Übernatürliches und Nichtkausalität

Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Klaus » Mi 10. Sep 2008, 16:54

@Myron wenn ich dich richtig verstehe, heisst Determinismus, dass zum Zeitpunkt des Urknalls alle Bedingungen für unsere Galaxis, unsere Sonne und natürlich deren Platz in dieser Galaxis, alle im Sonnensystem vorhandenen Planeten, einschließlich der Erde, ursächlich angelegt sein müssen, selbst die Entstehung des ersten Einzellers.?
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Myron » Mi 10. Sep 2008, 17:19

Klaus hat geschrieben:@Myron wenn ich dich richtig verstehe, heisst Determinismus, dass zum Zeitpunkt des Urknalls alle Bedingungen für unsere Galaxis, unsere Sonne und natürlich deren Platz in dieser Galaxis, alle im Sonnensystem vorhandenen Planeten, einschließlich der Erde, ursächlich angelegt sein müssen, selbst die Entstehung des ersten Einzellers.?


Ich fasse den Determinismus so auf, dass er in der Behauptung besteht, der Verlauf der gesamten Weltgeschichte sei bis zum Ende der Welt oder, falls sie unvergänglich ist, bis in alle Ewigkeit durch die Naturgesetze und die Anfangsbedingungen (* vollständig festgelegt, vorherbestimmt. In einer anderen Welt mit anderen Naturgesetzen und anderen Anfangsbedingungen mag es einen anderen Verlauf geben, doch innerhalb jeder einzelnen möglichen Welt ist nur eine einzige Weltgeschichte möglich. Alles geschieht darin, wie es geschieht, weil es genau so geschehen muss.

(* ob der Urknall wirklich der Anfang von allem ist, sei hier dahingestellt)
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Myron » Mi 10. Sep 2008, 17:49

Viele Philosophen legen den Begriff "Verursachung" als "Wahrscheinlicher-Machung" aus.
Sowohl deterministische als auch indeterministische Verursachungen erhöhen—ceteris paribus—die Eintrittswahrscheinlichkeit ihrer Wirkungen. In ersterem Fall wird jene maximiert, d.h. sie beträgt genau 1, was bedeutet, dass die betreffende Wirkung notwendigerweise erfolgt. Mit anderen Worten, im Falle deterministischer Verursachung wird die Wirkung von ihrer Ursache erzwungen.

Ausgehend davon könnte man nun folgende Definition vornehmen:

Ein Ereignis x ist genau dann ursachenlos/unverursacht, wenn es kein (vorausgehendes) Ereignis y gibt, durch dessen Eintreten die Eintrittswahrscheinlichkeit von x größer geworden ist als die Eintrittswahrscheinlichkeit von x bei Nichteintreten von y.

Formal: x ist ursachenlos/unverursacht =def ~Ey(P(x/y) > P(x/~y))

Das heißt, das Eintreten eines unverursachten Ereignisses in einer Welt W zum Zeitpunkt T ist absolut unabhängig von den in W vor und zu T herrschenden Bedingungen. Absolute kausale Unabhängigkeit bedeutet, dass nicht nur keinerlei deterministische, sondern auch keinerlei indeterministische bzw. probabilistische Abhängigkeit besteht.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Mi 10. Sep 2008, 20:49

Myron hat geschrieben:Wenn der Determinismus wahr ist

Klar (modulo "Wahrheit") ;-)
Myron hat geschrieben:Ein Ereignis ist genau dann zufällig,[..]

Die von dir angeführte Definition beschreibt aber gerade nicht Determinismus. Darauf bezogen sich meine Aussagen.

Myron hat geschrieben:Bei der Ursachensuche schaut man in die Vergangenheit, aber an sich sind Verursachungen zukunftsgerichtet.


Nicht "wirklich", wenn man die Ursache über die Wirkung definiert..
Und die Wirkung ist zum Zeitpunkt T_2, nicht vorher ;-)
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Mi 10. Sep 2008, 20:52

Myron hat geschrieben:Ein Ereignis x ist genau dann ursachenlos/unverursacht, wenn es kein (vorausgehendes) Ereignis y gibt, durch dessen Eintreten die Eintrittswahrscheinlichkeit von x größer geworden ist als die Eintrittswahrscheinlichkeit von x bei Nichteintreten von y.

