durch reine Geisteskraft tonnenschwere Steine zum Schweben bringen kann, dann handelt es sich dabei durchaus um erfahrbare/wahrnehmbare Ereignisse, auch wenn es dafür keine normale physikalische Erklärung gibt.


Gibt es dann eine physikalische Erklärung oder nicht?

Wenn dieses Beispiel zum Factum werden sollte, bin ich davon überzeugt, dass wissenschaftliche Methodik darauf anwendbar ist. Natürlich erscheint dies augenblicklich als absurd, aber wie die Relativitätstheorie vieles anders erscheinen lassen hat, könnte dies bei solch einem Beispiel ebenfalls so werden.
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Fr 28. Mär 2008, 22:59

Robert hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Ich denke, empirische Feststellbarkeit ist nicht dasselbe wie naturalistische bzw. naturwissenschaftliche/physikalische Erklärbarkeit. Wenn z.B. jemand durch reine Geisteskraft tonnenschwere Steine zum Schweben bringen kann, dann handelt es sich dabei durchaus um erfahrbare/wahrnehmbare Ereignisse, auch wenn es dafür keine normale physikalische Erklärung gibt.


Gibt es dann eine physikalische Erklärung oder nicht?


Streiche "normal"!
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Fr 28. Mär 2008, 23:49

Ich bin auf folgende Unterscheidung zwischen einem schwachen und einem starken Naturalismus gestoßen:

"Beginnen wir mit einschlägigen und unproblematischen Charakterisierungen des ontologischen Naturalismus.
Goebel unterscheidet einen weiten (schwachen) Naturalismus und einen engen (starken) Naturalismus. Schon der erste schließt Übernatürliches wie Geister, cartesische Seelensubstanzen oder 'eine zweite Welt gegenständlicher (angeblich 'platonischer') Ideen' aus (Goebel 2003, 25). Eine solche Position wird von der Mehrheit der Philosophen geteilt. Ähnlich unterscheiden Mahner (2002, 689f.), Kanitscheider (2003, 33f.) und Wetz (2003a, 42) einen starken und einen schwachen Naturalismus und meinen damit vor allem jeweils eine ontologische These. In Kanitscheiders Version ist der schwache Naturalismus weithin akzeptiert:

'Die These, dass das materielle Substrat (des Universums; Anm. des Autors) aus seiner eigenen Gesetzlichkeit heraus letztendlich alle Gebilde hervorbringt, hat man mit dem Namen 'schwacher Naturalismus' (David Armstrong 1983) belegt. Dieser innerweltliche Naturalismus behauptet die keineswegs besonders gewagte Aussage, dass das Universum in seinem empirischen, aber auch theoretisch fassbaren Bereich ohne Rekurs auf autonome spirituelle Entitäten, besondere Lebenskraft oder teleologische und transzendente Wirklichkeit erkannt werden kann.'
(Kanitscheider 2003, S. 33)

Dieser Naturalismus schließt supernaturale Faktoren für den Seinsbereich der Natur aus und ist insofern ontologisch. Transzendente Bereiche werden mit dem schwachen Naturalismus nicht ausgeschlossen. Dieser Naturalismus ist wie der starke Naturalismus ein ontologischer Naturalismus. Erst der starke Naturalismus schließt einen Transzendenzbereich aus. Das gesamte Universum, 'so wie es heute von der Wissenschaft erforscht wird, ist [danach] alles, was es gibt' (Kanitscheider 2003, S. 33). Wir sehen leicht, dass dieser Naturalismus als metaphysischer Naturalismus verstanden werden kann, weil jede Ontologie letztlich Erfahrungstranszendentes enthält. Schon die bescheidene These, dass es eine Welt 'da draußen' gibt, ist eine metaphysische These. Franz Josef Wetz sieht den Anschluss an weltanschauliche Fragen in einer Behauptung des 'stärker metaphysische[n] Naturalismus' (Wetz 2003a, 42). Danach ist der Mensch ein unbedeutender Agent in einem ziel- und sinnfreien, dem Spiel blinder Naturkräfte unterliegendem Universum. Diese sinnfreie Natur ist alles, was es gibt."


