Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Fisherman's Fellow » Sa 12. Jul 2008, 23:27

Hmpf - ich schaffe noch diese Antwort, aber dann: Tschüssi! :winken:

Myron hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Eine Theologie, die sich keinen (widerspruchsfreien) Begriff von Gott macht, ist eine "Nihilogie", eine Lehre vom "Gott" genannten Nichts.

Die Theologie hat durchaus Begriffe von Gott - schließlich hat Gott sich selbst mitgeteilt.


Nach dem Motto: "Hallo Leute, hier bin ich und so bin ich!" :kg:

Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt ( Ex 3,7f)

Myron hat geschrieben:Wie teilt sich eine außerraumzeitliche immaterielle Person innerraumzeitlichen materiellen Personen mit? Wie hat man sich den Informationsfluss von der nichtphysischen göttlichen Sphäre zur physischen irdischen Sphäre vorzustellen?
Ich schätze, das geschieht alles auf wundersame, unerklärliche Weise, nicht wahr?

Wie ergeben sich aus dem Weltgrund Energie/Materie, ihre Eigenschaften(physikalische Gesetze) und Erkenntnisvoraussetzungen?
Ich kann nicht beurteilen, dass dies auf wundersame Weise geschieht, aber ich stelle fest, dass ich letztlich nicht beurteilen kann, wie es geschieht.

Was sich aus Deinen außerraumzeitlichen, immateriellen Fiktionen ergibt, kann ich Dir natürlich auch nicht sagen.

Myron hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Denn "physische Entität" ist ein abgeleiteter Begriff - aus verschiedenen Prämissen, wie wir bereits gesehen haben, und ist letztlich abgeleitet aus dem Weltgrund, dh. Gott. Ich muss also schon, um eine petitio principii zu vermeiden, die Alternative zwischen "physisch" und "nichtphysisch" für 'Gott' verneinen.


Dann wird es aber herzlich unlogisch!

Inwiefern?

Myron hat geschrieben:Ich verstehe dich nicht, als Theist solltest du deinen Gott doch unumwunden als nichtphysisch/immateriell bezeichnen. Denn dein göttlicher Weltgrund ist definitiv nichts Stoffliches, sondern etwas rein Geistliches, d.i. eine spirituelle Substanz.

Sy legeis. ("Das sagst Du.")

Myron hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich war selber früher mal Anhänger der natürlichen Theologe (mit Brunner, gegen Barth), aber natürliche Theologie ist für die Theologie etwa das, was ein Rationalismus wäre, wenn er zu bestimmten Gelegenheiten Spiritualität und Wunder als Erfahrungsgrundlage akzeptieren würde.


Was taugt eine Theologie, deren Kopf nicht aus dem Sumpf des Irrationalismus und Fideismus herausragt?!

Entweder ich entscheide mich, die Natur unter der Prämisse 'etsi deus non daretur' zu erklären, oder ich entscheide mich, die Welt unter der Prämisse der Selbstoffenbarung Gottes anzuschauen. Beides führt zu praktikablen Ergebnissen - in unterschiedlicher Hinsicht. Aber "Es ist unmöglich, daß ein Mensch zwei Pferde besteigt oder zwei Bögen spannt." (Thomasevangelium, 47)

Myron hat geschrieben:Welcher Benny?

Benny XVI.

Myron hat geschrieben:Aber die Aussage, dass über Gott keine rationale Aussage möglich sei, stellt eine rationale Aussage über Gott dar. Folglich sind rationale Aussagen über Gott möglich. ;-)

Rationale Aussagen über rationale Aussagen über Gott sind möglich.

Myron hat geschrieben:[...]
(Wiser, Thomas. Vollständiges Lexikon für Prediger und Katecheten. Bd. 10. Regensburg: Wanz, 1856. S. 86-7. GoogleBooks)

Vermutlich haben demzufolge einige Katecheten in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts geglaubt, Gott sei ein Geist. So what?
Wie wärs, wenn Du mal überprüfst, ob auch alle gegenwärtig lebenden Christen in diese "Gott ist an und für sich ein Geistwesen"-Schablone passen?

Myron hat geschrieben:Das ist definitiv kein physikalisches Lehrbuch!
Mein Güte, sag doch endlich ohne Umschweife: "Ja, mein Gott ist ein immaterielles Wesen!"

Warum sollte ich solch einen Unsinn behaupten? Nur, damit Deine Theistendefinition stimmt?
Ich habe Dir doch eine bessere geboten, die Du auch schön scheußlich findest: "Theisten sind Menschen, die freiwillig beten." Können wir uns darauf nicht verständigen?

Myron hat geschrieben:Eine zuverlässige, möglichst texttreue Übersetzung, die nichts zeitgeistig beschönigt oder gar verfälscht, ist auch für mich ein Muss.
Jede sachliche Interpretation muss auf festen linguistisch-philologischen Beinen stehen.
Sie darf nicht von tendenziösen ideologischen Absichten geleitet sein.

Akzeptiert.

Myron hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Es tut mir schon wieder leid, aber ein Satz wie "Gott ist die Liebe" ist blanker Unsinn!

Das stammt vom gleichen Autor, der auch schrieb: "Gott ist Geist".


Der Satz "Gott ist (ein) Geist" hat die logische Form "Fa", während der Satz "Gott ist die Liebe" die logische Form "a = b" hat. Ersterer besagt, dass der Gegenstand Gott unter den Begriff "Geist" fällt, und letzterer, dass Gott und die Liebe identische Gegenstände (* sind.
("Gegenstand" im logischen Sinn.)

Was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass der Satz "Gott ist die Liebe" zwar nicht ungrammatisch ist, aber die Gleichsetzung von Gott und der Liebesbeziehung aus religionsphilosophischer Sicht unsinnig ist.
(Die Liebesbeziehung kann nicht der Schöpfer der materiellen Welt sein!)

Nun, erstens bedeutet "agape" keine Liebesbeziehung sondern besitzt eine Bedeutungsspannweite, welche von 'Respekt' bis 'tätige Hilfe/Fürsorge' reicht. Was Du ansprichst, wird eher von den griechischen Begriffen 'eros' oder 'philadelphia' gedeckt. Und dass Gott der Inbegriff von tätiger Fürsorge im Sinn von "Der Herr ist mein Hirte" sein kann, ist religionsphilosophisch und auch vom Kontext her durchaus möglich.
Grammatikalisch sind sich die Stellen sehr ähnlich. In der einen steht: Pneuma ho theos ("Geist ist der Gott"), und in der anderen Ho theos agape estin ("Der Gott ist Liebe").

Myron hat geschrieben:Ich widerspreche dir bei diesem zentralen Punkt nach wie vor energisch, da es außer Frage steht, dass jemand, der seinen Gott nicht für ein rein geistiges Wesen hält, alles ist außer Theist/Christ!

Ehrlich - ich sags nur ungern, weil es arrogant klingt: Solange Du nicht umkehrst und Dich auf mythisch-religiöse Erfahrungsvoraussetzungen einlässt, bist nicht qualifiziert genug, um das zu beurteilen: Siehe oben: Beten! Das ist ein wirklich gutes Kriterium, welches sich auch empirisch überprüfen lässt - statt im weltanschaulichen Mottenkasten herumzukramen.

Myron hat geschrieben:Dass du dies trotzdem beharrlich in Abrede stellst, ist ziemlich seltsam.

Und mich wundert es, dass ich Dir offenbar trotz langer und intensiver Versuche nicht vermitteln konnte, warum
(a) ich solch eine Vorstellung ausschließen muss, und
(b) es kein Widerspruch ist, an einen persönlichen Gott zu glauben, weil er sich so offenbart hat, und doch auf der rationalen Ebene davon absehen muss, einen persönlichen (oder sonstwie spezifischen) Gott vorauszusetzen .

Myron hat geschrieben:Häh...?!
Du willst mir doch als Christ und damit als Theist nicht ernstlich weismachen wollen, dass das "himmlische" Reich Gottes physischer/materieller Natur ist, oder?!

Besser, wir lassen das Reich Gottes aus dem Spiel. Das würde nur zu noch mehr Verwirrung führen.

Myron hat geschrieben:Wie gesagt, physisch oder nichtphysisch, das ist hier die Frage—eine dritte logische Möglichkeit gibt es in diesem Fall nicht!

Okay; nochmal:

Die einfache Antwort:
Dazu ist keine Aussage möglich, denn Gott könnte physischer, nichtphysischer Natur sein oder Anteil an beidem haben.

Die komplizierte, und imho treffende Antwort:
"physisch" und "nichtphysisch" sind abgeleitete Ausdrücke. Sie hängen von diversen Prämissen ab. Ich greife eine heraus: Formale Logik.
Ist formale Logik ohne Weltgrund möglich?
Nein, denn
(a) ergibt sich Logik aus sich entwickelnder, "erkennender" Materie in Form von Lebewesen und aus einer Struktureigenschaft von Materie (sich logisch zu verhalten), und
(b) der Weltgrund setzt voraus, Grund von überhaupt allem zu sein, also auch von Logik und Materie und ihrer Prämissen.

Weil also Logik für den Weltgrund nicht vorausgesetzt werden kann, da sie daraus abzuleiten ist, sind keine logischen Aussagen über den Weltgrund (über seine axiomatische, funktionale Bestimmung hinaus) möglich.
An sich müsste man sagen, dass sich die Existenz des Seinsgrundes notwendig ergibt - denn wenn es ihn nicht gäbe, dann könnte auch nichts daraus abgeleitet werden. Andererseits ist der Begriff 'Existenz' ebenfalls aus dem Seinsgrund abzuleiten. Darum lässt sich, obwohl das Weltgrund-Axiom so selbstevident wie nur irgend etwas ist, nichts rationales darüber (hinaus) sagen.

Grüßle,
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Fisherman's Fellow » Sa 12. Jul 2008, 23:32

Qubit hat geschrieben:Hätte er im SInne seiner Ansätze kritisch zuende gedacht, würde er sein "Toleranzprinzip" der Gleichberechtigung von religiös-mystischen und rational-(natur)wissenschaftlichen Erkenntnisquellen und -methoden als "Scheinpzinzip" entlarven können.

Könntest Du mal erläutern, wo Du Argumentationslücken erkennst, und welche das sind?
Ich vermute, dass Du da etwas missverstehst.

