Haben Tiere ein Bewusstsein?

Beitragvon Andreas Müller » Di 20. Feb 2007, 12:47

Biologisch betrachtet sind wir eine afrikanische Affenart. Das heißt ja nicht, dass viele unserer Fähigkeiten nicht erheblich ausgeprägter wären als die von Affen. Der Evolutionsbiologe Jared Diamond fasst es in "Der dritte Schimpanse" gut zusammen. Was uns von anderen Lebewesen unterscheidet ist:

- Landwirtschaft
- Kunst
- gesprochene Sprache
- Technik
- Drogenmissbrauch
- Genozid
- Massenmord an anderen Arten

Bei einigen dieser Fähigkeiten gibt es primitivere Vorläufer im Tierreich.

Ich muss jedoch mal die Frage in den Raum werfen, worauf du hier so stolz bist, Herzblut? Keine andere Art hat die Mittel, sich selbst vollständig zu vernichten und so unwahrscheinlich ist das nicht. Keine andere Art zerstört ihre eigene Umwelt. Kein anderes Lebewesen steht außerhalb des natürlichen Gleichgewichts. Inwiefern sollen wir, alles zusammengefasst, besser sein als Tiere?
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Beitragvon Herzblut » Di 20. Feb 2007, 16:52

Der Autor hat geschrieben:Biologisch betrachtet sind wir eine afrikanische Affenart.

Welche Art denn?

Der Autor hat geschrieben:Ich muss jedoch mal die Frage in den Raum werfen, worauf du hier so stolz bist, Herzblut?
...bla... Inwiefern sollen wir, alles zusammengefasst, besser sein als Tiere?

Ich habe gar keine normativen Aussagen gemacht, ganz im Gegensatz zu dir, sondern nur
deskriptive.

Das Threadthema war ja auch "Haben Tiere ein Bewusstsein", oder nicht?

Gruss Herzblut
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Beitragvon molosovsky » Di 20. Feb 2007, 17:05

Tiere haben ein Bewußtsein, fragt sich halt, was für eins.

Einige der prominenten Brights (z.B Dennett) sagen ja ausdrücklich, dass die ›Seele‹ (altmodisch für Bewußtsein) aus ›vielen vielen kleinen Robotern‹ besteht. Siehe niedere Lebewesen (Plattwurm) und ihr ›Programm‹. Bewußtsein hat sich eben auch evolutionär in Krahnarbeit hochgezogen, um Dennetts Metapher aus »Darwins gefährliches Erbe« aufzugreifen.

Ich habe letztens das Buch »Der Affe und der Sushimeister« des Primatenforschers Frans de Waal gelesen. Das geht die Problematik an mit der Frage, ob es im Tierreich bereits Kultur gibt. — Ähnlich gelagert ist ja die in diesem Thread bereits aufgebrachte Frage, ob es Moral (oder Proto-Moral) im Tierreich gibt.

Ich würde beide Fragen mit »ja« oder »wahrscheinlich schon« beantworten.

Und ja: der Mensch ist eine Affenart (wobei man natürlich solange Herumdefinieren kann, bis der Mensch wieder kein Affe mehr ist). Pratchett, Cohen un Steward schlagen in ihrem Buch »Die Philosophen der Scheibenwelt« entsprechend statt Homo sapiens die Gattungsbezeichnung Pan narrens vor (= geschichtenerzählender Affe).

Völlig komplex wird’s ja, wenn man bedenkt, dass jegliche Bewußtseine ein den grauen Hirnmassen entspringendes emergentes Phänomen ist, also eine Sache, die als Mehrwert der Summe vieler Einzelteile auftritt. Da ist der Gedankensprung zur sogenannten Schwarm-Intelligenz (Schätzing grüßt) kein weiter.

So weit, so wirr mein Senf.
Grüße
Alex / molosovsky
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Beitragvon Andreas Müller » Di 20. Feb 2007, 17:53

...bla...


