Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon ganimed » Fr 29. Aug 2008, 02:07

Jakob hat geschrieben:Jedenfalls bestätigt mich Deine Geschichte in meiner Überzeugung, daß (zumindest intelligente) Menschen, die mit den heutigen Informations- und Wissensmöglichkeiten aufwachsen, von selbst eher nicht zu Religiösität neigen.

Das finde ich ein wenig kurz gedacht. Das klingt für mich so nach "jeder ist entweder dumm oder macht es so wie ich".

Könnte es nicht sein, dass ihr beiden ganz einfach keine religiösen Typen seid? Vielleicht fehlt euch einfach dieses Gen, von dem manche reden, dass beim Grad der Gläubigkeit eine Rolle spielen könnte. Jetzt voreilig zu schlußfolgern, dass ihr beiden einfach nur intelligent seid und jeder Gläubige offenbar dumm, scheint mir doch ein wenig zu simpel.

In einem anderen Thread geht es um den Namen Bright und wie groß die Gefahr sei, dass man uns für überheblich halten könnte wenn es in Richtung "die Klugen" übersetzt wird. Aber Äußerungen wie diese hier, triefen die nicht geradezu vor Überheblichkeit? Oder täusche ich mich da einfach nur? Wohlverstanden: unter den vielen Untugenden, die ein Mensch pflegen kann, finde ich Überheblichkeit eigentlich noch eher harmlos und ein entsprechender Vorwurf von Brights-Kritikern wäre sicher ebenfalls recht harmlos. Also insofern ist das schon ok. Ich meinte halt nur so :handy:
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Re: Neuvorstellung aus Bayern

Beitragvon Myron » Fr 29. Aug 2008, 03:35

ganimed hat geschrieben:
Jakob hat geschrieben:Jedenfalls bestätigt mich Deine Geschichte in meiner Überzeugung, daß (zumindest intelligente) Menschen, die mit den heutigen Informations- und Wissensmöglichkeiten aufwachsen, von selbst eher nicht zu Religiösität neigen.

Das finde ich ein wenig kurz gedacht. Das klingt für mich so nach "jeder ist entweder dumm oder macht es so wie ich".


Tatsache ist, dass es hochintelligente, naturwissenschaftlich hochgebildete und zugleich ausgesprochen religiöse Menschen gibt wie John Polkinghorne.
Siehe:
http://www.polkinghorne.net
http://meaningoflife.tv/video.php?speak ... c=complete
(Transkript: http://meaningoflife.tv/transcript.php? ... lkinghorne)

Dieser Mann ist weder dumm noch unwissend, und doch ist er ein gläubiger Christ.

Er selbst sagt (siehe Transkript des Video-Interviews bei 0:16:16.000):

Wright (Interviewer): "Natural theology as we've said is an attempt to kind of find evidence of divinity of some sort. I assume that you'd agree that you can only go so far."

John Polkinghorne: "Yes. You can only go too far in two senses. First of all I don't think that it's logically coercive. I mean I think there are arguments that say that the rational view to the world points to a mind behind it, the fruitfulness of the world points to a purpose behind it but if you don't see it that way, I can't say to you, 'You're stupid.'"


Wright [Interviewer]: "Die natürliche Theologie ist, wie wir gesagt haben, ein Versuch, Belege für eine bestimmte Art von Gottheit zu finden. Ich nehme an, Sie stimmen zu, dass man nur so weit gehen kann."

John Polkinghorne: "Ja, man kann nur in zweierlei Sinn zu weit gehen. Zuallererst denke ich nicht, dass sie [die Belege] logisch zwingend sind. Ich bin der Meinung, dass es Argumente gibt, die besagen, dass die rationale Sicht der Welt auf einen dahinterliegenden Geist hindeutet, dass die Fruchtbarkeit [der produktive Reichtum] der Welt auf einen dahinterliegenden Zweck hindeutet; aber wenn Sie es anders sehen, kann ich nicht zu Ihnen sagen: 'Sie sind dumm!'"

[meine Übers.]

Auch wenn es in uns nur Verwunderung und Verständnislosigkeit auslösen mag, sollten wir Atheisten und Naturalisten aufrichtigerweise zur Kenntnis nehmen, dass es von der Wahrheit des Theismus bzw. Deismus überzeugte Menschen gibt, die weder unwissend, ungebildet noch dumm noch geisteskrank sind.
Diese Tatsache ist in meinen Augen höchst erstaunlich, und vielleicht gibt es eine befriedigende psychologisch-soziologische Erklärung dafür.
(Aber selbstverständlich kann sich auch jemand schlicht und ergreifend irren, der weder unwissend, ungebildet noch dumm noch geisteskrank ist.)
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon apostat » Fr 29. Aug 2008, 07:46

ganimed hat geschrieben:Könnte es nicht sein, dass ihr beiden ganz einfach keine religiösen Typen seid? Vielleicht fehlt euch einfach dieses Gen, von dem manche reden, dass beim Grad der Gläubigkeit eine Rolle spielen könnte.


Ich könnte mir gut vorstellen, dass zur Religiosität eine Art von (genetischer) Veranlagung gehört. Denn ich wurde eigentlich schon ausreichend mit religiösem Gedankengut konfrontiert, und genauso gut hätte ich auch ein gläubiger Mensch werden können.

Es war aber schon immer so, dass ich kein echtes Bedürfnis nach Spiritualität hatte. Ausserdem fühlte sich die Religionsthematik für mich immer ein wenig "unnatürlich" an und erzeugte ein latentes Unwohlsein. Es passte einfach nicht zu mir. Ich besitze sozusagen keine "Religionsrezeptoren", die sich bereitwillig der Thematik geöffnet hätten.

Schon oft habe ich mich gefragt, was wohl geworden wäre, wenn ich in einem wirklich religiösenen Umfeld aufgewachsen wäre (also nicht mit gelegenheitsgläubigen, sondern mit aufrichtig religiösen Eltern). Wäre ich dann auch ein echter Glaubender geworden oder nicht? Ich weiß es nicht...
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Re: Neuvorstellung aus Bayern

Beitragvon apostat » Fr 29. Aug 2008, 07:58

Myron hat geschrieben:Auch wenn es in uns nur Verwunderung und Verständnislosigkeit auslösen mag, sollten wir Atheisten und Naturalisten aufrichtigerweise zur Kenntnis nehmen, dass es von der Wahrheit des Theismus bzw. Deismus überzeugte Menschen gibt, die weder unwissend, ungebildet noch dumm noch geisteskrank sind.
Diese Tatsache ist in meinen Augen höchst erstaunlich, und vielleicht gibt es eine befriedigende psychologisch-soziologische Erklärung dafür.