Grüßle,
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon emporda » So 13. Jul 2008, 01:45

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließ

Sind wir neuerdings im Priesterseminiar und hauen uns die Bibelzitate um die Ohren. Das ist ohne jede Beweiskraft, die 3 ollen Omas auf der Kirchbank sind noch beeindruckt. Der Exodus hat nicht stattgefunden, dazu gibt es eindeutige Hinweise von Manetho und anderen. Die semitischen Hyksos sind als Räuber und Eroberer in Nordägypten eingefallen und wurden nach 108 Jahren rausgeschmissen.

Der Exodus aus Ägypten nach jüdischer Lehre 1312 v.C. kollidiert mit biblischen Angaben 1447 v.C. oder 1528 v.C. und den Hapiru Gefangenen des Amenhotep II in Canaan 1420 v.C. Was mit den semitischen Hyksos nach etwa 108 Jahren in Ägypten geschah, dazu geben die Funde nichts her. Die Hebräer sollen die Stadt von Ramses II (1279 -1213 v.C) gebaut haben, das Land der Philister gab es erst unter Ramses III (1183 – 1152 v.C). Nach Papyri-Texten und ägyptischen Inschriften waren die Hebräer ab 1450 v.C. in Canaan, Jerusalem war ein ägyptischer Vasall mit Akkadisch als Sprache, da Hebräisch noch nicht einmal existierte. Die Namen biblischer Führer passen nicht zu alten Papyri, der Weg durchs Rote Meer, Sinai und Negev ist ohne Nahrung und Wasserquellen unmöglich, Orte und Länder der Reiseroute gab nicht wie Edom 700 v.C. als assyrischer Vasall. Die biblische Befreiung (Exodus 20,2-1) verkehrt die Hyksos-Geschichte ins Gegenteil.

In der Bibel wird Ägypten mal von 7 Plagen heimgesucht, dann von 10 Plagen. In einer Plage stirbt alles Getier (2. Moses 9:6) und in der nächsten Plage leidet das bereits tote Getier furchtbar und wird von Gott persönlich erneut gemetzelt. Joseph der Hebräer kommt mit 70 Mann nach Ägypten, nach 430 Jahren macht sich Moses mit 600.000 Männern auf den Rückweg, obwohl es etwa 108 Jahre waren und jede Frau 7 erwachsene Söhne bzw. etwa 30 Kinder haben müsste. Mit Frauen, Kindern und Vieh waren das fast 10 Millionen, mehr als die Bevölkerung rund ums Mittelmeer. Wo kamen die alle her, wieso gibt es keine ägyptische Quelle. In Hebräisch wird eleph als Tausend und als Wort für Clan oder Einheit benutzt, 600 eleph sind nicht 600.000 Männer, sondern vielleicht 600 Familien.
(http://www.specialtyinterests.net/joseph.html)
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon pinkwoolf » So 13. Jul 2008, 14:49

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Nach dem Motto: "Hallo Leute, hier bin ich und so bin ich!" :kg:

Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt ( Ex 3,7f)

Was Gott in einem belletristischen Werk über sich selbst und andere sagt, ist für einen Atheisten oder den Anhänger einer anderen Religion ebenso überzeugend wie etwas, das Superman sagt.

Im Übrigen müsste Er doch seit damals noch mehr Elend gesehen und Geschrei gehört haben.

:gott:
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Myron » So 13. Jul 2008, 16:49

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Es ist wirklich erstaunlich, wie Du Dich gegen empirische Fakten sperrst. Du kannst sicher sein, dass ich ein Theist bin. Ich glaube an Gott, ich gehe davon aus, dass er die Welt erschaffen hat, und glaube zB auch an die Auferstehung Jesu Christi. Ich bete, meditiere, singe mit Freuden Kirchenlieder und arbeite in einer Kirchengemeinde mit.
Dennoch passe ich nicht in Deine Theismus-Definition.


Komm mir doch nicht ständig mit "deine Theismus-Definition".
Was ich wiedergegeben habe, ist nicht meine Privatdefinition, sondern die Theismus-Definition.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Da gibt es nur einen Grund: Sie ist falsch.


Es gibt einen anderen möglichen Grund:
Deine persönliche Gottesvorstellung und diejenige des Theismus stimmen nicht überein.
(Es könnte allerdings auch so sein, dass dein Glaube in sich logisch unstimmig ist.)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ob ich meine Argumente nicht entschieden genug klar gemacht habe?


Ich kann beim besten Willen nicht nachvollziehen, wieso ausgerechnet ein selbsterklärter Theist und Christ hartnäckig leugnet, dass der theistische und damit auch christliche Gott ein transzendenter intelligenter Geist, eine personale körperlose Seele ist.
Dafür kann es einfach keinen vernünftigen Grund geben.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Die angelsächsische sicher. Aber Angelsachsen haben manchmal Schwierigkeiten, sich deutsche Texte anzueignen, auch wenn sie vielleicht die Abstracts ganz gut kennen.


Jetzt weichst du aus.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Swinburne scheint dies jedoch getan zu haben mit seiner Theologie: der (unmögliche) Brückenschlag von der Ratio zum Spiritus sanctus.


Swinburne steht beileibe nicht alleine da.
Zum Beispiel nimmt die katholische Kirche durchaus für sich in Anspruch, die Fides und die Ratio erfolgreich harmonisiert zu haben.

"3. Wie kann man Gott mit dem bloßen Licht der Vernunft erkennen?
Ausgehend von der Schöpfung, das heißt von der Welt und von der menschlichen Person, kann der Mensch mit der bloßen Vernunft Gott gewiss als Ursprung und Ziel aller Dinge und als höchstes Gut, als Wahrheit und als unendliche Schönheit erkennen.

4. Genügt das bloße Licht der Vernunft, um das Mysterium Gottes zu erkennen?
Der Mensch stößt beim Erkennen Gottes mit dem bloßen Licht der Vernunft auf viele Schwierigkeiten. Außerdem kann er nicht von allein ins Innerste des göttlichen Mysteriums eintreten. Deshalb wollte Gott ihn mit seiner Offenbarung erleuchten, und zwar nicht nur über Wahrheiten, die das menschliche Verständnis übersteigen, sondern auch über religiöse und sittliche Wahrheiten, die der Vernunft an sich zugänglich sind, aber so von allen ohne Schwierigkeit, mit sicherer Gewissheit und ohne Beimischung eines Irrtums erkannt werden können."


(Katechismus der Katholischen Kirche—Kompendium)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:(2) Seit jedoch Kurt Hübner Anfang der 80er Jahre mit seiner "Kritik der wissenschaftlichen Vernunft" die Möglichkeiten und Grenzen von Wissenschaftstheorie (und von Wissenschaften überhaupt) ziemlich klar umrissen hat und später weitere Veröffentlichungen zum Verhältnis von 'Reason talk' zu 'Faith talk' veröffentlichte, wurde (was allerdings nur von wenigen Theologen registriert wurde) der Barthsche Ansatz plötzlich wieder brennend aktuell, auch wenn er jetzt aussieht, als hätte man einen Ford T zu einem SSC Aero aufgepimpt.


Zitat aus dem ZEIT-Artikel:
"Hübner lässt keinen Zweifel daran, dass der Versuch, den Offenbarungsglauben durch die autonome Vernunft zu begründen oder zu ersetzen, ein langer Irrweg gewesen ist - sei es, dass die Theologie dessen ganz andere Struktur, seine nicht metaphysische Verfassung, ins Aussagesystem der Metaphysik bannte und erst damit für die wissenschaftliche Vernunft anfechtbar machte, sei es, dass die Philosophie den Offenbarungsglauben in sich aufzuheben suchte."

Eine antirationalistische, rein fideistische Offenbarungstheologie ist eine abstrus-obskure Wahnlehre, und zwar eine nicht ungefährliche.

Es gibt eine Strömung innerhalb der zeitgenössischen Religionsphilosophie, die sich "wittgensteinscher Fideismus" nennt:

"This view—commonly called Wittgensteinian Fideism—is variously characterized as entailing one or more of the following distinct (but arguably inter-related) theses: (1) that religion is logically cut off from other aspects of life; (2) that religious discourse is essentially self-referential and does not allow us to talk about reality; (3) that religious beliefs can be understood only by religious believers; and (4) that religion cannot be criticized."

"Diese Ansicht—gemeinhin 'wittgensteinscher Fideismus' genannt—wird verschiedentlich so beschrieben, dass sie eine oder mehrere der folgenden unterschiedlichen (aber wohl in einem Zusammenhang stehenden) Thesen einschließt: (1) Die Religion ist von anderen Aspekten des Lebens logisch abgeschnitten. (2) Der religiöse Diskurs ist im Wesentlichen selbstbezüglich und erlaubt uns nicht, über die Wirklichkeit zu sprechen. (3) Religiöse Überzeugungen können nur von religiös Gläubigen verstanden werden. (4) Die Religion kann nicht kritisiert werden."
[meine Übers.]

(http://plato.stanford.edu/entries/fideism)

"By shifting attention away from the referential meaning of words to their use, Wittgenstein promoted the idea that we should attend to what he called forms of life. As this move was applied to religious matters, a number of philosophers either denied or at least played down the extent to which religious forms of life involve metaphysical claims. Norman Malcolm, B. R. Tilghman, and D. Z. Phillips have all promoted this approach to religion. It may be considered non-realist in the sense that it does not treat religious beliefs as straightforward metaphysical claims that can be adjudicated philosophically as either true or false concerning an objective reality. By their lights, the traditional metaphysics of theism got what it deserved when it came under attack in the mid-twentieth century by positivists."

"Indem er die Aufmerksamkeit vom Bezugsbereich von Wörtern weg zu deren Gebrauch hinlenkte, förderte Wittgenstein die Idee, dass wir uns demjenigen zuwenden sollten, was er Lebensformen nannte. Als dieser Zug auf religiöse Angelegenheiten angewandt wurde, leugnete eine Reihe von Philosophen entweder, dass in religiöse Lebensformen metaphysische Behauptungen einbezogen sind, oder sie spielten zumindest das Ausmaß herunter, in dem dies der Fall ist. Norman Malcolm, N. R. Tilghman und D. Z. Phillips haben alle diesen religionsphilosophischen Ansatz befürwortet. Er kann insofern für nichtrealistisch erachtet werden, als er religiöse Überzeugungen nicht als direkte metaphyische Behauptungen behandelt, die philosophisch in Bezug auf eine objektive Realität entweder als wahr oder als falsch erklärt werden können. In ihren Augen hat die traditionelle Metaphysik des Theismus bekommen, was sie verdiente, als sie in der Mitte des 20. Jahrhunderts von den Positivisten angegriffen wurde."
[meine Übers.]

