Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Gerald » Di 29. Sep 2009, 14:33

Liebe Brights, in Dawkins "Der Gotteswahn" (2008) fand ich folgendes Zitat:
„Ludwig Wittgenstein, einer der großen Philosophen des 20. Jahrhunderts, fragte einmal einen Bekannten: »Sagen Sie mir, warum die Leute immer behaupten, es sei für die Menschen eine ganz natürliche Annahme gewesen, dass die Sonne um die Erde kreist und die Erde selbst sich nicht dreht.« Darauf erwiderte der Bekannte: »Nun ja, es hat doch den Anschein, als würde die Sonne um die Erde kreisen.« Worauf Wittgenstein fragte: »Wie hätte es denn ausgesehen, wenn es den Anschein gehabt hätte, dass die Erde sich dreht?« Diese Bemerkung des großen Philosophen zitiere ich manchmal in Vorträgen, und dann rechne ich eigentlich damit, dass die Zuhörer lachen. Aber stattdessen verstummen sie offenbar vor Verblüffung.“ (Dawkins S. 510)
Ich auch. Denn ich verstehe Wittgensteins Frage nicht. Wie müsste denn die "richtige" Antwort lauten? Dawkins verrät sie leider nicht. Es gab meines Erachtens keinen "anderen Anschein" als den alten, dass sich nämlich die Sonne um die Erde dreht.
Wer kann helfen? Dank und Gruß aus Magdeburg von Gerald
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 29. Sep 2009, 16:55

Wo ist der Unterschied in der scheinbaren Ansicht, wenn sich die Sonne um die Erde dreht oder sich die Erde dreht? Welchen Unterschied würdest du sehen?

Vereinfacht: Stell dir vor, du sitzt auf einem Drehstuhl im Zentrum eines exakt kreisrunden, größerem absolut sauberen Swimmingpool der 10 m tief ist und du hast einen 5 m Sombrero auf dem Kopf (damit du nicht den Rand des Swimmingpools oben oder darüber hinaussehen kannst) und böse Indianer haben dich und deinen Kopf so festgebunden, dass du dich und den Kopf nicht bewegen kannst.
Am Rand entlang ist eine Spielzeugeisenbahn mit einem kleinen Zug aufgebaut (kein Trafo, keine Stromzuführung sichtbar, du kannst wegen der Entfernung auch keine Schienenstöße sehen).
Welchen Unterschied siehst du, wenn
a) dein Stuhl sich absolut dreht und die Eisenbahn stillsteht
b) die Spielzeugeisenbahn gleichmäßig um dich herum fährt und dein Stuhl stillsteht
?

Abgesehen davon, halte ich es trotzdem für absolut natürlich, das zuerst die Menschen an eine Bewegung der Sonne dachten.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Gandalf » Di 29. Sep 2009, 18:01

Gerald hat geschrieben: Denn ich verstehe Wittgensteins Frage nicht. Wie müsste denn die "richtige" Antwort lauten? Dawkins verrät sie leider nicht. Es gab meines Erachtens keinen "anderen Anschein" als den alten, dass sich nämlich die Sonne um die Erde dreht.
Wer kann helfen? Dank und Gruß aus Magdeburg von Gerald


(Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, dass Du das nicht verstehst... :mg: )

Was ist "richtiger": - Ein Glas halb leer, - oder als halb voll zu bezeichnen?

Auf das Beispiel übertragen, hatte sich der 'mainstream' der damaligen Zeit stillschweigend darauf geeinigt, dass das Glas "halb leer" ist. Durch kritisches hinterfragen der Begrifflichkeiten hätte man auch allerdings auch darauf kommen können, dass das Glas "halb voll" ist. - Was durchaus weitreichende Konsequenzen in der Einstellung zu einem scheinbar unverrückbaren Sachverhalt haben kann, - der sich dann nur als 'hausgemachte Begrenzung durch unkritisch übernommene Vorstellungen anderer' entpuppt - und das das Offensichtliche nicht unbedingt das Richtige sein muss...
(Hier sehe ich z.B. durchaus auch Parallelen im heutigen Verständnis der "unverstehbaren Quantenmechnik")
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Twilight » Di 29. Sep 2009, 18:44

Nur mal am Rande: Die Erde dreht sich nicht direkt um die Sonne, sondern Sonne und Erde (und die anderen Körper des Sonnensystems) um einen gemeinsamen Schwerpunkt, welcher ziemlich dicht am Mittelpunkt der Sonne liegt.
Um auf die eigentliche Frage zurückzukommen: Ein nachvollziehbarer Anschein des Drehens der Erde um die Sonne wäre vermutlich ein ständiges Schwindelgefühl gewesen. Dies allerdings wurde vermutlich meistens (zu recht) dem Alkoholgenuss zugeschrieben.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 29. Sep 2009, 19:05

Twilight hat geschrieben:Nur mal am Rande: Die Erde dreht sich nicht direkt um die Sonne, sondern Sonne und Erde (und die anderen Körper des Sonnensystems) um einen gemeinsamen Schwerpunkt, welcher ziemlich dicht am Mittelpunkt der Sonne liegt.
Nur um mal auch :klugscheisser:
Es geht hier tatsächlich darum, dass sich die Erde dreht.