Formal: x ist ursachenlos/unverursacht =def ~Ey(P(x/y) > P(x/~y))


Auch nicht unproblematisch:

Fallen 2 Regentropfen gleichermassen aus den Wolken, dann erhöht kein Regentropfen die Wahrscheinlichkeit "Nass zu werden" gegenüber dem anderen (die "Eintrittswahrscheinlichkeit" wird von jedem Tropfen somit um 0 erhöht). Jeder kann aber "nass machen", alles andere als "unverursacht" ;-)
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Myron » Mi 10. Sep 2008, 20:59

Ein ursachenloses Ereignis ist dank seiner Unbedingtheit ein vollkommen freies Ereignis.
In Sachen freier Wille sind die Vertreter des Libertarismus (engl. libertarianism) der Meinung, dass Willensentscheidungen selbst durch nichts verursacht und als Erstverursacher in der Welt wirksam seien.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Mi 10. Sep 2008, 21:16

Myron hat geschrieben:Ein ursachenloses Ereignis ist dank seiner Unbedingtheit ein vollkommen freies Ereignis.


Ja, so charakterisiert man es. Aber die gegebenen Definitionen sind unzureichend ;-)

Myron hat geschrieben:In Sachen freier Wille sind die Vertreter des Libertarismus (engl. libertarianism) der Meinung, dass Willensentscheidungen selbst durch nichts verursacht und als Erstverursacher in der Welt wirksam seien.

Wobei hiermit die "Existenz" unverursachter Willensentscheidungen keinesfalls entschieden ist. Gibt es einen "Existenzbeweis"?
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Mi 10. Sep 2008, 21:20

@HFRudolph

Worauf willst du hinaus?
Dass indeterministische, d.h. zufällige Zustände akausal seien müssen?
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon HF******* » Do 11. Sep 2008, 11:13

@Klaus:
Korrekt geschlussfolgert.

@Qubit:
Erst mal ging es um die Frage, was wir unter "echtem Zufall" verstehen. Wenn wir kein einheitliches Verständnis haben, reden wir aneinander vorbei, wie so häufig in diesem Bereich (es geht nicht um kulturelle Definitionsherrschaft, von mir aus können wir es auch X oder Y nennen).

Ein Zustand enthält kein Zeitelement, so dass ich hier nicht von deterministisch oder indeterministisch reden würde.
Ich würde eher von Vorgang sprechen.

Ein als indeterministisch gedachter Vorgang muss an irgendeinem Punkt akausal sein, d. h. er lässt mindestens einen Punkt offen, für den es keine Erklärung im Sinne eigentlichen Verständnisses gibt. Beispiel: Myrons Annahme, dass es für den speziellen Zeitpunkt des Zerfalls eines bestimmten Atoms keine Erklärung, keine Ursache gibt. Man kann dafür auch bei vollumfänglichem nur denkbarem Wissen über den Vorgang nach diesem Verständnis niemals einen Bauplan darüber erstellen, weil sich etwas unerklärliches abspielt, was selbst bei gedachtem vollständigem Wissen über die Gesamte Welt und insbesondere den betrachteten Vorgang und bei gedachter höchster Intelligenz (auch gedachter übermenschlicher Intelligenz) unmöglich wäre, weil der Bereich per Definition nicht verstehbar ist. Für den Indeterminismus muss ein - wenn auch noch so kleiner - Bereich vorhanden sein, für den die "Erklärung" lautet: Unerklärbar - ansonsten ist der Vorgang nicht indeterministisch.

Die Ausgangsfrage lautete, wo der Unterschied liegt zwischen der Annahme, dass es einen solchen Vorgang gibt und der Annahme übernatürlicher Vorgänge. Beim Übernatürlichen ist die Denkweise gröber, es wird meistens ein größerer Bereich betrachtet. Genaugenommen steckt aber das selbe Prinzip dahinter, beides ist im Grunde wesensverwandt.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Do 11. Sep 2008, 12:45

HFRudolph hat geschrieben:@Klaus:
Korrekt geschlussfolgert.