Deine XXX verhält sich umgekehrt proportional zu deinem Wissen über Evolutionsbiologie.

Wir gehören wie auch Gorillas, Zwergschimpansen und Schimpansen zur Kategorie "Afrikanische Affen", weil wir mit ihnen einen nicht allzu weit zurück liegenden, gemeinsamen Vorfahren teilen. Unser gemeinsamer Vorfahre mit den Schimpansen liegt 5 bis 7 Millionen Jahre in der Vergangenheit. Für evolutionäre Standards ist das gar nichts.

Homo sapiens sapiens ist kein Affe. Das ist ein Fakt und keine Frage der Überzeugung.
Du ignorierst Fakten.


Seltsame Fakten, mit denen überhaupt kein ernstzunehmender Evolutionsbiologe übereinstimmt. Die Nicht-Einteilung des Menschen unter der Kategorie "Afrikanische Affen" fällt aus dem Rahmen und ist rein willkürlich. Sie liegt darin begründet, dass Menschen einfach so meinen, etwas Besseres zu sein.

Machen wir einen Test. Du besorgst dir für einen Tag irgendeinen Affen. Dann stelle ich
dir und ihm zehn Fragen und notiere mir eure Antworten. Wenn ich dann nicht entscheiden
kann, welche Antworten von dir und welche vom Affen sind - dann hast du Argument.


Du besorgst dir für einen Tag irgendeinen Japaner. Dann stelle ich dir und ihm zehn
Fragen in deiner Sprache und notiere mir eure Antworten. Wenn ich dann nicht entscheiden kann,
welche Antworten von dir und welche vom Japaner sind - dann hast du Argument.

Und wir sollten Tierrechtsdiskussionen vermeiden.


Ich wüsste nicht, warum. Das passt sehr gut zum Thema.
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Beitragvon Klaus » Di 20. Feb 2007, 20:47

Welche Affenart sind wir? vllt werden wir es irgendwann mal wissen, wenn wir in der Lage sind unsere Verwandten zu verstehen und sie uns. Genauso kann ich behaupten wir seien intelligente Schleimbeutel, wäre nur zu klären was ist Intelligenz und wer legt fest, was sie ist, allein wir?

Noch einen von Schopenhauer "Als ich die Menschen kennenlernte, lernte ich die Tiere lieben". Böses Dingens das, aber das hat sich der Affe Mensch selbst zu zuschreiben.
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Beitragvon Herzblut » Mi 21. Feb 2007, 16:38

Der Autor hat geschrieben:Wir gehören wie auch Gorillas, Zwergschimpansen und Schimpansen zur Kategorie "Afrikanische Affen",

Ich dachte zwar, wir gehörten zur Familie der Menschenaffen, aber sei's drum. Dein Satz ist nicht
gleichbedeutend mit "Ein Mensch ist ein Affe".

Der Autor hat geschrieben:weil wir mit ihnen einen nicht allzu weit zurück liegenden, gemeinsamen Vorfahren teilen. Unser gemeinsamer Vorfahre mit den Schimpansen liegt 5 bis 7 Millionen Jahre in der Vergangenheit. Für evolutionäre Standards ist das gar nichts.

Immerhin dreimal so lang her, als wir zuvor dachten. Dein rethorischer Trick, Sachinformationen mit (falschen)
Werturteilen zu vermischen, ist sehr unangenehm, weisst du das?

Du besorgst dir für einen Tag irgendeinen Japaner. Dann stelle ich dir und ihm zehn
Fragen in deiner Sprache und notiere mir eure Antworten. Wenn ich dann nicht entscheiden kann,
welche Antworten von dir und welche vom Japaner sind - dann hast du Argument.

Strohmann. Ich habe nicht behauptet, ich wäre ein Japaner. Du jedoch meinst, du seist ein Affe.
Und du seist wie ein Affe. Nun, das können wir - wie ich es beschrieb - gerne empirisch verifizieren,
Autor. Jede These muss vor dem Experiment bestehen, Autor. Das sagt der Physiker in mir.