(auch wenn diese Rotation auch nicht "sauber" und absolut und immerwährend gleich und 100%ig gleichförmig ist)
Die Sonne dreht sich scheinbar in einem Tag um die Erde, dies "erklärt" Tag und Nacht bzw. den Sonnenlauf am Himmel tagsüber.
Aber dieser Sonnenlauf ist erst einmal nur der Eigenrotation der Erde zu verdanken und hat mit dem Lauf der Erde um die Sonne bzw. deren gemeinsamen Schwerpunkt nichts zu tun.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Twilight » Di 29. Sep 2009, 19:24

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Nur um mal auch :klugscheisser:

Stimmt. :gott: Ich war zu sehr auf den Thread-Titel fixiert. Trotzdem bleibe ich erst einmal beim Schwindelgefühl.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 29. Sep 2009, 19:46

Twilight hat geschrieben:Trotzdem bleibe ich erst einmal beim Schwindelgefühl.
Du schwindelst? :^^:
Nein, das Schwindelgefühl ist schon in Ordnung. Die Abwesenheit des eigentlich bekannten Gefühls der Bewegung ist genau dies, warum diese Rotation natürlich keinem einfachen Urmenschen auch nur seicht in den Sinn gekommen wäre und vermutlich selbst kaum (bis auf ein paar Spezialisten) ein heutiger Mensch würde drauf kommen, wenn man es nicht gelehrt bekäme. Und selbstverständlich auch "deine" Rotation um einen gemeinsamen Masseschwerpunkt mit der Sonne. Es ist eine sehr große und dabei unfühlbare Geschwindigkeit.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Gerald » Di 29. Sep 2009, 20:41

Die Antwort von "1von6,5Milliarden" kommt meiner "gefühlten" Antwort am nächsten. Die Erkenntnis der Bewegung der Erde um die Sonne wäre naheliegend bei z.B. einem gespürten ungeheuren "Fahrtwind" oder eben einem pausenlosen Schwindelgefühl. Wittgenstein scheint eine gewitzte Frage gestellt zu haben, aber bei näherer Betrachtung ist es doch nur eine Fangfrage. Es ist aus der Perspektive des einfachen Menschen gleich, ob sich die Erde um die Sonne dreht oder umgekehrt: beides fühlt sich völlig gleich an. Zudem hat Wittgenstein, wie zurecht bemerkt wurde, die Eigenrotation der Erde vernachlässigt. Das bedeutet: Auch für den Fall, dass sich die Erde nur um sich selbst drehen und im Weltraum stillstehen sollte, erzeugt das den gleichen Eindruck wie in den beiden anderen Fällen.
Danke fürs Mitmachen!
Gruß aus Magdeburg
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon platon » Di 29. Sep 2009, 20:53

Gerald hat geschrieben:Es ist aus der Perspektive des einfachen Menschen gleich, ob sich die Erde um die Sonne dreht oder umgekehrt: beides fühlt sich völlig gleich an.

Aber es ist nicht gleich und der Mensch war in der Lage das zu erkennen. Und deshalb war Wittgensteins Frage absolut berechtigt, nämlich, ehe ihr die für euch naheliegendste Antwort wählt, schaut, ob sie auch die richtige ist.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Gandalf » Di 29. Sep 2009, 22:09

Gerald hat geschrieben: Zudem hat Wittgenstein, wie zurecht bemerkt wurde, die Eigenrotation der Erde vernachlässigt.


Hä?
:kopfwand:
..nein, ich glaube das wird nichts mehr...
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Nanna » Di 29. Sep 2009, 22:57

Ich versuche das nochmal zusammenzufassen, um sicherzugehen, dass ich das richtig verstanden habe:

Wittgensteins Frage ist eine ironische rhetorische Frage. Mit den Beobachtungsmitteln eines normalen Menschen, im wesentlichen also dem Auge, lässt sich kein Unterschied zwischen einer Erdrotation und einer Rotation der Sonne um die Erde feststellen. Die Antwort des Bekannten von Wittgenstein auf die Frage von Wittgenstein hätte also in etwa lauten müssen: "Hm, bei näherem Nachdenken muss ich einsehen, dass es nicht nur den Anschein hat, dass die Sonne sich um die Erde dreht, sondern dass es genausogut sein kann, dass die Erde sich selbst dreht." Wittgenstein kritisiert also, dass die Menschen, anstatt beide Möglichkeiten (vorerst) als gleich wahrscheinlich anzuerkennen, sich einfach unreflektiert in das Zentrum des Universums stellen. Dass es den Anschein hat, dass die Sonne sich um die Erde dreht, resultiert also nicht daraus, dass es objektive Gründe gäbe, das bevorzugt anzunehmen, sondern dass der Mensch (das Ich) aufgrund seiner psychologischen Beschaffenheit sich grundsätzlich als Zentrum des Geschehens definiert. Die Antwort liegt also nicht in den Gestirnen, sondern im Kopf des Menschen.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 30. Sep 2009, 06:36