(http://plato.stanford.edu/entries/philosophy-religion)

Es dürfte dich nicht überraschen, dass ich mit keiner These dieses antirealistischen Fideismus einverstanden bin. Die Annahme, der religiöse und insbesondere der offenbarungstheologische Diskurs (was du "faith talk" nennst) verwende eine buchstäblich esoterische Sprache, die mit der normalen, wirklichkeitsbezogenen "Sprache des Lebens" (Frege) in keinem oder zumindest in keinem umittelbaren logisch-semantischen Zusammenhang stehe und insofern nicht nach normalen Maßstäben zu beurteilen sei, erscheint mir haltlos. Ich bestreite, dass die religiöse Sprache eine Sprache sui generis ist, die einer ganz anderen Logik unterliegt als die normale Sprache.
Die praktischen Lebenswelten von religiösen und nichtreligiösen Menschen mögen sich unterscheiden, doch das bedeutet nicht, dass sie nicht die gleiche Grundsprache sprechen. Im theologischen Diskurs mögen, wie auch im wissenschaftlichen, allerlei Fachausdrücke vorkommen, doch das macht ihn mitnichten zu einem isolierten, inkommensurablen "Sprachspiel" innerhalb der umfassenden Sprachwelt, das sich realistischer Analyse und Kritik entzieht.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich verwette meine Mütze, dass Swinburne Hübners Veröffentlichungen nicht gelesen hat (obwohl sie aus seinem Fachgebiet - Philosophie - stammen und die wichtigsten davon ins Englische übersetzt wurden).


Was Swinburne gelesen hat und was nicht, weiß ich natürlich nicht.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Ein existierender/seiender Gegenstand ist also einer, dessen Gegenständlichkeit sich nicht in seinem bloßen Gedacht- oder Vorgestelltwerden erschöpft.
[...]
Ich beschränke den Existenzbegriff allerdings nicht auf konkret erfahrbare, sinnliche Gegenstände.

Und wie steht es mit dem weniger materiellen Beiwerk, welches zur Erkenntnis von solchen Gegenständen dazugehört? Naturgesetze? Erfahrungsprämissen? Haben die auch eine eigene Existenz, und wenn ja, in welcher Form?


Es gibt keine Arten von Existenz, sondern nur Arten von Existentem.
Außerdem ist die semantische Frage nach der Bedeutung des Existenzbegriffs eine Sache und die ontologische Frage danach, welche Gegenstände bzw. Gegenstandsarten als existent gelten sollen (d.h. welche ontologischen Kategorien anerkannt werden sollen), eine andere.
(In der Philosophie stößt man bei praktisch jedem ontologischen Thema—so auch z.B. beim Thema Naturgesetze—sowohl auf Realisten als auch auf Antirealisten.)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Aber "ungeschaffen" oder "unerfahrbar" bedeutet doch nicht dasselbe wie "nichtseiend".

Natürlich nicht. Das sind drei ganz verschiedene Begriffe.
Die Schöpfung ist das Seinende, das die Menschen erkennen können - und auch das, was sie nicht erkennen können.


Wenn Gott ist, dann er als ein Seiendes logischerweise Teil des Seienden.
Absolut alles, was ist, ist Teil des Seienden.
(Ich ahne, dass von deiner Seite jetzt so etwas kommen wird wie: "Gott ist kein Seiendes, sondern das Sein selbst". Doch eine Differenzierung zwischen dem Sein und dem Seienden à la Heidegger ist in meinen Augen nicht logisch nachvollziehbar. Es ist lediglich so, dass "das Sein" eher die Einheit in der Vielheit betont und "das Seiende" eher die Vielheit in der Einheit. — Gott, falls er existiert, ist jedenfalls nicht das ganze Sein/Seiende, sondern nur ein Teil davon.)
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Myron » So 13. Jul 2008, 18:50

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt. Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt ( Ex 3,7f)


Woher weißt du, dass das wahr ist und nicht bloß ein Märchen?

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich kann nicht beurteilen, dass dies auf wundersame Weise geschieht, aber ich stelle fest, dass ich letztlich nicht beurteilen kann, wie es geschieht.


Stört es dich nicht, dass in der Theologie alles Wesentliche in der Finsternis des Unbegreiflich-Unerklärlichen verbleibt?
Sie behauptet immer nur, dass diese und jene Wunder geschehen, kann aber nie erklären, wie sie geschehen. (Gut, ein erklärbares Wunder wäre wohl keines mehr.)
Dieser Umstand ist in meinen Augen höchst unbefriedigend.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Was sich aus Deinen außerraumzeitlichen, immateriellen Fiktionen ergibt, kann ich Dir natürlich auch nicht sagen.


Klar, für uns beiden Atheisten ist Gott nur eine Fiktion. ;-)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Dann wird es aber herzlich unlogisch!

Inwiefern?


Insofern, als grundsätzlich gilt: A v ~A

Entweder es ist der Fall, dass Gott physischer Natur ist, oder es ist nicht der Fall, dass Gott physischer Natur ist, d.h., der Fall, dass Gott nichtphysischer Natur ist.

Doch wie wir alle (oder fast alle) wissen, ist der theistische Gott—Achtung: Wiederholung, Wiederholung!—als unkörperlich-unstofflich-unräumlich, d.i. nichtphysisch, immateriell, konzipiert.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Ich verstehe dich nicht, als Theist solltest du deinen Gott doch unumwunden als nichtphysisch/immateriell bezeichnen. Denn dein göttlicher Weltgrund ist definitiv nichts Stoffliches, sondern etwas rein Geistliches, d.i. eine spirituelle Substanz.

Sy legeis. ("Das sagst Du.")


Das sage ich und habe damit auch recht.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Aber "Es ist unmöglich, daß ein Mensch zwei Pferde besteigt oder zwei Bögen spannt." (Thomasevangelium, 47)


Soll das heißen: Entweder Fides oder Ratio, aber unmöglich beides?

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Welcher Benny?

Benny XVI.


Ach so, der Herr Ratzinger.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:[...]
(Wiser, Thomas. Vollständiges Lexikon für Prediger und Katecheten. Bd. 10. Regensburg: Wanz, 1856. S. 86-7.)

Vermutlich haben demzufolge einige Katecheten in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts geglaubt, Gott sei ein Geist. So what?


"So what"... — Am liebsten würde ich jetzt ausrufen: "Mein Gott, Fischermann!"
Wir reden hier von einem unabdingbaren theistischen Dogma, das seit vielen Jahrhunderten an allen theologischen Fakultäten gelehrt wird!

Du bist der erste (angebliche) Theist, mit dem ich diskutiere und der die reine Geistigkeit Gottes leugnet.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Wie wärs, wenn Du mal überprüfst, ob auch alle gegenwärtig lebenden Christen in diese "Gott ist an und für sich ein Geistwesen"-Schablone passen?


Den Einschub "an und für sich" kannst du weglassen; denn die Art und Weise, wie etwas tatsächlich ist, deckt sich mit der Art und Weise, wie es "an und für sich" ist.

"Does one need to defend the phrase 'as it is in itself', when one uses it in philosophy? I fear one does, for some think (incoherently) that it is somehow incoherent. Still, it is easy to defend. The supposition that reality is in fact a certain way, whatever we can manage to know or say about it, is obviously true. To be is to be somehow or other. Nothing can exist or be real without being a certain way at any given time. And the way something is just is how it is in itself."

"Muss man die Phrase 'wie es an sich ist' verteidigen, wenn man sie innerhalb der Philosophie gebraucht? Ich fürchte, man muss, denn einige denken (unstimmigerweise), dass sie irgendwie unstimmig sei. Sie lässt sich dennoch leicht verteidigen. Die Annahme, dass die Wirklichkeit in einer bestimmten Weise beschaffen ist, was immer sich darüber zutreffenderweise wissen oder sagen lässt, ist offenkundig wahr. Sein heißt soundso oder anders sein. Nichts kann existieren oder real sein, ohne zu jeder Zeit in einer bestimmten Weise beschaffen zu sein. Und die Weise, wie etwas beschaffen ist, ist genau die Weise, wie es an sich ist."
[meine Übers.]

(Strawson, Galen. "Real Materialism.")

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich habe Dir doch eine bessere geboten, die Du auch schön scheußlich findest: "Theisten sind Menschen, die freiwillig beten." Können wir uns darauf nicht verständigen?


Leider nein.
Ja, Theisten finden ihren Gott anbetungswürdig, aber was einen betenden Theisten im Wesentlichen zum Theisten macht, ist die Art des Gegenstandes seiner Anbetung und nicht das Beten als solches.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:(...) Grammatikalisch sind sich die Stellen sehr ähnlich. In der einen steht: Pneuma ho theos ("Geist ist der Gott"), und in der anderen Ho theos agape estin ("Der Gott ist Liebe").


Was Sinn machen würde, wäre die Formulierung "Gott ist der Allliebende."

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ehrlich - ich sags nur ungern, weil es arrogant klingt: Solange Du nicht umkehrst und Dich auf mythisch-religiöse Erfahrungsvoraussetzungen einlässt, bist nicht qualifiziert genug, um das zu beurteilen.


(Du schreibst of "mythisch", meinst aber wohl "mystisch", oder?)

Bitte nimm es mir nicht allzu übel, aber ich drücke es mal sehr sarkastisch aus:

Sagt der Psychotiker zum Psychiater: "Solange du nicht auch psychotisch wirst, kannst du meinen Geisteszustand nicht richtig beurteilen."

Muss ich selbst als Gläubiger in die bunte Wahnwelt der "mystisch-spirituellen Erfahrungsebene" eintauchen, um sie objektiv einschätzen zu können? — Ich denke nicht.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:... (b) es kein Widerspruch ist, an einen persönlichen Gott zu glauben, weil er sich so offenbart hat, und doch auf der rationalen Ebene davon absehen muss, einen persönlichen (oder sonstwie spezifischen) Gott vorauszusetzen .


Doch, es ist unlogisch, an einen persönlichen und immateriellen Gott zu glauben, ohne zugleich an dessen reale Existenz zu glauben. Die Gründe für den Glauben an die Realität eines persönlichen und immateriellen Gottes mögen ja rein subjektiv und irrational sein; doch das ändert nichts daran, dass jeder noch so gefühlsselige christliche, islamische oder jüdische Gottbegeisterte ebendiese bewusst oder unbewusst voraussetzt.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Besser, wir lassen das Reich Gottes aus dem Spiel. Das würde nur zu noch mehr Verwirrung führen.


Ich fühle mich nicht verwirrt.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Die einfache Antwort:
Dazu ist keine Aussage möglich, denn Gott könnte physischer, nichtphysischer Natur sein oder Anteil an beidem haben.


