Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Doch: Indem er - für uns - eine mediokre Maske anlegt und in seinem Wort so erfahrbar wird, dass es uns nicht gleich wegext.
"in seinem Wort erfahrbar", was bedeutet das?
Du kannst die Bibel lesen und darin (angeblich) etwas über Gott erfahren.
Gottes Wort ist nicht gleichzusetzen mit dem Wort der Bibel (auch wenn einige christliche Denominationen das behaupten). "Gottes Wort" ist, ins Unreine gesprochen, der inhaltliche Aspekt einer spirituellen Erfahrung. Die Schöpfung ist Gottes Wort, insofern ich sie geistlich erfahre; Jesus Christus "ist" das fleischgewordene Wort Gottes. ("Christus" steht für den kerygmatischen Aspekt, dh es bedeutet: "Jesus, insofern man ihn als Meister und Retter anerkennt und ihm nachfolgt".)
Myron hat geschrieben:Was in der Bibel über Gott zu lesen ist, ergibt nur unter der Voraussetzung einen Sinn, dass er eine Person, d.i. ein selbstbewusstes und vernunftbegabtes Lebewesen ist, das zielgerichtet handeln kann. Das heißt, die Personalität Gottes ist nicht nur eine "Maske", hinter der sich irgendein unpersönliches Dingsbums verbirgt, sondern Teil des göttlichen Wesens.
Diese Interpretation trägt dem biblischen Befund nicht ausreichend Rechnung. Das "Bild" eines selbstbewussten Wesens, welches sich aus der "Maske", dh der speziellen, an Menschen gerichteten Offenbarung ergibt, steht anderen Statements in der Bibel gegenüber, in denen die völlige Unerkennbarkeit/Fremdheit/Transzendenz Gottes betont wird:
Gottes
Wesen ("an sich") ist uns unbekannt, aber er teilt sich uns personal mit. Diese Selbstmitteilung beginnt bereits mit der Schöpfung und erfährt im Auftreten Jesu Christi eine einmalige Verdichtung. "Amen" kommt von "aman", "glauben, festhalten", und im Gegensatz zum kontingenten Rest der Wirklichkeit ist im Kontext religiöser Erfahrungsvoraussetzungen diese Selbstoffenbarung Gottes das Einzige, was uns als feste Einsicht (hebr: binah) bleibt. Sie ist aber auf menschliche Empfänger zugespitzt; Gott offenbart sich als Immanuel, "Gott mit uns", nicht als "Gott an sich" - und es geht uns nichts an, ob Gott sich den Katzen und Hunden anders oder in gleicher Weise mitgetteilt - wenn überhaupt.
Myron hat geschrieben:Wenn du weiterhin glaubst, ich hätte dir eine "gefälschte" Theismus-Definition untergeschoben, dann weißt du einfach nicht, was der Theismus beinhaltet.
Ich unterstelle Dir keine gefälschten Definitionen, sondern ich konstatiere, dass Du mit einer unbrauchbaren, weil auf dogmatische Aspekte bezogene und auch noch empirisch widerlegten Definition operierst.
Myron hat geschrieben:Klar, die Sinne sind in verschiedenen Lebenssituationen verschiedentlich relevant. Zum Beispiel spielt der Geschmackssinn im Straßenverkehr keine Rolle.
Zu den Sinnen gehört auch ein ganz bestimmtes Denken. Das lässt sich neurophysiologisch sicherlich verorten.
Myron hat geschrieben: Aber es sind immer nur Sinne aus der Gruppe der natürlichen Sinne beteiligt und nie irgendein übernatürlicher "sechster" Sinn.
Muss ja auch nicht.
Myron hat geschrieben:"Hübners These ist, daß die
mythische Weltsicht auf einem axiomatischen System beruht, welches bestimmt, was als
Wirklichkeit erscheint – nicht anders, als es in der naturwissenschaftlichen Weltsicht der
Fall ist.(Quelle:
http://www.germlit.rwth-aachen.de/index ... 97&uid=433)
Eine kleine Anmerkung zum Zitat, das Hübners Position sonst ganz gut wiederzugeben scheint: Hübner betrachtet alle "Systeme" - dh wörtlicher: "Erfahrungsdimensionen" axiomatisch, indem er sie aus der metasprachlichen Außenperspektive beleuchtet.
Ein Glaubender würde (innenperspektivisch) niemals sagen: "Für meinen Glauben gelten die und die Axiome." - nur zur Klarstellung.
Myron hat geschrieben:Die mythische, d.i. pansymbolistisch-panpsychistisch-animistisch-theistische, Ausdeutung der Naturerscheinungen ist Ausdruck phantastischen Denkens.