Auch wenn die Erde nur rotieren würde, könnte sie noch im Mittelpunkt stehen.
Rein formal gesehen, nur Erde und Sonne betrachtet, gibt es für den Sonnenlauf des Tages drei simple* Möglichkeiten:

- a) Die Sonne umkreist die Erde einmal in 24 Stunden
- b) Die Erde umkreist die Sonne einmal in 24 Stunden, ohne sich mitzudrehen wie es der Mond bezüglich der Erde macht
- c) Die Erde rotiert um sich selbst einmal in 24 Stunden

*) weniger simple Möglichkeiten wären z.B. die Erde umkreist die Sonne in 48 Stunden und rotiert gleichzeitig so um sich selbst rückwärts, dass der Tag nur 24 Stunden hat. Die echte Kombination aus Erdrotation und elliptische Kreisbahn um die Sonne hat für eine simple Handrechnung für den täglichen Sonnenlauf keine Bedeutung (die Sonnenhöhe über den Horizont spielt jetzt mal keine Rolle)

Naturgesetze werden mal ignoriert

a) und c) lassen die Erde und den Menschen im Mittelpunkt stehen b) suggeriert die größte Eigenbewegung und ist dadurch wohl am schwersten vorstellbar. Welche Antwort (auf Wittgenstein) man sich vorstellt, hängt wohl auch sehr davon ab, was im Kopf gerade vor sich geht, ob man da an Kopernikus denkt, obwohl ja für den Tageslauf das Kreisen um die Sonne eigentlich kein (korrekt eine untergeordnete) Rolle spielt oder ob man "die Erde dreht sich" wörtlich nimmt und die tatsächliche Ursache für den Tagesrhythmus vor dem geistigen Auge hat..
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Arathas » Mi 30. Sep 2009, 12:58

Hab grad nen Artikel auf Spiegel gelesen:

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 72,00.html


Wie die Archäologie-Beauftragten der Stadt berichteten, könnte es sich bei der Entdeckung um den sagenhaften Speisesaal des berühmt-berüchtigten Kaisers [Nero] handeln, der sich - die Erdbewegung nachahmend - Tag und Nacht um sich selbst drehte.


Davon ausgehend, dass die Drehung des Saals tatsächlich die Erdbewegung nachahmen sollte, dann war den Leuten wohl schon vor 2000 Jahren klar, dass die Erde sich dreht und nicht die Sonne um die Erde ... oder war das eh klar, und es geht um die Menschen, die noch VIEL früher als vor 2000 Jahren lebten und davon ausgingen, die Sonne drehe sich um die Erde?
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon stine » Mi 30. Sep 2009, 13:15

1von6,5Milliarden hat geschrieben:- a) Die Sonne umkreist die Erde einmal in 24 Stunden
- b) Die Erde umkreist die Sonne einmal in 24 Stunden, ohne sich mitzudrehen wie es der Mond bezüglich der Erde macht
- c) Die Erde rotiert um sich selbst einmal in 24 Stunden

*) weniger simple Möglichkeiten wären z.B. die Erde umkreist die Sonne in 48 Stunden und rotiert gleichzeitig so um sich selbst rückwärts, dass der Tag nur 24 Stunden hat.

Bei soviel Rotation kann einem ja schlecht werden. :crazy:

LG stine
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 30. Sep 2009, 13:26

Ich glaube schon, wenn ich mich recht erinnere (also ich war nicht dabei :^^: ) wussten die alten Griechen und Ägypter (also prä-romanisch) dies (teilweise) schon sicher. Sie wussten dass die Erde ein Kugel ist, sie sahen und beachteten ja nicht nur die Sonne, sondern auch die Sterne, die einschlägigen Gelehrten (Astronomen) wussten da schon sehr viel.
Für sich genommen zeigte es nur, dass man weiß wie man den Eindruck des Sonnenlaufs erzeugen kann.
Heute haben wir Planetarien, da drehen sich die Lichtpunkte als Sterne um uns und doch wissen wir, dies soll nur die Illusion erzeugen, die Erde (unser Standpunkt) drehe sich "innerhalb" der Sterne
Hat einfach praktische Gründe, ebenso könnte (theoretisch) es bei Nero gewesen sein, es ist einfacher den Boden in einem Gebäude rotieren zu lassen, als das Gebäude um einen feststehenden Boden.