Gut, wenn sich, wie die Substanzdualisten behaupten, eine menschliche Person aus einem Körper und einer unkörperlichen Seele zusammensetzt und die beiden Substanzen irgendwie interagierend eine (vorübergehende) Einheit bilden, dann kann man sagen, eine menschliche Person sei teilweise physischer und teilweise nichtphysischer Natur.
Das trifft aber auf die göttliche Person nicht zu, weil diese von den Theisten für gänzlich nichtphysisch erachtet wird. Gott hat absolut nichts Körperlich-Stoffliches, ja nicht einmal etwas Räumliches an sich, da er nicht innerhalb des Raumes existiert.
(Fußnote: Das mit der angeblichen Allgegenwärtigkeit Gottes kann aus logischen Gründen nicht wörtlich aufgefasst werden.)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Die komplizierte, und imho treffende Antwort:
"physisch" und "nichtphysisch" sind abgeleitete Ausdrücke. Sie hängen von diversen Prämissen ab. Ich greife eine heraus: Formale Logik.


Und in der formalen Logik gilt bekanntlich:

A v ~A (Für jede Aussage A gilt: Entweder A oder nicht-A)

bzw.

Ax(Fx v ~Fx) (Für jeden Gegenstand x gilt: Entweder x fällt unter den Begriff F oder x fällt nicht unter den Begriff F)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Weil also Logik für den Weltgrund nicht vorausgesetzt werden kann, da sie daraus abzuleiten ist, sind keine logischen Aussagen über den Weltgrund (über seine axiomatische, funktionale Bestimmung hinaus) möglich.


Die vermengst in unzulässiger Weise logische und ontologische Aspekte.
Mir ist bekannt, dass manche Theisten meinen, Gott wäre ein "translogisches" Wesen, das mit den normalen logischen Schemata nicht zu erfassen sei. Einige von ihnen behaupten sogar absurderweise, dass bestenfalls eine paradoxe Ausdrucksweise der Wirklichkeit Gottes näherkommen könnte.
Doch tatsächlich ist es so, dass das Widersprüchliche das Wirkliche ausschließt. Das heißt, wer sich widersprüchlicher Aussagen bedient, kann sicher sein, dass er sich von der Realität—auch von einer möglichen göttlichen Realität—maximal entfernt hat.

"Die Kontradiktion erfüllt den ganzen logischen Raum und lässt der Wirklichkeit keinen Punkt."

(L. Wittgenstein: "Tractatus Logico-Philosophicus", 4.463)
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Fisherman's Fellow » Mo 14. Jul 2008, 01:27

Myron hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Es ist wirklich erstaunlich, wie Du Dich gegen empirische Fakten sperrst. Du kannst sicher sein, dass ich ein Theist bin. Ich glaube an Gott, ich gehe davon aus, dass er die Welt erschaffen hat, und glaube zB auch an die Auferstehung Jesu Christi. Ich bete, meditiere, singe mit Freuden Kirchenlieder und arbeite in einer Kirchengemeinde mit.
Dennoch passe ich nicht in Deine Theismus-Definition.


Komm mir doch nicht ständig mit "deine Theismus-Definition".
Was ich wiedergegeben habe, ist nicht meine Privatdefinition, sondern die Theismus-Definition.

"Die" Theismusdefinition? Meinst Du etwa eine von Gott höchstselbst?

Sehr aufschlussreich ist in dieser Hinsicht die (ebenfalls in dem von Dir für gültig gehaltenem Sinne tendenziöse) Definition bei Wikipedia:

"Die Bezeichnung wurde als ein kategorisierender Begriff der Religionsphilosophie in der Aufklärung (17. Jahrhundert) geprägt gegenüber dem Atheismus, aber auch als Abgrenzung zum Deismus."

Man kann also sagen, dass Deisten bzw Agnostiker wie Diderot sich der Theismus-Definition bemächtigten und dass Schlafmützen wie Swinburne sie für bare Münze genommen haben.
In der RGG - dem lexikaischen Standardwerk im Bereich der evangelischen Theologie, wurde, soviel ich weiss (ich habe die Bände zZ leider nicht zur Hand), eine andere Auffassung vertreten, der ich nach langen Jahren Erfahrung nur beipflichten kann, dass »wir aus der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Erscheinungsformen das Wesen des Christentums nicht durch empirische Vergleichung und mechanische Summierung der am meisten weithin übereinstimmenden Merkmale einfach ablesen können" (RGG2 I, 1565)

In der Wikipedia wird auch noch eine feine Unterscheidung angestellt, welche Du nicht machst:
"Der Begriff Theismus [...] ist die Bezeichnung für die religiöse oder philosophische Überzeugung vom Dasein eines höchsten, überweltlichen, persönlichen Wesens (Gott), das die Welt erschaffen hat, erhält, regiert und somit einen ständigen Einfluss auf sie hat."

Natürlich bin ich auch davon überzeugt vom Dasein eines persönlichen Gottes, und zwar genau im Sinne einer trinitarischen "Persona" dh einer in Bezug auf uns Menschen zugeschnittenen "Maske" Gottes.
Die oben fett gedruckte Einschränkung ist bedeutsam. Mann kann auf der Grundlage mythisch-religiöser Erfahrungvoraussetzungen davon überzeugt sein, ohne auf der rationalen Erfahrungsbasis zum gleichen Urteil zu gelangen.
Wenn Du übrigens mal auf die Diskussionsseite von Wikipedia gehst, wirst Du feststellen, dass auch andere Leute (und vom Wissensstand nehme ich an, dass es sich um Christen handelt) etwas gegen die definitorische Einschränkung auf einen persönlichen Gott haben.
Und wenn Du "die" Theismusdefinition mal vernünftig und widerspruchsfrei lesen willst:
"Theismus (von theos) = Glaube, daß ein Gott existiert."

Myron hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Da gibt es nur einen Grund: Sie ist falsch.


Es gibt einen anderen möglichen Grund:

Was suchst Du nach weiteren Gründen? Du selbst hast doch schon dargelegt, wie wiedersinnig eine solche "Gottesontologie" wäre!
Darin waren wir uns von Anfang an einig, und es ist auch kein Richard Dawkins nötig, um die Widersinnigkeit einer solchen 'Theismus'-Definition zu erkennen.
Man muss einfach nur nüchtern räsonnieren.

Myron hat geschrieben:(Es könnte allerdings auch so sein, dass dein Glaube in sich logisch unstimmig ist.)

Könnte schon sein, wer weiß? Aber hier geht es gar nicht um Glauben, sondern um eine rein rationale Betrachtungsweise.
Mir scheint, dass Dir die konsequente Trennung von religiös-mythischer Erfahrungsvoraussetzung und naturwissenschaftlicher Erfahrungsvoraussetzungen zu schaffen macht. Aber diese Erfahrungsvoraussetzungen sind von Grund auf entschieden und ergeben sehr unterschiedliche Bilder von Realität.

Myron hat geschrieben:"Hübner lässt keinen Zweifel daran, dass der Versuch, den Offenbarungsglauben durch die autonome Vernunft zu begründen oder zu ersetzen, ein langer Irrweg gewesen ist - sei es, dass die Theologie dessen ganz andere Struktur, seine nicht metaphysische Verfassung, ins Aussagesystem der Metaphysik bannte und erst damit für die wissenschaftliche Vernunft anfechtbar machte, sei es, dass die Philosophie den Offenbarungsglauben in sich aufzuheben suchte."

Eine antirationalistische, rein fideistische Offenbarungstheologie ist eine abstrus-obskure Wahnlehre, und zwar eine nicht ungefährliche.

Mir ist Dein Credo wohl bewusst. Hübner hätte dieses Statement wohl unter der Rubrik "theoretischer Zweifel" einsortiert.

Myron hat geschrieben:Es gibt eine Strömung innerhalb der zeitgenössischen Religionsphilosophie, die sich "wittgensteinscher Fideismus" nennt:
[...]
Es dürfte dich nicht überraschen, dass ich mit keiner These dieses antirealistischen Fideismus einverstanden bin. Die Annahme, der religiöse und insbesondere der offenbarungstheologische Diskurs (was du "faith talk" nennst) verwende eine buchstäblich esoterische Sprache, die mit der normalen, wirklichkeitsbezogenen "Sprache des Lebens" (Frege) in keinem oder zumindest in keinem umittelbaren logisch-semantischen Zusammenhang stehe und insofern nicht nach normalen Maßstäben zu beurteilen sei, erscheint mir haltlos. Ich bestreite, dass die religiöse Sprache eine Sprache sui generis ist, die einer ganz anderen Logik unterliegt als die normale Sprache.

Da hast Du wohl recht.
Aber was Hübner beschreibt und was religiöse Menschen glauben, ist auch (von Ausnahmen abgesehen), kein solcher "wittgensteinscher Fideismus". Die Logik ist die gleiche wie auch sonst. Selbstbezügliche und von der Realität immunisierende Denkfiguren sind nicht zulässig; jedoch die Erfahrungsgrundlage ist verschieden und abhängig davon die Ausrichtung des Denkens.

"Der Mythos stützt sich ausschließlich auf Erfahrung, allerdings eine a priori mythisch interpretierte und damit, wie gezeigt, theoretisch unangreifbare Erfahrung. Das Mythisch-Numinose tritt ja immer in der sinnlichen und geschichtlichen Erfahrungswelt in Erscheinung. Daher kommt es, daß sich einerseits Menschen in bestimmten Kulturen wie selbstverständlich im Rahmen ihres Mythos als ihrer Erfahrungswelt bewegten, andererseits aber andere, auf andere Erfahrungen beruhenden Mythen gelten ließen." (K.Hübner, Glaube und Wissen, 11)

Myron hat geschrieben:Soll das heißen: Entweder Fides oder Ratio, aber unmöglich beides?

Genau. Es ist unmöglich, eine auf gewissen Erfahrungsvoraussetzungen beruhende Weltsicht von einer völlig anderen Weltsicht aus angemessen zu kritisieren.
Und ich muss diese gravierende Fehleinschätzung nun schon geraume Zeit sehr konkret am eigenen Leibe erleiden, weil ich täglich mehrmals eine völlig unpassende, weil aus aufklärerischem Geist und auf weltanschaulicher Basis beruhende "Theisten"-Mütze übergezogen bekomme, die natürlich nicht passt und die einmal mehr demonstriert, wie schlecht die sogenannte rationale Wirklichkeitserkenntnis zur Wirklichkeitserkenntnis taugt.