Vor einiger Zeit hatte ich die Gelegenheit, eine uralte "Querschnitte-Sendung" wiederzusehen (kennt noch jemand "Querschnitte"? Das war eine Sendereihe, die in den 70er-Jahren im Fernsehen lief, mit Hoimar von Ditfurth als Moderator). Es war eine Sondersendung, in der Hoimar von Ditfurth mit einigen Astrologen über Sinn und Unsinn der Astrologie diskutierte. Ich fand es sehr interessant, dass sich HvD einerseits natürlich klar und eindeutig auf die Seite der Naturwissenschaft schlug und die Aussagen der Astrologen zu entkräften suchte, er aber andererseits an einer Stelle deutlich darauf hinwies, dass er "zutiefst religiös" sei... Offensichtlich unterschied auch er zwischen einem falschen Glauben (Astrologie) und dem richtigen Glauben (christliche Religion).

Nachdem ich die Sendung gesehen hatte ich tagelang über die Frage gegrübelt, wieso wohl der Wissenschaftler HvD sich trotz aller seiner Fachkenntnisse und Forschungserfahrungen als religiös bezeichnet hat. Ich war wirklich ein wenig verwirrt...
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon ganimed » Fr 29. Aug 2008, 09:01

Meine These: Gläubigkeit hat offenbar wenig mit Intelligenz zu tun. Ergo sind da möglicherweise genetische Faktoren am Werk.

Vielleicht ist das folgende Beispiel mit der Cola zu profan und naiv, aber mir scheint es als vereinfachendes Beispiel für die Gottesfrage tauglich.

Ich wurde bislang nicht als ausgesprochen verblöded diagnostiziert und trotzdem trinke ich viel Cola (momentan versuche ich wieder eine Enthaltungsphase aber seien wir ehrlich, das ist vermutlich nur temporär). Ja, habe ich denn noch nie von dem vielen ungesunden Zucker und der geradezu desaströsen Phosphorsäure gehört, die in Cola enthalten ist? Doch, doch. Aber es schmeckt so gut, fühlt sich so gut an und ist mir eine so liebe Gewohnheit geworden. Mit einem Wort: ich trinke Cola wider besseren Wissens.

Und wenn die Sachlage bei der Gesundheitsschädlichkeit von Cola nicht so überaus eindeutig wäre, dann würde ich nach jedem Artikel eines Halbwissenschaftlers greifen, der zumindest in Frage stellt, dass Cola nur ungesund ist. Es gäbe dann bestimmt irgendwelche Studien, die belegten, dass beim Colagenuss positive Endorfine oder wie das Zeug heißt ausgeschüttet werden, Stresshormone abgebaut und mein Wohlbefinden erhöht wird etc. Ich könnte mir mit solchen Hinweisen das Colatrinken im Handumdrehen zurecht rationalisieren und mir einreden, dass ich sogar noch etwas für meine Gesundheit tue. Für uns Menschen ist das nachträgliche Rationalisieren von Dingen, die wir eigentlich nur aus Trieb tun, ja ein Kinderspiel.

Da die Sachlage aber so eindeutig ist, ist das Colatrinken in unserer Gesellschaft (genau wie das mit dem Alkohol, den Zigaretten und dem schnellen Autofahren) ein lupenreiner Beweis für die Behauptung, dass wir Menschen sehr sehr dumm sind, egal wie intelligent wir sind.

Intelligenz schützt eben nicht vor Gefühlen, Neigungen, möglicherweise auch genetisch gesteuerten Vorlieben und Anfälligkeiten für schlechte Angewohnheiten.

Zurück zu Gott: vielleicht ist ein Faktor für Gottesglaube ja wirklich eine bestimmte genetische Disposition, derzufolge wir mit unserem normal angeborenen Hang zu sozialen Beziehungen plötzlich ein wenig über das Ziel hinaus schießen und uns neben unserem eigenen Vater noch liebend gerne eine weitere Megavaterfigur im Himmel zimmern. Es ist möglicherweise eine gewisse Neigung. Man muss dazu veranlagt sein. Vielleicht so eine Art überbordendes Vaterbeziehungstalent.

Es gibt aber offensichtlich auch viele Leute (in diesem Forum trifft man sie statistisch wohl sehr gehäuft an), die diese Veranlagung weit weniger ausgeprägt mit sich herum schleppen. Und dann ist es auch egal ob man mitten im tiefkatholischen Bayern aufwächst und als Kind immer zur Kirche geschleppt wurde, da passiert trotzdem nix und man kommt als Atheist im Erwachsenenalter an. Es gibt auch Leute, die trinken wirklich gerne Wasser und Tee ohne Zucker (schüttel) und Cola wäre ihnen viel zu süß. Ich als süßer Zahn mit ständiger Neigung zu Übergewicht kann bei solchen Leuten nur neidisch staunen.

Ob es ebenso gesund ist wie bei der Cola, wenn man keinen Hang zu Gott hat, müsste man vielleicht noch überlegen. Aber wenn diese Theorie mit der Veranlagung so einigermaßen stimmen sollte, wäre jedenfalls eine Schlussfolgerung ganz offensichtlich: keiner der genetisch Bevorteilten, welche gar keinen Coladurst und keinen Gotteshang entwickeln, hat besonders viel Veranlassung, die andere Gruppe als dumm zu bezeichnen oder in anderer Form überheblich zu werden. Auf seine genetische Disposition (oder auf frühkindliche Prägung, falls es denn doch mehr dieser Faktor sein sollte) kann man ja wohl kaum stolz sein.

Und falls einem noch ein wenig Demut fehlen sollte, kann man sich ja beschämt eingestehen, dass die Verständnislosigkeit den Gläubigen gegenüber auch als Mangel verstanden werden kann. Wer die andere Gruppe nun überhaupt nicht versteht, hat eben noch eine Extraaufgabe zum Nachholen. Ich habe da leicht reden, weil ich wohl nunmal einen gewissen Gotteshang intus habe. Vielleicht nicht besonders viel, aber es reichte, um mich bis vor einigen Jahren doch recht gläubig sein zu lassen. Bei mir hat das damals als Kind öfter mal Zoom gemacht wenn ich in der Kirche oder auf einer Bibelfreizeit dem Zeug ausgesetzt wurde. Man spürt da förmlich die Anwesenheit und Liebe Gottes und Jesus. Intellektuelle Fähigkeiten sind auf dieser Gefühlsebene überhaupt nicht nötig, stören komischerweise aber auch erstmal nicht.