Aus Deinem Urteil spricht der Glaube, in der empirischen Erkenntnis den Stein der Weisen gefunden zu haben. Dies ist nachweislich nicht der Fall.
Myron hat geschrieben:Sie ist naiv und primitiv.
Naiv ist der Glaube, dass mit Hilfe wissenschaftlicher Erkenntnis die objektive Wahrheit (in Bezug auf an sich Seiendes) ermittelt werden könne.
Myron hat geschrieben:Unseren Urahnen mache ich keinen Vorwurf, dass sie zu ihrer Zeit so dachten und wohl auch nicht anders denken konnten. Doch wenn ein Mensch im Jahre 2008 immer noch so denkt, dann entschuldige ich das nicht. Ich habe überhaupts nichts dagegen, wenn die alten Mythen als literarische Fiktionen wertgeschätzt werden; doch wenn sie als realistisch verkauft und auf dieselbe Stufe wie wissenschaftliche Theorien gestellt werden, erhebe ich Einspruch.
Ich stelle sie auch nicht auf dieselbe Stufe, denn das würde voraussetzen, dass man sie miteinander vergleichen könnte. Vielmehr sage ich, dass sie auch zu einer begehbaren Treppe gehören.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:"Objektiv wahr" sind nur rein theoretische, formallogische Aussagen.
Nein!
Erstens ist das Wahrsein bzw. Falschsein einer Aussage nicht davon abhängig, ob wir es feststellen können;
Wo ist da der Widerspruch?
Myron hat geschrieben:und zweitens hat die Wissenschaft de facto die Wahrheitswerte einer Vielzahl von empirischen Aussagen erfolgreich ermittelt.
(Wir wissen z.B. heute, dass die Sonne sich nicht um die Erde dreht.)
Dein Beispiel zeigt sehr schön, wie sehr sich bestimmte Denkmodelle der Wissenschaft in den Hirnen der Menschen festgesetzt haben, so dass sie sie für "de-facto-Wahrheitswerte" halten: In jedem Atlas, in jedem diesbezüglichen Lehrbuch finden sich hübsche Zeichnungen oder am Rechner Simualtionen, die Dir das Modell als Wirklichkeit vorgaukeln, so dass Du daraus etwas in sich Unmögliches, nämlich empirisch gewonnene, wahre Aussagen über das an-sich-Seiende zusammenphantasierst.
Aber erst mal zu Deinem (in sich schon falschen) Beispiel: Ob sich die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde dreht, ist abhängig vom Standpunkt des Betrachters: Von der Erde aus betrachtet dreht sich die Sonne um die Erde; von der Sonne aus gesehen ist es umgekehrt, wobei ich die Erde als Standpunkt aus klimatischen Gründen vorziehe.
Ich weiß zwar, was Du sagen willst: Du spielst darauf an, dass es doch physikalische Effekte gibt, die die Erde auf eine um die Sonne herum verlaufende Geodäte zwingen. Hinter dieser
theoretischen Aussage verbergen sich allerdings eine ganze Latte von Prämissen/Axiomen, von denen man letztlich nicht wissen kann, ob sie stimmen; immerhin haben sie sich bewährt (--> Nutzen!!), und darum setzen wir auf ihre Vertrauenswürdigkeit.
Nun aber kommt der gemeine Schulbucheffekt: Aus dieser
auf nützlicher Bewährung (und
nicht auf objektivem Sein) beruhenden Theorie werden zwecks Wissensvermittlung Modelle entwickelt, die diese Theorie veranschaulichen sollen: Modelle, bei denen sich alle Planeten um die Sonne drehen - wobei aus didaktischen Gründen all die zugrunde liegenden physikalischen Kalküle wieder eingespart werden und nur noch eine geometrische Darstellung übrigbleibt. Und schon in der Schule können wir aufgrund dieses Bombardements von anschaulichen Visualisationen kaum anders als zu glauben: Dies - dass sich die Erde um die Sonne dreht, entspricht der "objektiven Realität". Steht im Physikbuch und kommt auch noch im Fernsehen - muss also objektiv wahr sein.
Nichtsdestoweniger ist diese - geometrische (!)- Aussage falsch.
Danke, das war ein hübsches Beispiel dafür, wie sich der Wissenschaftsglaube selbst mystifiziert.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Der Nutzen entscheidet in der Naturwissenschaft. Nicht der Wirklichkeitsbezug!
Nein! Das einzige, auf das es in der Wissenschaft ankommt, ist der Wirklichkeitsbezug bzw. der Wahrheitsgehalt ihrer Theorien.