Und wenn wir schon dabei sind, möchte ich noch dieses Zitat aus dem anderen Posting einflechten:
Myron hat geschrieben:Doch wie wir alle (oder fast alle) wissen, ist der theistische Gott—Achtung: Wiederholung, Wiederholung!—als unkörperlich-unstofflich-unräumlich, d.i. nichtphysisch, immateriell, konzipiert.

Dass Du trotz wohl inzwischen intensiver gegenteiliger Erfahrung immer noch an Deinen Definitionen kleben bleibst, verrät natürlich auch eine beträchtliche Immunität gegen die Wirklichkeit.

Myron hat geschrieben:"So what"... — Am liebsten würde ich jetzt ausrufen: "Mein Gott, Fischermann!"
Wir reden hier von einem unabdingbaren theistischen Dogma, das seit vielen Jahrhunderten an allen theologischen Fakultäten gelehrt wird!

So? Auch Theologie studiert?
Nein, wahrscheinlich nicht. Sonst könntest Du das nicht ehrlicherweise schreiben.

Myron hat geschrieben:Die praktischen Lebenswelten von religiösen und nichtreligiösen Menschen mögen sich unterscheiden, doch das bedeutet nicht, dass sie nicht die gleiche Grundsprache sprechen. Im theologischen Diskurs mögen, wie auch im wissenschaftlichen, allerlei Fachausdrücke vorkommen, doch das macht ihn mitnichten zu einem isolierten, inkommensurablen "Sprachspiel" innerhalb der umfassenden Sprachwelt, das sich realistischer Analyse und Kritik entzieht.

Doch, das tut es. Man muss schon in die Hose der jeweiligen Erfahrungsgrundlage schlüpfen und sie eine Weile tragen, bevor man sie qualifiziert beurteilen kann.
Was natürlich kritisiert werden kann, sind die Folgen des Handelns, das sich aus solch einer Erfahrungswelt ergibt. Vorausgsetzt natürlich, man verfügt über ethische Kriterien, die abgesichert genug sind, um einen tauglichen Maßstab für solche Urteile abzugeben.

Myron hat geschrieben:Es gibt keine Arten von Existenz, sondern nur Arten von Existentem.

Du setzt den Existenzbegriff absolut, merkst Du das? Er ist eines der wahrhaft transzendenten Elemente in Deiner Ontologie. Das sieht nicht nur seltsam aus für einen Materialisten, es entwertet auch Deinen Weltgrund zum abgeleiteten Ding, was er gar nicht sein kann.

Myron hat geschrieben:Außerdem ist die semantische Frage nach der Bedeutung des Existenzbegriffs eine Sache und die ontologische Frage danach, welche Gegenstände bzw. Gegenstandsarten als existent gelten sollen (d.h. welche ontologischen Kategorien anerkannt werden sollen), eine andere.

Semantische Fragen und ontologische wirken sich aufeinander aus.

Myron hat geschrieben:Wenn Gott ist, dann er als ein Seiendes logischerweise Teil des Seienden.
Absolut alles, was ist, ist Teil des Seienden.
(Ich ahne, dass von deiner Seite jetzt so etwas kommen wird wie: "Gott ist kein Seiendes, sondern das Sein selbst". Doch eine Differenzierung zwischen dem Sein und dem Seienden à la Heidegger ist in meinen Augen nicht logisch nachvollziehbar. Es ist lediglich so, dass "das Sein" eher die Einheit in der Vielheit betont und "das Seiende" eher die Vielheit in der Einheit. — Gott, falls er existiert, ist jedenfalls nicht das ganze Sein/Seiende, sondern nur ein Teil davon.)

Ich versuche es mit einem Vergleich: Die Einheit dessen, was wir als unsere Welt annehmen und erkennen, erfordert, dass alles Sein und alle unsere Begriffe, Kategorien, Erkenntnismittel von einer einheitlichen Instanz abhängen - dem Weltgrund.
Wenn man dies mit einer objektorientierten Programmierhochsprache vergleicht, dann gibt es eine oberste Klasse "Weltgrund", von der alle übrigen Klassen, Eigenschaften, Funktionen abgeleitet sind. Dh, es heißt nicht "Existenz", sondern "Weltgrund.Existenz" - das Merkmal "Existenz" als Seinsaussage ist Teil der Klasse "Weltgrund", ebenso wie das Merkmal Logik als "Weltgrund.Logik" von diesem abhängt. (Andernfalls müsste man den Satz vom Widerspruch als "absolut gültig" neben bzw über dem Weltgrund betrachten, was zwar einen Metaphysiker inspirieren könnte, aber eine Schande für einen Materialisten wäre: Solange Du für Deine Erkenntnisgrundlagen keine Verankerung im Weltgrund und damit keine materielle Basis annimmst, bist Du ein Idealist oder Platoniker - keine Spur von einem materialistischen Monismus.)

Die Frage, ob der Weltgrund existiert, ist also sinnlos, denn die Eigenschaft "Weltgrund.Exitenz" ist durch den Weltgrund bedingt und erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf diesen. Als oberste Klasse kann der Weltgrund nicht mit Weltgrund..PhysischeObjekte.Universum oder
Weltgrund..GedankenObjekte.UnsichtbaresRosarotesEinhorn
verglichen werden, über die Existenzaussagen möglich sind, wenn man zuvor dem Weltgrund als Seinsprinzip eine logische Funktionsbibliothek "Weltgrund.Logik()" zugeordnet hat, die auf alle untergeordneten Objektklassen anwendbar ist.

Myron hat geschrieben:Die vermengst in unzulässiger Weise logische und ontologische Aspekte.

Ganz im Gegenteil: Du hältst sie künstlich auseinander - als ob logische Aspekte neben Deinem physischen Weltgrund eine freie, absolute, rein geistige Existenz führen könnten.
Ein jeder kehr vor seiner Tür.

Myron hat geschrieben:Mir ist bekannt, dass manche Theisten meinen, Gott wäre ein "translogisches" Wesen, das mit den normalen logischen Schemata nicht zu erfassen sei. Einige von ihnen behaupten sogar absurderweise, dass bestenfalls eine paradoxe Ausdrucksweise der Wirklichkeit Gottes näherkommen könnte.

Das ist auf religiöser Erfahrungsebene möglich, sofern man sich dabei nicht den Boden der Offenbarung als Erfahrungsgrundlage verlässt und diese Aussage gleichnishaft versteht.
Auf rationaler Ebene ist es natürlich nicht zulässig, und was ich über den Weltgrund/Gott schrieb, enthält auch, soweit ich erkennen kann, keine Paradoxa.

Myron hat geschrieben:Was Sinn machen würde, wäre die Formulierung "Gott ist der Allliebende."

Nein. Der johanneische Gott beschränkt seine Liebe auf die Seinen. Es gilt die Regel: "Wer an ihn [den Sohn Gottes] glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet" (Joh 3,18)


Myron hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ehrlich - ich sags nur ungern, weil es arrogant klingt: Solange Du nicht umkehrst und Dich auf mythisch-religiöse Erfahrungsvoraussetzungen einlässt, bist nicht qualifiziert genug, um das zu beurteilen.


(Du schreibst of "mythisch", meinst aber wohl "mystisch", oder?)

Ich meine mythisch, nicht mystisch.

Myron hat geschrieben:Bitte nimm es mir nicht allzu übel, aber ich drücke es mal sehr sarkastisch aus:

Sagt der Psychotiker zum Psychiater: "Solange du nicht auch psychotisch wirst, kannst du meinen Geisteszustand nicht richtig beurteilen."

Der Vergleich erinnert mich recht unangenehm daran, dass in atheistischen Staaten (Sowjetunion, China) die Psychatrie die Endstation für so manchen war (und noch immer ist), der sich der herrschenden Ideologie nicht beugte.

Myron hat geschrieben:Muss ich selbst als Gläubiger in die bunte Wahnwelt der "mystisch-spirituellen Erfahrungsebene" eintauchen, um sie objektiv einschätzen zu können? — Ich denke nicht.

Wenn Du die Erfahrungsvoraussetzungen nicht teilst, verstehst Du nichts. Darum schickt man einen Papua-Neuguinesen erst mal ein paar Jahre auf die Schule, und danach ist es, wie ich hörte, immer noch höchst fraglich, ob man sich mit ihm über wissenschaftliche Probleme qualifiziert austauschen kann.


Grüßle,
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Myron » Mi 16. Jul 2008, 21:11

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Sehr aufschlussreich ist in dieser Hinsicht die (ebenfalls in dem von Dir für gültig gehaltenem Sinne tendenziöse) Definition bei Wikipedia:

"Die Bezeichnung wurde als ein kategorisierender Begriff der Religionsphilosophie in der Aufklärung (17. Jahrhundert) geprägt gegenüber dem Atheismus, aber auch als Abgrenzung zum Deismus."


Soweit ich weiß, ist es richtig, dass die Bezeichnung "Atheismus" älter ist als die Bezeichnung "Theismus". Das heißt aber nicht, dass der vom Theismus (den man auch philosophische Theologie nennen kann) vertretene Gottesbegriff erst im 17. Jahrhundert von ihm entworfen wurde. Der Theismus arbeitet nur auf einem höheren Reflexionsniveau als die volkstümliche Form der Religion.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Man kann also sagen, dass Deisten bzw Agnostiker wie Diderot sich der Theismus-Definition bemächtigten und dass Schlafmützen wie Swinburne sie für bare Münze genommen haben.


"Schlafmützen wie Swinburne" ... — Herrje ...!

Fisherman's Fellow hat geschrieben:In der RGG - dem lexikaischen Standardwerk im Bereich der evangelischen Theologie, wurde, soviel ich weiss (ich habe die Bände zZ leider nicht zur Hand), eine andere Auffassung vertreten, der ich nach langen Jahren Erfahrung nur beipflichten kann, dass »wir aus der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Erscheinungsformen das Wesen des Christentums nicht durch empirische Vergleichung und mechanische Summierung der am meisten weithin übereinstimmenden Merkmale einfach ablesen können" (RGG2 I, 1565)


Wunderbar, nur was ändert das an dem von Swinburne vollkommen korrekt beschriebenen theistischen und damit auch christlichen Gottesbegriff?—Nichts!

Fisherman's Fellow hat geschrieben:In der Wikipedia wird auch noch eine feine Unterscheidung angestellt, welche Du nicht machst:
"Der Begriff Theismus [...] ist die Bezeichnung für die religiöse oder philosophische Überzeugung vom Dasein eines höchsten, überweltlichen, persönlichen Wesens (Gott), das die Welt erschaffen hat, erhält, regiert und somit einen ständigen Einfluss auf sie hat."