Also, machen wir den "Affentest". Dann sehen wir weiter.

Gruss
Herzblut
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Beitragvon molosovsky » Sa 24. Feb 2007, 11:54

Sorry Herzblut, aber ich verstehe Deine Abgrenzung nicht.
Jetzt kannste natürlich sagen »Die beim Wiki spinnen eh alle«, aber das hier entspricht nun mal dem wissenschaftlich-taxonomischen Stand der Dinge.

    Hominidae
      |--Orang-Utan (Pongo)
      |--Homininae
        |--Gorilla (Gorilla)
        |--N.N.
          |--Mensch (Homo)
          |--Schimpansen (Pan)
            |--Gemeiner Schimpanse (P. troglodytes)
            |--Bonobo oder Zwergschimpanse (P. paniscus)

Quelle: Menschenaffen

Grüße von einem geschichtenerzählenden Affen (siehe »Science of Discworld« von Pratchett, Cohen, Steward). Steht Dir natürlich frei, Dich selber als z.B. Überaffe zu bezeichnen :-)

Alex / molo
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Beitragvon lorenz » Di 6. Mär 2007, 14:54

Moral existiert nur in den Köpfen von Menschen, als Bewertungsschema für menschliche
Verhaltensweisen.

Wenn du irgendwo moralisches nicht-menschlichers Verhalten entdeckst, dann deshalb,
weil du dein Wertungsschema der Natur überstülpst. Du vermenschlichst die Natur.

Doch eher nicht. Moral (Bewertung von Handlungen) gibt es in Tiergruppen genau so. Gerade bei Affen, die ja die reinsten "Politiker" sind, gibt es ausgefeilte soziale Strategien, und auch diese Erfolgsuche mit oder gegen die Moral. Es gibt unter Affen Moralisten und Amoralisten. Die ersteren suchen ihren Erfolg durch "Gutsein" (Kooperationsbereitschaft), die letzteren - wie manche Menschen - durch "Verbrechen" wie Raub, Vergewaltigung, Mord, usw.
Und die Affenhorde nimmt das sehr wohl zur Kenntnis (Bewusstsein?). Ich haben kürzlich einen Tierfilm gesehen, wo so ein "krimineller" Typ seiner Horde zu sehr auf den Wecker ging (Bewertungen durch die Fellow-Affen gab es am laufenden Band), was dann in der Vertreibung desselben durch die gesamte Affenbande endete.

Ich tendiere auch dazu, zu vermuten, dass "Bewusstsein" bei Tieren zu finden ist, wenn auch auf andere Weise (v. a. nichtsprachlich, das ist wohl das Haupt-Manko). Allerdings ist das Reden über "Bewusstsein" solange Gerede, wie keine gemeinsame Definition des Begriffs existiert. Was also soll unter Bewusstsein verstanden werden?
Ich empfehle sowas wie: Ein waches Registrieren und Analysieren der Wahrnehmungen/Erfahrungen. Dabei v. a. die Analyse der kausalen und finalen Zusammenhänge, also: WARUM passiert X, wenn ich Y mache? Und WOZU macht das Hordenmitglied Z, was es macht?
Und das mit der Wachheit nehme ich in die Definition auf, weil das B. graduell herauf- und heruntergefahren werden kann. Letzteres z. B. bei Bewusstlosigkeit oder Schläfrigkeit oder einfach in dem üblichen "Tranzustand", mit dem wir alle durch die Welt gehen, wenn wir "automatisch" handeln. Z. B. beim Autofahren, aber nicht nur da...
Das B. hat Ähnlichkeiten mit einem Thread, wenn man in einem Multitasking-System programmiert: Man kann die ThreadPriority (also den Rechenaufwand, den man einem Teilprozess zubilligt) je nach Bedarf herauf- oder herabsetzen. Bei biolog. Organismen, die ökonomisch sein müssen wegen des erheblichen Energiebedarfs des Gehirns, ist das nicht unwichtig.
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Beitragvon ostfriese » Mi 7. Mär 2007, 19:52

lorenz, dem würd ich mich weitgehend anschließen. Bewusstsein wächst graduell mit Wachheit, consciousness mit awareness.