Wirklichkeitsbezug und Wahrheitsgehalt sind zwei paar Schuhe. Der Wirklichkeitsbezug wird durch die empirische Bewährung von Theorien hergestellt, wobei niemals festgestellt werden kann, dass die Theorie wahr ist. Man kann allenfalls feststellen, dass sie noch nicht empirisch falsifiziert wurde. Wohlgemerkt: Wir bleiben bei alledem immer in der theoretischen Innenperspektive; über das Verhältnis zum "objektiven Sein" lässt sich nichts sagen.
"Wahrheitsgehalt" lässt sich nur
innerhalb eines solchen Theoriegebäudes feststellen, dh: ich habe eine Rehe von Sätzen entwickelt, welche ich miteinander verknüpfe und auf ihre Widersprüchlichkeit o.ä. überprüfe. Dabei handelt es sich
immer um
Sätze, und
niemals um "Welt".
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Soweit ich weiß, geht der Buddhismus sehr wohl von einem kosmischen Kausalzusammenhang aller Dinge aus.
Nein. Maya! Das scheint nur so:
"(...) Richtig ist vielmehr die Interpretation im Sinne von Hansjörg Pfister17,
welche es erlaubt, die vermeintlich im frühen Buddhismus angesprochene Kausalität als Konditionalnexus (paticca-samuppada) zu enttarnen. Dadurch wird die Verwendung der Kausalität als ein philosophisches, an die Zeit gebundenes (und dadurch gerichtetes) Prinzip unnotwendig und kann durch ein Auftreten von (eventuell symmetrisch) vergemeinschafteten Erscheinungen ersetzt werden(
Roman Liedl, Die Buddhistische Leere aus moderner Sicht)
Der "Konditionalnexus" der buddhistischen Lehre von der abhängigen Entstehung (paticca-samuppada) ist ein kosmisches System kausaler Abhängigkeiten von Ereignissen, zumindest in folgendem Sinne: Wenn A eintritt, tritt B ein; und wenn A nicht eintritt, tritt B nicht ein.
Der von Dir vorgetragene Sinn ergibt keine Kausalität.
Diese erfordert
Ereignisse, die in zeitlicher Reihenfolge eintreten und sich gegenseitig bedingen müssen, und genau diese Einschränkung fehlt beim Buddhismus. Gerade der Anschein von kausalen Zwängen muss von einem Buddhisten auf seinem Pfad zur Leere des Nirvana überwunden werden.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Aber diese Aussagen beziehen sich nicht auf das Verhältnis zur Wirklichkeit, sondern auf die interne Stimmigkeit des naturwissenschaftlichen Theoriegebäudes.
Logische Kohärenz ist eine notwendige Voraussetzung, aber worauf es letztendlich ankommt, ist die Korrespondenz einer Theorie mit der Wirklichkeit.
Die Wirklichkeit erscheint in der Wissenschaft nur in theorieimmanenter Gestalt, dh abhängig von den Prämissen, die ich meinen Beobachtungssätzen vorgeschaltet habe: Ich weiß schon vor dem Versuch, dass mir der Thermometer keine 47 km liefern wird.
Myron hat geschrieben:Ein Theoriegebäude kann in sich vollkommen stimmig und trotzdem falsch sein.
Und es kann logisch stimmig sein, mit den Messdaten übereinstimmen, in der Praxis bewährt und trotzdem falsch sein.
Sein Wahrheitsgehalt lässt sich mit keiner Methode sicher feststellen.
Myron hat geschrieben:Du entwirfst ein Zerrbild der Wissenschaft, wenn du behauptest, ihr eigentlicher Gegenstand wäre nicht die Realität, sondern ihre Theorien der Realität.
Erstens ist das kein Zerrbild und zweitens ist der eigentliche Gegenstand der Wissenschaft nicht die Realität und sind auch nicht die Theorien der Realität, sondern der sich aus ihr ergebende praktische Nutzen.
Myron hat geschrieben:Im Mythos wird das Weltgeschehen allenthalben von personifizierten "numinosen" Mächten, sprich von göttlichen oder gottähnlichen Geistern, beeinflusst und gelenkt.
Wir wissen heutzutage, dass diese Sichtweise falsch ist!
Tsts ... dogmatisch und falsch noch dazu, da dieses Dein "Wissen" unbeweisbar ist.
Es ist schlicht irrational, von einem kontigenten, rationalen Standpunkt aus irgendwelche
Erfahrungsvoraussetzungen in Frage zu stellen.
Myron hat geschrieben:Geschenkt, als eine soziale Institution ist die Physik freilich nicht vom Himmel gefallen.
Ihr
Nutzen ist ihr gesellschaftlicher Kredit.
Grüßle,
FF