Natürlich bin ich auch davon überzeugt vom Dasein eines persönlichen Gottes, und zwar genau im Sinne einer trinitarischen "Persona" dh einer in Bezug auf uns Menschen zugeschnittenen "Maske" Gottes.
Die oben fett gedruckte Einschränkung ist bedeutsam. Mann kann auf der Grundlage mythisch-religiöser Erfahrungvoraussetzungen davon überzeugt sein, ohne auf der rationalen Erfahrungsbasis zum gleichen Urteil zu gelangen.


Eine solche Art von "Glaubensschizophrenie" ist absurd.
Entweder du bist vom Dasein eines persönlichen Gottes überzeugt oder eben nicht—Punkt.
Auf welcher Art von Gründen diese Überzeugung beruht oder was dich veranlasst hat, an Gottes Existenz zu glauben, ist dabei eine andere Frage.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Wenn Du übrigens mal auf die Diskussionsseite von Wikipedia gehst, wirst Du feststellen, dass auch andere Leute (und vom Wissensstand nehme ich an, dass es sich um Christen handelt) etwas gegen die definitorische Einschränkung auf einen persönlichen Gott haben.
Und wenn Du "die" Theismusdefinition mal vernünftig und widerspruchsfrei lesen willst:
"Theismus (von theos) = Glaube, daß ein Gott existiert."


Sicher, die weitestmögliche Definition von "Theismus" ist: "der Glaube, dass es mindestens einen Gott gibt". Danach kommt die etwas engere Definition von "Monotheismus": "der Glaube, dass es genau einen Gott gibt". Als Nächstes folgt die Definition dessen, was man "personalistischer Theismus" nennen kann: "der Glaube, dass es mindestens einen persönlichen Gott gibt". Weiter geht es mit dem, was man "personalistischer Monotheismus" nennen kann: "der Glaube, dass es genau einen persönlichen Gott gibt".
Wenn ich hier vom Theismus spreche, dann spreche ich vom personalistischen Monotheismus (und ich denke, du auch).
Doch auch dessen obige Definition ist zu schwach, da darin der Begriff "Gott" noch zu unterbestimmt ist, als dass sie nützlich sein könnte. Sie muss also mindestens wie folgt erweitert werden:

"Theismus =def der Glaube, dass es genau einen persönlichen, transzendenten (außerräumlichen bzw. außerraumzeitlichen) göttlichen Geist gibt, der die materielle Welt erschaffen hat, im Sein erhält und beeinflusst."

Nur diese (oder eine äquivalente Formulierung) kann als hinreichende Minimaldefinition des Theismus gelten.
(Sie wird zu einer Definition von "Deismus", wenn "im Sein erhält und beeinflusst" weggelassen wird.)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Darin waren wir uns von Anfang an einig, und es ist auch kein Richard Dawkins nötig, um die Widersinnigkeit einer solchen 'Theismus'-Definition zu erkennen.
Man muss einfach nur nüchtern räsonnieren.


Wenn du deinem eigenen Ratschlag folgen würdest, dann würdest du sofort einsehen, dass Theismus-Definitionen wie diejenige von "Schlafmütze" Swinburne höchst sinnig sind!

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Mir scheint, dass Dir die konsequente Trennung von religiös-mythischer Erfahrungsvoraussetzung und naturwissenschaftlicher Erfahrungsvoraussetzungen zu schaffen macht. Aber diese Erfahrungsvoraussetzungen sind von Grund auf entschieden und ergeben sehr unterschiedliche Bilder von Realität.


Wir Menschen haben alle die gleiche Erfahrungsgrundlage: unsere Sinneswahrnehmung.

(Zum Thema religiöse Erfahrungen werde ich demnächst vielleicht einen eigenen Thread eröffnen. Es gibt nämlich eine sehr gute Klassifikation jener Erfahrungen, die ein gewisser Mr. Swinburne angefertigt hat.)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:"Der Mythos stützt sich ausschließlich auf Erfahrung, allerdings eine a priori mythisch interpretierte und damit, wie gezeigt, theoretisch unangreifbare Erfahrung. Das Mythisch-Numinose tritt ja immer in der sinnlichen und geschichtlichen Erfahrungswelt in Erscheinung. Daher kommt es, daß sich einerseits Menschen in bestimmten Kulturen wie selbstverständlich im Rahmen ihres Mythos als ihrer Erfahrungswelt bewegten, andererseits aber andere, auf andere Erfahrungen beruhenden Mythen gelten ließen." (K.Hübner, Glaube und Wissen, 11)


Es scheint sich auch nach über 2000 Jahren noch nicht überall herumgesprochen zu haben, dass wir eigentlich schon seit der griechischen Antike, seit den philosophischen Vorsokratikern, im postmythischen Zeitalter leben.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Es ist unmöglich, eine auf gewissen Erfahrungsvoraussetzungen beruhende Weltsicht von einer völlig anderen Weltsicht aus angemessen zu kritisieren.
Und ich muss diese gravierende Fehleinschätzung nun schon geraume Zeit sehr konkret am eigenen Leibe erleiden, weil ich täglich mehrmals eine völlig unpassende, weil aus aufklärerischem Geist und auf weltanschaulicher Basis beruhende "Theisten"-Mütze übergezogen bekomme, die natürlich nicht passt und die einmal mehr demonstriert, wie schlecht die sogenannte rationale Wirklichkeitserkenntnis zur Wirklichkeitserkenntnis taugt.


Und du meinst, dass stattdessen irgendwelche vernunftfernen Glaubensgefühle den Weg zu wahrhaftiger Wirklichkeitserkenntnis ebnen?

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Man muss schon in die Hose der jeweiligen Erfahrungsgrundlage schlüpfen und sie eine Weile tragen, bevor man sie qualifiziert beurteilen kann.


Mir ist zwar aber immer noch nicht klar, was genau du mit "religiöse Erfahrungsgrundlage" meinst, aber ich bestreite, dass ich selbst erst religiös werden müsste, um den objektiven Gehalt der Theologie kritisch-rational hinterfragen zu können.

(Was objektiv falsch ist, kann nicht subjektiv wahr sein—höchstens subjektiv für wahr gehalten werden.)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Du setzt den Existenzbegriff absolut, merkst Du das? Er ist eines der wahrhaft transzendenten Elemente in Deiner Ontologie. Das sieht nicht nur seltsam aus für einen Materialisten, es entwertet auch Deinen Weltgrund zum abgeleiteten Ding, was er gar nicht sein kann.


Ich kann dir hier leider nicht folgen.
Ja, es gibt in der Tat keine Seinsobjekte, d.i. keine Entitäten, die nicht existieren.
(Allerdings gibt es viele Denkobjekte, die nicht existieren. Alle Phantasieobjekte sind solche nichtexistenten Denkobjekte.)

Aber wenn ich dem Weltgrund, den du im Gegensatz zu mir als etwas Überweltliches zu betrachten scheinst, die Existenz zuspreche, dann wird er dadurch doch nicht zu etwas Abgeleitetem, d.h. zu etwas nicht Grundlegendem.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich versuche es mit einem Vergleich: Die Einheit dessen, was wir als unsere Welt annehmen und erkennen, erfordert, dass alles Sein und alle unsere Begriffe, Kategorien, Erkenntnismittel von einer einheitlichen Instanz abhängen - dem Weltgrund.


Ohne die Welt und ihren Grund gäbe es uns und unsere Begriffe nicht.
Da ist eine triviale Erkenntnis.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Wenn man dies mit einer objektorientierten Programmierhochsprache vergleicht, dann gibt es eine oberste Klasse "Weltgrund", von der alle übrigen Klassen, Eigenschaften, Funktionen abgeleitet sind.


Die (abstrakte) Klasse der Weltgründe ist eine Klasse, aber nicht der (konkrete) Weltgrund als deren (einziges) Element.
Und die Klasse (Menge) der Weltgründe ist der Umfang des Begriffs "Weltgrund".

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Die Frage, ob der Weltgrund existiert, ist also sinnlos, denn die Eigenschaft "Weltgrund.Exitenz" ist durch den Weltgrund bedingt und erlaubt keinerlei Rückschlüsse auf diesen. Als oberste Klasse kann der Weltgrund nicht mit Weltgrund..PhysischeObjekte.Universum oder
Weltgrund..GedankenObjekte.UnsichtbaresRosarotesEinhorn
verglichen werden, über die Existenzaussagen möglich sind, wenn man zuvor dem Weltgrund als Seinsprinzip eine logische Funktionsbibliothek "Weltgrund.Logik()" zugeordnet hat, die auf alle untergeordneten Objektklassen anwendbar ist.


Die Frage, ob der Weltgrund existiert, ist sehr wohl eine sinnvolle Frage, sofern hinreichend klar ist, auf was sich die Kennzeichnung "der Weltgrund" bezieht.

Dein Weltgrund ist ja Gott, und ich kann nicht glauben, dass du als gläubiger Christ die Existenz deines Gottes nicht im Brustton der Überzeugung bejahst.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Was Sinn machen würde, wäre die Formulierung "Gott ist der Allliebende."

Nein. Der johanneische Gott beschränkt seine Liebe auf die Seinen. Es gilt die Regel: "Wer an ihn [den Sohn Gottes] glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet" (Joh 3,18)


Danke, dass du mich daran erinnerst, dass Gott ja gar nicht der Allliebende, sondern nur der All-die-Seinen-Liebende ist. Ich hatte vorübergehend ganz vergessen, dass auf Leute wie mich im höllischen Konzentrationslager ewigliche Folter wartet.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich meine mythisch, nicht mystisch.


Na gut.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Sagt der Psychotiker zum Psychiater: "Solange du nicht auch psychotisch wirst, kannst du meinen Geisteszustand nicht richtig beurteilen."

Der Vergleich erinnert mich recht unangenehm daran, dass in atheistischen Staaten (Sowjetunion, China) die Psychatrie die Endstation für so manchen war (und noch immer ist), der sich der herrschenden Ideologie nicht beugte.