Aber wie gesagt, ich meine u.a. die Astronomen der Pharaonen und diverser Griechen wussten dies schon.
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 30. Sep 2009, 13:30

stine hat geschrieben:Bei soviel Rotation kann einem ja schlecht werden.
Dann solltest du mal schnell dein Avatar wieder mal auswechseln. :mg:
(Für alle die zu spät reinschauen: Ein Kettenkarussell)
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Nanna » Mi 30. Sep 2009, 14:14

Sehr interessant:

Die Wikipedia schreibt folgendes zu dieser Sache:
Die irrige moderne Annahme, dass insbesondere die mittelalterliche Christenheit an eine Erdscheibe geglaubt habe, wird als Mythos der Flachen Erde bezeichnet[1] und von der Historical Society of Britain als verbreitetster historischer Irrtum aufgelistet.[1] Neuere Untersuchungen insbesondere seit den 1990er Jahren[2] haben gezeigt, dass „außer sehr wenigen Ausnahmen seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. keine gebildete Person in der Geschichte des Westens glaubte, die Erde sei flach“, und dass die Kugelgestalt der Erde stets die dominante Lehrmeinung blieb.[1] Die moderne Fehlannahme, dass der mittelalterliche Mensch an eine flache Erde glaubte, fand erst im 19. Jh. Verbreitung, vor allem aufgrund von Washington Irvings fiktiver Erzählung Das Leben und die Reisen des Christoph Columbus (1828).[1]


Ein Schelm, wer Böses bei der expliziten Nennung der "mittelalterlichen Christenheit" denkt. Die [1] bezieht sich auf eine Quellenangabe der American Scientific Affiliation, einer von Evangelikalen gegründeten Wissenschaftlerinitiative. Bei der genannten "Historical Society of Britain" handelt es sich außerdem nicht um die renommierte Royal Historical Society, sondern um irgendeine andere Organisation, über die ich per Google auf die Schnelle nichts gefunden habe. Es werden auch andere Quellen genannt, beispielsweise der Religionswissenschaftler Jeffrey Burton Russell, der den angeblichen Flache-Erde-Mythos auf antichristliche Propaganda im 19. Jahrhundert zurückführt. Möglich, dass es tatsächlich stimmt, aber auffällig ist die Häufung der Christentums-Sympathisanten bei diesem Thema schon. Kennt irgendjemand belastbare Quellen bezüglich der Erdvorstellung im Mittelalter?
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon ujmp » Mo 12. Okt 2009, 23:01

Wittgenstein wollte darauf aufmerksam machen, dass die Begründung für die These, dass die Sonne sich um die Erde dreht, keine Beobachtung gewesen sein kann, denn dass sich die Erde sich um die Sonne dreht, sieht exakt genau so aus - zumindest aus irdischer Perspektive. Es ist wohl wahrnehmungsspsychologischer Effekt für die erste These verantwortlich, nämlich dass man den wesentlich größer wahrgenommenen Teil (dem man selbst auch angehört) als feststehend empfindet und den kleineren Teil als bewegt.

Übrigens ist Bewegung stets relativ. Man kann sich die Erde deshalb durchaus als feststehend denken. Die daraus resultierenden Bahnen der Sonne, Planeten und des Unsiversums werden etwas komplizierter in der Beschreibung (Epizyklen), aber warum soll komplizierter denn falsch sein? (kleine Provokation am späten Abend :mg: )
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon ujmp » Di 13. Okt 2009, 08:51

...und "kompliziert" ist auch relativ. Man stelle sich vor, der Tachometer im Auto würde die relative Geschwindigkeit zur Sonne anzeigen...
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Re: Erde-Sonne: Wer dreht sich um wen?

Beitragvon Twilight » Di 13. Okt 2009, 19:18

Nanna hat geschrieben:Kennt irgendjemand belastbare Quellen bezüglich der Erdvorstellung im Mittelalter?

Die populärwissenschaftliche Zeitschrift "Spektrum der Wissenschaft" widmete eine ganze Sonderausgabe dem Thema "Forschung und Technik im Mittelalter".
Auf fünf Seiten ist ein Referat von Rudolf Simek (welcher am Ende des Texts als Professor für Germanistik und Skandinavistik an der Rheinischen Friedrich-Willhelms-Universität in Bonn angegeben wird, veröffentlicht.
In dem Artikel stehen einige interessante Sachen aufgelistet, wie die Kugelgestalt angezweifelt und wieder bestätigt wurde oder die Überzeugung von einer Kugelgestalt, verbunden mit einem Zweifel an der Existenz von Antipoden - also Menschen, die auf der "unteren" Seite leben.
Als Quellen sind diverse antike, lateinische Schriften angegeben.
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