Wenn ich Nietzsche lese, komme ich mitunter nicht umhin mich an seinem Verstand zu berauschen, um so jammerschader finde ich es, dass er, wie so viele intelligente Menschen zwar von der eigenen Intelligenz überzeugt war, aber nicht in der Lage sie an anderen zu erkennen.
Ein Mensch, der nicht mehr verstanden werden will, hat die Welt verlassen, dem da zu folgen, mag zwar für die Kreativität eines Künstlers nützlich sein, um sich die Welt zu erklären dient das nicht, sondern stürzt nur andere in Verwirrung. An MSS schätze ich es z. B. sehr, dass er sich in einfachen Worten auszudrücken versucht. Das handelt ihm zwar regelmäßig den Vorwurf ein, zu pauschalisieren, es sich all zu einfach zu machen. Ich meine das Gegenteil wäre der Fall. Nietzsche würde ihm vermutlich sagen "Der Ursprung unsres Begriffs "Erkenntniss". - Ich nehme diese Erklärung von der Gasse; ich hörte jemanden aus dem Volke sagen "er hat mich erkannt" -: dabei fragte ich mich: was versteht eigentlich das Volk unter Erkenntniss? was will es, wenn es "Erkenntniss" will? Nichts weiter als dies: etwas Fremdes soll auf etwas Bekanntes zurückgeführt werden.
Nun hat nun mal nicht jeder das Privileg und des Zufalls Glück genossen mit jeder Menge Bildung aufzuwachsen. Und wenn man ein wenig von Physik versteht, dann müsste man sich auch darüber klar sein, dass der Tag nur 24 Stunden hat und die eigene Lebenszeit zu beschränkt ist, um sich alle intelligenten Gedanken von anderen Menschen vollständig reinzuziehen. Man wird also immer Wissenslücken haben, und Spezialist für nur einzelne Themen sein, daher sehe ich mich auch auf das Denken anderer angewiesen. Ich war es nie allein, die Reibung an anderen hat mein Denken wachsen lassen. Und ich habe ziemlich großes Vertrauen in den Verstand, dass ich zu unterscheiden weiß, ob sich jemand erklärend zur Welt stellt oder ob mich beispielsweise ein Arzt, um seiner eigenen Bequemlichkeit willen, mit Simplifizierungen abspeist. Ich schätze Menschen sehr, die kein Problem damit haben zuzugeben, wo sie was nicht wissen. Und ich sehe, dass auch angeblich völlig dumme Menschen dazu in der Lage sind zu erkennen, wenn sie nicht ernst genommen werden.
Und Peter Möller als einen typischen gebildeten Großkotz abzutun, halte ich für vorschnelles Urteilen. Er war mir bisher auch noch nicht bekannt, daher habe ich ein wenig in ihn reingelesen. Ihn eint mit MSS offenbar das Bedürfnis durch Einfachheit in der Sprache verstanden zu werden. Aber sein Mut zur schonungslosen Offenheit auch gegen sich selbst (in seinen Memoiren), ist für viele sicher schwer zu verdauen und wird ihm vermutlich als Exhibitionismus ausgelegt. Ein evtl. notwendiges Missverständnis: Sich so vor anderen zu entkleiden, erscheint mir auch als etwas zweifelhaftes Unterfangen.
http://www.philolex.de/memoiren.htm#memovorfEin eher „harmloser“ Ausschnitt aus diesen Memoiren:
„Anstatt sich zu ihrem Egoismus zu bekennen, suchen die meisten Menschen nach allerlei Ausflüchten, um sich über ihn hinwegzutäuschen. Eine besonders beliebte Methode ist, anderen, besonders reicheren, Egoismus vorzuwerfen. ("Zuerst sollen die doch mal!") Aber verdrängte Wahrheiten sind immer der schlechteste Ausgangspunkt zur Verbesserung einer Situation.
Viele Menschen werden nämlich mit Vehemenz bestreiten, dass diese Beschreibung menschlichen Verhaltens auch für sie zutrifft, obwohl sie bei kritischer Prüfung feststellen könnten, dass sie es genauso machen. Aber die meisten Menschen nehmen es nur dann wahr oder halten es nur dann für ein Unrecht, wenn sie selbst verschmäht oder minderbewertet werden. Dass sie selbst verschmähen und abwerten, merken sie entweder gar nicht, oder sie halten es für völlig legitim.
Die Schaffung mehrwertiger und minderwertiger Menschen würde erst dann ein Ende haben, wenn die Menschen aufhören würden, sich untereinander zu bewerten. Aber dies wird wohl nie eintreten.“
Zu diesem Ende gelangt er, weil auch er letztlich nicht umhin kommt, sich für eine absolute Ausnahme zu halten. Sein Grund dafür ist v. a. die Statistik, denn es ist ja wirklich eher selten, dass jemand aus dem Arbeitermilieu zum Philosophen wird.
Brauchbare Antworten sind durchaus in der Welt zu finden. In der Montessoriepädagogik z. B. finden sich reichlich gute Ansätze, wie man Menschen groß werden lässt, ohne sich ständig untereinander zu bewerten und voneinander abzugrenzen. Und ja, nicht alle Montessorieschulen sind gut, da gibt es auch viele Pädagogen denen der Unterschied zum „laissez-faire“ nicht klar ist, dass - um mal wieder reichlich platt zu werden – nicht der lautstarke Redner sondern der aufmerksame Beobachter für alle gewinnbringender ist. Dass diese Pädagogik, wenn auch weltweit verbreitet, sich dennoch nicht hat durchsetzen können, liegt m. E. daran, dass sie ja gerade Abstand davon nimmt „Sieger“ für die Konkurrenzgesellschaft zu züchten. Nur Eltern, die es sich finanziell leisten können und denen es wichtiger ist, dass ihre Kinder mit Freude lernen, schicken sie dort hin. Allerdings „Ellenbogen“ bekommen die Kinder da nicht beigebracht und ohne diese lässt sich nicht so gut „Karriere machen“. Daher muss sich diese Pädagogik auch von den ach so vernünftigen Realisten regelmäßig vorwerfen lassen, dass sie weltfremd sei. Heißt Vernunft denn, sich an jeden Mist anzupassen?