Zumindestens im Hinblick auf einen "Superdeterminismus", der das "Potentielle" mit dem "Faktischen" identifiziert.

HFRudolph hat geschrieben:@Qubit:
Erst mal ging es um die Frage, was wir unter "echtem Zufall" verstehen. Wenn wir kein einheitliches Verständnis haben, reden wir aneinander vorbei, wie so häufig in diesem Bereich (es geht nicht um kulturelle Definitionsherrschaft, von mir aus können wir es auch X oder Y nennen).

Ein Zustand enthält kein Zeitelement, so dass ich hier nicht von deterministisch oder indeterministisch reden würde.
Ich würde eher von Vorgang sprechen.


Okay, back to the roots..
Wieweit gehst du mit?

1) Ursache und Wirkung sind nicht zu trennen. EIne Ursache ohne Wirkung ist sinnfrei.
2) Eine Wirkung führt zu einer Zustandsänderung. Ansonsten wäre eine Wirkung keine Wirkung. Der Mechanismus spielt hierbei keine Rolle.
2a) Eine Zuständsänderung kann von einem bestimmten Zustand zu genau einem möglichen neuen bestimmten Zustand führen.
2b) Eine Zustandsänderung kann von einem bestimmten Zustand zu genau einem von mehreren möglichen neuen bestimmten Zuständen führen.
3) Zwischen zwei bestimmten Zuständen einer Zustandsänderung kann ein unbestimmter mehrerer möglicher Zustände liegen.

Beispiel: Radioaktivität
Nuklide befinden sich in einem angeregten metastabilen Zustand. Beim Zerfall sind nur bestimmte Zustände möglich. Die Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten der Zustände beim Zerfall werden durch die Quantmechanik der angeregten Zustände der Radionuklide beschrieben. Die Ursachen des Zerfalls liegen also in den quantenmechanischen Gesetzmässigkeiten. Dennoch gibt es in diesen Gesetzmässigkeiten kein bestimmendes Element, das den Zerfall eines einzelnen Radionuklids bestimmt. Dessen Zustand ist "echter Zufall". Käme man auf die Idee, dass es ein solches bestimmendes Element einer Theorie gäben könnte, dann müsste die Verteilung der angeregten metastabilen Zustände der Radionuklide die Verteilung der Zustände beim Zerfall eben als bestimmendes Element beinhalten. Dies führt jedoch nicht zu der Quantenstatistik, die empirisch vielfach bestätigt wurde.
Man kann also nicht, wie man vielleicht vermeinen könnte, daherkommen, und die Radionuklide nach ihren angeregten metastabilen Zuständen nach den Zerfällen ordnen (zB 50% innerhalb Halbwertszeit, 75% innerhalb doppelter Halbwertszeit, etc.). Trotzdem ist der Zerfall nicht "akausal", da er jederzeit quantenmechanischen Ursachen folgt.

HFRudolph hat geschrieben:Die Ausgangsfrage lautete, wo der Unterschied liegt zwischen der Annahme, dass es einen solchen Vorgang gibt und der Annahme übernatürlicher Vorgänge. Beim Übernatürlichen ist die Denkweise gröber, es wird meistens ein größerer Bereich betrachtet. Genaugenommen steckt aber das selbe Prinzip dahinter, beides ist im Grunde wesensverwandt.

Um im obigen Bild zu bleiben:
Die Frage, ob eine Zustandsänderung notwendig oder zufällig erfolgt, mach nur Sinn, wenn man einen vorhergehenden kausalen Zustand kennt. Kennt man ihn nicht, oder gibt es ihn gar nicht, dann ist diese Frage mE sinnlos. Ein übernatürlicher Vorgang muss uns insofern als akausal erscheinen, insofern übernatürliche Elemente zur Erklärung abgelehnt werden. Dass ein Vorgang "echt" zufällig ist, reicht indes hierfür nicht aus.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon HF******* » Do 11. Sep 2008, 15:23

Die Punkte sind recht unbestimmt und missverständlich formuliert.