Erst als ich heranwachsend ebenfalls eine Neigung für Naturwissenschaften entwickelte (gerade besagter Hoimar v. Ditfurth war in dieser Phase per Fernsehsendung und seinen Büchern sehr hilfreich) gab es Knatsch im Gemüt und die Widersprüche sorgten für wachsendes Unwohlsein. Irgendwann platzte mir der Knoten und die atheistische Seite gewann eindeutig und endlich war wieder mehr Ruhe im Karton. Bleibt mir zu hoffen, dass parallele Ereignisse mich eines Tages von dieser schädlichen Colasucht heilen. :^^:

(sorry für diese doch jetzt recht lang gewordene Auslassung. Vermutlich habe ich neben allem anderen auch noch einen genetischen Hang zur Faselei :^^: )
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 29. Aug 2008, 11:16

Genetische Faktoren am Werk? Alleinig oder nur einige Faktoren unter vielen?

Kann man Tee auch mit Zucker trinken? *kotz* ;-)
Nicht-Cola-Trinken hat aber in den meisten Fällen nichts mit Genen zu tun, denn die Süße an sich ist a.) ein (genetisch quasi allen implantiertes) Lockmittel und b.) eine Gewohnheitssache, sprich, man kann sich die Lust nach Süßem abgewöhnen, sie ist aber erst einmal vorhanden (in den allermeisten Fällen). Dies gilt auch für viele andere Tiere. (Pferdezuckerl, Kirschtorte & Co. als unweidmännisches Lockmittel für Hirsche ...)
Und natürlich hat Zucker auch Vorteile - wenn man dies braucht. Vorzüglicher Energielieferant und Süße (nicht der Zucker) beeinflusst die Insulinausschüttung ins Blut). (beides kann positiv wie auch negativ sein)

Dass genetische Faktoren für einen Hang zur Gläubigkeit eine Rolle spielen können, halte ich für möglich. Dass genetische Faktoren eine Rolle oder gar die alleinige oder hauptsächliche Rolle spielen müssten, hielte ich für einen übertrieben Hang zum Glauben an die Gene bzw. einen (typischen) Schuldabwälzung auf die Gene. (hast du aber nicht behauptet)
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Re: Neuvorstellung aus Bayern

Beitragvon emporda » Fr 29. Aug 2008, 11:19

apostat hat geschrieben:Nachdem ich die Sendung gesehen hatte ich tagelang über die Frage gegrübelt, wieso wohl der Wissenschaftler HvD sich trotz aller seiner Fachkenntnisse und Forschungserfahrungen als religiös bezeichnet hat. Ich war wirklich ein wenig verwirrt...

Nichtwissenschaftliche Ideen erheben den Anspruch unwiderlegbar zu sein und beweisen sich dadurch als Pseudowissenschaft. Ihre Vertreter, durchweg Amateure und Träumer ohne naturwissenschaftliche Ausbildung und Fachkenntnisse, erkennen nur durch die Kraft ihres Glaubens was wissenschaftlich richtig oder falsch ist.

Fragen
1) Wie kann ein gläubiger Wissenschaftler irgend ein Wissen erschließen, dass nicht mit der Bibel übereinstimmt.
2) Wie kann jemand ohne wissenschaftliche Ausbildung und Erfahren überhaupt verstehen worum es sich bei der Wissenschaft handelt
3) Nahezu alle wissenschaftliche Erkenntnisse widersprechen der Bibel, ein Christ darf streng genommmen solch Wissen überhaupt nicht wahrnehmen ohne eine schwere Sünde zu begehen die ihn auf ewig in die Hölle bringt.

Ein gläubiger Christ hat nur 2 Möglichkeiten
1) - entweder saudumm wie ein Türnagel und fromm
2) - oder wissenschaftlich gebildet und ab ins ewige Fegefeuer
Beweis
(1. Kor 1,20): Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen. Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weisen dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht. Auch Jesus sagte angeblich (Mt 11,25): Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.

Wenn gebildete Menschen - die nicht notwendiger Weise auch intelligent sein müssen - den christlichen Mystizismus der RKK verdammen, aber einen fiktiven Obenrmotz im Himmel für möglich halten, dann ist das trotz aller Einschränkung eine milde und ungefährliche Form einer Wahnvorstellung (meine Meinung).
Unser Bewußtsein spiegelt uns viele Wisseninhalte und Erinnerungen vor, die weder real sind noch sich logisch irgendwie begründen lassen. Es gelingt nur selten diese eigene Irreführung zu durchschauen, vielfach wollen wir es nicht einmal um den unangenehmen Konsequenzen auszuweichen oder einfach aus Trägheit im Denken und Handeln.

Schlimm wird diese Wahnvorstellung erst dann, wenn Menschen damit missionieren gehen - entweder Du nimmst meinen Glauben an oder ich schlag Dir den Schädel ein. Mir sagt mein Verstand Menschen handeln nicht ohne Grund, Handlungen sind immer logische Abläufe realer Vorkommnisse. Vielleicht ist das ein nur Wahn und die Welt ist wirklich voll von Geistern, Engeln, Göttern, Dämonen, bösen Elementen usw., die sich mir nur nicht erschließen.

Allerdings könnte ich mich in so einer Welt nie wohlfühlen
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon Jakob » Fr 29. Aug 2008, 11:29

ganimed hat geschrieben:
Jakob hat geschrieben:Jedenfalls bestätigt mich Deine Geschichte in meiner Überzeugung, daß (zumindest intelligente) Menschen, die mit den heutigen Informations- und Wissensmöglichkeiten aufwachsen, von selbst eher nicht zu Religiösität neigen.

Das finde ich ein wenig kurz gedacht. Das klingt für mich so nach "jeder ist entweder dumm oder macht es so wie ich".

Ich verweise auf die diversen Statistiken bei fowid.de oder auch die in Dawkins Gotteswahn erwähnten, die besagen, daß mit steigendem Bildungsgrad/Schulabschluß die Religiösität signifikant abnimmt. Oder auch http://de.wikipedia.org/wiki/Atheismus#Demografie Demnach sind zwar 91 % der Amerikander religiös, aber nur 7 % der amerikanischen Akadekie der Wissenschaften glauben an einen persönlichen Gott.