Doch da sich abzeichnet, dass unser Bewusstsein wohl keinen festen Sitz im Gehirn hat, sondern mit synchronen elektrochemischen Schwingungsmustern korreliert, stellt es offenbar keine klar umrissene Struktur dar, die im Standby-Modus dümpelt und bei Bedarf mit Energie versorgt wird, sondern ist eher mit dem Energieschub selbst zu identifizieren.

Aber ob wir das jemals klar definieren und vollständig wahrheitsgemäß beschreiben können, ist fraglich. Hier redet das Bewusstsein über sich selbst. Definiens und Definiendum, Explanans und Explanandum sind eins.

Wir können wohl nur Verhaltensvariablen operationalisieren und uns darüber zu einigen versuchen, welche Verhaltensmerkmale typischerweise personales Bewusstsein erfordern. Das Erkennen kausaler Zusammenhänge (Abbildung von Wenn-dann-Operationen im Verhalten) scheint mir auch ein signifikanter Hinweis zu sein, ebenso die personale Zuschreibung von Verhaltensgründen (wie im Beispiel des "bösen" Affen, der seines Verhaltens wegen verbannt wurde).
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Beitragvon lorenz » Mi 7. Mär 2007, 23:06

"Abbiamo un anima, ma e fatta di tanti piccoli robot-" - Wir haben eine Seele, aber sie besteht aus vielen kleinen Robotern. (Dennett zitiert eine ital. Zeitungsüberschrift nach einem seiner Vorträge.)
Bewusstsein ist vielleicht der "Tanz" dieser vielen kleinen virtuellen Roboter (Threads) in unserem Hirn. Threads, die bei Bedarf aktiviert, angepasst, stillgelegt, sogar ganz neu erzeugt werden können. Stress entsteht, wenn die Rechen-Anforderungen des "Balletts" größer als die Rechenkapazität sind. Schlaf ist, wenn nur noch ein paar Basisprozesse vor sich hin dümpeln.
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Beitragvon Falk » Do 8. Mär 2007, 14:37

Was in einigen Postings weiter vorne durcheinandergeworfen wurde, und gerade für eine tierethische Debatte wichtige Unterscheidung ist, ist die zwischen Selbstbewußtsein und Bewußtsein. Sich selbst erkennen zu können, ist Selbstbewußtsein - das haben nur sehr wenige Tiere, und im übrigen auch nicht alle Menschen (Säuglinge und schwer geistig Behinderte zB nicht). Bewußtsein kann grundsätzlich auch ohne Selbstbewußtsein funktionieren.
Weiterhin läßt sich grob unterscheiden zwischen Erleben und Denken - Wahrnehmungen wie zB Farbwahrnehmung oder Schmerzen sind im Bewußtsein durch Erleben geprägt. "Denken" als etwas unpräzise Kategorie umfaßt zB Sprachen und Planungsfähigkeit.