(Sukopp, Thomas. "Philosophischer Naturalismus." In Naturalismus: Positionen, Perspektiven, Probleme, hrsg. v. Thomas Sukopp u. Gerhard Vollmer, 2-24. Tübingen: Mohr Siebeck, 2007. S. 9f.)


Also:

1.) Schwacher/Weiter ontologischer Naturalismus: Es gibt (zumindest) nichts innernatürlich (naturimmanent) Übernatürliches.

2.) Starker/Enger ontologischer Naturalismus: Es gibt weder etwas innernatürlich Übernatürliches noch etwas außernatürlich (naturtranszendent) Übernatürliches.

(1) ist mit dem Deismus vereinbar, (2) hingegen nicht.

Eines verstehe ich jedoch nicht:
— "Schon der [schwache N.] schließt Übernatürliches wie (...) 'eine zweite Welt gegenständlicher (angeblich 'platonischer') Ideen' aus."
— "Transzendente Bereiche werden mit dem schwachen Naturalismus nicht ausgeschlossen."

Das Reich der platonischen Ideen bzw. Universalien ist aber (im Gegensatz zu den immanenten aristotelischen Universalien) transzendent. Es scheint mir also im Gegensatz zur obigen Aussage nicht so zu sein, dass bereits der schwache N. platonische Abstrakta ausschließt.

Die Frage, wie ein Naturalist zur Annahme abstrakter Entitäten (abstrakte 'Einzelheiten' [= 'particularia'] oder 'Allgemeinheiten' ['universalia']) stehen sollte, d.h. ob er Nominalist sein sollte oder nicht, ist übrigens gleichermaßen interessant wie relevant.

"[T]here are (at least) two kinds of Nominalism, one that maintains that there are no universals and one that maintains that there are no abstract objects. Realism about universals is the doctrine that there are universals, and Platonism is the doctrine that there are abstract objects.
But Nominalism is not simply the rejection of universals or abstract objects. For if that were the case, a nihilist, someone who believed that there are no entities at all, would count as a nominalist. Similarly, someone who rejected universals or abstract objects but were agnostic about the existence of particulars or concrete objects would count as a nominalist. Given how the term ‘Nominalism’ is used in contemporary philosophy, such philosophers would not be nominalists. The word ‘Nominalism’ carries an implication that the corresponding doctrine asserts that everything is particular or concrete, and that this is not vacuously true.
Thus one kind of Nominalism asserts that there are particular objects and that everything is particular, and the other asserts that there are concrete objects and that everything is concrete.
As noted above, the two forms of nominalism are independent."


(http://plato.stanford.edu/entries/nomin ... etaphysics)

Also kürzer:

— Nominalismus_1: Alles ist eine Einzelheit (ein Einzelding). (D.h., es gibt keine Universalien, weder immanenter noch transzendenter Art)

— Nominalismus_2: Alles ist konkret. (D.h., es gibt keine abstrakten Objekte.)

— Nominalismus_3: Alles ist eine konkrete Einzelheit (ein konkretes Einzelding). (D.h. es gibt weder Universalien noch abstrakte Objekte.)

(David Lewis weist allerdings darauf hin, dass sich die Ziehung einer scharfen Grenze zwischen Konkreta und Abstrakta schwierig gestaltet. Siehe dazu: http://plato.stanford.edu/entries/abstract-objects)
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Qubit » Mo 14. Apr 2008, 00:25

Myron hat geschrieben:"Was ist ein Bright?

* Ein Bright ist eine Person mit einem naturalistischen Weltbild.
* Das Weltbild eines Bright ist frei von übernatürlichen und mystischen Elementen.
* Die Ethik und Handlungen eines Bright basieren auf einem naturalistischen Weltbild.