Keine Bange, ich bin ein Feind jeglicher Form von "politischer Psychiatrie".
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon pinkwoolf » Sa 19. Jul 2008, 22:29

von emporda am 12.07.2008, 22:08 :lachtot:
emporda hat geschrieben:Nicht verzweifeln. Gläubige Menschen sind alle hochintelligent und vefügen über enormes Wissen. Die Fakten beweisen, dass wir da nicht mithalten können:

Ich habe zwar schon eine Menge evangelikalen Blödsinns gelesen, aber diese Sammlung hat es in sich. Wie hast du die zusammengestellt?
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon emporda » So 20. Jul 2008, 08:55

pinkwoolf hat geschrieben:von emporda am 12.07.2008, 22:08 :lachtot:
Ich habe zwar schon eine Menge evangelikalen Blödsinns gelesen, aber diese Sammlung hat es in sich. Wie hast du die zusammengestellt?

http://www.fstdt.com/
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon kucks » So 20. Jul 2008, 17:49

Auch durchschnittlich intelligente und gebildete Menschen werden (oder wurden) religiös erzogen. Die religiöse Erziehung und das Leben in einer kulturell religiös geprägten Gesellschaft (man feiert Weihnachten, Ostern, Kommunion der Kinder, kirchliche Trauung usw.) sind für viele Menschen der Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens. Niemand hinterfragt hier irgendetwas. Mein verstorbener Vater (Jahrgang 1930) war ein intelligenter Mann, der mit Kirche nichts anfangen konnte, obwohl er streng katholisch erzogen worden war. Für ihn gab es nur den Kirchgang bei offiziellen Feiern, Ostern und Weihnachten. Ich kann mich nicht erinnern, dass er jemals zum Beichten gegangen wäre. Trotzdem wäre er NIE auf die Idee gekommen, aus der Kirche auzutreten. Das gehörte für ihn zu seinem Dasein genauso dazu, wie alles Kulturelle um ihn herum. Er hätte sich mit Sicherheit als "religiös" bezeichnet - verlogen nicht wahr?? Vielleicht brauchte er es als Rückhalt - so eine Art Fangnetz, damit nach seinem Tod der Platz im Paradies für ihn gesichert war. Er war ein guter Mann, ein guter treuer Ehemann, ein wundervoller Vater und ein lustiger Mensch - wie sollte Gott ihm da das Paradies verwehren??? -
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon pinkwoolf » So 20. Jul 2008, 19:25

@ kucks

Wie komme ich als traditionell erzogener Mensch des 20. Jahrhunderts zum Atheismus? Beispiele wie dein Vater finden sich sicherlich in jeder unserer Biographien. Ich habe großen Respekt für solche Menschen; Dawkins Argument, dass diese Haltung den Fundamentalisten den Weg ebnet, erscheint mir völlig kontraproduktiv und, vor allem, historisch unredlich.

Ich will nicht bestreiten, dass Theisten hier ihre Batterien aufladen können; aber bei unseren Altvorderen eine andere Geisteshaltung zu erwarten ist ebenso realitätsfern wie ein Glaubensbekenntnis zu Wotan.
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon gerhard » So 20. Jul 2008, 20:28

Heute Mittag (trotz Sonntag) hab ich im Garten einen Tannenbaum abgesägt, der aus unerklärlichen Gründen abgenadelt war. Als ich ihn ausgrub wurde mir klar, warum er eingegangen ist. Er hatte nicht tief genug gewurzelt. Er war nur oberflächlich verankert, beugte sich mit jedem Wind, ohne in einer tiefen Erdwurzel echtem Grund Halt zu haben.

Der Mensch von Morgen wird den ganzen Schnickschnack des traditionellen Getöse hinter sich lassen und aufgrund seiner Bildung in der Erklärung des kreativen vernünftigen evolutionären Werdens (der Erde, deren Werden heute in der Evolutionstherorie erklärt wird) das Wort verstehen, das in der Gestalt mit Bart den Grund den einzigen Grund des christlichen Glaubens stellt, einzig sinngebend auf einen Schöpfer verweist. Er wird daher die Tradition nicht verleugnen, sondern aus diesen Wuzeln neuen Saft saugen, um weiterzuwachsen, das Wort zu halten, das er z.B. in der Ökologie wahrnimmt. So stelle ich mir den intelligenten Menschen vor.
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon stine » Mo 21. Jul 2008, 06:55

gerhard hat geschrieben:Heute Mittag (trotz Sonntag) hab ich im Garten einen Tannenbaum abgesägt, der aus unerklärlichen Gründen abgenadelt war. Als ich ihn ausgrub wurde mir klar, warum er eingegangen ist. Er hatte nicht tief genug gewurzelt. Er war nur oberflächlich verankert, beugte sich mit jedem Wind, ohne in einer tiefen Erdwurzel echtem Grund Halt zu haben.
Ein schönes bildhaftes Beispiel, gerhard.

Solange der Baum noch nicht groß genug war, konnte er als Flachwurzler auch ganz gut leben. Großgeworden, im Alter, hat sich gezeigt, dass er mehr Boden gebraucht hätte.

LG stine
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon gerhard » Di 22. Jul 2008, 16:52

stine hat geschrieben:Solange der Baum noch nicht groß genug war, konnte er als Flachwurzler auch ganz gut leben. Großgeworden, im Alter, hat sich gezeigt, dass er mehr Boden gebraucht hätte.

LG stine


Wir können das Wachsen nicht aufhalten, das uns durch in der Aufklärung gegebene Wissen um kausales evolutionäre Werden, ökologische oder kosmische Ordnung... nicht weiter beiseite lassen. Wo das Wissen weiterhin gegen einen mystischen Aber-glaube trotzdem, aufgrund über/unnatürlicher Wunder, Traditionsgesetzlichkeit gestellt wird, (wie es hier leider ganz selbstverständlich als "Glaube" gesehen werden muss) da hat nicht nur die einst in kosmischen Realitäten gründende monotheistische Religion, sondern auch der moderne Mensch seine Wurzel verloren.

Wenn wir kreative=schöpferische Bestimmung und Sinngebung (somit menschliche Verant-wort-ung als Gen-esismaximierer) zeitgemäß vergegenwärtigen wollen, weil wir erkennen, dass säkulare Ideologien versagt haben, sich der Mensch allein an eine säkulare kollektive Vernünftigkeit nicht hält, sondern in kurzsichtigem Kapital- und Konsumegoismus Zukunfts- bzw. Selbstvernichtung betreibt, dann hilft uns die heutige religiöse Flachwurzlerei - wie sie hier in jeder Diskussion thematisiert wird - nicht weiter. Mit wachsender Bildung über die wahren Wurzeln monotheistischen Glaubens (hinter allen Bildern) und dem gegebenen Wissen um das z.B. evolutionsbilogische "Wie" und "Warum", gilt es m.E. auf intelligente Weise nach einer kreativen Vernünftigkeit zu fragen. Und: warum dieses hervorbringende=schöpferische "Wort" im Laufe der kollektiven Kommunikation bisher jeweils in Offenbarungsgestalten personifiziert werden musste.

Wenn die Dogmatiker den Dogmen dienen, die Mystiker den Mythen, die persönlich Gläubigen ihrem Gottesgebilde, warum sollten dann nicht Naturalisten in ganz neuer Weise nach einem wirk-lichen Schöfpungswort, zeitgemäßer Vergegenwärtigung kreativer=schöpferischer Bestimmung fragen?

(Dass im Namen des Schöfpers nach wie vor viel Unsinn verbreitet wird, der mit einer in antiker griechisch geprägter Glaubensaufklärung vor 2000 Jahren personifizierten schöpferischen Vernünftigkeit nicht das Geringst zu tun hat, ist mir bewusst. Doch ist es wirklich intelligent die Zeit zu vergeuden, Banalitäten, alte Bilder, die längst als Theologiegeschichte gelehrt werden, unmögliche Gottesbeweise, Über/Unnatürlicheiten abzustreiten... oder könnte nicht danach erst ein neues Paradigma beginnen?)
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon emporda » Mi 23. Jul 2008, 17:42

Von welchem Gott reden die Christen.

1. der Gott der Genesis ist El, ein stiergehörnter Gartenzwerg aus Ugarit mitsamt der Götzenfamilie Baal, Asherah und weiteren. Der Gott Jahwe der Genesis ist ein heidnischer Götze zusammen mit Ishtar aus Ebla. Hebräisch ist unbekannt, man spricht Ugaritisch oder Eblaitisch und schreibt Akkadisch

2. die semitischen Hyksos als frühe Israeliten in Ägypten beten den ägyptischen Götzen Seth an und bauen ihm Tempel. Hebräisch und Aramäisch sind unbekannt, allenfalls Akkadisch oder Hieratisch waren bekannte Sprachen und Schriften

3. beim Exodus aus Ägypten mit dem fiktiven Moses zogen die Israeliten durch das Land Edom, das es noch nicht einmal gab. Nach der Bibel waren das alles fromme Söhne Davids. Nur die Edomiter beteten den Wettergott Quaus an und bauten ihm Tempel. Allenfalls Akkadisch oder Aramäisch waren bekannte Schriften

4) bei der Vertreibung aus Jerusalem durch die Assyrer fliehen viele Israeliten nach Elephantine nahe Assuan. Dort beten sie zum ägyptischen Götzen Khnum, bauen ihm Tempel und sprechen Aramäisch - nicht etwa Hebräisch. Ihr Herkunftsland Judäa nennen sie mit persischen Namen Yehud und schreiben nach Babylon

5) ihre vertriebenen Brüder in Babylon beten zum Götze Baal und sprechen Akkadisch und Aramäisch – nicht aber Hebräisch.

6) Der Jesus Mythos ist überwiegend eine Kopie des Herakles Kults mit Götze Baal, der von Griechenland über Phönizien bis nach Cadiz /Südspanien bekannt ist und dort Götze Melkart genannt wurde. Hannibal war aus Cadiz und betete zu Melkart. Nahezu alle Details wurden für Jesus abgeschrieben.

Wer ist denn dieser verdammte Christengott, wo kommt der so plötzlich her. Alle Referenzen zur göttlichen Existenz beziehen sich nur auf die Bibel und sind wirre Phantasien der Schreiber von aktuellen Funden nicht bestätigt.
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon gerhard » Mi 23. Jul 2008, 21:03

emporda hat geschrieben:Von welchem Gott reden die Christen.

Wer ist denn dieser verdammte Christengott, wo kommt der so plötzlich her. Alle Referenzen zur göttlichen Existenz beziehen sich nur auf die Bibel und sind wirre Phantasien der Schreiber von aktuellen Funden nicht bestätigt.


Mir ist bewusst, dass die heutige Hochschultheologie letztlich genau den Eindruck hinterlässt, den Emproda aufgreift. An was die Christen daher heute glauben, können nur Mythen: Dogmen bzw. Buchstaben und persönliche Vorstellungen, waage Vermutungen sein, dass es doch gut sei an etwas zu "glauben".