Nach Heisenbergs Wortwahl:
1) überspringe ich.
2) Machanik hat mit Kausalität ansich nichts zu tun, auch wenn sie häufig eine Rolle spielt. Den Rest der Aussage missverständlich, man müsste 20 Seiten Schreiben, um alle aufgeworfenen Punkte zu erörtern. Ich meine, dass es soetwas nicht gibt.
2a) Nein
2b) Ja
3) Ja

Nach allgemeinem Sprachgebrauch:
1)/2) s. o.
2a) Bei umfassender Betrachtung der Welt ja, sonst nein.
2b) Bei umfassender Betrachtung der Welt nein, sonst ja.
3) Nein. Die Realität ist nicht unbestimmt. Bestimmtheit bezieht sich auf Eigenschaften, eine nicht vorhandene Eigenschaft würde ich nicht als unbestimmt bezeichnen.

QBit hat geschrieben:Beispiel: Radioaktivität
Nuklide befinden sich in einem angeregten metastabilen Zustand. Beim Zerfall sind nur bestimmte Zustände möglich. Die Wahrscheinlichkeiten und Häufigkeiten der Zustände beim Zerfall werden durch die Quantmechanik der angeregten Zustände der Radionuklide beschrieben. Die Ursachen des Zerfalls liegen also in den quantenmechanischen Gesetzmässigkeiten. Dennoch gibt es in diesen Gesetzmässigkeiten kein bestimmendes Element, das den Zerfall eines einzelnen Radionuklids bestimmt.

Nach Heisenbergs Wortwahl: Einwandfrei, einverstanden.

Dessen Zustand ist "echter Zufall".

Hat damit nichts zu tun, wenn Du Heisenbergs Wortwahl bzw. derjenigen der heutigen Quantenphysik folgst. Du musst erst schreiben, welche Wortwahl Du verwendest.

Käme man auf die Idee, dass es ein solches bestimmendes Element einer Theorie gäben könnte, dann müsste die Verteilung der angeregten metastabilen Zustände der Radionuklide die Verteilung der Zustände beim Zerfall eben als bestimmendes Element beinhalten. Dies führt jedoch nicht zu der Quantenstatistik, die empirisch vielfach bestätigt wurde.

Du kannst nicht die Wortwahl der Quantenphysik nehmen und sie in allgemeiner Sprache wiedergeben. Die Quantenphysik macht nicht die Aussagen, die Du hier gerade hinein interpretierst. Wenn ich Dich richtig verstehe, hältst Du diese Vorgänge für prinzipiell unerklärbar. Das ist, als wenn Du einen Text aus dem Chinesischen ins Deutsche übersetzt und ein Wort gar nicht übersetzt, weil es dieses Wort vom Laut her auch im Deutschen gibt.

Trotzdem ist der Zerfall nicht "akausal", da er jederzeit quantenmechanischen Ursachen folgt.

So, wie Du es oben geschildert hast, wären Elemente der Quantenphysik, wenn man sie nach allgemeinem Sprachgebrauch versteht, durchaus akausal. Diese Aussage trifft die Quantenphysik (natürlich) nicht.

QBit hat geschrieben:Um im obigen Bild zu bleiben:
Die Frage, ob eine Zustandsänderung notwendig oder zufällig erfolgt, mach nur Sinn, wenn man einen vorhergehenden kausalen Zustand kennt.

Das ist eine Grundsätzliche Fragestellung des Verständnisses der Kausalität bzw. der Welt, die mit der Kenntnis im Einzelfall relativ wenig zu tun hat. Wir kennen auch nicht den Umstand, der zum Wetter in einem Jahr führt.

QBit hat geschrieben:Kennt man ihn nicht, oder gibt es ihn gar nicht, dann ist diese Frage mE sinnlos. Ein übernatürlicher Vorgang muss uns insofern als akausal erscheinen, insofern natürliche Elemente zur Erklärung abgelehnt werden. Dass ein Vorgang "echt" zufällig ist, reicht indes hierfür nicht aus.