Anlass und Ziel
Gegenwärtig wird das naturalistische Weltbild innerhalb der meisten Kulturen unzureichend zum Ausdruck gebracht und teilweise sogar politisch oder gesellschaftlich unterdrückt."



Ich würde _mich_ (nicht weit entfernt von obiger Umschreibung) als "Bright" folgendermaßen minimalistisch charakterisieren
Naturalismus ist für mich ein Weltbild, das alle Erscheinungen der Wirklichkeit prinzipiell auf Ursachen in der Natur zurückführt und alle Formen von übernatürlichen Wirklichkeiten ablehnt.
Ein Bright ist für mich ein Vertreter der Weltanschauung, die als natürliche Bedingung für die freie Selbstgestaltung menschlichen Daseins das naturalistische Weltbild anerkennt.

Aber ob das auch für eine "allgemeine Definition" reicht...?
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Mo 14. Apr 2008, 01:56

Qubit hat geschrieben:Ich würde _mich_ (nicht weit entfernt von obiger Umschreibung) als "Bright" folgendermaßen minimalistisch charakterisieren:

"Naturalismus ist für mich ein Weltbild, das alle Erscheinungen der Wirklichkeit prinzipiell auf Ursachen in der Natur zurückführt und alle Formen von übernatürlichen Wirklichkeiten ablehnt.
Ein Bright ist für mich ein Vertreter der Weltanschauung, die als natürliche Bedingung für die freie Selbstgestaltung menschlichen Daseins das naturalistische Weltbild anerkennt."


Aber ob das auch für eine "allgemeine Definition" reicht...?


Eigentlich schon, denn es ist klar, dass ein konsequenter Naturalist nur die konkrete natürliche Wirklichkeit als Wirklichkeit anerkennt. Das heißt, er verwirft sowohl den Glauben an eine zweite konkrete Wirklichkeitssphäre, die von konkreten nichtphysischen Wesen wie Göttern, Geistern (Gott ist ja auch einer), Engeln, Dämonen und freischwebenden Seelen bevölkert wird (welche in die erste, natürliche Wirklichkeitssphäre hineinwirken), als auch den Glauben an eine dritte, abstrakte Wirklichkeitssphäre, die abstrakte Objekte (wie Mengen, Zahlen, Frege'sche Gedanken) oder platonische "Formen" (Universalien) enthält.

(Ich fürchte, in Bezug auf das, was Frege (unabhängig von Adolf) "das Dritte Reich" (streng genommen, spricht er nur von "einem dritten Reich") und Popper (in bewusster Anlehnung an Frege) "die Welt 3" genannt hat [*, d.i. das Reich der Abstrakta, bin ich ein nicht ganz so konsequenter Naturalist, weil es mir insbesondere schwerfällt, nicht an die Existenz von Mengen zu glauben.)

[* "Ein drittes Reich muss anerkannt werden. Was zu diesem gehört, stimmt mit den Vorstellungen darin überein, dass es nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden kann, mit den Dingen aber darin, dass es keines Trägers bedarf, zu dessen Bewusstseinsinhalt es gehört." (Gottlob Frege, "Der Gedanke", 1918)——"Die Welt 3 ist die Welt der intelligibilia oder der Ideen im objektiven Sinn; es ist die Welt der möglichen Gegenstände des Denkens: die Welt der Theorien an sich und ihrer logischen Beziehungen; die Welt der gültigen Argumente an sich und der ungültigen Argumente an sich; die Welt der Problemsituationen an sich." (Karl Popper, "Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf", Hoffmann & Campe, 1993, S. 160)]

(Unter "Natur" verstehe ich übrigens das physische Raumzeitsystem.)
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Qubit » Mo 14. Apr 2008, 21:16

Myron hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Ich würde _mich_ (nicht weit entfernt von obiger Umschreibung) als "Bright" folgendermaßen minimalistisch charakterisieren:

"Naturalismus ist für mich ein Weltbild, das alle Erscheinungen der Wirklichkeit prinzipiell auf Ursachen in der Natur zurückführt und alle Formen von übernatürlichen Wirklichkeiten ablehnt.
Ein Bright ist für mich ein Vertreter der Weltanschauung, die als natürliche Bedingung für die freie Selbstgestaltung menschlichen Daseins das naturalistische Weltbild anerkennt."