Eine ganz sichere Methode, den Vegetarismus zu widerlegen, wäre, zu zeigen, daß Tiere über kein Bewußtsein, d.h. keine der oben genannten drei Bewußtseinsarten verfügen. Dann wären sie nämlich kaum anders zu behandeln als Steine oder Bäume. Und auf ganz basaler Ebene läßt sich feststellen, daß sämtliche Säugetiere über Bewußtsein verfügen - hackst du einer Kuh ein Bein ab, reagiert sie darauf genauso wie ein Mensch. Sie hat also Schmerzempfinden - phänomenales Bewußtsein. Interessanter ist es bei Fischen: Es gibt für uns keine Möglichkeit festzustellen, ob Fische Schmerzen empfinden können. Allerdings verfügen sie über ein zentrales Nervensystem, so daß wir davon ausgehen müssen, daß sie ähnlich wie Säugetiere Schmerzen erleben. Wieder anders ist es bei manchen Tierarten, deren Aufbau sich soweit vom Menschen unterscheidet (die über kein zentrales Nervensystem verfügen), daß wir nicht sagen können, ob sie Schmerzen empfinden können. Und natürlich bei Pflanzen, die über kein Nervensystem verfügen, die also sicher kein dem Menschen vergleichbares (phänomenales) Bewußtsein haben.

Kurz gesagt: Bewußtsein ist keinesfalls ein ungewöhnliches Phänomen in der Tierwelt, über das nur sehr wenige Spezies verfügen. Im Gegenteil, für weite Teile der uns begegnenden Tierwelt scheint Bewußtsein ein Standardfeature zu sein.

Die übliche Definition von Bewußtsein ("Naja, halt wenn man Sprechen kann und sich selbst erkennt und so Sachen halt.") ist daher völlig untauglich. Praktischer ist es, Bewußtsein als Vorhandensein mentaler Zustände zu beschreiben (was alle drei oben genannten Bewußtseinsarten beinhaltet und damit alles umfaßt, was einem so an Beispielen einfallen mag ["Ja, äh, Denken auch, und Wissen um die zeitlichkeit, und so."].).
Das wirft natürlich eine Reihe neuer Fragen auf: Was sind mentale Zustände? Wie kommen sie zustande? Lassen sie sich reduzieren? Usw.
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Beitragvon ostfriese » Fr 9. Mär 2007, 05:46

Falk hat geschrieben:Bewußtsein kann grundsätzlich auch ohne Selbstbewußtsein funktionieren.

Diese Aussage ist nur sinnvoll, wenn wir bereits eine saubere Definition dafür haben, was wir unter dem einen oder dem anderen verstehen. Gerade die ist aber so schwierig zu finden.

Wenn wir uns nur auf beobachtbares Verhalten beschränken, ist nämlich das Zappeln einer sterbenden Fliege nicht anders zu werten als das Zucken der leidenden Kuh. Wir brauchen also andere Kriterien, z.B. physiologische Ähnlichkeit, Theorien über die Funktion von Nervensystemen und bestimmter Hirnareale, über die Korrelate des Schmerzempfindens im Gehirn.

Für einen Menschen ist der Unterschied zwischen Bewusstsein und Selbstbewusstsein nicht wirklich begreifbar. Wie kann einem das diffuse Gefühl des Unwohlseins bewusst werden, wenn nicht unter der Überschrift: "Ich leide!"?
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Beitragvon Falk » Fr 9. Mär 2007, 18:38

Wie kann einem das diffuse Gefühl des Unwohlseins bewusst werden, wenn nicht unter der Überschrift: "Ich leide!"?


Gar nicht - und deswegen ist es mE auch sinnlos, darüber zu debattieren. Mit diesem Ansatz wird man den Begriff niemals klären können.

Daher scheint es mir sinniger, auf rein sprachlicher Ebene zu arbeiten und eben eine Kategorisierung vorzunehmen. Das reicht aus, um zu verstehen, was wir meinen, wenn wir von "Bewußtsein" sprechen. Natürlich ist mein kurzer Abriß da oben keine präzise Definition. Ich will aber wohl sagen, daß eine extensionale Definition möglich ist, und, wie ich finde, als Arbeitsgrundlage völlig ausreicht.

Wenn wir uns nur auf beobachtbares Verhalten beschränken, ist nämlich das Zappeln einer sterbenden Fliege nicht anders zu werten als das Zucken der leidenden Kuh.