Ich korrigiere mich in soweit, daß Religiösität wohl nur bedingt etwas mit Intelligenz zu tun hat, sondern eher mit Bildung. Allerdings ist ein intelligenter Mensch, der sich bei den heutigrn Möglichkeiten nicht selber bildet, ein ignoranter Depp.

Ansonsten bleibt zu sagen, daß es natürlich immernoch einige Menschen gibt, die trotz und wider besseren Wissens glauben. Durchaus vergleichbar mit
ganimed hat geschrieben:Ich wurde bislang nicht als ausgesprochen verblöded diagnostiziert und trotzdem trinke ich viel Cola (momentan versuche ich wieder eine Enthaltungsphase aber seien wir ehrlich, das ist vermutlich nur temporär). Ja, habe ich denn noch nie von dem vielen ungesunden Zucker und der geradezu desaströsen Phosphorsäure gehört, die in Cola enthalten ist? Doch, doch. Aber es schmeckt so gut, fühlt sich so gut an und ist mir eine so liebe Gewohnheit geworden. Mit einem Wort: ich trinke Cola wider besseren Wissens.


Ich gebe zu, daß es wahrscheinlich eine genetische Veranlagung gibt, mehr oder weniger leicht zu glauben. Dawkins hat die evolutionären Vorteile einer solchen Veranlagung ja im Gotteswahn beschrieben. Dennoch ist das keine Entschuldigung. Ich habe z.B. die Veranlagung, gerne fettiges, pikant gewürztes Knabberzeug zu fressen und leicht anzusetzen. Außerdem bin ich stinkfaul. Dennoch halte ich micht zurück und treibe Sport, um fit zu bleiben. Auch, wenn es mir keinen Spaß macht. Manchmal habe ich auch das instinktive (und sicherlich genetisch bedingte) Verlangen, meinen Nachbarn zu erschlagen, um ihm seine hübsche Freundin zu rauben. Bisher habe ich's mir verkniffen.
Was ich sagen will, ist, daß die genetisch Veranlagung zum Glauben für einen intelligenten (und gebildeten) Menschen keine Entschuldigung ist. Eine Welt mit Gott mag vielleicht schöner, kuscheliger und netter sein, aber das ändert nix an den Fakten. Genauso könnte man den Nazi entschuldigen, der sich für einen Herrenmenschen hält. Herrenmensch sein ist auch eine tolle Vorstellung. Andert aber nix daran, das er eher ein leichtgläubiger Depp ist, als ein Herrenmensch.

Ich kenne eigentlich nur folgende Kategorien von Gläubigen:
- Die, die aufgrund mangelnder Bildung keine andere Wahl haben (in Europa eigentlich ausgestorben).
- Die, die aufgrund mangelnder Intelligenz nicht in der Lage sind, Religion als Schwachsinn zu entlarven. Die müßte man eigentlich vor dem Kontakt mit solchen Geistesgiften schützen.
- Die, denen das Thema eigentlich sch...egal ist und die nur deshalb religiös sind, weil es die Eltern eben auch waren. Diese Sorte ist noch relativ angenehm, wenn auch völlig ignorant.
- Und letztlich die Schlimmsten: Die, die sich für das Thema interessieren und auch intellektuel in der Lage wären, Religion zu durchschauen, aber aus Bequemlichkeit, Sehnsucht nach Geborgenheit, Angst vor Sinnlosigkeit, Charakterschwäche oder was auch immer sich selbst und ihre Mitmenschen belügen und sich einreden, es gäbe Gott. Darunter fällt eigentlich jeder, der heute und hierzulande offensiv (seine) Religiösität vertritt. Am besten noch akkurat nach dem katholischen Katechismus.

Wer wider besseren Wissens glaubt oder fahrlässig unwissend bleibt, ist intellektuel unredlich. Dafür gibt es - wie gesagt - keine Entschuldigung. Eine genetische Veranlagung zum Glauben erschwert den Erwerb bzw. das Verständnis entsprechenden Wissens vielleicht, aber sie macht es nicht unmöglich.

Ich habe noch keinen Gläubigen getroffen, der sich nicht in eine dieser Kategorien subsumieren läßt und ich kann mir ehrlich gesagt auch keinen vorstellen. So, ich weiß, das war jetzt starker Tobak und wahrscheinlich bringt es mir auch wieder den Vorwurf der Überheblichkeit ein. Aber das Aussprechen einer Offensichtlichkeit oder einer logischen Folgerung ist doch wohl keine Überheblichkeit. Auch wenn es für jemand anders unangenehm ist. Ich halte das, was ich geschrieben habe für ziemlich logisch ind meine, daß es jeder nachvollziehen kann. Wer zu einem anderen Ergebnis kommt: Immer her damit. Ich höre es mir gerne an.
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon sun » Fr 29. Aug 2008, 11:43

ganimed hat geschrieben:Meine These: Gläubigkeit hat offenbar wenig mit Intelligenz zu tun. Ergo sind da möglicherweise genetische Faktoren am Werk.

Dieser These wird von Untersuchungen zum Teil widersprochen.
Es gibt eine deutliche Korrelation zwischen Intelligenz/Bildung und Gottesgläubigkeit. Natürlich negativ -> je gebildeter umso weniger Gläubig.

Trotzdem gibt es natürlich intelligente Gläubige. Zum Teil erkläre ich mir das dadurch, dass Intelligenz noch lange nicht bedeutet in jedem Bereich des Lebens vernünftig und weise zu sein. Bei Genies wird das ja besonders deutlich, da ihr Genie meist auf Kosten anderer Fähigkeiten (nachgesagt wird natürlich immer im sozialen Bereich) erkauft wird. So kann ich mir durchaus Intelligente Menschen vorstellen, die die Frage ob es einen Gott gibt eben nicht mit ihrem Verstand untersuchen können.
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon stine » Fr 29. Aug 2008, 12:03

Jakob hat geschrieben:Ich kenne eigentlich nur folgende Kategorien von Gläubigen:
- Die, die aufgrund mangelnder Bildung keine andere Wahl haben (in Europa eigentlich ausgestorben).
- Die, die aufgrund mangelnder Intelligenz nicht in der Lage sind, Religion als Schwachsinn zu entlarven. Die müßte man eigentlich vor dem Kontakt mit solchen Geistesgiften schützen.
- Die, denen das Thema eigentlich sch...egal ist und die nur deshalb religiös sind, weil es die Eltern eben auch waren. Diese Sorte ist noch relativ angenehm, wenn auch völlig ignorant.
- Und letztlich die Schlimmsten: Die, die sich für das Thema interessieren und auch intellektuel in der Lage wären, Religion zu durchschauen, aber aus Bequemlichkeit, Sehnsucht nach Geborgenheit, Angst vor Sinnlosigkeit, Charakterschwäche oder was auch immer sich selbst und ihre Mitmenschen belügen und sich einreden, es gäbe Gott. Darunter fällt eigentlich jeder, der heute und hierzulande offensiv (seine) Religiösität vertritt. Am besten noch akkurat nach dem katholischen Katechismus.


