stine hat geschrieben:Ich wollte hier nicht wieder die Debatte auftun, wer mehr oder weniger zahlen soll, Gesunde gegen chronisch Kranke, das nervt nicht nur mich selber, sondern auch andere.
stine hat geschrieben:Ein Versicherungssystem, wie beim Auto, sozusagen zusätzliche Voll- oder Teilkasko, müsste dann jeder selber wählen. Hierzu bedarf es Krankenversicherungen auf freiwilliger Basis, die dann aber auch selbst bezahlt werden müssten.
Ich befürchte, daß ich mit folgendem Post ziemlich anecken werde. Vielleicht täusche ich mich auch. Mal sehen. Jedenfalls ist unser Gesundheitssystem etwas, über das ich mich fürchterlich aufregen kann.
Kürzlich berichteten die Medien, daß die Deutschen im Jahr durchschnittlich 18 mal zum Arzt gehen. 18 mal? So oft gehe ich in einem Jahrzehnt nicht zum Arzt. Ich bin fast nie krank, und wenn ich mal krank bin, lege ich mich drei Tage ins Bett, dann ist es normalerweise wieder vorbei. Wie geht der Spruch? "Unbehandelt dauert ein Grippe zwei Wochen, mit Behandlung 14 Tage."
Und dafür soll ich drei- oder vierhundert Euro monatlich an die "Solidargemeinschaft" abdrücken? Wer ist mit mir solidarisch? Wer sagt: "hey, smallie geht kaum je zum Arzt, dem geben wir jetzt einen fetten Rabatt!"
Wenn ich mir vorstelle, solche monatlichen Beträge anzulegen, von 25 bis 65, dann hätte ich, mit Zins und Zinseszins (

) bei Renteneintritt ein ansehnliches Vermögen angespart.
Krankenversicherung, so wie wir sie haben, ist ein Vollkasko-System. Das ist schlecht. Das führt zur Vollkasko-Mentalität. Wenn ich sowieso meine Beiträge zahlen muß, dann schröpfe ich das System, soweit es geht. Was das System natürlich irgendwann erschöpft.
Tragedy of the Commons, schon wieder.
Das war mein erster Punkt.
Der zweite ist: unser Gesundheitssystem verträgt sich nicht mit meiner radikal-liberalen Weltanschauung.
Apothekenpflicht? Verschreibungspflicht? Geht's noch? Wieso kann mir irgendein Laffe vorschreiben - verschreiben - was ich zu tun und zu lassen habe? Es gibt genügend Mediziner, die homöopathische Mittel verschreiben. Und solchen Leuten soll ich ausgeliefert sein?
Ich zahle, also bestimme ich, wo's langgeht.

Neuerdings ist sogar Johanniskraut ab einer gewissen Dosis verschreibungspflichtig. Das Argument bei diesem Beschluß war, wer Johanniskraut will, ist depressiv - und das muß ärztlich behandelt werden. Also Verschreibungspflicht.
Der dritte Punkt trifft die Pharmaindustrie und das Medizin-Business. Ex-Kanzler Schrödinger hat sich von der Industrie mit 400 Mio. bestechen lassen - nicht sich persönlich, die Summe wanderte in seinen Bundeshaushalt. Die geplante Ausschlußliste kassenfinanzierter Medikamente wurde daraufhin vertagt. Medikamentenpreise in Deutschland sind überdurchschnittlich hoch. (Diese Behauptung fordert eigentlich einen Beleg.

Ebenso wie stines "jeder dritte Arbeitsplatz" einen Beleg fordern würde.

)
In England gibt es ein System, das Medikamentenpreise und Behandlungsmethoden bewertet. In Deutschland wäre eine solche Forderung skandalös. Wir haben noch viel zu lernen. (Den Zustand des englischen NHS lasse ich als Gegenargument nicht gelten. :Präventivschlag: )
the NHS [National Health Service] budget is finite, and an extra year of life for a myeloma sufferer goes at the expense of others — it could mean a baby's life in an area with high infant mortality, no decent palliative care for other terminally ill patients, or no new diagnostic equipment for a hospital. It's hard to make fair decisions without some sort of rational measure, [...]
Using maths to place a value on life seems distasteful [...]
http://plus.maths.org/latestnews/may-au ... index.html
Letztlich ist es aber notwendig, irgendwo eine Grenze zu ziehen, was bezahlt werden soll. Wer meint, seine Kasse müsse alles medizinisch Mögliche finanzieren, soll seinen eigenen Klub aufmachen und mich nicht zwangsrekrutieren. Wenn ich mal am krepieren bin, dann lieber Palliativmedizin als nach der dritten Operation inmitten von Apparaten letzlich doch zu sterben.
Ein Beispiel, für Pseudo-Medizin, die gesellschaftlich durchsetzbar ist:
Psychopharmaka sind nur zu 10% besser als Placebos. Großartig. Und ich muß diesen Unsinn mitfinanzieren. Ich sollte mir Pharma-Aktien kaufen, um wenigsten etwas von dem überreifen Rahm abzuschöpfen.