Wenn ich noch in einer unkonsequenten, unausgewerteten historischen Kritik stecken würde, wie sie emprda schildert, wäre ich nicht hier, würde ich mich nicht an Naturalisten wenden, sie allen Ernstes zum Nachdenken über ein völlig neues, mündig aufgeklärtes Schöpfungsverständnis auffordern wollen, das in der wissenschaftlich anerkannten Evolutionslehre eine kreative=schöpferische Vernünftigkeit als "ewiges Wort" wahrnimmt, das einzig auf einen unsagbaren, ansonsten unbeweisbaren Schöpfungsgrund verweist. (Was, wie ich unter der angegebenen Adresse durch zahlreiche Auswertungen nachweisen will, der wahre Grund anfänglichen Monotheismus und seiner christlichen Reform war.)

Heute dürfte aufgrund des Geschichtswissens sowie der entschlüsselten Bedeutungsinhalte antiker Theologie kar sein:

-dass am Anfang kein Auszug aus Ägypten, kein Mensch mit Namen Moses..., kein Aufwärmen alter Göttergestalten, sondern eine Glaubensaufklärung war, die ein Wort (jüd. Vernunft) in den Welterklärungen der antiken Hochkulturen verstand, damit einen Wandel vom Mythos zum lebendigen Wort.

-dass es auch im Neuen Testament nicht um einen mystischen Christen-Gott, einen Guru oder eine alte Gesetzlichkeit ging, sondern vielmehr in erneuter Aufklärung die mystischen Götter und jüdische Glaubensgesetzlichkeit überwunden wurden, im Weltbild der griechischen Philosophie eine universale Vernunft als das alte Wort der selbst unsagbaren Schöpfungsmacht neu verstanden wurde.

Wenn damals in allegorischer Auslegung über die alten Mythen nachgedacht wurde, deren Bedeutungsinhalte als erfüllt gesehen und in volksverständlicher Anknüpfung bzw. Fortführung vormalige Aussagen und Gestalten aufgegriffen wurde und ein persönliche Ansprache erfolgte, dann entspricht auch dies einer vernünftigen kollektiven Kreativität, logischem evolutionären Wachsen.

Wer daher m.E. im "christichen" Sinne von Gott redet, spricht von einem Grund aller Kreativität, der selbst für Dawkins gilt, vom Vater/unssagbaren Erzeuger einer universellen Vernunft, für die Giordao Bruno auf dem Scheiterhaufen landete und die vom bisherigen buchstäblichen Verständnis ausgeschlossen, immer nur in Spinozas oder Einsteins Deismus, Pantheismus, Monismus, Materialismus bzw. Atheismus münden musste.

Der christliche Gott entpringt nicht der Bibel bzw. dem Gesetz, lässt sich nicht als ID nachweisen, sondern wird in vollem Bewusstsein (der kulturell-geistigen und kosmisch-natürlichen Herkunft) aufgrund eines in zeitgemäßer Logik offenbarenden lebendigen Wortes/kreativer=schöpfererischer Vernünftigkeit wahrgenommen (Eine kreative Vernünftigkeit/lebendiges Wort, für das die Kosmologie der Lautsprecher und die Evolutionsbilogie der erneute empirsche Beleg ist.) Da all dies bisher von der Glaubenslehre als gottesgegnerischer Naturalismus abgetritten wurde, blieb ihr nur der Blick ins Buch bzw. in persönliche Beliebigkeit...mit all seinen hier ständig zurecht kritisierten Folgen.

(Warum Naturalisten im Grunde Jünger Jesus bzw. des lebendigen Wortes sind und welche Wende sich durch einen aufgeklärten, mündig-freien Verstand ergeben würde, wird in "Auf-verstehung" unter der angegebenen Adresse belegt.)
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Qubit » Mi 23. Jul 2008, 21:29

gerhard hat geschrieben:Der christliche Gott entpringt nicht der Bibel bzw. dem Gesetz, lässt sich nicht als ID nachweisen, sondern wird in vollem Bewusstsein (der kulturell-geistigen und kosmisch-natürlichen Herkunft) aufgrund eines in zeitgemäßer Logik offenbarenden lebendigen Wortes/kreativer=schöpfererischer Vernünftigkeit wahrgenommen (Eine kreative Vernünftigkeit/lebendiges Wort, für das die Kosmologie der Lautsprecher und die Evolutionsbilogie der erneute empirsche Beleg ist.) Da all dies bisher von der Glaubenslehre als gottesgegnerischer Naturalismus abgetritten wurde, blieb ihr nur der Blick ins Buch bzw. in persönliche Beliebigkeit...mit all seinen hier ständig zurecht kritisierten Folgen.


Nun, Du wendest Dich offenbar von der christlichen Offenbarung ab und suchst Deinen "Schöpfergott" in den naturalistischen Erkenntnissen der Natur zu suchen..
Zu Deinem Leid wirst Du jedoch niemals rational von den Erkenntnissen über diese Natur auf Deinen "Schöpfergott" rückschliessen können.
Er bleibt eine Chimäre Deiner selbst ;-)
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon gerhard » Fr 25. Jul 2008, 08:59

Qubit hat geschrieben:Nun, Du wendest Dich offenbar von der christlichen Offenbarung ab und suchst Deinen "Schöpfergott" in den naturalistischen Erkenntnissen der Natur zu suchen..
Zu Deinem Leid wirst Du jedoch niemals rational von den Erkenntnissen über diese Natur auf Deinen "Schöpfergott" rückschliessen können.
Er bleibt eine Chimäre Deiner selbst ;-)


Wie unter der angegebenen Hompage seit Jahren in konsequenter Auswertung der historisch-kritischen, wie der kirchlichen Erkenntnisse, z.B. über Biblische Bedeutungsinhalte, neue Textfunde... versuche zu folgern (Aktuelle unter dem Thema "Auf-verstehung" konkretisiert ), kann es in der christlichen Offenbarung nicht um das gehen, was alle Welt trotzt 1000facher Kritik und wachsendem Wissen weiter voraussetzt und was dann auch hier dann ständiges Thema ist. Von der wahren christlichen Offenbarung, die gerade der Wandel vom Mythos/Gesetzlichkeit zur Logik/Vernunft war (auch wenn diese Real-Geschichte in menschlicher Person/Rolle/Aufgabe zur Sprache gebracht wurde) wende ich mich daher in keiner Weise ab.

Den Versuch, zwei getrennte Weltbilder aufgrund in Freiheit gewachsenen aufgeklärten Wissens um unsere geistige Grundlage (nach dem Vernunft-Kurz-schluss bisheriger Kritik) wieder auf einen Nenner zu bringen, halte ich daher nicht für meine persönliche "Chimäre", sondern eine Logik, der alle Kreativität=Schöpfung folgt. Nur wenn es gelingt, bisher scheinbar Unvereinbares sinnvoll zu vereinen, entsteht Neues.

Wenn ich mich auf eine in antiker griechischer Wissenschaft erkannte natürliche Logik als christliche Offenbarung berufe, dann setzte ich beispielsweise nur konsequent um, was Papst Benedikt XVI. auswertet, wenn er in seinem Jesusbuch deutlich macht, dass es damaligen Glaubensaufklärern um mehr ging als einen Menschen und gleichzeitig immer wieder betont, dass die christliche Lehre ohne die Grundlage griechischer Philosoophie leer wäre und nach einer universalen schöpferischen Vernunft fragt. Mir ist dabei bewusst, dass sich der Papst, wie alle ihm beipflichtenden Professoren nur auf Dogmen stützen, von einem Menschen mit Namen Jesus ausgehen, der ein "Christusgott" sein soll... (Der dann aber zum reinen Mythos wird, das die Wahrnehmung kreativer als schöpferischer Wirkung in der Logik aufgeklärter Gegenwart verhindert, statt befördert.) Doch wir kommen aufgrund dessen, was wir heute wissen nicht umhin, neu über das Wesen nachzudenken, das damals eine echte Wende bewirkte, u. a. die philosophisch begründete Christologie der damaligen Bildungsmetreopolen, beispielsweise Alexandrien, wo letztlich die Naturgesetze als "Gottessohn" gesehen, das AT allegorisch verstanden wurde, ernst zu nehmen.

In meinem bisherigen Überlegungen habe ich schon mehrfach versucht zu belegen, wieso die derzeitigen kirchlichen Geschichtserklärungen, Mythologie und unbegründete Dogmatik nur eine "Notdürftigkeit" hervorbringen können. (Im negativsten Sinne des Begriffes)
Nun frage ich mich, ob es besonders "bright" ist, nur darin zu rühren?
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Re: Warum glauben intelligente und gebildete Menschen?

Beitragvon Qubit » Fr 25. Jul 2008, 20:08

gerhard hat geschrieben:Den Versuch, zwei getrennte Weltbilder aufgrund in Freiheit gewachsenen aufgeklärten Wissens um unsere geistige Grundlage (nach dem Vernunft-Kurz-schluss bisheriger Kritik) wieder auf einen Nenner zu bringen, halte ich daher nicht für meine persönliche "Chimäre", sondern eine Logik, der alle Kreativität=Schöpfung folgt. Nur wenn es gelingt, bisher scheinbar Unvereinbares sinnvoll zu vereinen, entsteht Neues.
[..]
Den Versuch, zwei getrennte Weltbilder aufgrund in Freiheit gewachsenen aufgeklärten Wissens um unsere geistige Grundlage (nach dem Vernunft-Kurz-schluss bisheriger Kritik) wieder auf einen Nenner zu bringen, halte ich daher nicht für meine persönliche "Chimäre", sondern eine Logik, der alle Kreativität=Schöpfung
In meinem bisherigen Überlegungen habe ich schon mehrfach versucht zu belegen, wieso die derzeitigen kirchlichen Geschichtserklärungen, Mythologie und unbegründete Dogmatik nur eine "Notdürftigkeit" hervorbringen können. (Im negativsten Sinne des Begriffes)
Nun frage ich mich, ob es besonders "bright" ist, nur darin zu rühren?


Nun, in der Retrospektive religiös-geschichtlicher Vorgänge mag aus deinem Verständnis heraus deine Kritik schlüssig sein. Jedoch verbleibt sie als Metakritik, insofern sie das Objekt des Kritisierten nicht selbst umfasst und in Frage stellt, sondern vielmehr nur im Prozess der Auslegung verharrt. Hier siehst du anscheinend in der Vernunft und Logik deiner Auslegung die "Kreativität=Schöpfung".
Du bist allerdings der Erklärung schuldig, inwiefern eine deine Metakritik übersteigende Objetivierbarkeit deine Auslegungen rechtfertigt. Hier sehe ich nur eine Projektion deiner Vorstellungen; insofern bleibt die Annahme einer Chimäre deiner selbst begründet ;-)
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