Mir war bis heute nicht klar, dass die Menschen so leicht zu kategorisieren sind. :/
Aber schön, wenn es so ist!

Es wurde hier in einem Thread geschrieben (und auch andererseits bestätigt), dass die nettesten Menschen, jene waren, die zu den Glaubenden zählten.
Frage: Was ist da dran?
Sind jetzt die intelligenten nicht so nett? Und warum?
Sind nur die Dummen freundlich und hilfsbereit? Und wenn ja, warum denn das?

Ich denke nicht, dass Religiösität immer mit Bildungsmangel einhergeht. Viel eher denke ich, dass Bildung nicht aufhören sollte, auch wenn man das Gefühl hat schon alles zu wissen. Der wahre Religiöse hat vielleicht schon viel weiter gedacht ... :^^:

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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon apostat » Fr 29. Aug 2008, 12:04

ganimed hat geschrieben:. Bei mir hat das damals als Kind öfter mal Zoom gemacht wenn ich in der Kirche oder auf einer Bibelfreizeit dem Zeug ausgesetzt wurde. Man spürt da förmlich die Anwesenheit und Liebe Gottes und Jesus.


Genau diesen religiösen Flash habe ich nie erlebt, trotz aller Bibelfreizeiten, Gottesdienste, Andachtswochenenden etc. Und das, obwohl ich mir zum damaligen Zeitpunkt kaum intellektuelle Gedanken über die Sinnhaftigkeit der Religion gemacht hatte. Da war einfach nichts, was ich hätte spüren können. Stattdessen empfand ich hinter der schönen und wohlklingenden Fassade eine gewisse Leere - wie potemkinsche Dörfer oder wie Theaterkulissen. Von vorn hübsch anzusehen, mit wohlklingenden Worten geschmückt, aber von hinten nur Pappe und Stahlgerüste.

Diese Empfindungen würden eigentlich für eine gewisse Veranlagung sprechen. Ich musste mich jedenfalls nicht besondes anstrengen oder mir den Kopf zu zerbrechen, um dies so zu empfinden. Es war einfach so. Insgeheim habe ich stattdessen immer gerätselt, was eigentlich all die anderen daran finden könnten...

Zum Thema Bildung: ich bin auch nicht in einem aussergewöhnlich gebildeten Umfeld groß geworden. Es war einfach nur bürgerlicher Durchschnitt. Daran kanns auch nicht gelegen haben.
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon stine » Fr 29. Aug 2008, 12:12

apostat hat geschrieben:...wie potemkinsche Dörfer oder wie Theaterkulissen. Von vorn hübsch anzusehen, mit wohlklingenden Worten geschmückt, aber von hinten nur Pappe und Stahlgerüste.

In der Kirche findest du nichts, was du nicht mitbringst.
Was erwartest du?

Der wohlige Schauer, den ein schönes Konzert verurssachen kann, ist nicht die Musik selbst, sondern ist das Empfinden des Einzelnen, wenn sie ihn erreicht. Wer dafür keine Sensoren hat, kann immer noch die Arbeit am Instrument bewundern, muß aber nicht denken, dass Musiker Idioten sind, nur weil sie nichts Produktives leisten.

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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon apostat » Fr 29. Aug 2008, 12:28

stine hat geschrieben:Der wohlige Schauer, den ein schönes Konzert verurssachen kann, ist nicht die Musik selbst, sondern ist das Empfinden des Einzelnen, wenn sie ihn erreicht. Wer dafür keine Sensoren hat, kann immer noch die Arbeit am Instrument bewundern, muß aber nicht denken, dass Musiker Idioten sind, nur weil sie nichts Produktives leisten.

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Nun, die Kirchenmusiker habe ich immer bewundert - so, wie ich alle Musiker bewundere. Denn ich liebe Musik!

Auch die Kirchenbauten bewundere ich, sowie die in Kirchen befindlichen Kunstwerke.

Aber ein religiöses Empfinden stellt sich bei mir dennoch nicht ein. Ich wüsste auch gar nicht, was ich da mitbringen sollte, damit es klappt.
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon stine » Fr 29. Aug 2008, 14:38

apostat hat geschrieben:Aber ein religiöses Empfinden stellt sich bei mir dennoch nicht ein. Ich wüsste auch gar nicht, was ich da mitbringen sollte, damit es klappt.
Was man auf keinem Fall mitbringen sollte sind Vorurteile. :mg:

Ich selbst bin Skeptiker und habe als Kind die Kirche lieber von außen, als von innen gesehen. Ich habe als Jugendliche auch meine Witzchen über alles Sakrale gemacht und auch heute bin ich noch der Meinung, dass viele Rituale verstaubt sind und erneuert werden müssten (oder sogar eingestellt). Ich denke auch nicht, dass alle "Geistlichen im Herrn" gute und charakterstarke Vorbilder in Glaubenssachen sind.
Aber sicher kann ich davon ausgehen, dass viele Menschen im Vertrauen darauf, dass sie ein persönlicher Gott begleitet, einige Hürden in ihrem Leben geschafft haben, die sie vorher für unüberwindbar gehalten haben. Ich meine, wenn´s hilft zu glauben, warum sollte man es nicht tun?
Was schadet es denn?

Sicherlich kann man darüber diskutieren, ob es Sinn macht Kinder mit einer "bestimmten" Religion zu indoktrinieren.
Der Unterschied ist, ob ich Kindern von Gott erzähle oder ob ich behaupte, dass die eine oder andere Reliigion "wahr" ist. Selbst Atheisten müssen anerkennen, dass Religionen, über viele Jahrhunderte hinweg, Halt und Zuversicht für viele Menschen brachten.
Religionszugehörigkeit macht Sinn, wenn sie den Menschen hilft, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Schlimm ist nur, wenn dieses Gefühl politisch ausgenützt wird, um Andersdenkende auszugrenzen und schlimmstenfalls abzuschlachten.