Bei der Behauptung von Akausalität werden auch natürliche Elemente zur Erklärung ebenfalls grundsätzlich abgelehnt.
Mit "grundsätzlich" meine ich eben nicht, dass man sagt, dass die Elemente nur nicht bekannt, nicht erforscht oder nicht erforschbar sind, sondern es geht um die tatsächliche Beschaffenheit der Welt.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Fr 12. Sep 2008, 09:06

HFRudolph hat geschrieben:Nach Heisenbergs Wortwahl:


Da du dich mehrfach auf Heisenberg beziehst:
Mir ist in keinster Weise verständlich, inwiefern Heisenberg der von mir dargelegten (minimalistischen) Deutung widerspricht?
Ich vermute ein Interpretationsproblem deinerseits

Heisenberg:
Kann das Mögliche, nämlich das zu erreichende Ziel, den kausalen Ablauf beeinflussen? Damit ist man aber schon fast wieder im Rahmen der Quantentheorie. Denn die Wellenfunktion der Quantentheorie stellt ja das Mögliche und nicht das Faktische dar. In anderen Worten: vielleicht ist der Zufall, der in der Darwinschen Theorie eine so wichtige Rolle spielt, gerade deshalb, weil er sich den Gesetzen der Quantenmechanik einordnet, etwas viel Subtileres, als wir uns zunächst vorstellen.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon HF******* » Fr 12. Sep 2008, 09:29

@QBit: Die Bezugnahme auf den Zufall ist nach dieser Formulierung allenfalls eine agnostische. Es lässt sich aber bereits deshalb keine Aussage aus der Quantenphysik hinsichtlich des Indeterminismus ableiten, weil über die Umstände zwischen den Messungen nichts bekannt ist. Das hat Heisenberg auch ganz deutlich gesagt. Er sagt auch in diesem Zitat wieder, dass man nichts genaues weiß.

Was Heisenberg sagt, ist ja eigentlich wurscht, weil jeder selbst mitdenken kann: Ich führe ihn nur deshalb an, weil er und Bohr diese Sprachverwirrung eingeführt hat, nach dem man nach dem Wortverständnis Heisenbergs auch als Determinist im eigentlichen Sinne sagen kann: Die Vorgänge in der Quantenphysik sind akausal, es gibt einfach keine Ursache, die Quantenphysik ist indeterministisch.

Das setzt folgende Wortwahl voraus: Man bezeichnet danach nur das als Ursache, was messbar oder konkret nachweisbar ist. Was nicht messbar oder nachweisbar ist, von dem sagt man, dass es nicht existent ist.

Diese Worte sind Formeln, die in die natürliche Sprache zurück übersetzt werden müssen, Einstein hat damals schon angemahnt, dass in dieser Wortwahl mit anderem Sinn die Gefahr besteht, dass man es irgendwann auch so meint, wie Du jetzt. Für die praktische Physik ist eine solche Herangehensweise allenfalls als vorläufige Arbeitsgrundlage brauchbar. Wenn man das aber im eigentlichen Wortsinn versteht, dann kommt die Abkehr von der Wissenschaft heraus.

Ich halte es für möglich, dass Heisenberg die Ausführung mit der Bezugnahme auf Darwin entweder getroffen hat, bevor er sich mit der Kausalität eingehender befasst hat oder dass er diese Aussage lediglich als agnostische Rechtfertigung seiner Wortwahl angesehen hat, also eher als weltanschauliche Begründung dieser Wortwahl, nicht aber als physikalische. Von wann stammt die Aussage, Quelle?
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Fr 12. Sep 2008, 10:42

HFRudolph hat geschrieben:@QBit: Die Bezugnahme auf den Zufall ist nach dieser Formulierung allenfalls eine agnostische. Es lässt sich aber bereits deshalb keine Aussage aus der Quantenphysik hinsichtlich des Indeterminismus ableiten, weil über die Umstände zwischen den Messungen nichts bekannt ist. Das hat Heisenberg auch ganz deutlich gesagt. Er sagt auch in diesem Zitat wieder, dass man nichts genaues weiß.