Aber ob das auch für eine "allgemeine Definition" reicht...?


Eigentlich schon


Weiter, an alle anderen "Brights": dieser Thread dient doch, so denke ich, einer gemeinsamenen Standortsbestimmung...
Also lasst die Hosen runter - wie beim Proktologen - und sagt, inwieweit meine Definition in Eurer "Arschloch" passt. Nur so lässt sich "Bright" sein definieren, sonst werden es andere tuen ;-)
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Mo 14. Apr 2008, 23:12

Qubit hat geschrieben:Nur so lässt sich "Bright" sein definieren, sonst werden es andere tuen ;-)


"Bright" ist ja längst offiziell definiert als "Person, deren Weltbild frei von übernatürlichen (und mystischen) Elementen ist (und die sich selbst als 'Bright' bezeichnet)".
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Qubit » Mo 14. Apr 2008, 23:21

Myron hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Nur so lässt sich "Bright" sein definieren, sonst werden es andere tuen ;-)


"Bright" ist ja längst offiziell definiert als "Person, deren Weltbild frei von übernatürlichen (und mystischen) Elementen ist (und die sich selbst als 'Bright' bezeichnet)".

Aha, und damit können sich alle "Brights" indentifizieren.. dann habe ich wohl dein Anfangsposting missverstanden ;-)
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Qubit » Mo 14. Apr 2008, 23:45

Qubit hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Nur so lässt sich "Bright" sein definieren, sonst werden es andere tuen ;-)


"Bright" ist ja längst offiziell definiert als "Person, deren Weltbild frei von übernatürlichen (und mystischen) Elementen ist (und die sich selbst als 'Bright' bezeichnet)".

Aha, und damit können sich alle "Brights" indentifizieren.. dann habe ich wohl dein Anfangsposting missverstanden ;-)

Oder mal anders gefragt: Schliesst die von dir zitierte Definition einen Solipsismus aus? Alles Eigenarten und Vorstellungen unseres Denkens?
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Re: Logisches Problem

Beitragvon Myron » Di 15. Apr 2008, 14:50

Qubit hat geschrieben:... dann habe ich wohl dein Anfangsposting missverstanden ;-)


Darin geht's darum, dass einige Formulierungen in den Texten von Brights-Net nicht stimmig sind.
(Man kann aus logischen Gründen nicht einerseits von dem naturalistischen Weltbild und andererseits von den naturalistischen Weltbildern, d.h. von naturalistischen Weltbildern im Plural sprechen. Denn wenn es mehr als ein naturalistisches Weltbild gibt, dann existiert das naturalistische Weltbild eben nicht.)

Was ich jedoch hauptsächlich kritisiert habe, ist, dass sich auf Brights-Net keinerlei Erläuterungen der Begriffe "Übernatürlichkeit" und "Mystizität" finden. Überhaupt sucht man dort positive Bestimmungen des Naturalismus vergebens. Wir erfahren lediglich, was ein Bright nicht ist, nämlich kein Nichtnaturalist/Supernaturalist. Zwar besteht, rein logisch gesehen, zwischen einem Naturalisten und einem Nichtnichtnaturalisten/Nichtsupernaturalisten kein Unterschied, aber es spielt schon eine Rolle, ob man seinen Standpunkt nur ex negativo, d.h. durch Abgrenzung von anderen definiert oder nicht.
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