Die meisten Religionen sind aber zum Glück friedfertige Religionen, sie den Menschen zu nehmen wäre ein schlimmer Fehler.
Nach wie vor fehlt mir bei den Atheisten der "Ersatz" für Religion. Welches Sinngebungsmodell soll die Menschen denn in das kommende Jahrtausend begleiten, wenn alle Religionen abgeschafft sind?

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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon Myron » Fr 29. Aug 2008, 15:02

ganimed hat geschrieben:Meine These: Gläubigkeit hat offenbar wenig mit Intelligenz zu tun. Ergo sind da möglicherweise genetische Faktoren am Werk.


Daraus, dass es einige bekannte Naturwissenschaftler wie den erwähnten Polkinghorne gibt, die überzeugte Theisten sind, kann man natürlich nicht einfach verallgemeinernd schließen, dass die meisten Naturwissenschaftler überzeugte Theisten sind.
Anekdotische Erwähnungen von Einzelpersonen entkräften noch nicht die Hypothese, dass es ingesamt betrachtet eine positive statistische Korrelation zwischen dem Intelligenz- bzw. Bildungsgrad und dem Religiositätsgrad gibt.

Siehe: http://www.stephenjaygould.org/ctrl/news/file002.html

"The question of religious belief among US scientists has been debated since early in the century. Our latest survey finds that, among the top natural scientists, disbelief is greater than ever — almost total."

Leute wie Polkinghorne scheinen unter den führenden Naturwissenschaftlern also eher Ausnahmeerscheinungen zu sein.
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon sun » Fr 29. Aug 2008, 15:07

stine hat geschrieben:Aber sicher kann ich davon ausgehen, dass viele Menschen im Vertrauen darauf, dass sie ein persönlicher Gott begleitet, einige Hürden in ihrem Leben geschafft haben, die sie vorher für unüberwindbar gehalten haben. Ich meine, wenn´s hilft zu glauben, warum sollte man es nicht tun?
Was schadet es denn?

Man kann auch sicher davon ausgehen, dass viele dieser Menschen ihre Probleme auch ohne eine Glauben überwunden hätten.
Es gibt genug Agnostiker und Atheisten die mit ihren Problemen auch fertig werden.
Religionen erschaffen aber gerne Probleme, die Nichtmitglieder gar nie haben. Sexualität als Sünde, (egal was als Sünde), nicht einhalten eines Dogmas, natürliche Gefühle jeder Art die dämonisiert werden. Wer Probleme hat muss sich nicht noch ein weiteres (Kirchen und Religion) aufladen.
Außerdem muss man natürlich immer darauf Hinweisen, dass die Tatsache ob gläubig zu sein hilft oder schadet für den Wahrheitsgehalt keine Rolle spielt.

stine hat geschrieben: Selbst Atheisten müssen anerkennen, dass Religionen, über viele Jahrhunderte hinweg, Halt und Zuversicht für viele Menschen brachten.

Das war wohl in vielerlei Hinsicht etwas negatives. Durch das vertrösten auf ein nächstes Leben wird der Wunsch auf bessere Verhältnisse im Diesseits unterdrückt und kontrolliert. Hätten all diese Menschen gewusst, dass sie nur das eine Leben haben wäre die Geschichte wohl ganz anders verlaufen. Ob wirklich nur zum negativen wage ich stark zu bezweifeln!

stine hat geschrieben:Religionszugehörigkeit macht Sinn, wenn sie den Menschen hilft, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Schlimm ist nur, wenn dieses Gefühl politisch ausgenützt wird, um Andersdenkende auszugrenzen und schlimmstenfalls abzuschlachten.

Da macht die Mitgliedschaft im Briefmarkensammelclub aber genausoviel Sinn. Dass wir gerne mit ähnlichen Menschen verkehren ist klar, doch auch ohne Religion(sgemeinschaften) würden sich genug Clubs finden. Kirchen besetzen zum Beispiel einen großen Teil der sozialen Hilfe. Natürlich könnte man sich genausogut soziale Hilfe ohne kirchlichen Hintergrund vorstellen. Es würden sich die gleichen Leute treffen, bzw. noch mehr, da es nicht auf eine konfession oder Religion beschränkt ist.

Ich bin immer noch der Meinung, dass wer glaubt die Wahrheit von Gott erfahren zu haben nur auf andersdenkende Mitleidig herabblicken kann. Religion und Toleranz sind zwei Begriffe die ich für unvereinbar halte. Wie kein Physiker jemanden ernst nehmen kann, der nicht glaubt, dass es eine Schwerkraft gibt kann kein Religiöser jemand ernst nehmen der nicht an Gott glaubt.

stine hat geschrieben:Die meisten Religionen sind aber zum Glück friedfertige Religionen, sie den Menschen zu nehmen wäre ein schlimmer Fehler.

Die meisten Religionen wurden zum Glück befriedet. Das Judentum und der Islam waren Anfangs Kriegerische Religionen wie man an den Texten gut sehen kann. Christen haben später ihren Glauben Konsequent weitergedacht und fröhlich Leute gemordet und gefoltert. Das musste dann verboten werden.
Da mir niemand erklären kann warum man die Texte so auslegen muss, dass sie friedlich sind und warum der fundi, welcher damit seinen Krieg rechtfertig unrecht hat halte ich jede Religion für potentiell Gefährlich.

stine hat geschrieben:Nach wie vor fehlt mir bei den Atheisten der "Ersatz" für Religion. Welches Sinngebungsmodell soll die Menschen denn in das kommende Jahrtausend begleiten, wenn alle Religionen abgeschafft sind?