Heisenberg geht weiter: Bezüglich der Realität der Quantenwelt weiss man nicht nur nichts genaues als die Beobachtung der Messungen; man kann nichts genaueres wissen!

HFRudolph hat geschrieben:Was Heisenberg sagt, ist ja eigentlich wurscht, weil jeder selbst mitdenken kann: Ich führe ihn nur deshalb an, weil er und Bohr diese Sprachverwirrung eingeführt hat, nach dem man nach dem Wortverständnis Heisenbergs auch als Determinist im eigentlichen Sinne sagen kann: Die Vorgänge in der Quantenphysik sind akausal, es gibt einfach keine Ursache, die Quantenphysik ist indeterministisch.

Das setzt folgende Wortwahl voraus: Man bezeichnet danach nur das als Ursache, was messbar oder konkret nachweisbar ist. Was nicht messbar oder nachweisbar ist, von dem sagt man, dass es nicht existent ist.


Indeterministisch ja, akausal nein.
Die Quantenmechanik macht keine Aussagen über "Nichtexistenz". Die Ursache liegt im Möglichen, nicht Faktischen.

HFRudolph hat geschrieben:Diese Worte sind Formeln, die in die natürliche Sprache zurück übersetzt werden müssen, Einstein hat damals schon angemahnt, dass in dieser Wortwahl mit anderem Sinn die Gefahr besteht, dass man es irgendwann auch so meint, wie Du jetzt. Für die praktische Physik ist eine solche Herangehensweise allenfalls als vorläufige Arbeitsgrundlage brauchbar. Wenn man das aber im eigentlichen Wortsinn versteht, dann kommt die Abkehr von der Wissenschaft heraus.


Die Diskussion zwischen Einstein und Heisenberg/Bohr ging tiefer. Einstein hatte klar gestellt, dass die Formeln festlegen, worüber man sprechen kann. Worüber man in diesem Sinne nicht sprechen kann, kann man auch nicht beobachten. Er hoffte damit, dass Zufällligkeiten der Messungen auf unvollständige Elemente der Theorie hinweisen.
Einstein hatte sich geirrt, die Theorie der Quantenmechanik ist vollständig, mehr lässt sich also nicht darüber sagen (ob in Formeln oder natürlicher Sprache ;-))

HFRudolph hat geschrieben:Ich halte es für möglich, dass Heisenberg die Ausführung mit der Bezugnahme auf Darwin entweder getroffen hat, bevor er sich mit der Kausalität eingehender befasst hat oder dass er diese Aussage lediglich als agnostische Rechtfertigung seiner Wortwahl angesehen hat, also eher als weltanschauliche Begründung dieser Wortwahl, nicht aber als physikalische. Von wann stammt die Aussage, Quelle?

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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon HF******* » Fr 12. Sep 2008, 16:19

@QBit: Du redest komplett am Thema vorbei.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Qubit » Fr 12. Sep 2008, 17:17

HFRudolph hat geschrieben:@QBit: Du redest komplett am Thema vorbei.

Nun, das Thema war hier für mich der Versuch deinerseits, Heisenberg eine Interpretation zu zudichten, welche ihm nicht eigen ist. Wenn Heisenberg für dich hier nicht das Thema ist, dann wird es besser sein, wenn du dich nicht mehr auf ihn beziehst und anstattdessen deine persönliche Interpretation logisch stringent vorträgst. Noch erscheint mir diese, sagen wir mal, "obskur" ;-)
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon HF******* » Fr 12. Sep 2008, 18:57

Nicht ich habe den Atomzerfall pp. gebracht.

Qubit hat geschrieben:die Theorie der Quantenmechanik ist vollständig, mehr lässt sich also nicht darüber sagen (ob in Formeln oder natürlicher Sprache

Das hättest Du ja auch gleich sagen können: Da weißt Du anscheinend mehr, als der allgemeine Stand der Wissenschaft hergibt. Merkwürdig nur, dass Heisenberg und Bohr das noch nicht erkennen konnten und sogar festgestellt haben, dass eine genauere Erforschung nicht möglich war.