Das hängt natürlich sehr vom Betrachter ab, taugt also sicherlich nicht für die "präzise Definition". Es geht mir dabei aber auch vielmehr darum, zu unterstreichen, daß kaum ein Mensch ernsthaft annehmen kann, Kühe hätten kein Bewußtsein. Denn wenn ich einer Kuh Schmerzen zufüge, wird ihre Reaktion - sich Winden und Schreien - bei fast allen menschlichen Betrachtern analog zu einem Schmerzen habenden Menschen interpretiert werden. Das ist natürlich kein Beweis dafür, daß Kühe Schmerzen empfinden, und auch kein Beweis für Vorhandensein von Bewußtsein, wohl aber eine sehr gute Anschauungsmöglichkeit, an der kaum jemand vorbeikommt.
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Beitragvon musikdusche » Fr 30. Mär 2007, 15:29

Gibt es eigentlich zu diesem Thema gute Literatur/Links?

Mit ein bisschen Googeln bin ich nicht sehr weit gekommen (außer dass irgendwelche Esoterikfuzzis schwachsinn erzählen...)
Insbesondere würde mich interessieren, wie wir bei niederen Tieren, wie z.B. Insekten davon ausgehen können (können wir es?), dass man ihnen kein Bewusstsein zuschreiben kann.
Wenn man als moralischen Grundsatz "Leidensminimierung" nennt, kann ich dann trotzdem guten Gewissens einer Fliege den Flügel ausrupfen?
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Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 31. Mär 2007, 16:19

musikdusche hat geschrieben:Wenn man als moralischen Grundsatz "Leidensminimierung" nennt, kann ich dann trotzdem guten Gewissens einer Fliege den Flügel ausrupfen?
Nein, meines Erachtens nicht. Selbst wenn eine Fliege nicht "bewusst leiden" sollte/dürfte, dürfte ja das Flügelausrupfen nur zur Befriedigung "leicht" sadistischer Triebe dienen. Sollte dies im Rahmen einer Forschung von Nöten sein, wäre eine Neubewertung notwendig, die eventuell dies erlauben würde.
Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Tierschutzgesetz §1
Bei Fliegen dürfte dies zumindest unter "Schaden" laufen.

Wenn ein Erwachsener dies täte oder ein Jugendlicher dies vermehrt und/oder regelmäßig machen würde, dann hätte ich da durchaus schwerwiegende Bedenken, zugegeben weniger wegen der Fliegen - obwohl ich dies wirklich sehr unnötig fände - mehr wegen der Psyche des Täters. Ich quäle einfach auch keine Fliegen, selbst wenn sie keine Qual fühlen sollten.
Bedeutet nicht, dass ich keiner Fliege was zu Leide tun würde, aber nur mit "Leidensminimierung" und sei es durch Minimierung meines eventuell nicht ganz rationalem Gefühls des Mitleidens/Mitleides. Ich kann auch fast nicht an einer vertrocknenenden Pflanze vorbeigehen ohne ein Gieskännchen zu holen :irre: (wäre ich in der Wüste und würde grad verdursten, wärs wohl anders).

Auch wenn ich "natürlich" selber auch "Jugend forscht" betrieben habe, die Sache mit den Schwingkölbchen ist schon hoch interessant, aber erforscht, erkannt, das war's.

Auch wenn es jetzt deine Frage nach "Leidensminimierung" nicht jedes Fragezeichen genommen haben wird. ;)
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Beitragvon [C]Arrowman » Sa 31. Mär 2007, 20:35

da Fligen nur ein gedächtnis von wenigen sekunden haben, glaube ich nicht das sie leiden. Sonst würden die Biester nicht ständig gegen Fensterscheiben fliegen.

In diesem Zusammenhang wäre auch Schweizers "Ehrfurcht vor dem Leben" ein interesanter Aspekt...
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Beitragvon Joe » Sa 31. Mär 2007, 22:21

Na ja, eine Fliege ohne Flügel ist doch ziemlich aufgeschmissen....
Wenn man einer Kuh den Schwanz amputiert, wird sie sich nach einiger Zeit auch nicht mehr daran erinnern, aber leiden wird sie trotzdem erheblich.

