1von6,5Milliarden hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Auf De-Konvertierung nach der Spontankonvertierung steht im Islam ja nur die Todesstrafe ...
Nur einige - soweit ich weiß eine deutliche, aber militante und "laute" Minderheit - der Imame, Ayatollahs & Co. sieht dies so. Macht die Sache zwar nicht gut, aber anders.
Myron hat insofern recht, als dass die schari'a die Todesstrafe für den irtidad, den Glaubensabfall fordert, der Koran äußert sich gleich an mehreren Stellen dahingehend: "Und wenn sie sich abwenden, dann greift sie und tötet sie, wo immer ihr sie findet, und nehmt euch niemand von ihnen zum Freund oder Helfer!" (4,89). Letztlich gilt sogar das Nichtannehmen des Islams schon allein als schwere Sünde.
Da manche Länder, z.B. Saudi-Arabien, ihr Rechtssystem stark an der schari'a orientieren, hat der irtidad in diesen Ländern auch juristische Konsequenzen, wenn er bekannt wird, wobei das in Saudi-Arabien, Iran, Sudan, Jemen, Qatar, Pakistan, Afghanistan, Mauretanien und Somalia in der Tat eine Hinrichtung bedeuten kann. Das wird auch nach wie vor praktiziert, zum Glück nicht allzu häufig, weil meist die Gelegenheit zur Reue gelassen wird. Auch in den Ländern, die moderatere Gesetze haben, kann der Glaubensabfall immer noch bedeuten, dass man Vermögen, Erbrecht Arbeitsplatz oder sogar die Staatsbürgerschaft verliert (Libyen).
1von6,5Milliarden hat auch recht, nämlich insofern, dass es eine Menschenrechtsdebatte in der islamischen Welt gibt. Allerdings gibt es kaum eine Möglichkeit, den eindeutigen und wörtlich zu nehmenden Korantext mit den Forderungen der Menschenrechte in Einklang zu bringen. Der Islam hat hier ein wesentlich größeres Problempotential als das viel flexiblere und interpretationsanfälligere Christentum und es gibt auch keine übegroßen Anzeichen dafür, dass die gesellschaftliche Einstellung sich hier ändern wird, obwohl die Menschenrechte in der islamischen Welt durchaus angesehen sind. Man muss sich halt fragen, inwiefern hier manche Muslimen vielleicht gerade nach Abu Ghraib und Guantanamo der Ansicht sind, Menschenrechte stünden vor allem ihnen zu, wohingegen sie vergessen, dass sie im Gegenzug dann auch in ihren eigenen Ländern entsprechende Standards haben müssten. Eine große Masse macht sich wahrscheinlich auch gar keine Gedanken darüber oder sieht das ganze etwas pragmatischer, weil es sich sowieso um Routinereligiöse handelt, die aus Tradition und nicht aus festem Glauben Moslems sind. Es ist eine zwiespältige Situation.
Auch wenn ich es für Quatsch halte, und zwar egal ob Theologen oder Außenstehende das propagieren, dass es eine "reine Lehre" in irgendeiner Religion gibt - letztlich ist alles Interpretationssache -, so muss man doch sehen, dass der Islam hier wirklich kaum Spielraum lässt. Daher schließe ich mich auch klar der als extrem verschrieenen, von mir aber eher als konsequent angesehenen, Position von Ayaan Hirsi Ali an, dass die Durchsetzung der Menschenrechte in derzeit islamischen Staaten nur durch eine starke Entmissionierung zu erreichen ist. Der Islam würde dann auf mehr folkloristische Elemente zurückgestuft oder man müsste sich vielleicht auf die ṭaqqiyah berufen, die offizielle Leugnung des Glaubens zur Bewahrung desselben in Drucksituationen, wie es in der Schia möglich ist. Natürlich wäre auch das hochgradig inkonsequent, aber vielleicht für einen Teil der Muslime eine geeignete Selbstlüge. Und sich selbst etwas vormachen können Gläubige ja nun wirklich.