Rituale wird es weiterhin geben. Beerdigung, vielleicht sogar Ehe.
Wer sich fragt wie er sich zu verhalten hat wird auf die Philosophie zurückgreifen, die mehr als genug Ansätze für ein gutes Leben bietet.
Den Sinn unseres Lebens müssen wir auf Basis der evolutionstheoretischen Erkenntnisse suchen. Wir sind nun einmal das Produkt einer langen Entwicklung. Das muss man nicht akzeptieren wollen, doch ist es eine Tatsache (Evolutionskritik gehört in einen anderen Thread). Trotzdem dürfen wir uns nicht wie Tiere benehmen und können auch ohne ein höheres Wesen, ein gutes und gerechtes Leben rechtfertigen.
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon webe » Fr 29. Aug 2008, 15:55

Religion und intelligente Bildung sind oft Zwillinge. Selbst die Kirchenfürsten und Pöliker, Wirtschaftsbosse sind nach aussen hin Bekenner der Religion. Wer sagt aber, dass der Papst wirklich an einen Gott glaubt?
In unserer Kultur hat die Religion oft weniger Platz in unserem Leben als ein ritualer FeierabendUmtrunk. Die Religion ist zu gewissen, aufs Jahr verteilte, spärliche Tage im Jahr präsentz bei dem DurchschnittsChristen, wie Hochzeiten, Geburten, Beerdigungen, pölitische Veranstaltungen ua..
Ein gewisser,aber nicht überwiegender, Prozentsatz drückt sonntäglich die Kirchbank warm, was für diesen Klientel das weniger Bedeutung mit dem Glauben hat, als vielmehr mit der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit: Denn vielerorts gehört der Kirchengang zum Präsentieren der gesamten HonorenGesellschaft einer Kleinstadt, wo der Händedruck des Pfarres soviel wiegt wie ein PorscheBesitz. Hier ist auch das Altersheim ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens, und hat daher wie die Kirche, eine grössere Gewichtung als in einer GrossStadt.

Ein alltäglicher Betgang wird man nur noch bei einer fundalen Minderheit feststellen können.
Religion ist ein Kultusstatus der die Gläubigen nicht mehr so trängen kann, wie in den Vorzeiten. Es ist mir freigestellt, seine Handlungen anzunehmen oder nicht. Und wie gesagt, sie wird nicht alltäglich , sondern nur zu bestimmten Zeiten von der Mehrheit der Gläubigen angenommen.
Die Religion wird einem mit der Muttermilch eingeimpft, und da sie nicht erdrückt, ist sie somit auch nicht lästig. Desweiteren wird sie mit sozialer Handlungsweise gleichgeschaltet, was sie sympathisch macht. Ebenso steht sie, wenn auch fälschlicherweise, für unverzichtbare Ordnung in der Gesellschaft.
Ohne sie, wird suggeriert, gabe es Chaos. Wer will das schon als Intelligenter?

Dazu kommt noch der Umstand, dass Politik und Wirtschaftsmacht die Religion als verlässlicher Partner ihrer Herrschaftsstruktur verstanden haben, schon seit Vorzeiten wie das Röisches Reich unsw.,

Karriere wird mit Gehorsamkeit verbunden, damit kann also keine Auflehnung gegen das DreiGestirn Kapital-Politik-Religion stattfinden.
Ist es beim Sterben nich eine Erleichterung für Manchen, wenn man erkennt, dass man seine Zielsetzung auf Erden nicht erreicht hat, dieses jetzt mit dem Tod erlangt? In dieser Phase, wenn man Abschied nimmt, wird man unter Umständen für jeden Hokuspokus empfänglich sein. Und wenn solches noch die Sterbebegleitung geschickt suggeried, ist der barmherzige Aufstieg in das göttliche Paradies ein Muss. Ein Muss solange das Gehirn dieses Märchen noch unterstüzen kann.

Als Atheist hat man sich schon soweit gereift, dass man mit einer anderen SinnGebung von dieser Erde verabschieden kann. Auch unter Atheisten gibt beim Sterben zuweilen spätere, bekehrte Christen.
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon Jakob » Fr 29. Aug 2008, 16:04

stine hat geschrieben:Mir war bis heute nicht klar, dass die Menschen so leicht zu kategorisieren sind. :/
Aber schön, wenn es so ist!

Mir war hingegen ziemlich klar, daß ich damit Deinen Widerspruch, liebe stine, provozieren würde. Schließlich bleibt Dir als bekennend Gläubige gar keine andere Wahl, als diese Kategorisierung abzulehnen, wenn Dein Selbstbild nicht angeknackst werden soll.

Für mich ist die Nichtexistenz zumindest eines persönlichen Gottes logisch und fast schon offensichtlich. Da ich mich zwar für ganz clever, nicht aber für herausragend intelligent halte, bin ich der Meinung, daß diese Nichtexistenz für andere ebenso leicht erkennbar sein muß.
Aber wenn Menschen, die unter vergleichbaren Umständen leben, wie ich, sich zu einem Glauben bekennen, dann muß sich das ja irgendwie begründen lassen. Ähnlich, wie wenn jemand steif und fest behauptet, der Himmel sei grün und das Gras blau. Auch dann würde ich fragen, warum diese Person so etwas behauptet. Vielleicht ist sie farbenblind. Die Suche nach einer Erklärung des Glaubens hat mich zu diesen vier Kategorien geführt: 1. Unwissenheit und mangelnder Zugang zu Information 2. Dummheit i.V.m. Indoktrination 3. Ignoranz 4. Glauben wollen wider besseren Wissens aus verschiedenen Motivationen

Da ich Dir weder Dummheit noch mangelnde Bildung unterstellen kann und Dein Engagement hier im Forum auch den Punkt 'Ignoranz' ausschließt, fällst Du, stine, wohl unter 4. So, wie ich Dich kenne vermute ich, daß Deine Motivation irgendwo im Bereich von Sehnsucht nach Geborgenheit oder Angst vor Sinnlosigkeit des Lebens liegt, aber wissen tue ich das natürlich nicht.
Ich bin jederzeit bereit, dieses Model um andere Kategorien zu erweitern, wenn Du mir einen Gläubigen zeigst, der sich nicht unter die vier bestehenden subsumieren läßt. (Schizophrene etc. sind natürlich ausgeschlossen.)

Wenn manche Menschen wirklich aufgrund genetischer Faktoren gezwungen wären zu glauben, dann würde ich ihnen niemals deshalb Vorwürfe machen. Aber ich bin mir ziemlich sicher, daß es höchstens eine genetische Veranlagung und keinen Zwang gibt. Und daß die reine Veeranlagung nicht als Entschuldigung zählt, habe ich oben bereits ausgeführt.

Ich möchte noch hinzufügen, daß diese Ausfürungen bei aller sachlichen Härte natürlich nicht persönlich gemeint sind. :keks: Aber wir kennen uns jetzt ja schon eine Weile und ich denke, daß ich es Dir zumuten kann, so deutlich zu sprechen.