Der Atomzerfall ist Deiner Meinung nach vermutlich auch vollständig beschrieben. Auf die Erklärung darf die Wissenschaft selbstverständlich gespannt sein, hat sie eben dies doch seit 1927 für nicht möglich gehalten...
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Myron » Fr 12. Sep 2008, 19:18

Qubit hat geschrieben:Fallen 2 Regentropfen gleichermassen aus den Wolken, dann erhöht kein Regentropfen die Wahrscheinlichkeit "Nass zu werden" gegenüber dem anderen (die "Eintrittswahrscheinlichkeit" wird von jedem Tropfen somit um 0 erhöht). Jeder kann aber "nass machen", alles andere als "unverursacht" ;-)


Wenn ich nass werde, dann hängt das Ausmaß meines Nasswerdens schon von der Niederschlagsmenge ab.
Und generell ist es so, dass das Herabfallen von Regentropfen die Wahrscheinlichkeit meines Nasswerdens erhöht (unter der Voraussetzung, dass ich mich im Freien befinde und keinen Regenschirm dabeihabe).

Das Thema Verursachung ist hochkomplex (siehe die einschlägigen Artikel in der SEP) und entsprechenderweise ist auch die wahrscheinlichkeitstheoretische Interpretation des Kausalitätsbegriffs nicht unproblematisch.
Aber welche philosophische Auffassung ist schon vollkommen problemfrei?

"[A]ny interesting philosophical view faces at least nine objections. The question is, how well you can answer them?"
(William Lycan)
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Myron » Fr 12. Sep 2008, 19:47

HFRudolph hat geschrieben:Ein Zustand enthält kein Zeitelement, so dass ich hier nicht von deterministisch oder indeterministisch reden würde.
Ich würde eher von Vorgang sprechen.


Zustände können genauso andauern wie Vorgänge. (Zum Beispiel: Wie lange kann ein Mensch die Luft anhalten?)
Vorgänge sind zusammenhängende Ereignisfolgen, und man kann zwischen statischen und dynamischen Ereignissen unterscheiden. Man kann nun Zustände mit statischen Ereignissen gleichsetzen, was aber nicht unproblematisch zu sein scheint, da man auch zwischen statischen Tätigkeiten und dynamischen Zuständen unterscheiden kann.
Es kommt halt darauf an, wie man diese Kategorien definiert und ordnet.
(Siehe dazu: http://plato.stanford.edu/entries/events/#2.2)

HFRudolph hat geschrieben:Ein als indeterministisch gedachter Vorgang muss an irgendeinem Punkt akausal sein, d. h. er lässt mindestens einen Punkt offen, für den es keine Erklärung im Sinne eigentlichen Verständnisses gibt. Beispiel: Myrons Annahme, dass es für den speziellen Zeitpunkt des Zerfalls eines bestimmten Atoms keine Erklärung, keine Ursache gibt.


Wenn ein radioaktiver Atomkern zum Zeitpunkt T "spontan" zerfällt, dann gibt es zumindest kein dem Atomkern äußerliches Ereignis, das den Zerfall zu T bewirkt.
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Re: Übernatürliches und Nichtkausalität

Beitragvon Myron » Fr 12. Sep 2008, 20:32

HFRudolph hat geschrieben:Die Ausgangsfrage lautete, wo der Unterschied liegt zwischen der Annahme, dass es einen solchen Vorgang gibt und der Annahme übernatürlicher Vorgänge.


Hinter übernatürlichen Ereignissen oder Vorkommnissen stecken ja typischerweise irgendwelche Geistwesen, welche jene bewusst und absichtlich verursachen, weswegen sie ganz und gar unzufällig sind. Es handelt sich hierbei um Fälle von "agent causation", d.h. von Handlungsverursachung.
Was Handlungsverursachungen durch Geistwesen übernatürlich macht, ist, dass es sich dabei um rein geistige Verursachungen handelt, die ihre Wirkungen ohne Beteiligung physischer Kräfte entfalten.
Übernatürliche Kausalität ist nichtphysische Kausalität.
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