Die Frage ist, was unter "Leiden" zu verstehen ist. Wenn man beobachtet, mit welcher Verbissenheit die Fliege immer wieder gegen die Fensterscheibe fliegt, könnte das durchaus als Leiden interpretiert werden. Wie, und ob sich eine Fliege des Leidens bewusst wird ist allerdings fraglich. Sicherlich nicht in der Art und Weise, wie sich ein Mensch des Leidens bewusst wird. Da eine Fliege nichts haben dürfte, was man als Persönlichkeit bezeichnen könnte, hält sich mein Mitleid den leidenen Fliegen gegenüber allerdings in Grenzen.

Aber trotzdem, ....Fliegen die Flügel auszureißen ist irgendwie... :devil:
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Beitragvon Ogion » Sa 31. Mär 2007, 23:10

@1von6,5Milliarden:
Ja, genau. Das ist auch das, was mich immer am Meisten stört (natürlich hab ich auch Miteleid mit den Tieren, naja, bei größeren Tieren. Insekten sind da irgendwie nicht so ganz das Ziel meiner Empathie).
Neulich hab ich nen Bericht über das Töten von Schweinen zur Nahrungsmittelproduktion gesehen, und da wurden je so um die fünf Schweine in eine Kammer geschoben, Tür zu und dann wurden die vergast. Dauert nur eine Minute und ist ganz harmlos/schmerzlos^^. Was i daran abartig finde, ist die Einstellung des Menschen dazu. Denn das ist industrielle Vergasung(Tötung) von Lebewesen. Das ist industrialisiertes Töten. Ich weiß nicht, ob ich da empfindlich bin, aber mich hat das an die Mentalität der Nazis erinnert. Zwar ist das schon unterschiedlich, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das (dasSchweineschlachten) wirklich besser finden soll. Es drückt eine ähnliche Lebensverachtung aus.

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Beitragvon Klaus » Sa 31. Mär 2007, 23:36

Wenn ich solche Bilder sehe, da wird mir anders. Schweine werden ja noch zum Essen geschlachtet, finde ich abartig. Aber was seit 2 Tagen an Kanadas Küsten läuft das ist brutaler, sinnloser XXX. Menschliche XXX, die kanadische Regierung hat ungefähr 300.000 Seals zum Töten freigegeben. Zweck der Übung, Pelzgewinnung. Manche der Baby Seals sind noch nicht mal 12 Tage alt. Diese Tiere haben schon etwas menschliches an sich. Klar es ist egal ob Schwein oder Seal, oder Fliege, ich handle so, daß ich mir sage, ich will nciht dass mir einer den Arm ausreißt, also reiße ich auch keiner Fliege eine Flügel raus.
Kann man übertrieben finden, ich mach es so.

Da kann man sichs anschauenProtectSeals


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Beitragvon [C]Arrowman » So 1. Apr 2007, 00:52

@ 1von6,5M soso vergasen... macht man heute nicht mehr den Bolzenschuss? :veg:
außerdem ist es mir recht "wurscht" wie ein Schwein getötet wurde, wenn ich es nur in einem genießbaren Zustand auf meinem Teller habe.

@ Klaus, dein Problem ist, das du die Tiere süß findest (Kindchenschema), und deshalb nicht willst, dass sie sterben. Aber und es sind nur Tiere. Das Töten von Tieren zur reinen Pelzgewinnung halte ich zwar nicht für richtig, da Pelze heute idR eher als Schmuck denn als wärmende Klamotte getragen werden, aber das jetzt überzudramatisieren ist auch nicht angebracht. Zugegeben, es gibt humanere Möglichkeien einen Sehund zu töten, als ihm den Schädel einzuschlagen.
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