Liebe Grüße, Jakob

stine hat geschrieben:Es wurde hier in einem Thread geschrieben (und auch andererseits bestätigt), dass die nettesten Menschen, jene waren, die zu den Glaubenden zählten.
Frage: Was ist da dran?
Sind jetzt die intelligenten nicht so nett? Und warum?
Sind nur die Dummen freundlich und hilfsbereit? Und wenn ja, warum denn das?

apostat und auch ich haben etwas formuliert, das man in diese Richtung interpretieren könnte. Zumindest bezüglich meiner eigenen Aussage möchte ich das richtigstellen: Ich habe im Laufe meines bisherigen Lebens viele nette Menschen getroffen. Manche waren religiös, andere nicht. Daher vermute ich, daß Nettigkeit eher was mit dem Charakter zu tun hat, als mit der Weltanschauung.

stine hat geschrieben:Viel eher denke ich, dass Bildung nicht aufhören sollte, auch wenn man das Gefühl hat schon alles zu wissen.

Ja. Dauernde Reflexion des eigenen Wissens gehört zu den Voraussetzungen wissenschaftlichen Denkens. Ich würde sie sogar als Tugend bezeichnen, da mit ihr die Fähigkeit einhergeht, Irrtümer einzugestehen.
Wenn man glaubt, alles zu wissen, verfällt man in Dogmatik. Siehe die katholische Kirche.

stine hat geschrieben:Der wahre Religiöse hat vielleicht schon viel weiter gedacht ... :^^:
... oder früher aufgehört :mg:
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon stine » Fr 29. Aug 2008, 16:58

Jakob hat geschrieben:- Und letztlich die Schlimmsten: Die, die sich für das Thema interessieren und auch intellektuel in der Lage wären, Religion zu durchschauen, aber aus Bequemlichkeit, Sehnsucht nach Geborgenheit, Angst vor Sinnlosigkeit, Charakterschwäche oder was auch immer sich selbst und ihre Mitmenschen belügen und sich einreden, es gäbe Gott. Darunter fällt eigentlich jeder, der heute und hierzulande offensiv (seine) Religiösität vertritt. Am besten noch akkurat nach dem katholischen Katechismus.

Jakob hat geschrieben:...fällst Du, stine, wohl unter 4...

Wieso wären das die Schlimmsten? =)
Sind die Sehnsucht nach Geborgenheit und die Angst vor Sinnlosigkeit nicht Argumente?

Religion war in der Vergangenheit (und ist es für Religiöse auch noch heute) immer auch Leitlinie für menschliches Verhalten.
Dass in religiösen Schriften festgelegt wird, wie Mensch sich zu verhalten hat, um glücklich zu werden und andere glücklich zu machen, mag heutzutage nicht mehr rüberkommen, ist aber trotzdem noch Inhalt.
Vielleicht sind gewisse Punkte nicht mehr zeitgemäß interpretiert, aber sie haben doch noch ihre Gültigkeit.

sun hat geschrieben:Religionen erschaffen aber gerne Probleme, die Nichtmitglieder gar nie haben. Sexualität als Sünde, (egal was als Sünde), nicht einhalten eines Dogmas, natürliche Gefühle jeder Art die dämonisiert werden. Wer Probleme hat muss sich nicht noch ein weiteres (Kirchen und Religion) aufladen.

Natürliche Gefühle die dämonisiert werden?
Wer seine Triebe und Vorlieben ungehalten auslebt, wird nicht glücklicher werden, als jener, der sich zu beherrschen weiß.
Glaubst du, dass es glücklicher macht, wenn alles zu haben ist und man sich ohne jegliche Rücksichten ausleben kann?
Ich mag vielleicht ein Opfer meiner Erziehung sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich glücklicher wäre, wenn es nirgendwo Grenzen gäbe. Ein grenzenloser Raum kann sowieso nicht Grundlage für menschliches Miteinander sein, weil sich Interessen immer irgendwo überschneiden.
Was Religionen über viele Jahrhunderte hinweg geschafft haben, nämlich den Menschen Verhaltensregeln zu vermitteln, das muß der freie Humanismus erst noch fertig bekommen. Juristische Regeln sind nichts, wenn man einen guten Anwalt hat.

LG stine
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Re: Religiosität und Intelligenz bzw. Bildung

Beitragvon pinkwoolf » Fr 29. Aug 2008, 20:28

stine hat geschrieben:Glaubst du, dass es glücklicher macht, wenn alles zu haben ist und man sich ohne jegliche Rücksichten ausleben kann?
Ich mag vielleicht ein Opfer meiner Erziehung sein, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich glücklicher wäre, wenn es nirgendwo Grenzen gäbe. Ein grenzenloser Raum kann sowieso nicht Grundlage für menschliches Miteinander sein, weil sich Interessen immer irgendwo überschneiden.

Zu meiner Freude finde ich seit längerem mal wieder gemeinsames Terrain mit dir. Ich habe genau den Teil deiner Post ausgeschnitten, dem ich ohne zu zögern zustimme.
Überflüssig zu erwähnen, dass diese Einstellung bei mir nichts mit Religion zu tun hat. Verdummbeutelt - jetzt habe ich es doch erwähnt. :santagrin:

Aber mit der bereitwilligen, ja sogar freudigen Anerkennung von Grenzen der Freiheit ist Sun's Argument noch nicht aus der Welt.

Dogmen, ob religiös oder sonstwie, neigen dazu, natürliche menschliche Verhaltensweisen, die niemandem schaden, ganz und gar willkürlich auf die Abschussliste zu setzen. Masturbation wäre ein Beispiel; oder die Benutzung von Kondomen. Letztere ist zwar nicht natürlich im Sinne der Cro-Magnons und einiger nachfolgender Generationen; aber ich denke, das Bestreben, den Nachwuchs in dafür günstigen Zeiten aufzuziehen, war auch diesen Vorfahren nicht fremd.

Auf die alternativen Möglichkeiten, diesen Zeitpunkt zu bestimmen, will ich jetzt nicht näher eingehen. Ich mag kein Blut.

Die Antwort der Katholischen Kirche wäre sicherlich: Enthaltsamkeit (auch von Masturbation); aber diese Option hat sich im Laufe der Geschichte, bis zum heutigen Tag, immer wieder als Rohrkrepierer erwiesen. Ich bin kein Freund von militärischen Vergleichen. Verstehe es, wie du willst.

Aber wie oben erwähnt: die Freiheit hat ihre Grenzen. Einwilligung des Partners/der Partnerin ist ebenso unabdingbar wie die altersbedingte oder sonstwie bedingte Position des Partners, hierüber eine sinnvolle Entscheidung zu treffen.

Was der Mann mit dem eindrucksvollen Hut dazu sagt, tangiert mich jedoch extrem peripher.

:kg:
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